- Ein Käufer, der sein Wahlrecht zugunsten einer Art der Nacherfüllung (Nachbesserung oder Ersatzlieferung) ausgeübt und diese vom Verkäufer verlangt hat, ist grundsätzlich an seine Wahl gebunden, wenn der Verkäufer wie verlangt nacherfüllt oder den Käufer in Bezug auf die gewählte Art der Nacherfüllung in Annahmeverzug versetzt hat oder wenn der Verkäufer rechtskräftig zu einer Art der Nacherfüllung verurteilt wurde.
- Der Verkäufer kann die Einrede aus § 439 III BGB, dass die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich sei, nicht mehr erheben, wenn der Käufer bereits wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten ist. Vielmehr muss der Verkäufer die Unverhältnismäßigkeit geltend machen, solange noch ein Nacherfüllungsanspruch besteht, also bevor der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt, den Kaufpreis gemindert oder Schadensersatz statt der Leistung verlangt hat.
OLG Hamm, Urteil vom 21.07.2016 – 28 U 175/15
Sachverhalt: Die Klägerin verlangt von der Beklagten, die ein Autohaus betreibt, die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrages.
Sie erwarb von der Beklagten aufgrund einer verbindlichen Bestellung vom 11.07.2013 – von der Beklagten am 12.07.2013 bestätigt – einen Kia cee’d mit Tageszulassung zum Preis von 16.290 € zuzüglich Zulassungskosten (140 €). Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss der Ehemann der Klägerin mit der B-Bank einen von der Beklagten vermittelten Darlehensvertrag.
Anlässlich eines Reifenwechsels im Dezember 2013 erhielt die Klägerin die Information, dass an ihrem Fahrzeug das Auspuffrohr und der Tank beschädigt seien. Zwischen den Parteien ist nicht mehr im Streit, dass dieser Schaden schon vorhanden war, als der Pkw der Klägerin am 23.07.2013 übergeben wurde. Die Klägerin führte ihr Fahrzeug unter Hinweis auf die Beschädigung der Beklagten vor, die anbot, den Schaden zu beseitigen. Streitig ist, ob die Mitarbeiter der Beklagten dabei einräumten, dass der Pkw schon bei der Übergabe an die Klägerin beschädigt gewesen war, oder ob sie seinerzeit noch von einem nach der Übergabe entstandenen Schaden ausgingen und die Reparatur aus Kulanz anboten.
Mit Anwaltsschreiben vom 12.12.2013 warf die Klägerin der Beklagten eine arglistige Täuschung über den Schaden vor und lehnte es ab, das Fahrzeug – wie von der Beklagten angeboten – reparieren zu lassen, da ihr nicht zugleich eine Minderung angeboten worden sei. Sie verlangte nun sinngemäß unter Fristsetzung zum 08.01.2014 die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs. Die Beklagte ließ mit Anwaltsschreiben vom 27.12.2013 bestreiten, dass das Fahrzeug bei Auslieferung einen Mangel gehabt habe, und erklärte sich bereit, kulanzweise Auspuff und Tank kostenfrei auszutauschen.
Nach weiterer – ergebnisloser – Korrespondenz leitete die Klägerin ein selbstständiges Beweisverfahren ein, in dem der Sachverständige Dr.-Ing. C bestätigte, dass das Schadensbild an Auspuff und Tank auf einen Transport- oder Ladeschaden hinweise, der durch nachträglich aufgebrachten Unterbodenschutz kaschiert, aber nicht fachgerecht beseitigt worden sei. Zur fachgerechten Instandsetzung sei ein Austausch von Auspuff und Tank erforderlich, dessen Kosten sich auf 1.954,27 € brutto beliefen; danach verbleibe kein merkantiler Minderwert.
Die Klägerin erklärte daraufhin mit Anwaltsschreiben vom 12.11.2014 die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und ihren Rücktritt vom Kaufvertrag und setzte der Beklagten eine Erklärungsfrist zum 19.11.2014.
Sie wirft der Beklagten vor, ihr den Transport- oder Ladeschaden arglistig verschwiegen zu haben. Außerdem argumentiert die Klägerin, dass ihr Fahrzeug wegen dieses Schadens mangelhaft sei und dieser Mangel sie zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtige, weil ihr die Beklagte nicht wie verlangt ein mangelfreies Fahrzeug geliefert habe. Eine Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) scheidet aus Sicht der Klägerin aus, weil durch eine Reparatur des Fahrzeugs dessen durch die Beschädigung verloren gegangener Charakter als Neufahrzeug nicht wiederhergestellt werden könne. Außerdem, so macht die Klägerin geltend, habe sie das Vertrauen in die Beklagte verloren, weil diese den Schaden zuerst verschwiegen und sein Vorliegen dann bestritten habe.
