1. Ei­ne Be­stim­mung in ei­nem eBay-An­ge­bot, wo­nach ein „Spaß­bie­ter“ ei­ne Ver­trags­stra­fe in Hö­he von 20 % des Kauf­prei­ses zu zah­len hat, ist nach der Wer­tung des § 305c II BGB un­wirk­sam, weil der Be­griff „Spaß­bie­ter“ mehr­deu­tig ist.
  2. Ein Käu­fer, der grund­sätz­lich recht­lich an­er­kann­te und nicht of­fen­sicht­lich un­er­heb­li­che Grün­de da­für vor­bringt, war­um er am Kauf­ver­trag nicht fest­hal­ten will, ist kein „Spaß­bie­ter“, oh­ne dass es dar­auf an­kommt, ob er sich tat­säch­lich vom Kauf­ver­trag lö­sen darf.
  3. Ein Rück­tritt von ei­nem Ge­braucht­wa­gen­kauf­ver­trag ist aus­ge­schlos­sen, wenn die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs nur ge­ring­fü­gig hö­her ist als die ver­trag­lich ver­ein­bar­te Lauf­leis­tung (hier: 129.121 km statt 128.500 km) und die Ab­wei­chung sich des­halb auf den Wert und die Ge­brauchs­taug­lich­keit des Wa­gens je­den­falls nicht nen­nens­wert aus­wirkt.

OLG Frank­furt a. M., Ur­teil vom 12.05.2016 – 22 U 205/14

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ver­langt von dem Be­klag­ten die Zah­lung ei­ner Ver­trags­stra­fe.

Er bot 2013 ei­nen im Ja­nu­ar 2007 erst­zu­ge­las­se­nen Pkw auf der In­ter­net­platt­form eBay zum Kauf an. In der Be­schrei­bung des Fahr­zeugs, des­sen Lauf­leis­tung mit 128.500 km an­ge­ge­ben wur­de, hieß es un­ter an­de­rem: „TÜV/AU neu“. Als Ter­min für die nächs­te Haupt- und Ab­gas­un­ter­su­chung war „01.2015“ ge­nannt. Das Fahr­zeug wur­de als „ta­schen­tuch-ge­pflegt“, „feh­ler­frei“ und „scheck­heft-ge­pflegt“ be­schrie­ben. Au­ßer­dem hieß es in dem An­ge­bot des Klä­gers:

„Kei­ne Nach­ver­hand­lung! Spaß­bie­ter zah­len 20 % des KP!

Pro­be­fahrt in S., nicht für JE­DEN

Bil­der: http://… Fra­gen? …“

Bei En­de der Auk­ti­on war der Be­klag­te mit ei­nem Ge­bot von 25.100 € Höchst­bie­ten­der.

An­schlie­ßend stell­te der Klä­ger das Fahr­zeug beim TÜV vor. Im Be­richt über die­se letz­te Haupt- und Ab­gas-Un­ter­su­chung heißt es „ge­rin­ge Män­gel“ ud „Mo­tor/An­trieb/Kühl­sys­tem, Um­welt­be­las­tung: Ge­trie­be öl­feucht (GM)“. Der Klä­ger über­sand­te dem Be­klag­ten den TÜV-Be­richt, oh­ne auf die fest­ge­stell­ten Män­gel ge­son­dert hin­zu­wei­sen.

Nach­dem sich die Par­tei­en auf ei­ne Ab­ho­lung des Fahr­zeugs in S. ver­stän­digt hat­ten und der Be­klag­te hier­für Vor­be­rei­tun­gen ge­trof­fen hat­te, über­sand­te der Klä­ger dem Be­klag­ten ein Fo­to des Ki­lo­me­ter­zäh­lers, der ei­nen Ki­lo­me­ter­stand von 129.121 an­zeig­te. Der Be­klag­te teil­te dem Klä­ger dar­auf­hin per Whats­App mit, dass er vom Kauf­ver­trag zu­rück­tre­te, weil das Fahr­zeug nach der Auk­ti­on noch cir­ca 650 km ge­fah­ren wor­den sei und bei der TÜV-Un­ter­su­chung Män­gel fest­ge­stellt wor­den sei­en.

