1. Die Über­nah­me ei­ner Ga­ran­tie – hier: für die Lauf­leis­tung ei­nes Ge­braucht­wa­gens – setzt vor­aus, dass der Ver­käu­fer in ver­trags­mä­ßig bin­den­der Wei­se die Ge­währ für das Vor­han­den­sein der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit der Kauf­sa­che über­nimmt und da­mit sei­ne Be­reit­schaft zu er­ken­nen gibt, für al­le Fol­gen des Feh­lens die­ser Be­schaf­fen­heit ein­zu­ste­hen. Das Wort „Ga­ran­tie“ muss da­bei nicht ver­wen­det wer­den; gleich­be­deu­tend mit „ga­ran­tie­ren“ ist ins­be­son­de­re „zu­si­chern“.
  2. Heißt es in ei­nem Ge­braucht­wa­gen­kauf­ver­trag, der Ver­käu­fer si­che­re zu, dass das Fahr­zeug ei­ne Ge­samt­fahr­leis­tung von 160.000 km auf­wei­se, so über­nimmt der Ver­käu­fer für die an­ge­ge­be­ne Lauf­leis­tung ei­ne Ga­ran­tie i. S. des § 444 Fall 2 BGB.

LG Ol­den­burg, Ur­teil vom 19.10.2016 – 9 O 3005/15
(nach­fol­gend: OLG Ol­den­burg, Ur­teil vom 18.05.2017 – 1 U 65/16)

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ver­langt die Rück­ab­wick­lung ei­nes Ge­braucht­wa­gen­kauf­ver­tra­ges. Er kauf­te von dem Be­klag­ten am 13.09.2015 ei­nen ge­brauch­ten Pkw zum Preis von 8.000 €. Der schrift­li­che Kauf­ver­trag ent­hält un­ter an­de­rem fol­gen­de Ein­tra­gung:

III. Zu­si­che­run­gen des Ver­käu­fers

Der Ver­käu­fer si­chert Fol­gen­des zu (nicht Zu­tref­fen­des bit­te strei­chen):

☐  Das Fahr­zeug weist fol­gen­de Ge­samt­fahr­leis­tung auf: 160.000 km.“

Die Par­tei­en ha­ben zwei Ver­trags­for­mu­la­re aus­ge­füllt und je­weils bei­de un­ter­schrie­ben. In dem von dem Klä­ger vor­ge­leg­ten Ex­em­plar ist das Käst­chen vor der An­ga­be der Ge­samt­fahr­leis­tung an­ge­kreuzt; in der Ver­trags­ur­kun­de, die der Be­klag­te vor­ge­legt hat, fehlt das Kreuz.

Mit An­walts­schrei­ben vom 30.09.2015 for­der­te der Klä­ger den Be­klag­ten zur Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges auf. Gleich­zei­tig er­klär­te er die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung mit der Be­grün­dung, dass der Be­klag­te ihm ei­nen Un­fall­scha­den des Pkw ver­schwie­gen ha­be.

Der Klä­ger meint, der Be­klag­te ha­be ihm ei­ne Ge­samt­fahr­leis­tung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw von 160.000 km ga­ran­tiert, und be­haup­tet, die Ge­samt­fahr­leis­tung ha­be am 21.05.2007 be­reits 104.368 km und am 12.01.2010 be­reits 222.576 km be­tra­gen. Au­ßer­dem – so be­haup­tet der Klä­ger wei­ter – ha­be der Pkw an der lin­ken Sei­te ei­nen mas­si­ven Un­fall­scha­den da­von­ge­tra­gen. Gleich­wohl ha­be der Be­klag­te der Wahr­heit zu­wi­der be­haup­tet, ihm sei­en kei­ne Be­schä­di­gun­gen des Fahr­zeugs be­kannt.

Die Kla­ge hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: 1. Der Klä­ger hat ei­nen An­spruch ge­gen den Be­klag­ten auf Zah­lung von 8.000 € Zug um Zug ge­gen Her­aus­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs. Ein sol­cher An­spruch folgt aus §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 443 I, 440, 326 V, 346 I BGB; der Klä­ger ist wirk­sam … vom Kauf­ver­trag … zu­rück­ge­tre­ten.

Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ist man­gel­haft und ent­spricht da­mit nicht der sei­tens des Be­klag­ten zu­ge­si­cher­ten Be­schaf­fen­heit.

