1. Ein Käu­fer, der sein Wahl­recht zu­guns­ten ei­ner Art der Nach­er­fül­lung (Nach­bes­se­rung oder Er­satz­lie­fe­rung) aus­ge­übt und die­se vom Ver­käu­fer ver­langt hat, ist grund­sätz­lich an sei­ne Wahl ge­bun­den, wenn der Ver­käu­fer wie ver­langt nach­er­füllt oder den Käu­fer in Be­zug auf die ge­wähl­te Art der Nach­er­fül­lung in An­nah­me­ver­zug ver­setzt hat oder wenn der Ver­käu­fer rechts­kräf­tig zu ei­ner Art der Nach­er­fül­lung ver­ur­teilt wur­de.
  2. Der Ver­käu­fer kann die Ein­re­de aus § 439 III BGB, dass die vom Käu­fer ge­wähl­te Art der Nach­er­fül­lung nur mit un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten mög­lich sei, nicht mehr er­he­ben, wenn der Käu­fer be­reits wirk­sam vom Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten ist. Viel­mehr muss der Ver­käu­fer die Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit gel­tend ma­chen, so­lan­ge noch ein Nach­er­fül­lungs­an­spruch be­steht, al­so be­vor der Käu­fer den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt, den Kauf­preis ge­min­dert oder Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ver­langt hat.

OLG Hamm, Ur­teil vom 21.07.2016 – 28 U 175/15

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin ver­langt von der Be­klag­ten, die ein Au­to­haus be­treibt, die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kfz-Kauf­ver­tra­ges.

Sie er­warb von der Be­klag­ten auf­grund ei­ner ver­bind­li­chen Be­stel­lung vom 11.07.2013 – von der Be­klag­ten am 12.07.2013 be­stä­tigt – ei­nen Kia cee’d mit Ta­ges­zu­las­sung zum Preis von 16.290 € zu­züg­lich Zu­las­sungs­kos­ten (140 €). Zur Fi­nan­zie­rung des Kauf­prei­ses schloss der Ehe­mann der Klä­ge­rin mit der B-Bank ei­nen von der Be­klag­ten ver­mit­tel­ten Dar­le­hens­ver­trag.

An­läss­lich ei­nes Rei­fen­wech­sels im De­zem­ber 2013 er­hielt die Klä­ge­rin die In­for­ma­ti­on, dass an ih­rem Fahr­zeug das Aus­puff­rohr und der Tank be­schä­digt sei­en. Zwi­schen den Par­tei­en ist nicht mehr im Streit, dass die­ser Scha­den schon vor­han­den war, als der Pkw der Klä­ge­rin am 23.07.2013 über­ge­ben wur­de. Die Klä­ge­rin führ­te ihr Fahr­zeug un­ter Hin­weis auf die Be­schä­di­gung der Be­klag­ten vor, die an­bot, den Scha­den zu be­sei­ti­gen. Strei­tig ist, ob die Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten da­bei ein­räum­ten, dass der Pkw schon bei der Über­ga­be an die Klä­ge­rin be­schä­digt ge­we­sen war, oder ob sie sei­ner­zeit noch von ei­nem nach der Über­ga­be ent­stan­de­nen Scha­den aus­gin­gen und die Re­pa­ra­tur aus Ku­lanz an­bo­ten.

Mit An­walts­schrei­ben vom 12.12.2013 warf die Klä­ge­rin der Be­klag­ten ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung über den Scha­den vor und lehn­te es ab, das Fahr­zeug – wie von der Be­klag­ten an­ge­bo­ten – re­pa­rie­ren zu las­sen, da ihr nicht zu­gleich ei­ne Min­de­rung an­ge­bo­ten wor­den sei. Sie ver­lang­te nun sinn­ge­mäß un­ter Frist­set­zung zum 08.01.2014 die Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs. Die Be­klag­te ließ mit An­walts­schrei­ben vom 27.12.2013 be­strei­ten, dass das Fahr­zeug bei Aus­lie­fe­rung ei­nen Man­gel ge­habt ha­be, und er­klär­te sich be­reit, ku­lanz­wei­se Aus­puff und Tank kos­ten­frei aus­zu­tau­schen.

