Zur Frage der Eigenschaftszusicherung (§ 459 II BGB) durch die Bezeichnung des Fahrzeugtyps beim Verkauf eines Gebrauchtwagens.

BGH, Urteil vom 17.04.1991 – VIII ZR 114/90

Diese Entscheidung ist zum „alten“ Schuldrecht und vor Inkrafttreten der ZPO-Reform 2002 ergangen. Sie kann nicht ohne Weiteres auf das seit dem 01.01.2002 geltende Recht übertragen werden (so ist z. B. an die Stelle der Wandelung der Rücktritt vom Kaufvertrag getreten). Die genannten Vorschriften existieren heute möglicherweise nicht mehr oder haben einen anderen Inhalt.

Sachverhalt: Der Kläger kaufte vom Beklagten am 11.07.1988 einen gebrauchten „Porsche 928 S“ für 32.000 DM. Der maschinenschriftlich vervollständigte Formularvertrag enthält den Zusatz:

„Fahrzeug hatte drei Unfallschäden, über die der Käufer informiert worden ist. Das Seitenteil rechts und links wurde u. a. erneuert sowie die Beifahrertür. Der Verkäufer übernimmt für alte oder neue Mängel keinerlei Haftung.“

Der Beklagte übergab dem Kläger den Pkw und erhielt den vereinbarten Kaufpreis.

Kurze Zeit danach traten Mängel am Motor auf. Der Kläger leitete daraufhin ein Beweissicherungsverfahren ein, in dem der Sachverständige H am 03.10.1988 ein Gutachten zu den behaupteten Motordefekten erstattete. Einen Monat später beauftragte der Kläger den Sachverständigen, die Hinterachse des Fahrzeugs zu begutachten. H kam zu dem Ergebnis, dass die hinten links eingebaute Achsschwinge nicht derjenigen entspricht, die vom Hersteller für den Porsche 928 S vorgesehen ist (verstärkte Ausführung), sondern es sich um eine für den Normaltyp Porsche 928 verwendete Achsschwinge handelt.

Mit der Behauptung, dieser Umstand habe zum Erlöschen der Allgemeinen Betriebserlaubnis geführt und der Beklagte habe ihm die Mangelfreiheit des Motors sowie die Betriebsbereitschaft des Fahrzeuges zugesichert, hat der Kläger den Beklagten klageweise auf Wandelung des Kaufs in Anspruch genommen. Er hat – jeweils nebst Zinsen – die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeuges sowie den Ersatz von Verwendungen in Höhe von 19.581,47 DM und die Feststellung begehrt, dass sich der Beklagte mit der Rückgabe des Pkw in Annahmeverzug befinde.

Das Landgericht hat der Zahlungsklage unter Abweisung des weitergehenden Antrags in Höhe von 41.250,01 DM nebst Zinsen stattgegeben und Annahmeverzug des Beklagten festgestellt. Es hat die Auffassung vertreten, mit der Angabe „Porsche 928 S“ habe der Kläger zugesichert, dass „alle von der Allgemeinen Betriebserlaubnis des Herstellers geforderten Typenmerkmale bei dem verkauften Porsche vorhanden seien“. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Die Revision des Klägers, der die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebte, hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, Gewährleistungsansprüche nach §§ 459 I, 462 BGB stünden dem Kläger nicht zu, weil die Parteien einen wirksamen Gewährleistungsausschluss im Kaufvertrag vereinbart hätten. Auch Ansprüche gemäß § 463 BGB wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft schieden aus. In der Typangabe „Porsche 928 S“ sei unter Privatleuten keine Zusicherung zu sehen, dass die Allgemeine Betriebserlaubnis fortbestehe, das Fahrzeug also in einem Zustand sei, der in jeder Hinsicht den Voraussetzungen der Allgemeinen Betriebserlaubnis entspreche. Typ- und Modellangaben seien grundsätzlich nur Warenkennzeichnungen. Eine der Typbezeichnung etwa zu entnehmende Zusicherung könne sich allenfalls auf solche für die Allgemeine Betriebserlaubnis erhebliche Merkmale beziehen, die durch die Typbezeichnung charakterisiert würden. Das sei hinsichtlich des Vorhandenseins einer bestimmten Achsschwinge nicht der Fall. Auch die Mangelfreiheit, des Fahrzeugmotors sei nicht zugesichert worden. Die vom Kläger behauptete Erklärung des Beklagten, „die Maschine ist einwandfrei in Ordnung“, sei nur eine allgemeine Anpreisung, nicht aber die Zusicherung eines bestimmten technischen Zustands. Dass schließlich allgemein die „Betriebsbereitschaft“ des Fahrzeuges zugesichert worden sei, habe der Kläger nicht einmal schlüssig dargetan.

II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

Der mit der Revision weiterverfolgte Wandelungsanspruch scheitert ebenso wie das damit zusammenhängende Feststellungsbegehren an dem zwischen den Parteien individualvertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss.