Mit An­walts­schrei­ben vom 25.07.2013 for­der­te der Klä­ger den Be­klag­ten zur Zah­lung ei­ner Ver­trags­stra­fe von 5.020 € bis zum 09.08.2013 auf. Die Zah­lung die­ses Be­tra­ges lehn­te der Be­klag­te mit An­walts­schrei­ben vom 07.08.2013 ab.

Der Klä­ger hat be­haup­tet, das von ihm zum Kauf an­ge­bo­te­ne Fahr­zeug wei­se kei­ne Män­gel auf. Er hat ge­meint, der Be­klag­te sei ge­mäß § 339 Satz 1 BGB zur Zah­lung von 5.020 € ver­pflich­tet, weil die Par­tei­en ei­ne Ver­trags­stra­fe in die­ser Hö­he wirk­sam ver­ein­bart hät­ten und die­se ver­wirkt sei. Der Be­klag­te ha­be kei­nen recht­li­chen Grund für sei­nen Rück­tritt und müs­se sich des­halb als „Spaß­bie­ter“ be­han­deln las­sen.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen und aus­ge­führt, der Be­klag­te sei kein „Spaß­bie­ter“, son­dern ha­be sich ver­trag­lich bin­den wol­len. Au­ßer­dem han­de­le es sich bei der Re­ge­lung zur Ver­trags­stra­fe schon des­halb um ei­ne über­ra­schen­de Klau­sel, weil nicht klar sei, was ein „Spaß­bie­ter“ sein sol­le. Ab­ge­se­hen da­von sei der Be­klag­te auch zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­tigt ge­we­sen, weil der Klä­ger den Be­klag­ten je­den­falls nach der Haupt­un­ter­su­chung auf die Un­dich­tig­keit des Ge­trie­bes hät­te hin­wei­sen müs­sen.

Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Der Klä­ger hat un­ter meh­re­ren Ge­sichts­punk­ten kei­nen An­spruch … auf die gel­tend ge­mach­te Ver­trags­stra­fe.

1. Die „Spaß­bie­ter­klau­sel“ in dem eBay-An­ge­bot des Klä­gers – „Spaß­bie­ter zah­len 20 % des KP“ – ist als Ver­trags­stra­fe i. S. des § 339 BGB aus­zu­le­gen.

Die Ver­trags­stra­fe ist ei­ne meist in Geld be­ste­hen­de Leis­tung, die der Schuld­ner für den Fall der Nicht­er­fül­lung oder der nicht ge­hö­ri­gen Er­fül­lung ei­ner Ver­bind­lich­keit ver­spricht (Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 75. Auf., § 339 Rn. 1). Sie hat ei­ne dop­pel­te Ziel­rich­tung: Sie soll ein­mal als Druck­mit­tel den Schuld­ner zur ord­nungs­ge­mä­ßen Er­brin­gung sei­ner ver­spro­che­nen Leis­tung an­hal­ten; zum an­de­ren soll sie dem Gläu­bi­ger im Ver­let­zungs­fall die Mög­lich­keit ei­ner er­leich­ter­ten Schad­los­hal­tung oh­ne Ein­zel­nach­weis er­öff­nen (vgl. BGH, Urt. v. 23.06.1988 – VII ZR 117/87, BGHZ 105, 24).

Ge­nau das ist hier be­ab­sich­tigt. Mit der Klau­sel sol­len Kauf­in­ter­es­sen­ten da­zu an­ge­hal­ten wer­den, nur ernst­ge­mein­te An­ge­bo­te ab­zu­ge­ben und sich an den auf­grund die­ser An­ge­bo­te zu­stan­de ge­kom­me­nen Ver­trag zu hal­ten. Gleich­zei­tig kann der Ver­käu­fer auf­grund die­ser Klau­sel von ei­nem ver­trags­reui­gen Käu­fer den Be­trag in Hö­he von 20 % des Kauf­prei­ses ver­lan­gen, oh­ne dass er ei­nen ent­spre­chen­den Scha­den dar­le­gen müss­te.

2. Um An­sprü­chen aus die­ser Ver­trags­stra­fe nach § 339 BGB über­haupt aus­ge­setzt sein zu kön­nen, muss der Be­klag­te zu­nächst den streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw er­stei­gert ha­ben, was hier der Fall war. Durch das Höchst­ge­bot des Be­klag­ten wäh­rend der In­ter­net­ver­stei­ge­rung bei eBay ist über das Fahr­zeug ein Kauf­ver­trag wirk­sam zu­stan­de ge­kom­men.

