1. Ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ner Ge­braucht­wa­gen ist man­gel­haft, da sein Schad­stoff­aus­stoß die ein­schlä­gi­gen Emis­si­ons­grenz­wer­te (hier: die Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wer­te) über­schrei­tet und sich das Fahr­zeug des­halb man­gels Zu­las­sungs­fä­hig­keit nicht für die vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung eig­net. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass das Kraft­fahrt-Bun­des­amt die Nut­zung des Fahr­zeugs im Stra­ßen­ver­kehr einst­wei­len to­le­riert. Denn der tat­säch­li­che Um­gang des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes mit vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen än­dert nichts dar­an, dass die­se Fahr­zeu­ge nicht zu­las­sungs­fä­hig sind.
  2. Dem Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen – man­gel­haf­ten – Ge­braucht­wa­gens ist ei­ne Nach­bes­se­rung (§ 439 I Fall 1 BGB) vor al­lem des­halb un­zu­mut­bar, weil die be­grün­de­te Be­fürch­tung be­steht, dass das Fahr­zeug auch nach der In­stal­la­ti­on des vor­ge­se­he­nen Soft­ware­up­dates nicht man­gel­frei sein wird. Viel­mehr ist die Sor­ge des Käu­fers be­rech­tigt, dass das Up­date sich nach­tei­lig auf die Schad­stoff­emis­sio­nen, den Kraft­stoff­ver­brauch und die Mo­tor­leis­tung aus­wir­ken wird. Denn nach den Ge­set­zen der Lo­gik hät­te die Volks­wa­gen AG kei­ne den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten nicht ent­spre­chen­de Fahr­zeu­ge kon­zi­piert, wenn sie mit ei­nem ge­ring­fü­gi­gen Mehr­auf­wand, wie er jetzt für die Ent­wick­lung des Soft­ware­up­dates be­trie­ben wur­de, gleich gu­te Fahr­zeu­ge hät­te kon­zi­pie­ren kön­nen, die den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten ent­spre­chen. Wenn es aber für die sons­ti­gen Ei­gen­schaf­ten der vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge vor­teil­haft ge­we­sen ist, er­höh­te Stick­oxid­emis­sio­nen in Kauf zu neh­men, dann müs­sen spie­gel­bild­lich die­se sons­ti­gen Ei­gen­schaf­ten ne­ga­tiv be­trof­fen sein, wenn nun­mehr der Stick­oxid­aus­stoß mit­tels ei­nes Soft­ware­up­dates re­du­ziert wird.
  3. Ei­ne Nach­bes­se­rung ist dem Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Ge­braucht­wa­gens auch dann un­zu­mut­bar, wenn sein Ver­trau­ens­ver­hält­nis zur Her­stel­le­rin des Fahr­zeugs, der Volks­wa­gen AG, die auch das für ei­ne Nach­bes­se­rung er­for­der­li­che Soft­ware­up­date ent­wi­ckelt hat, nach­hal­tig ge­stört ist. In­so­weit ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass die Volks­wa­gen AG so­wohl die Be­hör­den als auch die Käu­fer ih­rer Fahr­zeu­ge mit­hil­fe ei­ner Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware über Jah­re hin­weg sys­te­ma­tisch ir­re­ge­führt hat. Der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs hat des­halb we­nig An­lass, der Volks­wa­gen AG da­hin ge­hend zu ver­trau­en, dass es im Zu­sam­men­hang mit dem für ei­ne Nach­bes­se­rung er­for­der­li­chen Soft­ware­up­date nicht er­neut zu Ma­ni­pu­la­tio­nen kommt.
  4. Der Man­gel, der ei­nem vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Ge­braucht­wa­gen an­haf­tet, ist schon des­halb nicht ge­ring­fü­gig i. S. des § 323 V 2 BGB, weil der Käu­fer prak­tisch ge­zwun­gen ist, das Fahr­zeug durch die In­stal­la­ti­on ei­nes Soft­ware­up­dates nach­bes­sern zu las­sen, um nicht die Zu­las­sung des Fahr­zeugs zum Stra­ßen­ver­kehr zu ge­fähr­den. Es ist in­des nicht aus­ge­schlos­sen, dass sich das Up­date ne­ga­tiv et­wa auf den Kraft­stoff­ver­brauch aus­wir­ken und trotz sei­ner In­stal­la­ti­on ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert ver­blei­ben wird.
  5. Zwar ist der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs, der von der Volks­wa­gen AG Scha­dens­er­satz we­gen ei­ner sit­ten­wid­ri­gen vor­sätz­li­chen Schä­di­gung (§ 826 BGB) ver­langt, da­für dar­le­gungs- und be­weis­be­las­tet, dass ein ver­fas­sungs­mä­ßig be­ru­fe­ner Ver­tre­ter der Volks­wa­gen AG i. S. des § 31 BGB den ob­jek­ti­ven und sub­jek­ti­ven Tat­be­stand des § 826 BGB ver­wirk­licht hat. Al­ler­dings trifft die Volks­wa­gen AG in­so­weit ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last, wenn der Käu­fer greif­ba­re An­halts­punk­te da­für vor­trägt, dass ver­fas­sungs­mä­ßig be­ru­fe­ne Ver­tre­ter der Volks­wa­gen AG (§ 31 BGB) Kennt­nis von der Ent­wick­lung und dem Ein­satz der den VW-Ab­gas­skan­dal kenn­zeich­nen­den Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware hat­ten. Die­ser se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last ge­nügt die Volks­wa­gen AG durch den Vor­trag, wer die Ent­schei­dung, die Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware zu ent­wi­ckeln und ein­zu­set­zen, ge­trof­fen hat.