Der Be­klag­te hat durch sei­ne Er­klä­rung im schrift­li­chen Kauf­ver­trag ei­ne Ga­ran­tie für ei­ne Lauf­leis­tung des Fahr­zeu­ges von 160.000 km über­nom­men.

Bei ei­ner Ga­ran­tie muss der Ver­käu­fer in ver­trags­mä­ßig bin­den­der Wei­se die Ge­währ für die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit über­neh­men und da­mit zu er­ken­nen ge­ben, dass er für al­le Fol­gen des Feh­lens ein­ste­hen wird (Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 75. Aufl., § 443 Rn. 11). Das Wort „Ga­ran­tie“ muss da­bei nicht ver­wen­det wer­den; ein gleich­be­deu­ten­der Be­griff ist auch „zu­si­chern“ (vgl. Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., § 443 Rn. 11).

Mit der ge­trof­fe­nen For­mu­lie­rung im schrift­li­chen Kauf­ver­trag hat der Be­klag­te dem Klä­ger ei­ne Ge­samt­lauf­leis­tung des Fahr­zeugs von 160.000 km aus­drück­lich zu­ge­si­chert. Dar­an än­dern auch die Un­ter­schie­de in den je­weils vor­ge­leg­ten Ex­em­pla­ren der Kauf­ver­trä­ge im Hin­blick auf das ge­setz­te bzw. nicht ge­setz­te Kreuz nichts. Denn ei­ner­seits hat der Be­klag­te auch ein Ex­em­plar un­ter­zeich­net, wel­ches ein vor die Ki­lo­me­ter­leis­tung ge­setz­tes Kreuz ent­hal­ten hat, so­dass er die­se Er­klä­rung aus­drück­lich ab­ge­ge­ben hat. Und an­de­rer­seits kommt es auf ein vor­han­de­nes Kreuz nach An­sicht der Kam­mer auch nicht an. Denn der Er­klä­rungs­wert der – auf bei­den Ex­em­pla­ren des Kauf­ver­trags – ein­ge­tra­ge­nen Lauf­leis­tung von 160.000 km un­ter der An­ga­be „Der Ver­käu­fer si­chert Fol­gen­des zu (nicht Zu­tref­fen­des bit­te strei­chen):“ ist ein­deu­tig und für je­der­mann als Zu­si­che­rung eben die­ser Ei­gen­schaft zu ver­ste­hen. Hät­te der Be­klag­te ei­ne sol­che Er­klä­rung nicht ab­ge­ben wol­len, hät­te er gar kei­ne Ein­tra­gung bzw. so­gar ei­ne Strei­chung der ent­spre­chen­den Pas­sa­ge im Kauf­ver­trag vor­neh­men dür­fen bzw. müs­sen. Der Be­klag­te muss sich dem­nach an ei­ne Ge­samt­lauf­leis­tung des Fahr­zeu­ges von 160.000 km hal­ten las­sen.

Die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung be­trug zur Über­zeu­gung der Kam­mer be­reits am 12.01.2010 und so­mit mehr als vier Jah­re vor dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Ver­trag zwi­schen den Par­tei­en 222.576 km und weicht da­mit er­heb­lich von der durch den Be­klag­ten zu­ge­si­cher­ten Lauf­leis­tung des Fahr­zeu­ges von 160.000 km ab, so­dass ein Sach­man­gel ge­ge­ben ist. Zu die­sem Er­geb­nis kommt die Kam­mer nach Durch­füh­rung der Be­weis­auf­nah­me in Über­ein­stim­mung mit ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. S. An der Rich­tig­keit des Gut­ach­tens und an der Sach­kun­de des Sach­ver­stän­di­gen be­ste­hen für die Kam­mer kei­ne Zwei­fel. Er hat sein Gut­ach­ten in sich plau­si­bel und frei von Wi­der­sprü­chen er­stat­tet.

Die er­for­der­li­che Rück­tritts­er­klä­rung hat der Klä­ger mit Schrei­ben vom 30.09.2015 ge­gen­über dem Be­klag­ten wirk­sam ab­ge­ge­ben.

Ei­ne – sonst er­for­der­li­che – Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung war in die­sem Fall ge­mäß § 326 V BGB ent­behr­lich, denn bei der ab­wei­chen­den Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs han­delt es sich um ei­nen un­be­heb­ba­ren Man­gel.