Bei ei­ner Ver­stei­ge­rung im In­ter­net geht in der Re­gel das An­ge­bot vom Ver­käu­fer aus. Es rich­tet sich an den, der in­ner­halb der Lauf­zeit der Auk­ti­on das höchs­te Ge­bot ab­gibt. Die Fest­set­zung der Lauf­zeit ist ei­ne Frist­be­stim­mung zur An­nah­me i. S. des § 148 BGB. Die An­nah­me er­folgt durch die Wil­lens­er­klä­rung des­sen, der in­ner­halb der Lauf­zeit der Ver­stei­ge­rung das höchs­te Ge­bot ab­gibt (BGH, Urt. v. 03.11.2004 – VI­II ZR 375/03, NJW 2005, 53 f.).

3. Al­ler­dings ist die „Spaß­bie­ter­klau­sel“ in die­sem Ver­trag nicht wirk­sam ver­ein­bart wor­den.

a) Da­bei kann al­ler­dings nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die eBay-An­non­ce als All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gung qua­li­fi­ziert wer­den kann (so aber LG Wies­ba­den, Beschl. v. 26.02.2014 und v. 05.05.2014 – 1 S 38/13, ju­ris; AG Waib­lin­gen, Urt. v. 11.12.2008 – 9 C 1000/08, ju­ris; ge­gen das Vor­lie­gen von AGB: AG Es­sen, Urt. v. 19.04.2007 – 24 C 357/06, BeckRS 2008, 01456; AG Bre­men, Urt. v. 20.10.2005 – 16 C 168/05, ju­ris; AG Witt­mund, Urt. v. 28.08.2008 – 4 C 183/08, ju­ris).

Ge­mäß § 305 I 1 BGB sind All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen al­le für ei­ne Viel­zahl von Ver­trä­gen vor­for­mu­lier­te Ver­trags­be­din­gun­gen, die ei­ne Ver­trags­par­tei (Ver­wen­der) der an­de­ren Ver­trags­par­tei bei Ab­schluss ei­nes Ver­trags stellt.

Hier woll­te der Klä­ger aber nur den ei­nen streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw mit­tels ei­nes ein­zi­gen Kauf­ver­tra­ges ver­kau­fen. Da­für, dass er be­ab­sich­tig­te, die „Spaß­bie­ter­klau­sel“ in meh­re­ren Kauf­ver­trä­gen zu ver­wen­den, ist nichts vor­ge­tra­gen und er­sicht­lich. Al­lein aus dem An­ge­bot er­gibt sich nicht, dass der Klä­ger ge­werb­lich oder re­gel­mä­ßig mit Fahr­zeu­gen oder an­de­ren Ge­gen­stän­den han­delt und da­bei re­gel­mä­ßig die­se Klau­sel ver­wen­det.

Die Klau­sel rich­tet sich auch nicht des­we­gen an ei­ne un­be­stimm­te Viel­zahl von Ver­trags­part­nern bzw. Part­nern von ver­trags­ähn­li­chen Schuld­ver­hält­nis­sen, weil sie sich nicht nur an den­je­ni­gen wen­det, der spä­ter … Ver­trags­part­ner des Ver­käu­fers wird, son­dern an al­le po­ten­zi­el­len Bie­ter, die im Rah­men der Auk­ti­on, vor Zu­stan­de­kom­men des end­gül­ti­gen Ver­tra­ges, ein Ge­bot ab­ge­ben (so aber AG Waib­lin­gen, Urt. v. 11.12.2008 – 9 C 1000/08, ju­ris). Hier­ge­gen spricht vor al­lem, dass mit die­sen Bie­tern, die Ge­bo­te ab­ge­ge­ben ha­ben, aber am En­de der Auk­ti­ons­lauf­zeit nicht Höchst­bie­ten­der sind, un­ter kei­nen Um­stän­den ein Ver­trag mit dem Ver­käu­fer zu­stan­de kommt. Das gilt selbst dann, wenn der Höchst­bie­ten­de mit ei­nem „be­rech­tig­ten Grund“ sein Ge­bot zu­rück­nimmt, da auch dann nach § 6 Nr. 7 der eBay-AGB kein Ver­trag zwi­schen dem Ver­käu­fer und dem nach der Ge­bots­rück­nah­me wie­der Höchst­bie­ten­den zu­stan­de kommt.