Das Landgericht (LG Bielefeld, Urt. v. 03.09.2015 – 2 O 23/15) hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin ihr Rückabwicklungsbegehren nicht auf eine arglistige Täuschung stützen könne, weil sie nicht substanziiert vorgetragen habe, dass die Beklagte zur Zeit des Kaufs Kenntnis von dem Schaden gehabt habe. Die Klägerin sei auch nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Zwar sei eine Nachlieferung, wie sie die Klägerin vor Erklärung des Rücktritts verlangt habe, grundsätzlich möglich. Hier sei diese Art der Nacherfüllung aber – wie von der Beklagten im Prozess geltend gemacht – nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich, sodass die Beklagte sie verweigern dürfe (§ 439 III BGB). Insoweit hat das Landgericht vertreten, dass der Verkäufer die Einrede des § 439 III BGB auch noch erheben könne, nachdem der Käufer bereits den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt habe.
Die Berufung der Klägerin hatte überwiegend Erfolg.
Aus den Gründen: II. … 1. Die Klägerin kann von der Beklagten Rückzahlung des Kaufpreises von 16.290 € abzüglich einer mit 2.850,75 € zu bemessenden Nutzungsentschädigung, mithin 13.439,25 €, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs verlangen. Der Anspruch ergibt sich aus den §§ 346, 323, 437 Nr. 2 Fall 1, 434, 433 BGB.
Die Klägerin ist mit Anwaltsschreiben vom 12.11.2014 wirksam von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten. Das verkaufte Fahrzeug wies bei Gefahrübergang, das heißt bei Übergabe, einen Sachmangel i. S. des § 434 I BGB auf (a), die Beklagte ist dem berechtigten Nachlieferungsverlangen der Klägerin nicht binnen gesetzter Frist nachgekommen (b), und sie kann sich im Prozess nicht mehr auf die Unverhältnismäßigkeit dieser Art der Nacherfüllung berufen (c).
a) Entgegen der Einschätzung der Klägerin bestehen allerdings Zweifel, dass das verkaufte Fahrzeug wegen des Transportschadens im Unterbodenbereich nicht mehr als Neufahrzeug anzusehen ist und deshalb bei Übergabe nicht der vereinbarten Beschaffenheit i. S. § 434 I 1 BGB entsprach.
Die Parteien haben konkludent bei Vertragsschluss vereinbart, dass das verkaufte Fahrzeug, welches über eine Tageszulassung verfügen sollte, fabrikneu ist.
Ein mit Tageszulassung verkauftes Fahrzeug ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als Neufahrzeug zu qualifizieren. Dabei wird ein unbenutztes Kfz als fabrikneu angesehen, wenn und solange das Modell dieses Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird, wenn es keine durch eine längere Standzeit bedingten Mängel aufweist und wenn zwischen Herstellung des Fahrzeugs und Abschluss des Kaufvertrags nicht mehr als zwölf Monate liegen (BGH, Urt. v. 12.01.2005 – VIII ZR 109/04, NJW 2005, 1422, s. auch Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Rn. 632 ff.).
Bei der Feststellung, ob eine Vorschädigung die Eigenschaft der Fabrikneuheit entfallen lässt, kommt es auf die Verkehrsanschauung an, welche sich nicht allein am Reparaturaufwand, sondern auch am Umfang des beseitigten Schadens orientiert (s. hierzu Senat, Urt. v. 17.11.2011 – 28 U 109/11, BeckRS 2011, 29317).
Dass ein auf die Bauteile Auspuffrohr und Tank beschränkter Schaden, der sich vollständig beseitigen lässt, ohne dass ein merkantiler Minderwert verbleibt, der Einordnung des Fahrzeugs als fabrikneu entgegenstehen soll, begegnet Bedenken. Die Frage kann letztlich aber offenbleiben.