Der Rück­tritt ist zwi­schen den Par­tei­en auch nicht aus­ge­schlos­sen. Denn der im Üb­ri­gen ver­ein­bar­te Aus­schluss der Sach­män­gel­ge­währ­leis­tung nimmt aus­drück­lich ei­ne Zu­si­che­rung – wie die hier zwi­schen den Par­tei­en ver­ein­bar­te – aus, so­dass er nicht zum Tra­gen kommt.

Mit Er­klä­rung des Rück­tritts hat sich das zu­grun­de lie­gen­de Ver­trags­ver­hält­nis der Par­tei­en ge­mäß § 346 I BGB in ein Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis um­ge­wan­delt. Der Be­klag­te ist dem Klä­ger dar­aus, wie er­kannt, zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Her­aus­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs ver­pflich­tet.

2. Der Klä­ger hat zu­dem ei­nen An­spruch auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs des Be­klag­ten im Hin­blick auf die Rück­ab­wick­lung des Ver­tra­ges. In Fäl­len, in de­nen ei­ne Ver­ur­tei­lung zu ei­ner Zug um Zug zu er­brin­gen­den Leis­tung be­gehrt wird, ist der wei­te­re An­trag des Klä­gers, den An­nah­me­ver­zug des Schuld­ners hin­sicht­lich der ihm ge­büh­ren­den Leis­tung fest­zu­stel­len, mit Rück­sicht auf §§ 756, 765 ZPO aus Grün­den der Pro­zess­öko­no­mie all­ge­mein als zu­läs­sig an­zu­se­hen (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.1987 – VI­II ZR 206/86).

3. Ein An­spruch des Klä­gers auf Zah­lung der vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 729,23 € aus Ge­sichts­punk­ten des Ver­zugs ge­mäß den §§ 280 I, II, 286 BGB be­steht je­doch nicht. Der Be­klag­te be­fand sich zum Zeit­punkt der Er­klä­rung des Rück­tritts … noch nicht in Ver­zug. Er ist nach dem Vor­trag des Klä­gers da­mit erst­mals zur Rück­ab­wick­lung auf­ge­for­dert und auch auf den Man­gel hin­ge­wie­sen wor­den. So­mit fehlt es an ei­ner ver­zugs­be­grün­den­den Mah­nung vor Tä­tig­wer­den des Rechts­an­walts. Selbst die Kos­ten ei­ner den Ver­zug be­grün­den­den Erst­mah­nung könn­te der Gläu­bi­ger nicht er­setzt ver­lan­gen, weil sie eben nicht durch den Ver­zug ver­ur­sacht wor­den sind (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 75. Aufl., § 286 Rn. 44). Tat­sa­chen für ei­ne mög­li­che Ent­behr­lich­keit ei­ner Mah­nung hat der Klä­ger nicht dar­ge­tan, so­dass die Kla­ge in­so­weit ab­zu­wei­sen war.

Glei­ches gilt für die ab dem 13.09.2015 gel­tend ge­mach­ten Zin­sen aus Ver­zug, die nicht zu­zu­spre­chen wa­ren. Zin­sen ab Rechts­hän­gig­keit sind da­ge­gen sei­tens des Klä­gers, wie er­kannt, ge­mäß § 291 BGB be­grün­det gel­tend ge­macht wor­den. …

Hin­weis: Die Be­ru­fung des Be­klag­ten hat­te kei­nen Er­folg. Das OLG Ol­den­burg hat sie mit Ur­teil vom 18.05.2017 – 1 U 65/16 – als un­be­grün­det zu­rück­ge­wie­sen und zur Be­grün­dung aus­ge­führt:

„II. … Der Klä­ger kann vom Be­klag­ten die Rück­ab­wick­lung des am 13.09.2015 ge­schlos­se­nen Kauf­ver­tra­ges über den Pkw … ge­mäß §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 434 BGB, §§ 323, 326 V BGB, § 346 I BGB ver­lan­gen.