Au­ßer­dem wür­de ei­ne sol­che Aus­le­gung da­zu füh­ren, dass mög­li­cher­wei­se die Ver­trags­stra­fe von meh­re­ren Bie­tern, die im Lau­fe der Auk­ti­on zu ir­gend­ei­nem Zeit­punkt mit­ge­bo­ten ha­ben, ver­wirkt wer­den wür­de, oder dass sie von Bie­tern ver­langt wer­den könn­te, ob­wohl die Auk­ti­on gar nicht mit ei­nem Ver­trags­schluss be­en­det wur­de, weil zum Bei­spiel ei­ne be­rech­tig­te Ge­bots­rück­nah­me i. S. des § 6 Nr. 7 eBay-AGB vor­lag oder der Ver­käu­fer die Auk­ti­on durch ei­ne be­rech­tig­te An­ge­bots­rück­nah­me (vgl. § 6 Nr. 6 eBay-AGB) be­en­det hat.

Die­se Er­geb­nis­se er­schei­nen nicht sach­ge­recht. Der Se­nat geht des­halb da­von aus, dass sich die „Spaß­bie­ter­klau­sel“ nur an den letzt­end­lich Höchst­bie­ten­den rich­tet, mit dem der Ver­trag zu­stan­de kommt.

b) Auch wenn da­nach die eBay-An­non­ce for­mal kei­ne All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen dar­stellt, ist es den­noch ge­bo­ten, die Wer­tun­gen der §§ 305 ff. BGB, ins­be­son­de­re die Wer­tung des § 305c II BGB, hier ent­spre­chend her­an­zu­zie­hen (vgl. auch AG Wies­ba­den, Urt. v. 15.10.2013 – 91 C 2145/13, ju­ris).

Die Klau­sel rich­tet sich zwar nicht an al­le po­ten­zi­el­len Bie­ter, gleich­zei­tig steht bei Er­stel­lung der An­non­ce der zu­künf­ti­ge Ver­trags­part­ner aber auch noch nicht kon­kret fest. Im Ge­gen­teil ist der Kreis der mög­li­chen Ver­trags­part­ner an­ge­sichts des An­ge­bots über das In­ter­net aus­ge­spro­chen groß und nicht über­schau­bar. Ent­schei­dend kommt hin­zu, dass ein Bie­ter und da­mit auch der zu­künf­ti­ge Ver­trags­part­ner kei­ne Mög­lich­keit hat, die Be­din­gun­gen des An­ge­bots nach sei­nen Wün­schen zu ver­än­dern. Er kann nur ent­we­der mit­bie­ten und das An­ge­bot als Gan­zes ak­zep­tie­ren oder sich an der Auk­ti­on nicht be­tei­li­gen. Ein in­di­vi­du­el­ler Kon­takt zwi­schen Ver­käu­fer und Käu­fer ist zwar mög­lich, ein Aus­han­deln ein­zel­ner Be­din­gun­gen aber grund­sätz­lich aus­ge­schlos­sen.

Die­se Si­tua­ti­on ist der­je­ni­gen bei Vor­lie­gen von All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen je­den­falls der­art ver­gleich­bar, dass ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung der Vor­schrif­ten mög­lich er­scheint.

In Be­zug auf § 305c II BGB ist im Üb­ri­gen an­er­kannt, dass die­se Be­stim­mung ent­spre­chend auf Wil­lens­er­klä­run­gen an­zu­wen­den ist, die – wie hier – mit­tels mo­der­ner Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik ab­ge­ge­ben wer­den und sich wie All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen an ei­nen un­be­stimm­ten Kreis po­ten­zi­el­ler Kun­den rich­ten (Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 75. Aufl. [2016], § 133 Rn. 23, MünchKomm-BGB/Bu­sche, 7. Aufl. [2015], § 133 Rn. 24).

c) Ein Ver­stoß ge­gen § 305c II BGB ist vor­lie­gend an­zu­neh­men, weil der Be­griff „Spaß­bie­ter“ un­ter­schied­lich ver­stan­den wer­den kann und da­mit mehr­deu­tig in die­sem Sin­ne ist.