Nach wei­te­rer – er­geb­nis­lo­ser – Kor­re­spon­denz lei­te­te die Klä­ge­rin ein selbst­stän­di­ges Be­weis­ver­fah­ren ein, in dem der Sach­ver­stän­di­ge Dr.-Ing. C be­stä­tig­te, dass das Scha­dens­bild an Aus­puff und Tank auf ei­nen Trans­port- oder La­de­scha­den hin­wei­se, der durch nach­träg­lich auf­ge­brach­ten Un­ter­bo­den­schutz ka­schiert, aber nicht fach­ge­recht be­sei­tigt wor­den sei. Zur fach­ge­rech­ten In­stand­set­zung sei ein Aus­tausch von Aus­puff und Tank er­for­der­lich, des­sen Kos­ten sich auf 1.954,27 € brut­to be­lie­fen; da­nach ver­blei­be kein mer­kan­ti­ler Min­der­wert.

Die Klä­ge­rin er­klär­te dar­auf­hin mit An­walts­schrei­ben vom 12.11.2014 die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung und ih­ren Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und setz­te der Be­klag­ten ei­ne Er­klä­rungs­frist zum 19.11.2014.

Sie wirft der Be­klag­ten vor, ihr den Trans­port- oder La­de­scha­den arg­lis­tig ver­schwie­gen zu ha­ben. Au­ßer­dem ar­gu­men­tiert die Klä­ge­rin, dass ihr Fahr­zeug we­gen die­ses Scha­dens man­gel­haft sei und die­ser Man­gel sie zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­ti­ge, weil ihr die Be­klag­te nicht wie ver­langt ein man­gel­frei­es Fahr­zeug ge­lie­fert ha­be. Ei­ne Nach­er­fül­lung durch Be­sei­ti­gung des Man­gels (Nach­bes­se­rung) schei­det aus Sicht der Klä­ge­rin aus, weil durch ei­ne Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs des­sen durch die Be­schä­di­gung ver­lo­ren ge­gan­ge­ner Cha­rak­ter als Neu­fahr­zeug nicht wie­der­her­ge­stellt wer­den kön­ne. Au­ßer­dem, so macht die Klä­ge­rin gel­tend, ha­be sie das Ver­trau­en in die Be­klag­te ver­lo­ren, weil die­se den Scha­den zu­erst ver­schwie­gen und sein Vor­lie­gen dann be­strit­ten ha­be.

Das Land­ge­richt (LG Bie­le­feld, Urt. v. 03.09.2015 – 2 O 23/15) hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, dass die Klä­ge­rin ihr Rück­ab­wick­lungs­be­geh­ren nicht auf ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung stüt­zen kön­ne, weil sie nicht sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen ha­be, dass die Be­klag­te zur Zeit des Kaufs Kennt­nis von dem Scha­den ge­habt ha­be. Die Klä­ge­rin sei auch nicht wirk­sam vom Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten. Zwar sei ei­ne Nach­lie­fe­rung, wie sie die Klä­ge­rin vor Er­klä­rung des Rück­tritts ver­langt ha­be, grund­sätz­lich mög­lich. Hier sei die­se Art der Nach­er­fül­lung aber – wie von der Be­klag­ten im Pro­zess gel­tend ge­macht – nur mit un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten mög­lich, so­dass die Be­klag­te sie ver­wei­gern dür­fe (§ 439 III BGB). In­so­weit hat das Land­ge­richt ver­tre­ten, dass der Ver­käu­fer die Ein­re­de des § 439 III BGB auch noch er­he­ben kön­ne, nach­dem der Käu­fer be­reits den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt ha­be.

Die Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 1. Die Klä­ge­rin kann von der Be­klag­ten Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses von 16.290 € ab­züg­lich ei­ner mit 2.850,75 € zu be­mes­sen­den Nut­zungs­ent­schä­di­gung, mit­hin 13.439,25 €, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be und Rück­über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs ver­lan­gen. Der An­spruch er­gibt sich aus den §§ 346, 323, 437 Nr. 2 Fall 1, 434, 433 BGB.