1. Wie das Land­ge­richt zu­tref­fend an­ge­nom­men hat, hat der Be­klag­te für ei­ne Lauf­leis­tung von 160.000 km ei­ne Ga­ran­tie über­nom­men mit der Fol­ge, dass er sich nach § 444 Fall 2 BGB nicht auf ei­nen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­ru­fen kann.

a) Mit der Über­nah­me der Ga­ran­tie für die Be­schaf­fen­heit ei­ner Sa­che i. S. des § 444 Fall 2 BGB durch den Ver­käu­fer ist – eben­so wie mit der Über­nah­me ei­ner Ga­ran­tie i. S. des § 276 I 1 BGB – zu­min­dest auch die Zu­si­che­rung ei­ner Ei­gen­schaft der Sa­che nach frü­he­rem Recht (§ 459 II BGB a.F.) ge­meint (Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur Mo­der­ni­sie­rung des Schuld­rechts, BT-Drs. 14/6040, S. 132, 240; BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 20 m. w. Nachw.). Die Über­nah­me ei­ner Ga­ran­tie setzt da­her – wie frü­her die Zu­si­che­rung ei­ner Ei­gen­schaft (BGH, Urt. v. 17.04.1991 – VI­II ZR 114/90, WM 1991, 1224 [un­ter II 2 a aa] m. w. Nachw.) – vor­aus, dass der Ver­käu­fer in ver­trags­mä­ßig bin­den­der Wei­se die Ge­währ für das Vor­han­den­sein der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit der Kauf­sa­che über­nimmt und da­mit sei­ne Be­reit­schaft zu er­ken­nen gibt, für al­le Fol­gen des Feh­lens die­ser Be­schaf­fen­heit ein­zu­ste­hen.

Die Fra­ge, ob die An­ga­be ei­ner Lauf­leis­tung als Be­schaf­fen­heits­ga­ran­tie (§ 444 Fall 2 BGB) oder le­dig­lich als Be­schaf­fen­heits­an­ga­be (§ 434 I 1 BGB) zu wer­ten ist, ist un­ter Be­rück­sich­ti­gung der beim Ab­schluss ei­nes Kauf­ver­tra­ges über ein Ge­braucht­fahr­zeug ty­pi­scher­wei­se ge­ge­be­nen In­ter­es­sen­la­ge zu be­ant­wor­ten (BGH, Urt. v. 25.06.1975 – VI­II ZR 244/73, WM 1975, 895 [un­ter III 2]). Nach der Recht­spre­chung des BGH ist da­bei grund­sätz­lich da­nach zu un­ter­schei­den, ob der Ver­käu­fer ein Ge­braucht­wa­gen­händ­ler oder ei­ne Pri­vat­per­son ist.

Auf den – wie hier ge­ge­be­nen – pri­va­ten Ver­kauf trifft die für den ge­werb­li­chen Ver­kauf maß­geb­li­che Er­wä­gung, dass der Käu­fer sich auf die be­son­de­re Er­fah­rung und Sach­kun­de des Händ­lers ver­lässt und in des­sen Er­klä­run­gen da­her die Über­nah­me ei­ner Ga­ran­tie sieht, in der Re­gel nicht zu. Hier steht viel­mehr dem In­ter­es­se des Käu­fers gleich­ge­wich­tig das In­ter­es­se des Ver­käu­fers ge­gen­über, für nicht mehr als das­je­ni­ge ein­ste­hen zu müs­sen, was er nach sei­ner lai­en­haf­ten Kennt­nis zu be­ur­tei­len ver­mag (BGH, Urt. v. 17.04.1991 – VI­II ZR 114/90, WM 1991, 1224 [un­ter II 2 a cc]). Der Käu­fer kann nicht oh­ne Wei­te­res da­von aus­ge­hen, dass der Ver­käu­fer als Laie nach­prü­fen kann, ob der Ta­cho­me­ter­stand die Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs zu­tref­fend wie­der­gibt (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 25).

Will der Käu­fer beim pri­va­ten Ge­braucht­wa­gen­kauf ei­ne Ga­ran­tie für die Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs ha­ben, muss er sich die­se re­gel­mä­ßig aus­drück­lich von dem Ver­käu­fer ge­ben las­sen (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 26).

b) Der Be­klag­te hat hier ei­ne sol­che aus­drück­li­che Ga­ran­tie für ei­ne Ge­samt­fahr­leis­tung von 160.000 km über­nom­men. Im schrift­li­chen Kauf­ver­trags­for­mu­lar ist – so­wohl im Ex­em­plar des Klä­gers als auch dem des Be­klag­ten – un­ter

III. Zu­si­che­run­gen des Ver­käu­fers

Der Ver­käu­fer si­chert Fol­gen­des zu (nicht Zu­tref­fen­des bit­te strei­chen):