So könn­te mit „Spaß­bie­ter“ (nur) ein Bie­ter ge­meint sein, der ein Ge­bot ab­gibt, ob­wohl er den Ge­gen­stand gar nicht kau­fen will; so ist die Auf­fas­sung des Land­ge­richts. Nicht er­fasst könn­te aber ein Käu­fer sein, der den Ge­gen­stand zu­nächst tat­säch­lich er­wer­ben will, den dann aber Ver­trags­reue über­fällt, oder der aus recht­lich nicht an­er­kann­ten Grün­den den Ver­trag nicht ein­hal­ten will. Ein sol­cher hät­te – je­den­falls könn­te man das so ver­ste­hen – nicht zum Spaß ge­bo­ten, son­dern wür­de le­dig­lich im Nach­hin­ein am Ver­trag, aus un­ter­schied­lich denk­ba­ren Grün­den, nicht mehr fest­hal­ten.

Nach dem Ver­ständ­nis des Klä­gers sind je­doch al­le Per­so­nen als Spaß­bie­ter an­zu­se­hen, die sich un­be­grün­det nicht an den Ver­trag hal­ten wol­len, so­dass un­ter „Spaß­bie­ter“ auch Per­so­nen fal­len, die zu­nächst ernst­haft ge­bo­ten ha­ben, dann aber kei­nen – aus­rei­chen­den – recht­li­chen Grund für ei­nen Rück­tritt bzw. für die Ver­wei­ge­rung der Ab­nah­me ha­ben (so auch AG Es­sen, Urt. v. 19.04.2007 – 24 C 357/06, BeckRS 2008, 01456).

Da­bei ist aus dem Wort­laut der Klau­sel auch nicht ein­deu­tig zu ent­neh­men, un­ter wel­chen Um­stän­den Ein­wen­dun­gen zum Bei­spiel be­tref­fend die Ge­währ­leis­tung als be­grün­det an­zu­se­hen sind oder nicht. Es bleibt viel­mehr völ­lig of­fen, wel­che Kri­te­ri­en und wel­che Sicht­wei­se da­für zu­grun­de zu le­gen sind.

Die­se Über­le­gun­gen ma­chen deut­lich, wie vie­le Aus­le­gun­gen des Be­griffs mög­lich sind. Ei­ne ein­deu­ti­ge ob­jek­ti­ve Her­lei­tung ist auch bei Be­rück­sich­ti­gung der In­ter­es­sen­la­ge des Ver­käu­fers nur ein­ge­schränkt mög­lich. Wenn selbst die zur Aus­le­gung be­ru­fe­nen Ge­rich­te un­ter­schied­li­cher Mei­nung hin­sicht­lich der Wir­kun­gen der Klau­sel sind, sind die Vor­aus­set­zun­gen des § 305c II BGB hier zu be­ja­hen.

4. Der An­spruch des Klä­gers ist aber auch un­ter wei­te­ren As­pek­ten un­be­grün­det. Selbst wenn man von ei­ner ein­deu­ti­gen For­mu­lie­rung und da­mit ei­ner wirk­sa­men Ver­ein­ba­rung der Ver­trags­stra­fe aus­geht, schei­tert ei­ne Zah­lungs­ver­pflich­tung des Be­klag­ten … dar­an, dass die­ser kein „Spaß­bie­ter“ war.

Als ein sol­cher ist ein­deu­tig ein Käu­fer an­zu­se­hen, der ganz oh­ne Grün­de an dem ge­schlos­se­nen Ver­trag nicht fest­hal­ten will und die­sen Ver­trag al­so nur „zum Spaß“ ab­ge­schlos­sen hat. Als „Spaß­bie­ter“ muss aber auch ein Käu­fer ge­wer­tet wer­den, der zwar Grün­de an­führt, war­um er den Ver­trag nicht ein­hal­ten will, des­sen Ein­wen­dun­gen ge­gen den Ver­trag aber ein­deu­tig völ­lig un­er­heb­lich bzw. of­fen­sicht­lich un­be­grün­det sind. An­sons­ten hät­te es ein Käu­fer al­lein durch Nen­nung von Grün­den – wie ab­we­gig auch im­mer – in der Hand, ob er als „Spaß­bie­ter“ zu be­han­deln ist oder nicht.