Unabhängig davon liegt hier ein Sachmangel vor. Denn es gehört zur üblichen und berechtigterweise vom Käufer zu erwartenden Beschaffenheit eines mit Tageszulassung verkauften Fahrzeugs, dass ein solcher Transportschaden vor Auslieferung fachgerecht beseitigt worden ist. Das war hier nicht geschehen, sodass ein Mangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB zu bejahen ist.
b) Die Klägerin hat der Beklagten gemäß § 323 I BGB erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt, bevor sie den Rücktritt vom Kauf erklärt hat.
Mit Anwaltsschreiben vom 12.12.2013 hat die Klägerin sinngemäß die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs verlangt. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie ihr Wahlrecht zwischen einer Nachbesserung und einer Nachlieferung nach § 439 I BGB noch nicht verloren.
Ein Käufer, der sich für eine Art der Nacherfüllung entschieden und diese gegenüber dem Verkäufer geltend gemacht hat, kann nicht zeitlich unbegrenzt seine Wahl ändern. Er ist grundsätzlich an seine Wahl gebunden, wenn der Verkäufer in der gewählten Form nacherfüllt oder den Käufer in Bezug auf die gewählte Form in Annahmeverzug versetzt hat oder wenn der Verkäufer rechtskräftig zu einer Form der Nacherfüllung verurteilt wurde (s. hierzu BeckOK-BGB/Faust, Stand: 01.08.2014, § 439 Rn. 10, MünchKomm-BGB/H. P. Westermann, 6. Aufl. [2012], § 439 Rn. 5; OLG Celle, Urt. v. 28.06.2006 – 7 U 235/05, NJW-RR 2007, 353).
So war es hier aber nicht. Die Klägerin hat vor dem 12.12.2013 ihr Wahlrecht gar nicht dahin ausgeübt, dass sie von der Beklagten die Nachbesserung des mangelbehafteten Fahrzeugs verlangt hat. Vielmehr war es die Beklagte, die der Klägerin die Nachbesserung angeboten hatte. Hiermit hatte sich die Klägerin aber nur unter der Voraussetzung einverstanden erklärt, dass ihr zugleich eine Minderung gewährt wird, wozu wiederum die Beklagte nicht bereit war. Ein solches Erklärungsverhalten der Käuferin ist nicht als wirksame und bindende Ausübung des jus variandi aus § 439 I BGB zu verstehen; ebenso wenig ist es zu einer Einigung über die Nachbesserung gekommen. Deshalb konnte die Klägerin am 12.12.2013 von der Beklagten noch Nachlieferung verlangen.
Die damit verbundene Fristsetzung zum 08.01.2014 war ordnungsgemäß i. S. des § 323 I BGB, auch wenn sie zugleich für die Abgabe einer Stellungnahme oder das Angebot eines Übergabetermins geltend sollte. Die Beklagte macht auch nicht geltend, dass ihr die Bedeutung der gesetzten Frist nicht klar gewesen sei.
Die Frist ist auch fruchtlos abgelaufen. Die Beklagte hat binnen dieser Frist im Anwaltsschreiben vom 27.12.2013 einen bei Übergabe vorhandenen Mangel bestritten und lediglich vergleichsweise die Mangelbeseitigung angeboten.
c) Auf die erfolglose Fristsetzung zur Nachlieferung könnte sich die Klägerin allerdings dann nicht berufen, wenn die Beklagte berechtigt die Ersatzlieferung nicht vorgenommen hätte und dies im Prozess auch noch geltend machen kann. So verhält es sich hier aber nicht.
aa) Die Beklagte macht insoweit zunächst ohne Erfolg geltend, ihr sei eine Nachlieferung i. S. des § 275 I BGB nicht möglich (gewesen), weil die Lieferung eines anderen Fahrzeugs nicht dieselbe Leistung darstelle.
Bei einem Neufahrzeugkauf ist die Nachlieferung grundsätzlich möglich, wenn der Verkäufer ein mangelfreies Fahrzeug mit der geschuldeten Ausstattung beschaffen kann (s. dazu BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, NJW 2006, 2839; OLG Braunschweig, Beschl. v. 04.02.2003 – 8 W 83/02, NJW 2003, 1053). Dass dies hier nicht möglich war, hat die Beklagte nicht dargelegt.
bb) Die Beklagte kann sich auch nicht auf die Unverhältnismäßigkeit dieser Form der Nacherfüllung berufen, wie sie es erstmals im Prozess und damit nach Ausspruch des Rücktritts am 12.11.2014 getan hat.