☐  Das Fahr­zeug weist fol­gen­de Ge­samt­fahr­leis­tung auf: 160.000 km.“

hand­schrift­lich „160.000“ ein­ge­tra­gen. Die­se Er­klä­rung ist als Zu­si­che­rung und da­mit – wie sich aus den vor­ste­hen­den Aus­füh­run­gen er­gibt – als Über­nah­me ei­ner Ga­ran­tie i. S. des § 444 Fall 2 BGB an­zu­se­hen. Da­bei kommt es – wie das Land­ge­richt zu­tref­fend aus­ge­führt hat – nicht ent­schei­dend dar­auf an, ob die ge­nann­te An­ga­be zur Ge­samt­fahr­leis­tung zu­sätz­lich hand­schrift­lich an­ge­kreuzt war oder – wie der Be­klag­te gel­tend macht – je­den­falls in sei­nem Ex­em­plar ein ent­spre­chen­des Kreuz fehlt. Be­reits auf­grund der hand­schrift­li­chen Ein­tra­gung der Ge­samt­fahr­leis­tung von 160.000 km war die Er­klä­rung als Zu­si­che­rung bzw. Ga­ran­tie­über­nah­me im vor­ge­nann­ten Sin­ne zu ver­ste­hen. So­fern der Be­klag­te ei­ne Zu­si­che­rung nicht hät­te ab­ge­ben wol­len, hät­te die Ge­samt­fahr­leis­tung nicht ein­ge­tra­gen wer­den dür­fen oder der Pas­sus zur Ge­samt­fahr­leis­tung hät­te – wie in der Über­schrift auch aus­drück­lich vor­ge­ge­ben ist – ge­stri­chen wer­den müs­sen.

Wer münd­li­che Ver­ein­ba­run­gen ge­gen den In­halt der Ur­kun­de be­haup­tet, muss be­wei­sen, dass die Ur­kun­de un­rich­tig oder un­voll­stän­dig sei und auch das münd­lich be­spro­che­ne Gül­tig­keit ha­ben sol­le (BGH, Urt. v. 11.05.1989 – III ZR 2/88, NJW-RR 1989, 1323 [un­ter II 4 b]; Zöl­ler/Gei­mer, ZPO, 31. Aufl., § 416 Rn. 10). Die Ver­mu­tung der Voll­stän­dig­keit und Rich­tig­keit der das Rechts­ge­schäft auf­ge­nom­me­nen Ur­kun­den wirkt sich bei der Aus­le­gung des Ver­ein­bar­ten da­hin aus, dass die Par­tei die Be­weis­last trägt, die ein (ihr güns­ti­ges) Aus­le­gungs­er­geb­nis auf Um­stän­de au­ßer­halb der Ur­kun­de stützt (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.1999 – V ZR 353/97, NJW 1999, 1702 [un­ter II 1 b]).

Ei­ne an­de­re Be­wer­tung könn­te sich al­len­falls aus dem Vor­brin­gen des Be­klag­ten er­ge­ben, wo­nach er ei­ne Zu­si­che­rung bzw. Ga­ran­tie nicht ha­be ab­ge­ben wol­len, son­dern die Lauf­leis­tung le­dig­lich ‚laut Ta­cho‘ an­ge­ge­ben wor­den sei bzw. er nur sei­ne ei­ge­ne Kennt­nis zur Lauf­leis­tung ha­be wie­der­ge­ben wol­len.

Ei­ne Zu­si­che­rung bzw. Ga­ran­tie könn­te al­ler­dings wohl nur ver­neint wer­den, wenn der Be­klag­te bei Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges deut­lich ge­macht hat, dass er – ent­ge­gen der aus­drück­li­chen Er­klä­rung der Ver­trags­ur­kun­de – für die im Ver­trag ge­nann­te Lauf­leis­tung nicht ein­ste­hen wol­le (vgl. da­zu BGH, Urt. v. 13.05.1998 – VI­II ZR 292/97, NJW 1998, 2207 [un­ter II]).

Ob dies hier an­ge­nom­men wer­den kann, ist zwei­fel­haft. Dass der Be­klag­te dem Klä­ger ge­gen­über aus­drück­lich an­ge­spro­chen hät­te, dass er für die im Ver­trag ge­nann­te Ge­samt­lauf­leis­tung nicht ein­ste­hen wol­le, trägt der Be­klag­te an sich selbst nicht vor. In der Be­ru­fung macht er viel­mehr gel­tend, dass die Ge­samt­lauf­leis­tung zwi­schen den Par­tei­en nicht The­ma ge­we­sen sei. Hier­zu soll­ten al­ler­dings die Par­tei­en ge­ge­be­nen­falls noch er­gän­zend an­ge­hört bzw. die vom Be­klag­ten zum In­halt der Ver­trags­ver­hand­lung be­nann­te Zeu­gin B ver­nom­men wer­den.