Die Klä­ge­rin ist mit An­walts­schrei­ben vom 12.11.2014 wirk­sam von dem mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten. Das ver­kauf­te Fahr­zeug wies bei Ge­fahr­über­gang, das heißt bei Über­ga­be, ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I BGB auf (a), die Be­klag­te ist dem be­rech­tig­ten Nach­lie­fe­rungs­ver­lan­gen der Klä­ge­rin nicht bin­nen ge­setz­ter Frist nach­ge­kom­men (b), und sie kann sich im Pro­zess nicht mehr auf die Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit die­ser Art der Nach­er­fül­lung be­ru­fen (c).

a) Ent­ge­gen der Ein­schät­zung der Klä­ge­rin be­ste­hen al­ler­dings Zwei­fel, dass das ver­kauf­te Fahr­zeug we­gen des Trans­port­scha­dens im Un­ter­bo­den­be­reich nicht mehr als Neu­fahr­zeug an­zu­se­hen ist und des­halb bei Über­ga­be nicht der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit i. S. § 434 I 1 BGB ent­sprach.

Die Par­tei­en ha­ben kon­klu­dent bei Ver­trags­schluss ver­ein­bart, dass das ver­kauf­te Fahr­zeug, wel­ches über ei­ne Ta­ges­zu­las­sung ver­fü­gen soll­te, fa­brik­neu ist.

Ein mit Ta­ges­zu­las­sung ver­kauf­tes Fahr­zeug ist nach höchst­rich­ter­li­cher Recht­spre­chung als Neu­fahr­zeug zu qua­li­fi­zie­ren. Da­bei wird ein un­be­nutz­tes Kfz als fa­brik­neu an­ge­se­hen, wenn und so­lan­ge das Mo­dell die­ses Fahr­zeugs un­ver­än­dert wei­ter­ge­baut wird, wenn es kei­ne durch ei­ne län­ge­re Stand­zeit be­ding­ten Män­gel auf­weist und wenn zwi­schen Her­stel­lung des Fahr­zeugs und Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht mehr als zwölf Mo­na­te lie­gen (BGH, Urt. v. 12.01.2005 – VI­II ZR 109/04, NJW 2005, 1422, s. auch Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 12. Aufl., Rn. 632 ff.).

Bei der Fest­stel­lung, ob ei­ne Vor­schä­di­gung die Ei­gen­schaft der Fa­brik­neu­heit ent­fal­len lässt, kommt es auf die Ver­kehrs­an­schau­ung an, wel­che sich nicht al­lein am Re­pa­ra­tur­auf­wand, son­dern auch am Um­fang des be­sei­tig­ten Scha­dens ori­en­tiert (s. hier­zu Se­nat, Urt. v. 17.11.2011 – 28 U 109/11, BeckRS 2011, 29317).

Dass ein auf die Bau­tei­le Aus­puff­rohr und Tank be­schränk­ter Scha­den, der sich voll­stän­dig be­sei­ti­gen lässt, oh­ne dass ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert ver­bleibt, der Ein­ord­nung des Fahr­zeugs als fa­brik­neu ent­ge­gen­ste­hen soll, be­geg­net Be­den­ken. Die Fra­ge kann letzt­lich aber of­fen­blei­ben.

Un­ab­hän­gig da­von liegt hier ein Sach­man­gel vor. Denn es ge­hört zur üb­li­chen und be­rech­tig­ter­wei­se vom Käu­fer zu er­war­ten­den Be­schaf­fen­heit ei­nes mit Ta­ges­zu­las­sung ver­kauf­ten Fahr­zeugs, dass ein sol­cher Trans­port­scha­den vor Aus­lie­fe­rung fach­ge­recht be­sei­tigt wor­den ist. Das war hier nicht ge­sche­hen, so­dass ein Man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB zu be­ja­hen ist.

b) Die Klä­ge­rin hat der Be­klag­ten ge­mäß § 323 I BGB er­folg­los ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt, be­vor sie den Rück­tritt vom Kauf er­klärt hat.

Mit An­walts­schrei­ben vom 12.12.2013 hat die Klä­ge­rin sinn­ge­mäß die Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs ver­langt. Zu die­sem Zeit­punkt hat­te sie ihr Wahl­recht zwi­schen ei­ner Nach­bes­se­rung und ei­ner Nach­lie­fe­rung nach § 439 I BGB noch nicht ver­lo­ren.