LG Ba­den-Ba­den, Ur­teil vom 27.04.2017 – 3 O 163/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te am 18.04.2012 von der Be­klag­ten zu 1 ei­nen ge­brauch­ten VW Tou­ran 1.6 TDI mit ei­ner Lauf­leis­tung von 8.973 km zum Preis von 22.885 €. Der als Eu­ro-5-Fahr­zeug an­ge­bo­te­ne Ge­braucht­wa­gen wur­de dem Klä­ger am 27.04.2012 über­ge­ben; der Kauf­preis wur­de am 14.05.2012 ge­zahlt.

Die Be­klag­te zu 1 ist als un­ab­hän­gi­ge Kfz-Händ­le­rin au­to­ri­siert, Fahr­zeu­ge der Mar­ke Volks­wa­gen zu ver­trei­ben. Die Be­klag­te zu 2, die Volks­wa­gen AG, ist die Her­stel­le­rin des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw.

Die­ser ist mit ei­nem EA189-Die­sel­mo­tor aus­ge­stat­tet und des­halb vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen: Ei­ne Soft­ware er­kennt, ob das Fahr­zeug auf ei­nem tech­ni­schen Prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert und da­für den „Neu­en Eu­ro­päi­schen Fahr­zy­klus“ durch­fährt. In die­sem Fall wird ein spe­zi­el­ler Be­triebs­mo­dus („Mo­dus 1“) ak­ti­viert. In die­sem Mo­dus wer­den die Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wer­te ein­ge­hal­ten, weil die Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te hö­her und des­halb der Stick­oxid­aus­stoß nied­ri­ger ist als beim re­gu­lä­ren Be­trieb des Pkw im Stra­ßen­ver­kehr. Die­ser er­fogt aus­schließ­lich im „Mo­dus 0“. Ob­wohl in die­sem Mo­dus die Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wer­te über­schrit­ten wer­den, hat das Kraft­fahrt-Bun­des­amt die dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug­mo­dell er­teil­te Typ­ge­neh­mi­gung bis­lang nicht wi­der­ru­fen.

Es hat je­doch den Rück­ruf al­ler vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge an­ge­ord­net und der Be­klag­ten zu 2 auf­ge­ge­ben, die­se Fahr­zeu­ge in den Zu­stand zu ver­set­zen, den die öf­fent­lich-recht­li­chen Vor­schrif­ten vor­schrei­ben. Die Be­klag­te zu 2 hat dar­auf­hin tech­ni­sche Maß­nah­men ent­wi­ckelt, mit de­ren Hil­fe die­ser Zu­stand er­reicht wer­den soll, und dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt im Ok­to­ber 2015 ei­nen Zeit- und Maß­nah­men­plan vor­ge­legt. Da­nach soll das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug auf Kos­ten der Be­klag­ten zu 2 (nur) ein Soft­ware­up­date er­hal­ten. Die­ses Up­date soll ins­be­son­de­re be­wir­ken, dass das Fahr­zeug durch­gän­gig in dem Mo­dus be­trie­ben wird, in dem die Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te ver­gleichs­wei­se hoch ist. Mit Be­scheid vom 03.11.2016 hat das Kraft­fahrt-Bun­des­amt das für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug­mo­dell vor­ge­se­he­ne Soft­ware­up­date nach Prü­fung zur In­stal­la­ti­on frei­ge­ge­ben. Der Klä­ger kann sei­nen Pkw des­halb nun­mehr tech­nisch über­ar­bei­ten las­sen.

Der Klä­ger hat mit An­walts­schrei­ben vom 04.02.2016 die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung und hilfs­wei­se den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt, oh­ne zu­vor ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt zu ha­ben. Er be­haup­tet, er hät­te den VW Tou­ran nicht er­wor­ben, wenn er von der Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware ge­wusst hät­te.

Der Klä­ger meint, die Be­klag­te zu 2 sei im Ver­hält­nis zur Be­klag­ten zu 1 nicht Drit­te i. S. von § 123 II 1 BGB, so­dass der Be­klag­ten zu 2 die der Be­klag­ten zu 1 an­zu­las­ten­de arg­lis­ti­ge Täu­schung zu­zu­rech­nen sei. Er – der Klä­ger – ha­be des­halb sei­ne auf den Ab­schluss des Kauf­ver­trags ge­rich­te­te Wil­lens­er­klä­rung wirk­sam an­ge­foch­ten.

Hilfs­wei­se sei er – der Klä­ger – wirk­sam vom Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten, weil sein Fahr­zeug über ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung ver­fü­ge und des­halb man­gel­haft sei. Ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ha­be er – der Klä­ger – der Be­klag­ten zu 1 vor der Er­klä­rung des Rück­tritts nicht set­zen müs­sen. Denn der sei­nem Fahr­zeug an­haf­ten­de Man­gel – so be­haup­tet der Klä­ger – sei schon des­halb un­be­heb­bar, weil ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert ver­blei­be. Dar­über hin­aus füh­re das vor­ge­se­he­ne Soft­ware­up­date ins­be­son­de­re zu ei­nem Kraft­stoff­mehr­ver­brauch von ci­ca zehn Pro­zent und zu ei­ner Re­du­zie­rung der Mo­tor­leis­tung. Es sei des­halb rein phy­si­ka­lisch aus­ge­schlos­sen, dass sein – des Klä­gers – Fahr­zeug oh­ne ne­ga­ti­ve Fol­gen nach­ge­bes­sert wer­den kön­ne.

Der Klä­ger meint, die Be­klag­te zu 2 müs­se ihm Scha­dens­er­satz leis­ten, weil sie zu den Schad­stoff­emis­sio­nen des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs be­wusst fal­sche An­ga­ben ge­macht ha­be. Da­mit ha­be die Be­klag­te zu 2 nicht nur ei­nen Be­trug be­gan­gen, son­dern ihn – den Klä­ger – auch in sit­ten­wid­ri­ger Wei­se vor­sätz­lich ge­schä­digt.