Kein „Spaß­bie­ter“ kann je­doch sein, wer grund­sätz­lich recht­lich an­er­kann­te Grün­de da­für vor­bringt, war­um er an dem Ver­trag nicht mehr fest­hal­ten will. Die­se Grün­de (Rück­tritts-, An­fech­tungs- oder Ge­währ­leis­tungs­grün­de) stellt das Ge­setz ge­ra­de zur Ver­fü­gung, um ein Lö­sen von ei­nem ei­gent­lich ver­bind­li­chen Ver­trag aus recht­lich an­er­kann­ten Ge­sichts­punk­ten zu er­mög­li­chen. Des­we­gen kann es nicht an­ge­hen, ein Be­ru­fen hier­auf mit­tels ei­ner „Spaß­bie­ter­klau­sel“ zu sank­tio­nie­ren.

Da­bei kann die An­wen­dung der Klau­sel nicht da­von ab­hän­gen, ob im Er­geb­nis die Rück­tritts-, An­fech­tungs- oder Ge­währ­leis­tungs­grün­de tat­säch­lich durch­grei­fen. Für ei­ne sol­che Prü­fung sind oft­mals fun­dier­te ju­ris­ti­sche und/oder sons­ti­ge sach­ver­stän­di­ge Kennt­nis­se er­for­der­lich, über die ein Laie nicht ver­fügt. Es muss des­we­gen aus­rei­chen, um ein „Spaß­bie­ten“ zu ver­nei­nen, dass die vor­ge­brach­ten Grün­de nicht of­fen­sicht­lich aus­ge­schlos­sen sind.

a) Der­ar­tig of­fen­sicht­lich un­be­grün­de­te Ein­wen­dun­gen hat der Be­klag­te hier nur hin­sicht­lich des ab­wei­chen­den Ki­lo­me­ter­stan­des er­ho­ben.

Zwar ist in der Recht­spre­chung an­er­kannt, dass die An­ga­be ei­nes be­stimm­ten Ki­lo­me­ter­stands als Zu­si­che­rung ei­ner Ei­gen­schaft ge­wer­tet wer­den kann (grund­le­gend BGH, Urt. v. 25.06.1975 – VI­II ZR 244/73, NJW 1975, 1693 [1694 f.]). Al­ler­dings hat ei­ne der­ar­ti­ge Zu­si­che­rung – auch oh­ne dass es ei­nes aus­drück­li­chen Hin­wei­ses be­darf – nicht den ge­nau­en Ki­lo­me­ter­stand, son­dern nur die bis­he­ri­ge Fahr­leis­tung in­ner­halb be­stimm­ter Gren­zen zum Ge­gen­stand (BGH, Urt. v. 25.06.1975 – VI­II ZR 244/73, NJW 1975, 1693 [1694 f.]). Ein Rück­tritt ist al­so nicht mög­lich, wenn die Ab­wei­chung im Er­geb­nis un­we­sent­lich und für den Kauf­ent­schluss von nur un­ter­ge­ord­ne­ter Be­deu­tung ist, weil der Wert und die Ge­brauchs­taug­lich­keit des Wa­gens durch ei­ne ver­hält­nis­mä­ßig ge­rin­ge Über­schrei­tung der an­ge­ge­be­nen Lauf­leis­tung nicht oder je­den­falls nicht we­sent­lich be­ein­flusst wird (OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 14.12.2000 – 8 U 49/00, ju­ris).

Hier lag die Ab­wei­chung nur bei 621 km ge­gen­über den in der An­zei­ge mit­ge­teil­ten 128.500 km, so­dass es um ei­ne Ab­wei­chung von un­ge­fähr 0,5 % ging. Das kann ein­deu­tig und auch von ei­nem Lai­en er­kenn­bar nicht als we­sent­lich an­ge­se­hen wer­den (vgl. auch OLG Ol­den­burg, Urt. v. 27.05.1998 – 2 U 63/98, ju­ris, das ei­ne Über­schrei­tung von 5.000 km bei ei­ner Zu­si­che­rung von 70.000 km [= 7,1 %] noch als ge­ring­fü­gig an­ge­se­hen hat).

b) An­ders ist das je­doch be­züg­lich des Um­stands, dass bei der TÜV-Un­ter­su­chung vor der Über­ga­be fest­ge­stellt wor­den war, dass „ge­rin­ge Män­gel" vor­lie­gen, näm­lich „Mo­tor/An­trieb/Kühl­sys­tem, Um­welt­be­las­tung: Ge­trie­be öf­feucht (GM)“, wor­auf der Klä­ger den Be­klag­ten nicht hin­ge­wie­sen hat­te.

