Einem – als aus „1. Hand“ stammend beschriebenen – Gebrauchtwagen fehlt eine vereinbarte Beschaffenheit (§ 434 I 1 BGB), wenn im Kaufvertrag die Anzahl der Vorbesitzer mit „0“ angegeben ist, während in der Zulassungsbescheinigung Teil II zwei Halter, die Verkäuferin und ihre Tochter, eingetragen sind. Daran ändert nichts, dass die Angabe der Anzahl der Vorbesitzer mit dem Zusatz „soweit bekannt“ eingeschränkt ist; dieser Zusatz macht die Angabe nicht zur bloßen Wissensmitteilung.

AG Weiden, Urteil vom 11.05.2016 – 2 C 70/16

Sachverhalt: Die Klägerin kaufte von der Beklagten am 05.09.2015 einen gebrauchten VW Tiguan 2.0 TDI zum Preis von 20.300 €. Dieses Fahrzeug hatte die Beklagte in einem Zeitungsinserat als aus „1. Hand“ stammend beschrieben. Im schriftlichen Kaufvertrag wurde die Haftung der Beklagten für Sachmängel des Pkw ausgeschlossen; außerdem enthält der Vertrag die Erklärung der Beklagten, dass das Fahrzeug – soweit der Beklagten bekannt – „0“ Vorbesitzer gehabt habe. In der Zulassungsbescheinigung Teil II waren bei Abschluss des Kaufvertrages demgegenüber zwei Halter eingetragen, und zwar – mit gleicher Anschrift – die Beklagte (29.02.2012) und deren Tochter (11.01.2013).

Die Klägerin meint, dem VW Tiguan fehle eine vereinbarte Beschaffenheit, weil es entgegen der Angabe in dem Inserat nicht aus „1. Hand“ stamme. Wegen dieses Mangels (§ 434 I 1 BGB) hält sie eine Minderung des Kaufpreises um 1.000 € für angemessen. Die Beklagte behauptet, ihr sei von der B-Bank, die im Besitz der Zulassungsbescheinigung Teil II gewesen sei, bestätigt worden, dass es keine Vorbesitzer gebe. Ihr, der Beklagten, sei nicht mehr bewusst gewesen, dass ihre Tochter – wohl aus rein versicherungsrechtlichen Gründen – Anfang 2013 als Halterin in die Zulassungsbescheinigung Teil II eingetragen worden sei. Das streitgegenständliche Fahrzeug sei für ihre Tochter angeschafft und vor allem von dieser dieser gefahren worden; dies habe sie – die Beklagte – der Klägerin auch bei Abschluss des Kaufvertrages mitgeteilt.

Die Klage hatte in Höhe von 300 € Erfolg.

Aus den Gründen: Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Betrags in Höhe von 300 € gemäß §§ 434 I, 437 Nr. 2 Fall 2, 441 BGB.

Das Fahrzeug ist bei Gefahrübergang mit einem Sachmangel i. S. des § 434 I BGB behaftet gewesen, da die tatsächliche Anzahl der Halter von der vertraglich vereinbarten Zahl negativ abgewichen ist.

Die Anzahl der Vorhalter stellt eine Beschaffenheit i. S. des § 434 I BGB dar aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Halteranzahl für die Wertbildung von Fahrzeugen. Die Beklagte kann sich … auch nicht darauf berufen, dass es sich bei der Angabe der Anzahl der Vorhalter lediglich um eine unverbindliche Wissenserklärung gehandelt hat. Die im Kaufvertrag … enthaltene Erklärung der Beklagten bezieht sich eindeutig auf die Anzahl der Fahrzeughalter. Auf den einschränkenden Zusatz „soweit ihr bekannt“ kann sich die Beklagte … nicht berufen, da … die Tochter der Beklagten als zweite Fahrzeughalterin nach der Beklagten eingetragen worden ist und dieser Umstand der Beklagten, auch wenn er ihr eventuell bei Abschluss des Kaufvertrages nicht bewusst gewesen ist, … bekannt gewesen sein muss. Die Beklagte als Verkäuferin haftet daher für die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Erklärung.

Das erkennende Gericht schätzt gemäß § 441 III 2 BGB, § 287 ZPO … den Minderungsbetrag auf 300 €.

Aufgrund der Eintragung der Beklagten sowie deren Tochter als Halterin handelt es sich nicht mehr um ein Fahrzeug aus erster Hand. Die Zulassung auf die Beklagte und deren Tochter beeinträchtigt jedoch … den Wert des Pkw nur unerheblich, da die Wertbeeinträchtigung eines Pkw durch eine erhöhte Anzahl von Vorbesitzern allein darauf beruht, dass mit der Anzahl der Vorbesitzer das Risiko einer unterschiedlichen Behandlung und Bedienung des Fahrzeugs steigt. Dieses Risiko ist streitgegenständlich nicht gegeben gewesen, da, wie die Beklagte glaubhaft informatorisch angegeben hat und was klägerseits nicht bestritten worden ist, unabhängig von der Eintragung der Beklagten als Fahrzeughalter das Fahrzeug tatsächlich ausschließlich von der Tochter der Beklagten genutzt worden ist. Entscheidend ist jedoch, ob mit der Zulassung auch eine Nutzung des Fahrzeugs einhergeht. Eine Wertbeeinträchtigung besteht daher vorliegend in geringem Maße ausschließlich aufgrund des Umstands, dass gegebenenfalls im Falle eines Wiederverkaufs aufgrund eines weiteren vorhandenen Vorbesitzers ein verminderter Wiederverkaufspreis erzielt werden könnte. Insoweit ist streitgegenständlich jedoch weiter zu berücksichtigen, dass aufgrund der Namens- und Adressengleichheit der beiden Vorhalter auch bei einem Wiederverkauf das verwandtschaftliche Verhältnis der Vorbesitzer erkennbar ist und dadurch bedingt der Wiederverkaufspreis nur unerheblich gemindert sein dürfte.

Der Zinsausspruch sowie die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist aus Verzugsgesichtspunkten gerechtfertigt. …

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