Die Kla­ge hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ger hat ge­gen­über den Be­klag­ten ei­nen An­spruch auf Zah­lung von 20.147,94 € nebst Zin­sen hier­aus in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz seit dem 04.02.2016, Zug um Zug ge­gen Über­eig­nung und Her­aus­ga­be des Pkw VW Tou­ran …. Der zu­rück­zu­zah­len­de Kauf­preis in Hö­he von 22.885 € re­du­ziert sich in Hö­he der ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen um 2.737,06 €. Die Be­klag­ten haf­ten als Ge­samt­schuld­ner (I–VI). Zu­dem hat der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten zu 2 ei­nen An­spruch auf Zah­lung von Zin­sen in Hö­he von vier Pro­zent aus 22.885 € seit dem 14.05.2012 bis zum 03.02.2016 (VII). Wei­ter kann der Klä­ger die Fest­stel­lung be­an­spru­chen, dass sich die Be­klag­ten mit der Rück­nah­me des … Pkw im An­nah­me­ver­zug be­fin­den (VI­II). Fer­ner hat der Klä­ger ge­gen­über je­der Be­klag­ten ei­nen ei­gen­stän­di­gen An­spruch auf Frei­stel­lung von vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten in Hö­he von je 1.195,95 € nebst Zin­sen in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit 16.02.2017 (IX). Wei­te­re An­sprü­che des Klä­gers be­ste­hen nicht.

I. Der Klä­ger hat ge­gen­über der Be­klag­ten zu 1 ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in Hö­he von 22.885 € für den Pkw VW Tou­ran aus §§ 433, 434 I, 437 Nr. 2 Fall 1, 323, 346 BGB.

1. Der dem Klä­ger von der Be­klag­ten zu 1 mit Kauf­ver­trag vom 18.04.2012 ver­kauf­te VW Tou­ran 1.6 TDI ist man­gel­haft.

Durch die In­stal­la­ti­on ei­ner Soft­ware, die die kor­rek­te Mes­sung der Stick­oxid­wer­te im nor­ma­len Ge­brauch des Fahr­zeugs ver­hin­dert und im Prüf­be­trieb nied­ri­ge­re Aus­stoß­men­gen vor­spie­gelt, weicht das Fahr­zeug von der bei ver­gleich­ba­ren Fahr­zeu­gen üb­li­chen Be­schaf­fen­heit ab (OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2016 – I-28 W 14/16, ju­ris; OLG Cel­le, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, ju­ris).

Das Fahr­zeug ent­spricht nicht den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten, da es die Eu­ro-5-Norm nicht ein­hält, und eig­net sich da­her man­gels Zu­las­sungs­fä­hig­keit nicht zur vor­aus­ge­setz­ten Ver­wen­dung. Da­bei hat au­ßer Be­tracht zu blei­ben, dass das Kraft­fahrt-Bun­des­amt die Ver­wen­dung des Fahr­zeugs im Stra­ßen­ver­kehr bis zur ge­plan­ten Nach­bes­se­rung trotz Ver­sto­ßes ge­gen die ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten to­le­riert und die Zu­las­sung tat­säch­lich nicht ent­zieht. Die tat­säch­li­che und je­der­zeit ver­än­der­li­che Um­ge­hens­wei­se des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes mit den be­trof­fe­nen Die­sel­fahr­zeu­gen än­dert an der nicht vor­han­de­nen Zu­las­sungs­fä­hig­keit nach den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten nichts.

Die Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs er­gibt sich auch dar­aus, dass das Kraft­fahrt-Bun­des­amt wie auch die ent­spre­chen­den Be­hör­den im be­nach­bar­ten Aus­land prü­fen müs­sen, ob ei­ne Ent­zie­hung der Be­triebs­er­laub­nis ge­bo­ten ist, wenn der Her­stel­ler in­ner­halb ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist nicht für Ab­hil­fe sorgt (OLG Mün­chen, Beschl. v. 23.03.2017 – 3 U 4316/16, ju­ris).

2. Der Klä­ger konn­te so­gleich vom Ver­trag zu­rück­tre­ten, oh­ne ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung zu set­zen, da ihm die Art der Nach­er­fül­lung un­zu­mut­bar ist (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB).

Es kann da­hin­ge­stellt blei­ben, ob – wenn der Klä­ger ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hät­te, was nicht der Fall ist – die­se Frist zu kurz ge­we­sen wä­re und ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist von nicht mehr als ei­nem Jahr in Gang ge­setzt hät­te, die nun­mehr ab­ge­lau­fen wä­re, so­dass der Ver­käu­fer den Rück­tritt des Käu­fers hät­te hin­neh­men müs­sen (so OLG Mün­chen, Beschl. v. 23.03.2017 – 3 U 4316/16, in ei­nem ver­gleich­ba­ren Fall, in dem ei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung ge­setzt wur­de).

Die Un­zu­mut­bar­keit er­gibt sich … dar­aus, dass der Klä­ger un­an­ge­mes­sen lan­ge auf ei­ne Nach­bes­se­rung war­ten muss­te (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2016 – I-28 W 14/16, ju­ris; OLG Cel­le, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, ju­ris). Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt hat erst mit Be­scheid vom 03.11.2016 das für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug vor­ge­se­he­ne Soft­ware­up­date ge­prüft und frei­ge­ge­ben. Zum Zeit­punkt der Er­klä­rung des Rück­tritts … am 04.02.2016 war noch gar kein Ter­min für die Nach­bes­se­rung ab­seh­bar. Dem Klä­ger war nicht zu­zu­mu­ten, ei­nen un­be­stimm­ten Zeit­raum lang ab­zu­war­ten, ob sich zu ei­nem un­be­stimm­ten Zeit­punkt ei­ne noch un­be­stimm­te Art der Nach­bes­se­rung er­ge­ben kann.