Den Einwand der Unverhältnismäßigkeit gemäß § 439 III BGB kann der Verkäufer nach Erklärung des Vertragsrücktritts durch den Käufer nicht mehr erheben. Der Verkäufer muss die Einrede erheben, solange noch ein Nacherfüllungsanspruch besteht, also bevor der Käufer den Rücktritt oder die Minderung erklärt oder Schadensersatz statt der Leistung verlangt hat (BeckOK-BGB/Faust, a. a. O., § 439 Rn. 38, Höpfner, NJW 2014, 214, 215; s. hierzu auch OLG Celle, Urt. v. 28.06.2006 – 7 U 235/05, NJW-RR 2007, 353, Lorenz, NJW 2007, 1, 5 f.; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 801).
Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes, folgt aber aus der gesetzlichen Systematik: Ist der Rücktritt im Zeitpunkt seiner Erklärung begründet, wandelt diese Erklärung das Schuldverhältnis der Parteien in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis um, womit der Nacherfüllungsanspruch des Käufers und das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers entfallen. § 439 III 3 BGB sieht dagegen als Rechtsfolge des berechtigt erhobenen Unverhältnismäßigkeitseinwands die Beschränkung des Käufers auf die andere Art der Nacherfüllung vor. Die Regelung betrifft damit noch das Vertragsstadium des wechselseitigen Leistungsaustauschs. Es wäre systemwidrig, wenn der Verkäufer dem Käufer den bereits entstandenen Rückabwicklungsanspruch durch nachträgliche Erhebung einer Einrede gegen den nicht mehr bestehenden Nacherfüllungsanspruch aus der Hand schlagen könnte.
Auch Sinn und Zweck der Vorschrift des § 439 III BGB unter Berücksichtigung der Parteiinteressen gebieten es grundsätzlich nicht, zum Schutz des Verkäufers die nachträgliche Geltendmachung des Unverhältnismäßigkeitseinwands zu gestatten. Ob ausnahmsweise anderes anzunehmen sein kann, wenn der Verkäufer ohne Verschulden daran gehindert war, die Einrede vor Rücktrittsausspruch zu erheben, kann dahinstehen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
d) Der Rücktritt ist auch nicht wegen Unerheblichkeit der Pflichtverletzung nach § 323 V 2 BGB ausgeschlossen.
Nach der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist bei einem behebbaren Mangel im Rahmen der nach § 323 V 2 BGB gebotenen Interessenabwägung von einer Geringfügigkeit des Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung in der Regel nicht mehr auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises übersteigt (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, NJW 2014, 3229).
Auf der Grundlage des im selbstständigen Beweisverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens ist von Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 1.954,27 € (inkl. Umsatzsteuer) auszugehen. Diese machen 12 % des Kaufpreises von 16.290 € aus. Anhaltspunkte dafür, gleichwohl die in der Auslieferung des mangelbehafteten Fahrzeugs liegende Pflichtverletzung der Beklagten als unerheblich zu qualifizieren, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
e) Aufgrund des berechtigten Rücktritts kann die Klägerin Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der durch die Fahrzeugnutzung gezogenen Gebrauchsvorteile verlangen.
Dass der Fahrzeugkauf über ein durch die Beklagte vermitteltes Darlehen finanziert wurde, steht dem nicht entgegen. Die Grundsätze, die sonst nach der Senatsrechtsprechung für die Rückabwicklung eines drittfinanzierten Verbundgeschäfts gelten (s. hierzu Senat, Urt. v. 08.09.2005 – 28 U 60/05, NZV 2006, 421), finden keine Anwendung, weil im konkreten Fall Käufer und Darlehensnehmer nicht personenidentisch sind. Die Anwendung der §§ 358 ff. BGB setzt voraus, dass derselbe Verbraucher Vertragspartner von Kauf- und Darlehensvertrag ist.
Die von dem Kaufpreis von 16.290 € in Abzug zu bringende Nutzungsentschädigung ist mit 2.850,75 € zu beziffern.
Die Berechnung der Gebrauchsvorteile erfolgt nach der Theorie über den linearen Wertschwund, wonach der Kaufpreis ins Verhältnis zu setzen ist zur voraussichtlichen Gesamtlaufleistung bzw. (bei Gebrauchtfahrzeugen) Restlaufleistung und der daraus auf die vom Käufer zugelegte Fahrstrecke entfallende Anteil zu ermitteln ist.