Ein Käu­fer, der sich für ei­ne Art der Nach­er­fül­lung ent­schie­den und die­se ge­gen­über dem Ver­käu­fer gel­tend ge­macht hat, kann nicht zeit­lich un­be­grenzt sei­ne Wahl än­dern. Er ist grund­sätz­lich an sei­ne Wahl ge­bun­den, wenn der Ver­käu­fer in der ge­wähl­ten Form nach­er­füllt oder den Käu­fer in Be­zug auf die ge­wähl­te Form in An­nah­me­ver­zug ver­setzt hat oder wenn der Ver­käu­fer rechts­kräf­tig zu ei­ner Form der Nach­er­fül­lung ver­ur­teilt wur­de (s. hier­zu Be­ckOK-BGB/Faust, Stand: 01.08.2014, § 439 Rn. 10, MünchKomm-BGB/H. P. Wes­ter­mann, 6. Aufl. [2012], § 439 Rn. 5; OLG Cel­le, Urt. v. 28.06.2006 – 7 U 235/05, NJW-RR 2007, 353).

So war es hier aber nicht. Die Klä­ge­rin hat vor dem 12.12.2013 ihr Wahl­recht gar nicht da­hin aus­ge­übt, dass sie von der Be­klag­ten die Nach­bes­se­rung des man­gel­be­haf­te­ten Fahr­zeugs ver­langt hat. Viel­mehr war es die Be­klag­te, die der Klä­ge­rin die Nach­bes­se­rung an­ge­bo­ten hat­te. Hier­mit hat­te sich die Klä­ge­rin aber nur un­ter der Vor­aus­set­zung ein­ver­stan­den er­klärt, dass ihr zu­gleich ei­ne Min­de­rung ge­währt wird, wo­zu wie­der­um die Be­klag­te nicht be­reit war. Ein sol­ches Er­klä­rungs­ver­hal­ten der Käu­fe­rin ist nicht als wirk­sa­me und bin­den­de Aus­übung des jus va­ri­an­di aus § 439 I BGB zu ver­ste­hen; eben­so we­nig ist es zu ei­ner Ei­ni­gung über die Nach­bes­se­rung ge­kom­men. Des­halb konn­te die Klä­ge­rin am 12.12.2013 von der Be­klag­ten noch Nach­lie­fe­rung ver­lan­gen.

Die da­mit ver­bun­de­ne Frist­set­zung zum 08.01.2014 war ord­nungs­ge­mäß i. S. des § 323 I BGB, auch wenn sie zu­gleich für die Ab­ga­be ei­ner Stel­lung­nah­me oder das An­ge­bot ei­nes Über­ga­be­ter­mins gel­tend soll­te. Die Be­klag­te macht auch nicht gel­tend, dass ihr die Be­deu­tung der ge­setz­ten Frist nicht klar ge­we­sen sei.

Die Frist ist auch frucht­los ab­ge­lau­fen. Die Be­klag­te hat bin­nen die­ser Frist im An­walts­schrei­ben vom 27.12.2013 ei­nen bei Über­ga­be vor­han­de­nen Man­gel be­strit­ten und le­dig­lich ver­gleichs­wei­se die Man­gel­be­sei­ti­gung an­ge­bo­ten.

c) Auf die er­folg­lo­se Frist­set­zung zur Nach­lie­fe­rung könn­te sich die Klä­ge­rin al­ler­dings dann nicht be­ru­fen, wenn die Be­klag­te be­rech­tigt die Er­satz­lie­fe­rung nicht vor­ge­nom­men hät­te und dies im Pro­zess auch noch gel­tend ma­chen kann. So ver­hält es sich hier aber nicht.

aa) Die Be­klag­te macht in­so­weit zu­nächst oh­ne Er­folg gel­tend, ihr sei ei­ne Nach­lie­fe­rung i. S. des § 275 I BGB nicht mög­lich (ge­we­sen), weil die Lie­fe­rung ei­nes an­de­ren Fahr­zeugs nicht die­sel­be Leis­tung dar­stel­le.

Bei ei­nem Neu­fahr­zeug­kauf ist die Nach­lie­fe­rung grund­sätz­lich mög­lich, wenn der Ver­käu­fer ein man­gel­frei­es Fahr­zeug mit der ge­schul­de­ten Aus­stat­tung be­schaf­fen kann (s. da­zu BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, NJW 2006, 2839; OLG Braun­schweig, Beschl. v. 04.02.2003 – 8 W 83/02, NJW 2003, 1053). Dass dies hier nicht mög­lich war, hat die Be­klag­te nicht dar­ge­legt.

bb) Die Be­klag­te kann sich auch nicht auf die Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit die­ser Form der Nach­er­fül­lung be­ru­fen, wie sie es erst­mals im Pro­zess und da­mit nach Aus­spruch des Rück­tritts am 12.11.2014 ge­tan hat.