Wei­ter­hin führt die nach­hal­ti­ge Stö­rung des Ver­trau­ens­ver­hält­nis­ses zwi­schen dem Klä­ger und der Be­klag­ten zu 2 zur Un­zu­mut­bar­keit der Nach­bes­se­rung. Die Nach­bes­se­rung wird al­lein durch die Be­klag­te zu 2 an­ge­bo­ten, die für das Fahr­zeug ein Soft­warup­date an­ge­bo­ten hat. Die Be­klag­te zu 2 hat das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug als der Eu­ro-5-Norm zu­ge­hö­rig an­ge­bo­ten, ob­wohl das Fahr­zeug die­se Norm im nor­ma­len Fahr­be­trieb nicht er­füllt. Der Klä­ger glaub­te so­mit im Ver­trau­en auf die An­ga­ben der Be­klag­ten zu 2, ein den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten ent­spre­chen­des Fahr­zeug zu er­wer­ben, ob­wohl dies tat­säch­lich nicht der Fall war. Die Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten zu 2 ha­ben ei­ne Soft­ware kon­stru­iert, [die] er­kennt, wann das Fahr­zeug im Test­lauf läuft, was zur Fol­ge hat, dass der Stick­oxid­aus­stoß als ge­rin­ger ge­mes­sen wird, als er im tat­säch­li­chen Fahr­be­trieb … ist. Da­durch wur­de dem Klä­ger et­was vor­ge­spie­gelt, was für sei­ne Kauf­ent­schei­dung we­sent­lich war, näm­lich ein Stick­oxid­aus­stoß, der den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten ent­spricht. Nach­dem der Klä­ger durch die Be­klag­te zu 2 be­reits ein­mal durch ei­ne ma­ni­pu­lier­te Soft­ware ge­täuscht wur­de, ist es ihm nicht zu­zu­mu­ten, von der Be­klag­ten zu 2 ein Soft­ware­up­date zu er­hal­ten. Bei dem Klä­ger ver­bleibt dann der nicht völ­lig un­be­rech­tig­te Ver­dacht, dass es zu ei­ner wie­der­hol­ten Ma­ni­pu­la­ti­on der Soft­ware kom­men könn­te. Der Klä­ger hat we­nig An­lass, der Her­stel­le­rin in Be­zug auf die Soft­ware zu ver­trau­en, nach­dem die­se so­wohl die Be­hör­den als auch ih­re Kun­den über Jah­re hin­weg sys­te­ma­tisch ir­re­ge­führt hat (LG Köln, Urt. v. 02.03.2017 – 2 O 317/16, ju­ris).

Vor al­lem aber ist die Nach­bes­se­rung un­zu­mut­bar, weil die be­grün­de­te Be­fürch­tung be­steht, das Fahr­zeug wer­de auch trotz der Nach­bes­se­rung nicht man­gel­frei sein. Von Fach­leu­ten wur­de mehr­fach ge­äu­ßert und in zahl­rei­chen Pres­se­ar­ti­keln zi­tiert, dass die Ent­fer­nung der Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die Emis­si­ons­wer­te, den Kraft­stoff­ver­brauch und die Mo­tor­leis­tung so­wie den Ver­schleiß ha­ben könn­te. Es ent­spricht auch den Ge­set­zen der Lo­gik, dass die Be­klag­te zu 2 nicht ein Fahr­zeug kon­zi­piert hät­te, das den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten nicht ent­spricht, wenn sie mit glei­chem Auf­wand oder nur ge­rin­gem Mehr­aut­wand wie dem hie­si­gen Soft­ware­up­date ein gleich gu­tes Fahr­zeug hät­te kon­zi­pie­ren kön­nen, das den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten ent­spricht. Viel­mehr muss­te es für die sons­ti­gen Ei­gen­schaf­ten des Fahr­zeugs vor­teil­haft ge­we­sen sein, den er­höh­ten Stick­oxid­aus­stoß in Kauf zu neh­men. Wird nun­mehr der Stick­oxid­aus­stoß re­du­ziert, müs­sen spie­gel­bild­lich sons­ti­ge Ei­gen­schaf­ten des Fahr­zeugs ne­ga­tiv be­trof­fen sein. Zu­min­dest drängt sich ein ent­spre­chen­der Ver­dacht auf. Da­durch ent­ste­hen beim Käu­fer Un­si­cher­hei­ten be­züg­lich der Dau­er­halt­bar­keit und mög­li­cher Fol­ge­schä­den nach durch­ge­führ­ter Nach­bes­se­rung. Die­se be­rech­tig­te Sor­ge des Käu­fers führt zur Un­zu­mut­bar­keit der Nach­bes­se­rung (so z. B. auch LG Dort­mund, Urt. v. 29.09.2016 – 25 O 49/16, LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 72/16; a. A. z. B. LG Fran­ken­thal, Urt. v. 12.05.2016 – 8 O 208/15; al­le in ju­ris).

Schließ­lich er­gibt sich die Un­zu­mut­bar­keit der Nach­bes­se­rung auch dar­aus, dass der Wert des Fahr­zeugs auch nach der Nach­bes­se­rung we­sent­lich be­ein­träch­tigt sein wird oder dies zu­min­dest aus ob­jek­ti­ver Sicht zu er­war­ten ist. Auf­grund der Un­si­cher­hei­ten hin­sicht­lich mög­li­cher ne­ga­ti­ven Fol­gen der Nach­bes­se­rung er­scheint es rea­lis­tisch, dass sich der Preis für von der Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware be­trof­fe­ne Fahr­zeu­ge zu­künf­tig ne­ga­tiv ent­wi­ckeln könn­te. Be­reits das Be­ste­hen ei­nes na­he­lie­gen­den Ri­si­kos ei­nes blei­ben­den mer­kan­ti­len Min­der­werts ist aus­rei­chend (so auch LG Kemp­ten, Urt. v. 29.03.2017 – 13 O 808/16, ju­ris).