Auf der Grundlage der im vorliegenden Fall unstreitigen voraussichtlichen Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 200.000 km und der von der Klägerin mit 35.000 km angegebenen Nutzung ergibt sich ein Nutzungsvorteil von
$$\frac{\text{16.290 €}\times\text{35.000 km}}{\text{200.000 km}} = \text{2.850,75 €.}$$
Es bleibt ein – Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs – zurückzuzahlender Kaufpreisanteil von 13.439,25 €.
2. Daneben kann die Klägerin von der Beklagten gemäß den §§ 284, 437 Nr. 3, 434, 433 BGB Erstattung der Zulassungskosten in Höhe von 140 € verlangen. Es handelt sich dabei um eine im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung getätigte Aufwendung, die sich für die Klägerin als nutzlos erwiesen hat.
3. Der Zinsanspruch ist nur teilweise begründet, nämlich soweit Rechtshängigkeitszinsen ab dem 14.02.2105 geschuldet sind (§§ 291, 288 I BGB). Die Klägerin kann nicht schon ab dem 20.11.2014 Zahlung von Zinsen aus dem Gesichtspunkt des Verzugs (§§ 286, 288 I BGB) verlangen. Das anwaltliche Schreiben vom 12.11.2014 enthielt keine verzugsbegründende, vergebliche Aufforderung zur Zahlung binnen gesetzter Frist, sondern nur eine Aufforderung, sich bis zum 19.11.2014 zu dem Rückabwicklungsverlangen zu erklären.
4. Die Beklagte befindet sich mit der Annahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Verzug, was insoweit antragsgemäß festzustellen war. Allerdings trat der Annahmeverzug erst am 04.09.2015 und nicht schon, wie die Klägerin meint, zum 20.11.2014 ein.
Das Anwaltsschreiben vom 12.11.2014 enthielt kein den Annahmeverzug begründendes Angebot der Übergabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Für die Klageschrift, mit der nur die Herausgabe des Fahrzeugs Zug um Zug gegen die verlangte Kaufpreisrückzahlung angeboten worden ist, gilt nichts anderes. Erst nachdem die Klägerin im Termin am 03.09.2015 auch die Rückübereignung des Fahrzeugs in ihren Zug-um-Zug-Antrag aufgenommen hatte und die Beklagte weiterhin Klageabweisung beantragt hat, ist diese in den Verzug der Annahme geraten.
III. … Die Revision war nicht zuzulassen.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 II Nr. 1 ZPO). Ebenso wenig erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 II Nr. 2 ZPO).
Entgegen der Einschätzung der Parteien ergibt sich kein Revisionszulassungsgrund aus dem Umstand, dass es – soweit ersichtlich – noch keine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage gibt, ob der Verkäufer die Einrede der Unverhältnismäßigkeit aus § 439 III BGB noch nach erfolgtem Rücktritt des Käufers vom Vertrag erheben kann. In dem in der angefochtenen Entscheidung zitierten Urteil (BGH, Urt. v. 16.10.2013 – VIII ZR 273/12, NJW 2014, 213 Rn. 16 f.) hat der BGH diese Frage offengelassen und lediglich entschieden, dass die Geltendmachung des Leistungsverweigerungsrechts nicht schon mit Ablauf der gesetzten Frist ausgeschlossen sei, sondern noch im Prozess um die Nacherfüllung erfolgen könne.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann, oder wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren und ein Tätigwerden des BGH erforderlich machen (BGH, Beschl. v. 11.05.2004 – XI ZB 39/03, NJW 2004, 2222 m. w. Nachw.). Hier fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit der angesprochenen Rechtsfrage, weil ihre Beantwortung nach Einschätzung des Senats nicht zweifelhaft ist und – soweit erkennbar – hierzu auch keine unterschiedlichen Auffassungen vertreten werden.
Aus demselben Grund ist auch keine höchstrichterliche Entscheidung zur Rechtsfortbildung geboten. Dieser Zulassungsgrund deckt sich weitgehend mit dem der Grundsatzbedeutung (BGH, Beschl. v. 24.09.2003 – IV ZB 41/02, NJW 2004, 289). Hier geht es nicht um die Klärung einer rechtlichen Frage, für deren Beurteilung eine richtungsweisende Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. BGH, Beschl. v. 24.09.2003 – IV ZB 41/02, NJW 2004, 289).