Eine vorformulierte Klausel in einem Leasingvertrag, die dem Leasingnehmer die Möglichkeit nimmt, Schäden an dem Leasingfahrzeug, die bei dessen Rückgabe an den Leasinggeber festgestellt werden, selbst zu beseitigen oder von einem Dritten beseitigen zu lassen, ist unwirksam.

AG Blomberg, Urteil vom 20.04.2011 – 4 C 324/10

Sachverhalt: Die Parteien streiten über die Abwicklung eines Leasingvertrags für ein Kraftfahrzeug.

Der Beklagte beantragte am 19.12.2005 bei der Klägerin den Abschluss eines Leasingvertrags über ein Kraftfahrzeug für einen Zeitraum von 42 Monaten. Die Parteien vereinbarten eine monatliche Zahlung des Beklagten in Höhe von 335,44 € brutto. Dem Vertrag waren allgemeine Bedingungen der Klägerin beigefügt.

Der Beklagte erhielt am 08.03.2006 von dem Autohaus T das Leasingfahrzeug, das am selben Tag auf ihn zugelassen wurde.

Nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Überlassungszeit gab der Beklagte das Fahrzeug an das Autohaus T zurück, welches das Fahrzeug für die Klägerin in Empfang nahm. Der Beklagte gab das Fahrzeug mit 33.775 gefahrenen Kilometern zurück. Da die Parteien vertraglich eine Kilometerleistung von 42.000 Kilometern vereinbart und sich darauf geeinigt hatten, dass dem Beklagten ein Betrag von 0,0544 € zzgl. USt. pro gefahrenem Minderkilometer zusteht, ergab sich eine Erstattung zugunsten des Beklagten in Höhe von 532,45 €.

Auf einem Vordruck der Klägerin fertigte ein Mitarbeiter des Autohauses T ein Übernahme-/Rückgabeprotokoll, dessen Umfang zwischen den Parteien streitig ist. Jedenfalls trug der Mitarbeiter des Autohauses als von dem Beklagten zu entrichtenden Erstattungsbetrag einen Betrag von „ca. 500 €“ in das Protokoll ein. Ferner unterzeichnete der Beklagte folgende Erklärung:

„Mit der o. g. Abrechnung bin ich/sind wir nicht einverstanden. Im Falle eines Kilometer-Leasingvertrages bestimmt das Autohaus, im Falle eines LeasePlus- bzw. eines Business-LeasingPlus-Vertrages bestimmt der Leasinggeber ein Sachverständigenunternehmen, welches die Kosten der festgestellten Schäden sowie den Netto-Händlereinkaufspreis ermittelt. Das Ergebnis ist dann sowohl für den Leasingnehmer als auch für das Autohaus rechtsverbindlich.“

Die Klägerin beauftragte hiernach den Dipl.-Ing. (FH) P, ein „Schätzgutachten“ zu erstellen. P erstellte ein „DAT-Gebrauchtwagen-Prüfgutachten“, in dem er zu dem Ergebnis kam, dass eine Reparatur des Leasingfahrzeugs 2.425 € kosten werde bzw. ein Minderwert in dieser Höhe an dem Leasingfahrzeug bestehe.

Die Klägerin meldete das Fahrzeug ab und wandte hierfür 27,23 € brutto auf.

Sie forderte den Beklagten mit Schreiben vom 24.09.2009 zur Zahlung von 2.425 € zzgl. USt. (= 2.885,75 € brutto) als Schadensersatz abzüglich 532,45 € für Minderkilometer auf und verlangte außerdem 113,05 € für das Gutachten des Herrn Dipl.-Ing. (FH) P sowie Abmeldegebühren in Höhe von 27,23 €, d. h., sie beanspruchte insgesamt 2.493,58 €.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte gem. Nr. 8 I der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verpflichtet gewesen sei, das Fahrzeug in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch entsprechenden verkehrs- und betriebssicheren sowie fahrbereiten Zustand frei von Schäden zurückzugeben. Nach Nr. 8 II der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin müsse der Beklagte, falls das Fahrzeug nicht in diesem Zustand zurückgegeben werde, die Kosten übernehmen, die erforderlich seien, um das Fahrzeug in einen ordnungsgemäßen und fahrbereiten Zustand versetzen zu lassen. Nach Nr. 8 III der Allgemeinen Geschäftsbedingungen müsse der Beklagte überdies Kosten für die Erstellung des Gutachtens tragen. Bei Rückgabe hätten die Parteien ein Rückgabeprotokoll verfasst. Danach hätten sie übereinstimmend nicht nur einen Steinschlag, sondern auch zumindest leichte Kratzer sowie eine Schliere an der Stoßstange festgesetzt; überdies sei eine Aufbereitung notwendig gewesen. Eine Frist zur Beseitigung von festgestellten Mängeln sei entbehrlich gewesen, da der Beklagte durch die Rückgabe des Fahrzeugs sowie Unterzeichnung des Rückgabeprotokolls zu erkennen gegeben habe, dass er die Beseitigung von Schäden endgültig verweigere.

Die Klage blieb überwiegend erfolglos.

Aus den Gründen: I. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erstattung von Abmeldegebühren für die Außerbetriebsetzung des Leasingfahrzeugs in Höhe von 27,23 € brutto zu …

II. Im Übrigen ist die Klage unbegründet …

2. Soweit die Klägerin einen Schadensersatzanspruch wegen etwaiger Schäden an dem Fahrzeug, die bei Rückgabe des Fahrzeugs bestanden haben sollen, geltend macht, so ist dieser Anspruch nicht begründet dargetan.