3. Der Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ist auch nicht we­gen Un­er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung aus­ge­schlos­sen (§ 323 V 2 BGB).

Es kann da­hin­ste­hen, ob die Män­gel­be­sei­ti­gung mit ei­nem ge­rin­gen fi­nan­zi­el­len Auf­wand pro Fahr­zeug (ca. 100 €) mög­lich ist. Denn die Er­heb­lich­keit ei­nes Man­gels wird nicht nur durch die Kos­ten der Be­sei­ti­gung, son­dern durch ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­ab­wä­gung be­stimmt. Ein er­heb­li­cher Man­gel liegt hier be­reits des­halb vor, weil nicht aus­zu­schlie­ßen ist, dass die Ei­gen­schaf­ten des Fahr­zeugs durch das Soft­ware­up­date ne­ga­tiv be­ein­flusst wer­den und der Wie­der­ver­kaufs­wert des Fahr­zeugs durch den Ma­kel der Soft­ware­ma­ni­pu­la­ti­on und die da­mit ver­bun­de­ne Pres­se­be­richt­er­stat­tung sin­ken kann (so z. B. auch LG Dort­mund, Urt. v. 29.09.2016 – 25 O 49/16, LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 72/16; a. A. LG Müns­ter, Urt. v. 14.03.2016 – 011 O 341/15; al­le in ju­ris).

Ab­ge­se­hen da­von nimmt al­lein der Um­stand, dass der Klä­ger auf die Nach­er­fül­lung prak­tisch nicht ver­zich­ten kann, son­dern im Rah­men der mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt aus­ge­ar­bei­te­ten Rück­ruf­ak­ti­on des Her­stel­lers da­zu ver­pflich­tet ist, das Soft­ware­up­date auf­spie­len zu las­sen, um die Zu­las­sung des Fahr­zeugs zu­künf­tig nicht zu ge­fähr­den, dem Man­gel den An­schein der Un­er­heb­lich­keit (LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 72/16).

4. Rechts­fol­ge des wirk­sa­men Rück­tritts ist ge­mäß § 346 I BGB die Rück­ge­währ der emp­fan­ge­nen Leis­tun­gen, al­so auch die Rück­zah­lung des ge­leis­te­ten Kauf­prei­ses in Hö­he von 22.885 €.

II. Der Klä­ger hat auch ge­gen­über der Be­klag­ten zu 2 ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in Hö­he von 22.885 € für den Pkw VW Tou­ran aus §§ 826, 249 ff. BGB.

1. Die Be­klag­te zu 2 hat ge­gen­über dem Klä­ger in ei­ner ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­sto­ßen­den Wei­se ge­han­delt.

Wer be­wusst täuscht, um ei­nen an­de­ren zum Ver­trags­schluss zu brin­gen, han­delt in der Re­gel sit­ten­wid­rig, so bei un­wah­ren An­ga­ben über ver­trags­we­sent­li­che Um­stän­de (Pa­land/Sprau, BGB, 76. Aufl. [2017], § 826 Rn. 20).

Vor­lie­gend ha­ben die Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten zu 2 ei­ne Soft­ware kon­stru­iert, [die] er­kennt, wann das Fahr­zeug im Test­lauf läuft, was zur Fol­ge hat, dass der Stick­oxid­aus­stoß als ge­rin­ger ge­mes­sen wird, als er im tat­säch­li­chen Fahr­be­trieb … ist. Da­durch wur­de dem Klä­ger et­was vor­ge­spie­gelt, was für sei­ne Kauf­ent­schei­dung we­sent­lich war, näm­lich ein Stick­oxid­aus­stoß, der den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten ent­spricht. Den Mit­ar­bei­tern der Be­klag­ten zu 2 war auch be­wusst, dass die­ser Um­stand von zen­tra­ler Be­deu­tung beim Au­to­kauf ist, denn na­tur­ge­mäß möch­te kein Kun­de ein Fahr­zeug er­wer­ben, dem der Ent­zug der Zu­las­sung droht. Den­noch wur­de die ent­spre­chen­de Soft­ware be­wusst ver­wen­det, um dem Kun­den vor­zu­spie­geln, das Fahr­zeug er­fül­le die ent­spre­chen­den ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen, was tat­säch­lich im nor­ma­len Fahr­be­trieb auf­grund ei­nes zu ho­hen Stick­oxid­aus­sto­ßes nicht der Fall ist. Dies ge­schah, um ei­nen mög­lichst ho­hen Pro­fit zu er­zie­len, in­dem man ein Fahr­zeug auf dem Markt an­bot, das (schein­bar) die Eu­ro-5-Norm ein­hielt und gleich­zei­tig über ei­nen ge­rin­gen Sprit­ver­brauch und an­de­re po­si­ti­ve Ei­gen­schaf­ten ver­füg­te.

Die­ses be­trü­ge­ri­sche Ver­hal­ten ge­gen­über dem Kun­den ist sit­ten­wid­rig (so auch LG Hil­des­heim, Urt. v. 17.01.2017 – 3 O 139/16, ju­ris; LG Kle­ve, Urt. v. 31.03.2017 – 3 O 252/16, ju­ris).

2. Die Be­klag­te zu 2 hat durch ih­re ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Ver­tre­ter ge­han­delt, für de­ren un­er­laub­te Hand­lung die Be­klag­te zu 2 haf­tet (§ 31 BGB). In der Per­son der Ver­tre­ter der Be­klag­ten zu 2 wur­de der ob­jek­ti­ve und sub­jek­ti­ve Tat­be­stand des § 826 BGB ver­wirk­licht.