Den Ein­wand der Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit ge­mäß § 439 III BGB kann der Ver­käu­fer nach Er­klä­rung des Ver­trags­rück­tritts durch den Käu­fer nicht mehr er­he­ben. Der Ver­käu­fer muss die Ein­re­de er­he­ben, so­lan­ge noch ein Nach­er­fül­lungs­an­spruch be­steht, al­so be­vor der Käu­fer den Rück­tritt oder die Min­de­rung er­klärt oder Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ver­langt hat (Be­ckOK-BGB/Faust, a. a. O., § 439 Rn. 38, Höpf­ner, NJW 2014, 214, 215; s. hier­zu auch OLG Cel­le, Urt. v. 28.06.2006 – 7 U 235/05, NJW-RR 2007, 353, Lo­renz, NJW 2007, 1, 5 f.; Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 801).

Das er­gibt sich zwar nicht un­mit­tel­bar aus dem Wort­laut des Ge­set­zes, folgt aber aus der ge­setz­li­chen Sys­te­ma­tik: Ist der Rück­tritt im Zeit­punkt sei­ner Er­klä­rung be­grün­det, wan­delt die­se Er­klä­rung das Schuld­ver­hält­nis der Par­tei­en in ein Rück­ab­wick­lungs­schuld­ver­hält­nis um, wo­mit der Nach­er­fül­lungs­an­spruch des Käu­fers und das Nach­er­fül­lungs­recht des Ver­käu­fers ent­fal­len. § 439 III 3 BGB sieht da­ge­gen als Rechts­fol­ge des be­rech­tigt er­ho­be­nen Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keits­ein­wands die Be­schrän­kung des Käu­fers auf die an­de­re Art der Nach­er­fül­lung vor. Die Re­ge­lung be­trifft da­mit noch das Ver­trags­sta­di­um des wech­sel­sei­ti­gen Leis­tungs­aus­tauschs. Es wä­re sys­tem­wid­rig, wenn der Ver­käu­fer dem Käu­fer den be­reits ent­stan­de­nen Rück­ab­wick­lungs­an­spruch durch nach­träg­li­che Er­he­bung ei­ner Ein­re­de ge­gen den nicht mehr be­ste­hen­den Nach­er­fül­lungs­an­spruch aus der Hand schla­gen könn­te.

Auch Sinn und Zweck der Vor­schrift des § 439 III BGB un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Par­tei­in­ter­es­sen ge­bie­ten es grund­sätz­lich nicht, zum Schutz des Ver­käu­fers die nach­träg­li­che Gel­tend­ma­chung des Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keits­ein­wands zu ge­stat­ten. Ob aus­nahms­wei­se an­de­res an­zu­neh­men sein kann, wenn der Ver­käu­fer oh­ne Ver­schul­den dar­an ge­hin­dert war, die Ein­re­de vor Rück­tritts­aus­spruch zu er­he­ben, kann da­hin­ste­hen. Ein sol­cher Fall liegt hier nicht vor.

d) Der Rück­tritt ist auch nicht we­gen Un­er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung nach § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen.

Nach der ak­tu­el­len höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung ist bei ei­nem be­heb­ba­ren Man­gel im Rah­men der nach § 323 V 2 BGB ge­bo­te­nen In­ter­es­sen­ab­wä­gung von ei­ner Ge­ring­fü­gig­keit des Man­gels und da­mit von ei­ner Un­er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung in der Re­gel nicht mehr aus­zu­ge­hen, wenn der Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand ei­nen Be­trag von fünf Pro­zent des Kauf­prei­ses über­steigt (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13, NJW 2014, 3229).

Auf der Grund­la­ge des im selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren ein­ge­hol­ten Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens ist von Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten in Hö­he von 1.954,27 € (inkl. Um­satz­steu­er) aus­zu­ge­hen. Die­se ma­chen 12 % des Kauf­prei­ses von 16.290 € aus. An­halts­punk­te da­für, gleich­wohl die in der Aus­lie­fe­rung des man­gel­be­haf­te­ten Fahr­zeugs lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten als un­er­heb­lich zu qua­li­fi­zie­ren, sind nicht vor­ge­tra­gen und auch sonst nicht er­sicht­lich.

e) Auf­grund des be­rech­tig­ten Rück­tritts kann die Klä­ge­rin Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ab­züg­lich der durch die Fahr­zeug­nut­zung ge­zo­ge­nen Ge­brauchs­vor­tei­le ver­lan­gen.