Auch wenn der Leasingvertrag wie ein Mietvertrag anzusehen ist, so richtet sich der Anspruch auf Schadensersatz hier nach dem Leasingvertrag in Verbindung mit §§ 280 I und III, 281 I BGB. Nach § 281 I BGB hätte die Klägerin für den Fall, dass der Beklagte eine fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbracht hat, für einen Schadensersatzanspruch dem Beklagte erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung zu bestimmen gehabt. Dies ist unstreitig nicht geschehen. Stattdessen hat die Klägerin sogleich ein Schadensgutachten in Auftrag gegeben und macht die von dem Dipl.-Ing. (FH) P – im Einzelnen überhaupt nicht nachvollziehbar – ermittelten Kosten unmittelbar als Schadensersatz geltend.

Soweit die Klägerin der Auffassung ist, dass es einer Nachfristsetzung deshalb nicht bedurfte, weil nach Nr. 8 I der AGB dies nicht notwendig sei, so ist dem nicht zu folgen. Das Gericht ist der Auffassung, dass die Regelung in Nr. 8 I der … Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Inhaltskontrolle nach § 307 I, II BGB nicht standhält. Diese Bestimmung in& Nr. 8 I der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin ist demnach unwirksam, da sie dem Beklagten als Vertragspartner der Verwenderin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Nach § 307 II BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedankten der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Hier bestehen nach Auffassung des Gerichts durchgreifende Zweifel dahin gehend, dass Nr. 8 I der klägerischen Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 281 I BGB zu vereinbaren ist. Mit der Regelung von Nr. 8 I der klägerischen Allgemeinen Geschäftsbedingungen weicht die Klägerin erheblich von dem Grundgedanken des § 281 I BGB ab. Denn § 281 I BGB eröffnet es dem Schuldner, der eine Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbracht hat, diese Leistung nach Aufforderung entsprechend „nachzuholen“.

Nach Auffassung des Gerichts bestehen im Falle der Rückgabe eines Leasingfahrzeugs naturgemäß zwischen den Parteien abweichende Auffassungen darüber, welche Schäden an einem Auto noch als „normale Gebrauchsspuren“ gelten oder auf einer übermäßigen Benutzung beruhen. Daher muss es dem Leasingnehmer ermöglicht werden, nach – gegebenenfalls einhelliger – Feststellung derartiger Schäden diese selbst oder durch Dritte zu beseitigen. Genau derartige Nachholmöglichkeiten zur Vermeidung eines Schadensersatzes sieht § 281 I BGB vor. Die Leasinggeberin muss dem Leasingnehmer die Möglichkeit einräumen, dass dieser selbst oder durch Dritte entsprechende Schäden beseitigen lässt und insofern einen Schadensersatzanspruch seitens der Leasinggeberin gerichtet gegen den Leasingnehmer vermeidet. Es ist unbillig, wenn stattdessen dem Leasingnehmer – wie nach Nr. 8 I der klägerischen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehen – diese Möglichkeit zur Beseitigung von Schäden genommen wird, nachdem es zu einer gemeinsamen oder einseitigen Begutachtung durch die Leasinggeberin gekommen ist …

Eine Fristsetzung nach § 281 I 1 BGB ist hier auch nicht nach § 281 II BGB entbehrlich. Dies wäre nämlich zulässig, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortigen Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen. Selbst wenn der Beklagte im Rahmen des Rückgabeprotokolls eine Erklärung abgegeben hat, dass er mit der von der Klägerin dargestellten Abrechnung nicht einverstanden ist, so beinhaltet dies noch nicht die Erklärung, dass er die Beseitigung von Schäden selbst verweigert. Bereits aus der Verwendung des Worts „Abrechnung“ geht hervor, dass diese Erklärung sich allein auf Zahlbeträge, nicht indes auf die Beseitigung von Schäden richtete. Auch hat der Kläger durch Unterzeichnung dieses Rücknahmeprotokolls und der darin von der Klägerin vorgedruckten Erklärung, dass ein Sachverständigenunternehmen beauftragt wird und dieses Ergebnis sowohl für den Leasingnehmer als auch für den Leasinggeber rechtsverbindlich ist, eben nicht anerkannt, das nach diesem Verfahren die Klägerin unmittelbar Schadensersatzansprüche gerichtet gegen den Beklagten geltend machen kann. Losgelöst von dem Umstand, dass nach Auffassung des Gerichts auch diese Klausel einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhält und insofern unwirksam ist, so hat der Beklagte hiermit nicht erklärt, dass er auf sein Recht zur Beseitigung von Mängeln insofern verzichtet.

Auch mit den weiteren Erklärungen und z.nbsp;B. auch der Klageerhebung hat die Klägerin den Beklagten keine entsprechende Frist gesetzt, diese Mängel selbst zu beseitigen. Denn die Klägerin konnte dem Beklagten das Fahrzeug insofern gar nicht mehr zur Verfügung stellen. Mangels erforderlicher Fristsetzung nach § 281 I 1 BGB fehlt es an den entsprechenden Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs.

3. Soweit die Klägerin dem Beklagten die Kosten für [das Gutachten] in Höhe von 113,05 € auferlegen will, so ist diesbezüglich die Forderung ebenfalls nicht begründet. Es fehlt an einer vertraglich wirksamen Abrede zwischen den Parteien, dass der Beklagte diese Kostenposition zu tragen hat. Nummer 8 II der klägerischen Allgemeinen Geschäftsbedingungen hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 I BGB nicht stand … Diese Regelung stellt … eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten dar. Denn auch die Klägerin hat ein Interesse am Ausgang dieses Gutachtens (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.06.1998 – 10 U 113/97, OLGR 1999, 46) …

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