Zwar trifft hier­für den Klä­ger die Be­weis­last. Al­ler­dings ist es hier der Be­klag­ten zu 2 aus­nahms­wei­se zu­zu­mu­ten, im Rah­men ih­rer Er­klä­rungs­last nach § 138 II ZPO dem Klä­ger ei­ne pro­zess­ord­nungs­ge­mä­ße Dar­le­gung durch nä­he­re An­ga­ben über die zu ih­rem Wahr­neh­mungs­be­reich ge­hö­ren­den Ver­hält­nis­se zu er­mög­li­chen, weil sie im Ge­gen­satz zu dem au­ßer­halb des maß­geb­li­chen Ge­sche­hens­ab­laufs ste­hen­den Klä­ger die we­sent­li­chen Tat­sa­chen kennt („se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last“; vgl. Zöl­ler/Gre­ger, ZPO, 31. Aufl. [2016], vor § 284 Rn. 34). Der Vor­stand der Be­klag­ten zu 2 weiß oder kann sich das Wis­sen ver­schaf­fen, wer die Ent­schei­dung ge­trof­fen hat, die Soft­ware zu ent­wi­ckeln und ein­zu­set­zen, die ei­nen tat­säch­lich nicht vor­han­de­nen nied­ri­gen Stick­oxid­aus­stoß im nor­ma­len Be­trieb des Fahr­zeugs vor­spie­gelt. Der Klä­ger hat hin­ge­gen kei­ne Mög­lich­keit, sich dar­über zu in­for­mie­ren. Um ei­ne Aus­for­schung zu ver­mei­den, muss der zu be­wei­sen­de Vor­trag des Klä­gers greif­ba­re An­halts­punk­te für sei­ne Be­haup­tung lie­fern (Zöl­ler/Gre­ger, a. a. O., vor § 284 Rn. 34). Das ist hier der Fall.

Der Klä­ger be­haup­tet, Ver­ant­wort­li­che der Be­klag­ten zu 2 hät­ten die hie­si­ge Soft­ware ent­wi­ckeln las­sen und ein­ge­setzt. Dies er­scheint le­bens­nah. Wer die Zu­stim­mung zur Kon­zi­pie­rung und zum Ein­satz ei­ner Soft­ware in Mil­lio­nen von Neu­fahr­zeu­gen er­teilt, die ei­nen ge­rin­ge­ren als den tat­säch­li­chen Stick­oxid­aus­stoß vor­spie­gelt, hat üb­li­cher­wei­se auch ei­ne wich­ti­ge Funk­ti­on in ei­nem Un­ter­neh­men in­ne, da ei­ne solch we­sent­li­che un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung re­gel­mä­ßig nicht von un­ter­ge­ord­ne­ten Mit­ar­bei­tern oh­ne Ein­be­zie­hung von Ent­schei­dungs­trä­gern ge­trof­fen wird.

Für ei­ne Haf­tung ge­mäß § 31 BGB ist es auch nicht zwin­gend, dass das han­deln­de Or­gan rechts­ge­schäft­li­che Ver­tre­tungs­macht hat. Viel­mehr ist ent­schei­dend, dass dem „Ver­tre­ter“, sei es auf­grund ei­ner aus­drück­li­chen Be­stel­lung oder auf­grund tat­säch­li­cher Hand­ha­bung, be­deut­sa­me, we­sens­mä­ßi­ge Funk­tio­nen der ju­ris­ti­schen Per­son zu­ge­wie­sen sind (BGH, Urt. v. 14.03.2013 – III ZR 296/11, BGHZ 196, 340 Rn. 12).

Nach­dem die Be­klag­te zu 2 nicht of­fen­bart hat, wer die Ent­schei­dung zum Ein­satz der Soft­ware ge­trof­fen hat, und da­mit ih­rer se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last nicht nach­ge­kom­men ist, gilt die Be­haup­tung des Klä­gers, die Ver­ant­wort­li­chen der Be­klag­ten zu 2 hät­ten ent­schie­den, die hie­si­ge Soft­ware zu ver­wen­den, trotz ih­rer man­geln­den Sub­stan­zi­ie­rung als zu­ge­stan­den i. S. von § 138 III ZPO (so auch LG Kle­ve, Urt. v. 31.03.2017 – 3 O 252/16, ju­ris; LG Hil­des­heim, Urt. v. 17.01.2017 – 3 O 139/16, ju­ris).

3. Hät­te der Klä­ger ge­wusst, dass das Fahr­zeug im nor­ma­len Fahr­be­trieb ei­nen hö­he­ren Stick­oxid-Aus­stoß als an­ge­ge­ben hat, des­halb die Eu­ro-5-Norm nicht er­füllt und der Be­trieb des Fahr­zeugs ge­gen ge­setz­li­che Vor­schrif­ten ver­stößt und da­her ei­ne Nach­bes­se­rung mit un­ge­wis­sen Fol­gen für den Pkw er­for­der­lich ist, so hät­te er das Fahr­zeug nicht er­wor­ben.

4. Wird der Käu­fer durch ir­re­füh­ren­de An­ga­ben zum Er­werb ei­ner Sa­che ver­an­lasst, die sich grund­le­gend von der an­ge­prie­se­nen un­ter­schei­det, ist ein Scha­den auch dann zu be­ja­hen, wenn der Wert der Sa­che dem ge­zahl­ten Kauf­preis ent­spricht (BGH, Urt. v. 19.12.1997 – V ZR 112/96, NJW 1998, 898 [899]). Es kommt da­her nicht dar­auf an, ob der Klä­ger das Fahr­zeug zur all­ge­mei­nen Nut­zung im Stra­ßen­ver­kehr ver­wen­den kann (so aber LG Braun­schweig, Urt. v. 29.12.2016 – 1 O 2084/15, mit dem Er­geb­nis, dass kei­ne An­sprü­che der dor­ti­gen Käu­fe­rin ge­gen die Volks­wa­gen AG be­ste­hen). Denn es ist nicht zwei­fel­haft, dass Scha­dens­er­satz auch dann ge­schul­det ist, wenn der Kauf­preis zwar dem Ver­kehrs­wert der Sa­che ent­spricht, die­se aber in­fol­ge des Man­gels für die Zwe­cke des Käu­fers un­ge­eig­net ist (BGH, Urt. v. 19.12.1997 – V ZR 112/96, NJW 1998, 898 [899]). Vor­lie­gend woll­te der Klä­ger kein Fahr­zeug er­wer­ben, das den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten nicht ent­spricht und bei dem der Ent­zug der Zu­las­sung droht, wenn der Klä­ger sich nicht auf ei­ne Nach­bes­se­rung ein­lässt, de­ren Fol­gen für das Fahr­zeug un­ge­wiss sind. Da­mit war das Fahr­zeug für die Zwe­cke des Klä­gers un­ge­eig­net.