Dass der Fahr­zeug­kauf über ein durch die Be­klag­te ver­mit­tel­tes Dar­le­hen fi­nan­ziert wur­de, steht dem nicht ent­ge­gen. Die Grund­sät­ze, die sonst nach der Se­nats­recht­spre­chung für die Rück­ab­wick­lung ei­nes dritt­fi­nan­zier­ten Ver­bund­ge­schäfts gel­ten (s. hier­zu Se­nat, Urt. v. 08.09.2005 – 28 U 60/05, NZV 2006, 421), fin­den kei­ne An­wen­dung, weil im kon­kre­ten Fall Käu­fer und Dar­le­hens­neh­mer nicht per­so­nen­iden­tisch sind. Die An­wen­dung der §§ 358 ff. BGB setzt vor­aus, dass der­sel­be Ver­brau­cher Ver­trags­part­ner von Kauf- und Dar­le­hens­ver­trag ist.

Die von dem Kauf­preis von 16.290 € in Ab­zug zu brin­gen­de Nut­zungs­ent­schä­di­gung ist mit 2.850,75 € zu be­zif­fern.

Die Be­rech­nung der Ge­brauchs­vor­tei­le er­folgt nach der Theo­rie über den li­nea­ren Wert­schwund, wo­nach der Kauf­preis ins Ver­hält­nis zu set­zen ist zur vor­aus­sicht­li­chen Ge­samt­lauf­leis­tung bzw. (bei Ge­braucht­fahr­zeu­gen) Rest­lauf­leis­tung und der dar­aus auf die vom Käu­fer zu­ge­leg­te Fahr­stre­cke ent­fal­len­de An­teil zu er­mit­teln ist.

Auf der Grund­la­ge der im vor­lie­gen­den Fall un­strei­ti­gen vor­aus­sicht­li­chen Ge­samt­lauf­leis­tung des Fahr­zeugs von 200.000 km und der von der Klä­ge­rin mit 35.000 km an­ge­ge­be­nen Nut­zung er­gibt sich ein Nut­zungs­vor­teil von

\frac{\text{16.290 €}\times\text{35.000 km}}{\text{200.000 km}} = \text{2.850,75 €.}

Es bleibt ein – Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be und Rück­über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs – zu­rück­zu­zah­len­der Kauf­preis­an­teil von 13.439,25 €.

2. Da­ne­ben kann die Klä­ge­rin von der Be­klag­ten ge­mäß den §§ 284, 437 Nr. 3, 434, 433 BGB Er­stat­tung der Zu­las­sungs­kos­ten in Hö­he von 140 € ver­lan­gen. Es han­delt sich da­bei um ei­ne im Ver­trau­en auf den Er­halt der Leis­tung ge­tä­tig­te Auf­wen­dung, die sich für die Klä­ge­rin als nutz­los er­wie­sen hat.

3. Der Zins­an­spruch ist nur teil­wei­se be­grün­det, näm­lich so­weit Rechts­hän­gig­keits­zin­sen ab dem 14.02.2105 ge­schul­det sind (§§ 291, 288 I BGB). Die Klä­ge­rin kann nicht schon ab dem 20.11.2014 Zah­lung von Zin­sen aus dem Ge­sichts­punkt des Ver­zugs (§§ 286, 288 I BGB) ver­lan­gen. Das an­walt­li­che Schrei­ben vom 12.11.2014 ent­hielt kei­ne ver­zugs­be­grün­den­de, ver­geb­li­che Auf­for­de­rung zur Zah­lung bin­nen ge­setz­ter Frist, son­dern nur ei­ne Auf­for­de­rung, sich bis zum 19.11.2014 zu dem Rück­ab­wick­lungs­ver­lan­gen zu er­klä­ren.

4. Die Be­klag­te be­fin­det sich mit der An­nah­me des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs in Ver­zug, was in­so­weit an­trags­ge­mäß fest­zu­stel­len war. Al­ler­dings trat der An­nah­me­ver­zug erst am 04.09.2015 und nicht schon, wie die Klä­ge­rin meint, zum 20.11.2014 ein.