1. Gegen dessen Wirksamkeit bestehen keine Bedenken. § 476 BGB, wonach eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung wegen Mängeln der Sache erlassen oder beschränkt wird, nichtig ist, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt oder – was dem gleichsteht – arglistig das Vorhandensein fehlender Eigenschaften oder die Abwesenheit von Mängeln vorspiegelt, greift schon mangels entsprechenden Vortrages nicht ein; das Berufungsgericht hat unangegriffen angenommen, dass der Kläger den ursprünglich erhobenen Vorwurf, der Beklagte habe sich – im Sinne dieser Vorschrift – arglistig verhalten, fallen gelassen hat.

2. Das Wandelungsbegehren des Klägers könnte daher nur noch dann gerechtfertigt sein, wenn dem verkauften Fahrzeug im Zeitpunkt der Übergabe eine zugesicherte Eigenschaft gefehlt hätte. Ein Gewährleistungsausschluss kann nämlich auch versagen, soweit er mit dem Inhalt einer individualvertraglich erfolgten Eigenschaftszusicherung nicht vereinbar ist. Ob dies hier anzunehmen wäre, bedarf indessen keiner Vertiefung, weil das Berufungsgericht zu Recht eine solche Zusicherung verneint hat.

a) Aus der im Kaufvertrag wiedergegebenen Typbezeichnung „Porsche 928 S“ lässt sich nicht – wie die Revision geltend macht – die auf die eingebaute Achsschwinge bezogene Zusicherung des Fortbestands der Betriebserlaubnis für das gekaufte Fahrzeug herleiten, sodass dahinstehen kann, ob diese, was zwischen den Parteien streitig ist und wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat, tatsächlich dadurch erloschen ist, dass in das Fahrzeug eine Achsschwinge eingebaut worden ist, die lediglich der für den Normaltyp „Porsche 928“ verwendeten, nicht aber der vom Hersteller für den „Porsche 928 S“ vorgesehenen entsprach.

aa) Eine Zusicherung i. S. des § 459 II BGB setzt voraus, dass der Verkäufer In vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen. Dies kann ausdrücklich oder – was hier allein in Betracht kommt – stillschweigend oder konkludent geschehen. Ob im Einzelfall in dieser Weise eine Eigenschaftszusicherung erfolgte, ist eine Frage der Vertragsauslegung. Dabei gibt weniger der Wille des Verkäufers den Ausschlag; vielmehr kommt es entscheidend darauf an, wie der Käufer von seinem Erwartungshorizont aus etwaige zusicherungsrelevante Äußerungen des Verkäufers bei objektiver Würdigung der Umstände nach Treu und Glauben verstehen durfte (vgl. Senat, Urt. v. 16.01.1985 – VIII ZR 54/84, WM 1985, 321 [322]; Urt. v. 03.11.1982 – VIII ZR 282/81, WM 1982, 1382 [1383]; Urt. v. 18.06.1980 – VIII ZR 185/79, WM 1980, 1068 [1069] m. w. Nachw.).

bb) Unter diesem Blickwinkel hat sich der erkennende Senat bisher in zwei Entscheidungen, die den Kauf eines Pkw von Gebrauchtwagenhändlern zum Gegenstand hatten, mit der Frage befasst, ob und mit welchem Inhalt die im Kaufvertrag festgehaltene Typbezeichnung eine Zusicherung i. S. des § 459 II BGB enthält (Urt. v. 03.11.1982 – VIII ZR 282/81, WM 1982, 1382 – „BMW 1602“; Urt. v. 16.01.1985 – VIII ZR 54/84, WM 1985, 321 – „BMW 520“; kritisch dazu Eggert, DAR 1985, 143 [145 f.]). Es ging jeweils darum, ob durch die Typbezeichnung zugesichert wurde, das Fahrzeug sei mit einem vom Hersteller vorgesehenen serienmäßigen, also typgerechten und damit von der Allgemeinen Betriebserlaubnis gedeckten Motor ausgerüstet. Der Senat hat die Frage mit der im Urteil vom 16.01.1985 (VIII ZR 54/84, WM 1985, 321 [323]) ausdrücklich hervorgehobenen Klarstellung bejaht, dass sich eine aus der Typbezeichnung ableitbare Zusicherung inhaltlich allein auf den Fortbestand der Betriebserlaubnis in Anbetracht der Motorausrüstung, nicht aber auch darauf erstreckt, dass das Fahrzeug mit einem bestimmten dem Fahrzeugtyp entsprechenden Motor versehen ist. Er hat dabei auf das Gewicht und die Bedeutung abgestellt, die Marken- und Typbezeichnungen von Kraftfahrzeugen im Verkehr haben, und dazu ausgeführt, wer von einem Händler einen Gebrauchtwagen eines bestimmten Fabrikats erwerbe, lege vor allem Wert darauf, dass der Wagen zumindest den amtlichen Zulassungsvorschriften (§§ 18 ff. StVZO) entspreche und damit bedenkenfrei in Betrieb genommen werden könne. Der Käufer erwarte demgemäß vom Verkäufer erkennbar, dass jedenfalls diejenigen mit der Typbezeichnung charakterisierten Merkmale tatsächlich – oder in einer den Zulassungsvorschriften nicht widersprechenden Form (vgl. Urt. v. 16.01.1985 – VIII ZR 54/84, WM 1985, 321 [323]) – vorhanden seien, von denen der Fortbestand der Allgemeinen Betriebserlaubnis abhänge (Urt. v. 03.11.1982 – VIII ZR 282/81, WM 1982, 1382 [1383]). Sei aber der Fortbestand der Betriebserlaubnis als Voraussetzung für eine zulässige Benutzung des Fahrzeugs im Straßenverkehr von ausschlaggebender Bedeutung für den Erwerb, dann sei die Marken- und Typbezeichnung nach Treu und Glauben dahin zu verstehen, dass der Autoverkäufer sich dafür stark machen und eine entsprechende Zusicherung abgeben wolle. Ob daran festzuhalten ist, braucht hier nicht entschieden zu werden.