Da­bei kann of­fen­blei­ben, ob tat­säch­lich ein Sach­man­gel ge­ge­ben war. Je­den­falls stell­te die­ser Um­stand vor­lie­gend kei­ne ein­deu­tig un­er­heb­li­che Ein­wen­dung dar.

Das gilt auch vor dem Hin­ter­grund, dass das LG Ol­den­burg (Urt. v. 15.01.2004 – 16 S 612/03, ju­ris) bei ei­nem fünf Jah­re al­ten Fahr­zeug mit 110.000 km ei­nen ge­rin­gen Öl­ver­lust am Dif­fe­ren­ti­al nicht als Sach­man­gel an­ge­se­hen hat und das LG Kas­sel (Urt. v. 30.06.2005 – 1 S 2/05, ju­ris) bei ei­nen neun Jah­re al­ten Fi­at Pun­to zum Kauf­preis von 2.950 € und mit ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 120.000 un­ter an­de­rem Öl­ver­lust als üb­li­che Ver­schleiß­er­schei­nung an­ge­se­hen hat.

Hier ist näm­lich zu be­rück­sich­ti­gen, dass es sich zwar auch um ein sechs Jah­re al­tes Fahr­zeug mit ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 128.500 km ge­han­delt hat. Al­ler­dings wur­de das Fahr­zeug zu ei­nem ganz er­heb­li­chen Preis von 25.100 € ver­kauft und als „ta­schen­tuch-ge­pflegt“, „feh­ler­frei“ und „scheck­heft-ge­pflegt“ be­schrie­ben. Es ging al­so nicht um ir­gend­ein äl­te­res Ge­braucht­fahr­zeug, son­dern um et­was Be­son­de­res, ei­nen „Eye­cat­cher“, ein „Ein­zel­stück“, bei dem der Käu­fer da­von aus­ge­hen konn­te, dass ein sol­ches Fahr­zeug dann tat­säch­lich „feh­ler­frei“ ist und auch nicht den „Feh­ler“ hat, dass das Ge­trie­be öl­feucht ist.

Un­ab­hän­gig da­von, ob die­se Öl­feuch­te im Er­geb­nis tat­säch­lich als Sach­man­gel ge­wer­tet wer­den könn­te, kann bei ei­nem sol­chen Fahr­zeug das Be­ru­fen hier­auf nicht als of­fen­sicht­lich un­be­grün­det an­ge­se­hen wer­den.

5. Die Gel­tend­ma­chung der Ver­trags­stra­fe wä­re schließ­lich auch des­we­gen aus­ge­schlos­sen, weil sich der Be­klag­te mit sei­ner Ver­bind­lich­keit nicht in Ver­zug be­fand, da der Klä­ger kei­ne Mah­nung aus­ge­spro­chen und die Gel­tend­ma­chung der Ver­trags­stra­fe nicht an­ge­kün­digt hat­te.

a) Ein An­spruch aus ei­ner Ver­trags­stra­fe wird nach § 339 Satz 1 BGB mit Ver­zug des Schuld­ners (hier al­so des Be­klag­ten) mit sei­ner Ver­bind­lich­keit – Ab­nah­me und Be­zah­lung des Pkw – ver­wirkt. Da­bei tritt Ver­zug grund­sätz­lich nur nach ei­ner Mah­nung des Ver­käu­fers (des Klä­gers) ein. Ei­ne sol­che liegt hier nicht vor. Der Klä­ger hat den Be­klag­ten zu kei­nem Zeit­punkt nach Fäl­lig­keit, al­so nach der ver­ein­bar­ten Ab­ho­lung des Fahr­zeugs am 04.06.2013, auf­ge­for­dert, das Fahr­zeug ab­zu­neh­men und zu be­zah­len, son­dern er hat mit An­walts­schrei­ben vom 25.07.2013 so­gleich sei­nen An­spruch auf Ver­trags­stra­fe gel­tend ge­macht.

b) Vor­lie­gend kann auch nicht nach § 286 II Nr. 3 BGB da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass ei­ne Mah­nung ent­behr­lich war, weil der Be­klag­te mit sei­ner Whats­App-Mit­tei­lung, dass er vom Kauf­ver­trag zu­rück­tre­te, … sei­ne Leis­tung end­gül­tig und ernst­haft ver­wei­gert ha­be.