Das An­walts­schrei­ben vom 12.11.2014 ent­hielt kein den An­nah­me­ver­zug be­grün­den­des An­ge­bot der Über­ga­be und Rück­über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs. Für die Kla­ge­schrift, mit der nur die Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs Zug um Zug ge­gen die ver­lang­te Kauf­preis­rück­zah­lung an­ge­bo­ten wor­den ist, gilt nichts an­de­res. Erst nach­dem die Klä­ge­rin im Ter­min am 03.09.2015 auch die Rück­über­eig­nung des Fahr­zeugs in ih­ren Zug-um-Zug-An­trag auf­ge­nom­men hat­te und die Be­klag­te wei­ter­hin Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt hat, ist die­se in den Ver­zug der An­nah­me ge­ra­ten.

III. … Die Re­vi­si­on war nicht zu­zu­las­sen.

Die Rechts­sa­che hat kei­ne grund­sätz­li­che Be­deu­tung (§ 543 II Nr. 1 ZPO). Eben­so we­nig er­for­dern die Fort­bil­dung des Rechts oder die Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung ei­ne Ent­schei­dung des Re­vi­si­ons­ge­richts (§ 543 II Nr. 2 ZPO).

Ent­ge­gen der Ein­schät­zung der Par­tei­en er­gibt sich kein Re­vi­si­ons­zu­las­sungs­grund aus dem Um­stand, dass es – so­weit er­sicht­lich – noch kei­ne höchst­rich­ter­li­che Ent­schei­dung zu der Fra­ge gibt, ob der Ver­käu­fer die Ein­re­de der Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit aus § 439 III BGB noch nach er­folg­tem Rück­tritt des Käu­fers vom Ver­trag er­he­ben kann. In dem in der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung zi­tier­ten Ur­teil (BGH, Urt. v. 16.10.2013 – VI­II ZR 273/12, NJW 2014, 213 Rn. 16 f.) hat der BGH die­se Fra­ge of­fen­ge­las­sen und le­dig­lich ent­schie­den, dass die Gel­tend­ma­chung des Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­rechts nicht schon mit Ab­lauf der ge­setz­ten Frist aus­ge­schlos­sen sei, son­dern noch im Pro­zess um die Nach­er­fül­lung er­fol­gen kön­ne.

Grund­sätz­li­che Be­deu­tung hat ei­ne Rechts­sa­che, wenn sie ei­ne ent­schei­dungs­er­heb­li­che, klä­rungs­be­dürf­ti­ge und klä­rungs­fä­hi­ge Rechts­fra­ge auf­wirft, die sich in ei­ner un­be­stimm­ten Viel­zahl von Fäl­len stel­len kann, oder wenn an­de­re Aus­wir­kun­gen des Rechts­streits auf die All­ge­mein­heit de­ren In­ter­es­sen in be­son­de­rem Ma­ße be­rüh­ren und ein Tä­tig­wer­den des BGH er­for­der­lich ma­chen (BGH, Beschl. v. 11.05.2004 – XI ZB 39/03, NJW 2004, 2222 m. w. Nachw.). Hier fehlt es an der Klä­rungs­be­dürf­tig­keit der an­ge­spro­che­nen Rechts­fra­ge, weil ih­re Be­ant­wor­tung nach Ein­schät­zung des Se­nats nicht zwei­fel­haft ist und – so­weit er­kenn­bar – hier­zu auch kei­ne un­ter­schied­li­chen Auf­fas­sun­gen ver­tre­ten wer­den.

Aus dem­sel­ben Grund ist auch kei­ne höchst­rich­ter­li­che Ent­schei­dung zur Rechts­fort­bil­dung ge­bo­ten. Die­ser Zu­las­sungs­grund deckt sich weit­ge­hend mit dem der Grund­satz­be­deu­tung (BGH, Beschl. v. 24.09.2003 – IV ZB 41/02, NJW 2004, 289). Hier geht es nicht um die Klä­rung ei­ner recht­li­chen Fra­ge, für de­ren Be­ur­tei­lung ei­ne rich­tungs­wei­sen­de Ori­en­tie­rungs­hil­fe ganz oder teil­wei­se fehlt (vgl. BGH, Beschl. v. 24.09.2003 – IV ZB 41/02, NJW 2004, 289).

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