cc) Es ist schon zweifelhaft, ob sich diese für den Bereich des gewerblichen Gebrauchtwagenhandels entwickelten Grundsätze ohne Weiteres auf den – wie hier – privaten Direktverkauf übertragen ließen. Soweit der erkennende Senat bislang bestimmte objektbezogene Angaben des Gebrauchtwagenhändlers als Zusicherung qualifiziert hat, war dafür stets die im Gebrauchtwagenhandel typische Interessenlage ausschlaggebend. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Käufer, dem in aller Regel die erforderliche Sachkunde fehlt, auf die Erfahrung und besondere Sachkunde des Händlers verlässt und daher erwartet und darauf vertrauen darf, der Händler wolle für Erklärungen, die er in Kenntnis dieses Umstandes abgibt, die Richtigkeitsgewähr übernehmen (vgl. Senat, Urt. v. 25.06.1975 – VIII ZR 244/73, WM 1975, 895 [unter III 2]). Auf den privaten Verkauf treffen diese Erwägungen nicht zu (Senat, Urt. v. 15.02.1984 – VIII ZR 327/82, WM 1984, 534 [unter II 1 a]). Hier steht dem Interesse des Käufers gleichgewichtig das Interesse des Verkäufers gegenüber, für nicht mehr als dasjenige einstehen zu müssen, was er nach seiner laienhaften Kenntnis zu beurteilen vermag. Letztlich können die angesprochenen Zweifel jedoch auf sich beruhen.

dd) Eine mit der Typbezeichnung zusammenhängende Zusicherungshaftung des Beklagten scheidet jedenfalls aus folgendem Grund aus: Der Typbezeichnung im Kaufvertrag lässt sich in keinem Fall eine abstrakte, alle Eventualitäten umfassende Zusicherung des Fortbestandes der auf der Allgemeinen Betriebserlaubnis beruhenden konkreten Betriebserlaubnis für das gekaufte Fahrzeug entnehmen. Da die Feststellung einer solchen Zusicherung bei Sachverhalten der vorliegenden Art lediglich das Ergebnis einer Auslegung der Typbezeichnung sein kann, es also darauf ankommt, wie der Käufer deren Inhalt verstehen durfte, muss zwischen Betriebserlaubnis und Typbezeichnung ein konkreter Zusammenhang bestehen. Das bedeutet, dass auch aus der Sicht des Käufers gegebenenfalls der Fortbestand der Betriebserlaubnis allenfalls insoweit zugesichert ist, als er von den mit der Typbezeichnung charakterisierten Merkmalen abhängt (vgl. Senat, Urt. v. 03.11.1982 – VIII ZR 282/81, WM 1982, 1382 [1383]).

Welche Merkmale durch die Angabe „Porsche 928 S“ im Einzelnen gekennzeichnet sein könnten, kann hier offenbleiben.

Jedenfalls gehört eine bestimmte Achsschwingenausführung nicht dazu. Daher stünden dem Kläger auch dann, wenn die Betriebserlaubnis für das gekaufte Fahrzeug wegen Fehlens einer typgerechten Achsschwinge tatsächlich erloschen wäre, insoweit keine Gewährleistungsansprüche unter dem Gesichtspunkt der Eigenschaftszusicherung zu.

b) Ansprüche wegen Fehlens einer zugesicherten sonstigen Eigenschaft bestehen gleichfalls nicht.

aa) Soweit das Berufungsgericht die Erklärung des Beklagten, die Maschine sei einwandfrei in Ordnung, nicht als Zusicherung eines technischen Zustandes, sondern lediglich als allgemeine Anpreisung gewertet hat, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die vom Berufungsgericht gewählte Deutung ist möglich. Sie widerspricht auch nicht den gesetzlichen Auslegungsregeln, sodass sie für das Revisionsgericht bindend ist. Verfahrensverstöße hat die Revision nicht aufgezeigt.

bb) Keinen rechtlichen Bedenken begegnen ferner die – von der Revision hingenommenen – Ausführungen des Beru­fungsgerichts, mit denen es die vom Kläger behauptete Zu­sicherung der „Betriebsbereitschaft“ des Fahrzeugs verneint hat.

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