Der ge­schä­dig­te Klä­ger ist so zu stel­len, als ob er den Kauf­ver­trag nicht ab­ge­schlos­sen hät­te. Der Kauf­ver­trag ist rück­ab­zu­wi­ckeln und dem Klä­ger der Kauf­preis zu­rück­zu­er­stat­ten.

III. Die Be­klag­ten ha­ben ge­gen­über dem Klä­ger ei­nen An­spruch auf Wert­er­satz für ge­zo­ge­ne Nut­zun­gen in Hö­he von 2.737,06 €, die ge­gen den Zah­lungs­an­spruch des Klä­gers auf­zu­rech­nen sind (§§ 346 I Fall 2, 387 ff. BGB). Da­mit re­du­ziert sich die be­rech­tig­te For­de­rung des Klä­gers auf 20.147,94 €.

Bei der Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ein (auch ge­brauch­tes) Fahr­zeug er­folgt der Er­satz der ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen nach ganz herr­schen­der Mei­nung nach der For­mel

\text{Nutzungswert} = {\frac{\text{Kaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{Restlaufleistung}}}

(KG, Urt. v. 23.05.2013 – 8 U 58/12, NJW-RR 2014, 57 m. w. Nachw.).

Die Lauf­leis­tung schätzt das Ge­richt bei vor­lie­gen­dem Fahr­zeug auf 250.000 km. Es ge­nügt dem Schät­zungs­er­mes­sen und ent­spricht all­ge­mei­ner Recht­spre­chungs­pra­xis, sich an der typ­spe­zi­fi­schen Ge­samt­fahr­leis­tung zu ori­en­tie­ren. Pkw der mitt­le­ren und ge­ho­be­nen Klas­se er­rei­chen auf­grund des ho­hen Qua­li­täts­stan­dards heut­zu­ta­ge Ge­samt­fahr­leis­tun­gen von 200.000 km bis 300.000 km. Für das hie­si­ge Fahr­zeug mit Die­sel­mo­tor ist ei­ne Ge­samt­fahr­leis­tung von 250.000 km rea­lis­tisch an­zu­neh­men, zu­mal das Fahr­zeug seit sei­ner Zu­las­süng am 30.06.2011 nur knapp 38.000 km und da­her un­ter­durch­schnitl­lich we­nig ge­fah­ren wur­de. Das Ge­richt sieht kei­ne Ver­an­las­sung zur Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens dar­über, ob die Ge­samt­fahr­leis­tung 250.000 km oder gar 500.000 km oder nur 200.000 km be­trägt (vgl. KG, Urt. v. 23.05.2013 – 8 U 58/12, NJW-RR 2014, 57).

Da­mit er­gibt sich fol­gen­de Be­rech­nung:

{\frac{\text{22.885 €}\times\text{(37.800 km − 8.973 km)}}{\text{(250.000 km − 8.973 km)}}} = 2.737,06 €.

Zwar er­folgt bei wech­sel­sei­ti­gen Geld­for­de­run­gen kei­ne au­to­ma­ti­sche Sal­die­rung; es be­darf ei­ner Auf­rech­nung (Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 76. Aufl. [2017], § 348 Rn. 1). Je­doch liegt hier ei­ne Auf­rech­nung vor (§ 387 BGB). Die Be­klag­ten ha­ben klar zu er­ken­nen ge­ge­ben, dass sie ei­nen An­spruch auf Nut­zungs­er­satz gel­tend ma­chen wol­len und die klä­ge­ri­sche For­de­rung in­so­weit er­lö­schen soll, und sich in ih­ren Schrift­sät­zen auch auf obi­ge 8e­rech­nungs­for­mel be­ru­fen, konn­ten al­ler­dings die Hö­he des Nut­zungs­er­sat­zes bis zu der münd­li­chen Ver­hand­lung noch nicht be­zif­fern, da sie den ak­tu­el­len Ki­lo­me­ter­stand des Fahr­zeugs bis da­hin noch nicht kann­ten. Es ist da­von aus­zu­ge­hen, dass sie auch nach Kennt­nis hier­von Auf­rech­nungs­wil­len hat­ten und das Er­lö­schen der klä­ge­ri­schen For­de­rung min­des­tens in der Hö­he der vom Ge­richt be­rech­ne­ten Nut­zungs­ent­schä­di­gung be­gehr­ten; die­ser war für den Klä­ger auch klar er­kenn­bar. Ei­ne Auf­rech­nungs­er­klä­rung i. S. von § 388 Satz 1 BGB liegt so­mit vor.

IV. Die Ver­pflich­tung der Be­klag­ten zur Zah­lung be­steht Zug um Zug ge­gen Über­eig­nung und Her­aus­ga­be des Pkw VW Tou­ran (§§ 348,.320, 322 BGB).

V. Der gel­tend ge­mach­te Zins­an­spruch er­gibt sich aus Ver­zug.

VI. Die Be­klag­ten haf­ten als Ge­samt­schuld­ner, da je­de Be­klag­te zur Be­wir­kung der ge­sam­ten Leis­tung ver­pflich­tet, der Klä­ger aber die. Leis­tung nur ein­mal zu for­dern be­rech­tigt ist (§ 421 Satz 1 BGB).