Im Üb­ri­gen muss­te der Klä­ger m. E. al­lein aus dem Um­stand, dass in der Ver­trags­ur­kun­de zu­gleich an­ge­ge­ben ist, dass das Fahr­zeug drei Vor­be­sit­zer hat­te, nicht schlie­ßen, dass der Be­klag­te für die Ge­samt­lauf­leis­tung ent­ge­gen sei­ner aus­drück­lich Er­klä­rung nicht ein­ste­hen will. Es ist nicht zwin­gend, dass der Be­klag­te, wenn­gleich er Pri­vat­ver­käu­fer ist, wäh­rend sei­ner Be­sitz­zeit kei­nen Über­blick über die Ge­samt­lauf­leis­tung ge­won­nen ha­ben kann (in der Recht­spre­chung ist al­ler­dings an­er­kannt, dass in Fäl­len von Pri­vat­ver­käu­fen mit schlich­ten Lauf­leis­tungs-An­ga­ben in den Ver­trags­for­mu­la­ren ei­ne ent­spre­chen­de still­schwei­gen­de Zu­si­che­rung bzw. Ga­ran­tie aus­schei­det; vgl. da­zu BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 26, wo­nach ei­ne still­schwei­gen­de Ga­ran­tie nur bei be­son­de­ren Um­stän­den an­ge­nom­men wer­den kann; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 13. Aufl., Rn. 2818 ff.).

2. Soll­te nach wei­te­rer Auf­klä­rung da­von aus­zu­ge­hen sein, dass der Be­klag­te ent­ge­gen der aus­drück­li­chen Er­klä­rung kei­ne Zu­si­che­rung ab­ge­ge­ben bzw. kei­ne Ga­ran­tie über­nom­men hat, son­dern die An­ga­be zur Lauf­leis­tung als schlich­te Be­schaf­fen­heits­an­ga­be i. S. des § 434 I 1 BGB zu ver­ste­hen ist, wür­de sich der Be­klag­te wohl gleich­wohl nicht mit Er­folg auf den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­ru­fen kön­nen. Wie sich aus der Ent­schei­dung des BGH vom 19.11.2006 (BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 28 ff., zum Pri­vat­ver­kauf über eBay) er­gibt, ist ein pau­scha­ler in­di­vi­du­al­ver­trag­li­cher Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung re­gel­mä­ßig da­hin aus­zu­le­gen, dass die­ser nicht für das Feh­len der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit bzw. ei­ner Be­schaf­fen­heits­an­ga­be gilt. Dies könn­te auch in Fäl­len von – wie hier ge­ge­be­ner – for­mu­lar­mä­ßi­ger Frei­zei­ch­nung über § 305b BGB gel­ten (vgl. da­zu Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3996, 4023 ff. m. w. Nachw.).

3. Dar­über hin­aus ist un­ab­hän­gig da­von, ob der Be­kla­ge für die Lauf­leis­tung ei­ne Zu­si­che­rung ab­ge­ge­ben bzw. Ga­ran­tie über­nom­men hat oder ei­ne schlich­te Be­schaf­fen­heits­an­ga­be an­zu­neh­men ist, von ei­nem Man­gel der Kauf­sa­che aus­zu­ge­hen.

Das Land­ge­richt hat nach Durch­füh­rung der Be­weis­auf­nah­me zu­tref­fend fest­ge­stellt, dass die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung am 12.01.2010 und da­mit mehr als vier Jah­re vor dem Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges be­reits 222.576 km be­trug und da­mit von der im Ver­trag an­ge­ge­be­nen Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs von 160.000 km ab­weicht. Die erst­in­stanz­li­chen Fest­stel­lun­gen sind bin­dend (§ 529 I 1 ZPO); sie wer­den von der Be­ru­fung nicht an­ge­grif­fen.

Auch die wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen wirk­sa­men Rück­tritt sind aus den vom Land­ge­richt ge­nann­ten Grün­den ge­ge­ben. In­so­weit wird zur Ver­mei­dung von Wie­der­ho­lun­gen auf die Ent­schei­dungs­grün­de im an­ge­foch­te­nen Ur­teil Be­zug ge­nom­men. …“

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