An das Vor­lie­gen ei­ner Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung i. S. des § 286 II Nr. 3 BGB sind stren­ge An­for­de­run­gen zu stel­len. Der Schuld­ner muss die Er­fül­lung des Ver­tra­ges ge­gen­über dem Gläu­bi­ger un­miss­ver­ständ­lich, end­gül­tig und ernst­lich ab­leh­nen, so­dass für den Gläu­bi­ger nicht zwei­fel­haft sein darf, dass er un­ter kei­nen Um­stän­den mehr mit ei­ner frei­wil­li­gen Leis­tung rech­nen kann. Die Frist­set­zung bzw. Mah­nung darf nur noch als lee­re For­ma­li­tät er­schei­nen. Der Schuld­ner muss ein­deu­tig und ge­wis­ser­ma­ßen als „sein letz­tes Wort“ den Wil­len zum Aus­druck ge­bracht ha­ben, dass er sei­ne Ver­trags­pflich­ten nicht er­fül­len wer­de (BGH, Urt. v. 14.06.2012 – VII ZR 148/10, BGHZ 193, 315 = ZIP 2012, 1463; Be­ckOK-BGB/Un­berath, Stand: 01.03.2011, § 281 Rn. 22; Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 286 Rn. 24, § 281 Rn. 14).

Zwar kann es für die An­nah­me ei­ner ernst­haf­ten und end­gül­ti­gen Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung ge­nü­gen, wenn der Schuld­ner un­ge­recht­fer­tig­ter Wei­se er­klärt, vom Ver­trag zu­rück­tre­ten zu wol­len (BGH, Urt. v. 14.06.2012 – VII ZR 148/10, BGHZ 193, 315). Mit ei­nem sol­cher­ma­ßen rechts­grund­lo­sen An­sin­nen bringt der Kun­de je­doch nicht per se zum Aus­druck, an der Durch­füh­rung des Ver­tra­ges un­um­stöß­lich kein In­ter­es­se mehr zu ha­ben. Ge­ra­de dann, wenn der Käu­fer in der irr­tüm­li­chen An­nah­me vom Ver­trag zu­rück­tritt, hier­zu oh­ne Wei­te­res be­rech­tigt zu sein, kann er in An­be­tracht der mit ei­ner Mah­nung ver­bun­de­nen War­nung sei­ne Ent­schei­dung im Hin­blick auf die Kon­se­quen­zen sei­nes Han­delns – hier: die Ver­wir­kung ei­ner Ver­trags­stra­fe von 20 % des Kauf­prei­ses – durch­aus auch noch über­den­ken (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 18.06.2013 – 4 U 23/13, ju­ris).

Mit der er­wähn­ten Whats­App-Nach­richt hat der Be­klag­te zwar auch den Rück­tritt von dem Kauf­ver­trag er­klärt, er hat aber vor al­lem und erst­ma­lig Punk­te auf­ge­führt, die sei­ner An­sicht nach Män­gel des Fahr­zeu­ges dar­stell­ten. Ob die­se Be­an­stan­dun­gen [ge­meint wohl: Män­gel] tat­säch­lich vor­la­gen, ob sie un­er­heb­lich oder von Be­deu­tung und ob sie be­heb­bar wa­ren, war zu die­sem Zeit­punkt eben­so of­fen wie die Fra­ge, ob der Rück­tritt be­rech­tigt war und wie der Klä­ger auf die­se Män­gel­an­zei­ge re­agie­ren wür­de. Bei die­ser Sach­la­ge kann nicht mit der er­for­der­li­chen Si­cher­heit fest­ge­stellt wer­den, ob der Be­klag­te end­gül­tig sei­ne Leis­tung nicht mehr er­brin­gen woll­te.

Es wä­re des­halb ei­ne Mah­nung des Klä­gers da­hin ge­hend er­for­der­lich ge­we­sen, den Be­klag­ten zur Ab­nah­me und Be­zah­lung des Fahr­zeugs auf­zu­for­dern und an­zu­kün­di­gen, an­sons­ten von der Ver­trags­stra­fen­re­ge­lung Ge­brauch zu ma­chen. …

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