VII. Der An­spruch des Klä­gers ge­gen­über der Be­klag­ten zu 2 auf Zah­lung von Zin­sen in Hö­he von vier Pro­zent aus 22.885 € seit dem 14.05.2012 bis zum 03.02.2016 er­gibt sich aus § 849 BGB. Wer durch ei­ne un­er­laub­te Hand­lung da­zu be­stimmt wird, Geld zu über­wei­sen, kann vom Schä­di­ger ei­ne Ver­zin­sung nach § 849 BGB ver­lan­gen (BGH, Urt. v. 26.11.2007 – II ZR 167/06, NJW 2008, 1084 Rn. 4 ff.). Der Klä­ger ist durch die sit­ten­wid­ri­ge vor­sätz­li­che Schä­di­gung der Be­klag­ten zu 2 ver­an­lasst wor­den, an die Be­klag­te zu 1 am 14.05.2012 den Kauf­preis in Hö­he von 22.885 € auf de­ren Kon­to zu be­zah­len. Die Zins­pflicht en­det mit dem kon­kre­ten Scha­dens­er­satz­ver­lan­gen am 03.02.2016.

VI­II. Die Be­klag­ten be­fin­den sich mit der Rück­nah­me des … Pkw in An­nah­me­ver­zug (§ 293 BGB). Je­den­falls mit Zu­stel­lung der Kla­ge­schrift hat der Klä­ger den Be­klag­ten ein wört­li­ches An­ge­bot auf Rück­über­eig­nung des Pkws­ge­macht (§ 295 BGB). Die Be­klag­ten, die spä­tes­tens mit Zu­gang des Schrift­sat­zes zur An­zei­ge der Ver­tei­di­gungs­be­reit­schaft und dem dar­in ent­hal­te­nen An­trag auf Kla­ge­ab­wei­sung die­ses An­ge­bot ab­ge­lehnt ha­ben, be­fin­den sich da­her seit Zu­gang des An­ge­bots in An­nah­me­ver­zug (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 06.05.2011 – I-17 U 53/10, ju­ris).

IX. Der Klä­ger hat ge­gen­über bei­den Be­klag­ten ei­nen ei­gen­stän­di­gen An­spruch auf Frei­stel­lung von vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten in Hö­he von je 1.195,95 € nebst Zin­sen … aus Ver­trags­ver­let­zung bzw. un­er­laub­ter Hand­lung.

Bei der Be­rech­nung geht das Ge­richt von ei­ner be­rech­tig­ten 1,3-fa­chen Ge­schäfts­ge­bühr aus ei­nem Streit­wert von 22:885 € in Hö­he von 1.024,40 € zu­züg­lich ei­ner Un­kos­ten­pau­scha­le in Hö­he von 20 € und ei­ner Um­satz­steu­er in Hö­he von 19 % aus, so­dass sich in­ge­samt vor­ge­richt­li­che Rechts­an­walts­kos­ten hin­sicht­lich je­der Be­klag­ten in Hö­he von 1.242,84 € er­ge­ben. Ei­ne An­rech­nung hat zu un­ter­blei­ben, da ge­mäß Teil 3 Vor­be­mer­kung 3 IV 1 der An­la­ge 1 zum RVG die Ge­schäfts­ge­bühr, so­weit die­se we­gen des­sel­ben Ge­gen­stands ent­steht, zur Hälf­te, höchs­tens je­doch mit ei­nem Ge­büh­ren­satz von 0,75 auf die Ver­fah­rens­ge­bühr des ge­richt­li­chen Ver­fah­rens an­ge­rech­net wird und so­mit die Ge­schäfts­ge­bühr in vol­ler Hö­he be­gehrt wer­den kann, je­doch teil­wei­se auf die Ver­fah­rens­ge­bühr an­ge­rech­net wird, nicht aber um­ge­kehrt die Ver­fah­rens­ge­bühr teil­wei­se auf die Ge­schäfts­ge­bühr an­ge­rech­net wird.

Die Hö­he der Ge­bühr ist durch ei­ne Ge­samt­ab­wä­gung al­ler nach § 14 I 1 RVG maß­geb­li­chen Um­stän­de des Ein­zel­falls zu be­stim­men. Vor­lie­gend ist ge­richts­be­kannt, dass der Klä­ger­ver­tre­ter ne­ben dem Klä­ger zahl­rei­che an­de­re Ei­gen­tü­mer von Pkw, in de­nen ei­ne Soft­ware mit der glei­chen Pro­ble­ma­tik ver­baut wur­de, ver­tritt und die Schrift­sät­ze größ­ten­teils wort­gleich sind. Die durch die Par­al­le­li­tät der Sach­ver­hal­te be­ding­te ganz er­heb­li­che Ver­rin­ge­rung des zeit­li­chen Auf­wands fur das kon­kre­te Man­dat kann im Rah­men der Ge­samt­wür­di­gung maß­geb­lich be­rück­sich­tigt wer­den (vgl. BGHUrt. v. 26.02.2013 –

XI ZR 345/10, NJW-Spe­zi­al 2013, 316 Rn. 62). Vor­lie­gend sind kei­ne Um­stän­de er­sicht­lich, die recht­li­che oder tat­säch­li­che Schwie­rig­kei­ten be­grün­den wür­den, so­dass be­reits nach Nr. 2300 VV RVG ei­ne Ge­schäfts­ge­bühr von mehr als 1,3 nicht in Be­tracht kommt.

 

Nach­dem der Klä­ger aber nur vor­ge­richt­li­che An­walts­kos­ten in Hö­he von 1.195,95 € be­gehrt, sind die vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten auch nur in die­ser Hö­he zu­zu­spre­chen. Der Zins­an­spruch er­gibt sich aus Ver­zug. …

PDF er­stel­len