1. Ei­ne ernst­haf­te und end­gül­ti­ge Ver­wei­ge­rung der Nach­er­fül­lung kann nur un­ter stren­gen tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen be­jaht wer­den. Dass der Ver­käu­fer ei­nen Man­gel der Kauf­sa­che le­dig­lich be­strei­tet, reicht da­für für sich ge­nom­men eben­so we­nig aus wie das Schwei­gen des Ver­käu­fers auf ein Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen des Käu­fers. Viel­mehr müs­sen wei­te­re Um­stän­de hin­zu­tre­ten, aus de­nen sich der Schluss zie­hen lässt, der Ver­käu­fer wol­le sei­ne Ver­trags­pflich­ten um kei­nen Preis er­fül­len. Das gilt um­so mehr, wenn dem Ver­käu­fer le­dig­lich te­le­fo­nisch oder schrift­lich mit­ge­teilt wird, dass die Kauf­sa­che ei­nen Man­gel ha­be, und er sich da­von (noch) nicht über­zeu­gen konn­te.
  2. Ein ord­nungs­ge­mä­ßes Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen muss auch die Be­reit­schaft des Käu­fers er­ken­nen las­sen, die Kauf­sa­che dem Ver­käu­fer am Ort der Nach­er­fül­lung zur Ver­fü­gung zu stel­len, da­mit der Ver­käu­fer prü­fen kann, ob Män­gel­rü­gen zu recht er­ho­ben wur­den.

AG Wed­ding, Ur­teil vom 27.08.2014 – 19a C 359/14

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb im No­vem­ber 2013 als Ver­brau­cher von dem Be­klag­ten, der mit Kraft­fahr­zeu­gen han­delt, ei­nen Mer­ce­des-Benz ML 350 CDI mit Au­to­ma­tik­ge­trie­be zum Preis vom 35.000 €.

Ab Fe­bru­ar 2014 zeig­te sich der Klä­ger mit dem Schalt­ver­hal­ten des Fahr­zeugs un­zu­frie­den und hol­te zur Be­he­bung des von ihm als Man­gel auf­ge­fass­ten Zu­stands ei­nen Kos­ten­vor­an­schlag der Fir­ma H vom 01.04.2014 ein. Die­ser be­zif­fert die Kos­ten not­wen­di­ger Maß­nah­men auf 384,33 € net­to.

Von dem Kos­ten­vor­an­schlag setz­te der Klä­ger den Be­klag­ten zu­nächst selbst in Kennt­nis. Da der Be­klag­te kei­ne Be­reit­schaft zeig­te, dem Klä­ger ent­ge­gen­zu­kom­men, for­der­te der Klä­ger den Be­klag­ten mit Schrei­ben sei­nes Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 08.04.2014 un­ter Frist­set­zung zum 22.04.2014 und un­ter Be­zug­nah­me auf den Kos­ten­vor­an­schlag vom 01.04.2014 zur kos­ten­lo­sen und fach­ge­rech­ten Be­sei­ti­gung des als un­zu­rei­chend emp­fun­de­nen Schalt­ver­hal­tens so­wie et­wai­ger wei­te­rer Sach­män­gel auf.

So­dann ließ der Klä­ger von der Fir­ma H den Dif­fe­renz­druck­sen­sor für den Die­sel­par­ti­kel­fil­ter des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs aus­tau­schen und das Fahr­zeug un­ter­su­chen. Bei die­ser Un­ter­su­chung, für die dem Klä­ger 178,94 € be­rech­net wur­den, wur­de ein Öl­ver­lust am Ver­teil­er­ge­trie­be fest­ge­stellt. Der Kos­ten­auf­wand für die Be­he­bung die­ses Feh­lers wur­de mit 488,92 € ver­an­schlagt.

Der Klä­ger be­haup­tet, der Dif­fe­renz­druck­sen­sor sei be­reits bei Über­ga­be de­fekt ge­we­sen. Er ha­be – ent­ge­gen der Be­haup­tung des Be­klag­ten – sich nicht ge­wei­gert, sein Fahr­zeug zu dem Be­klag­ten zu brin­gen, da­mit die­ser es un­ter­su­chen kön­ne. Viel­mehr ha­be der Be­klag­te (ins­be­son­de­re) auf das Schrei­ben vom 08.04.2014 gar nicht re­agiert. Da­durch, so meint der Klä­ger, ha­be der Be­klag­te ei­ne Nach­er­fül­lung ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert.

Die im We­sent­li­chen auf Zah­lung von 1.052,69 € nebst Zin­sen ge­rich­te­te Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Ein An­spruch des Klä­gers ge­gen den Be­klag­ten auf Er­stat­tung der vor­aus­sicht­li­chen Kos­ten für den Aus­tausch des Au­to­ma­tik­ge­trie­bes im We­ge des ein­zig in Be­tracht kom­men­den Scha­dens­er­sat­zes statt der Leis­tung nach §§ 437 Nr. 3, 440, 280 I und III, 281, 249 II BGB be­steht nicht. Für die­sen be­darf es – ne­ben wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen – ei­ner bei Ge­fahr­über­gang man­gel­haf­ten Kauf­sa­che und des Schei­terns der Nach­er­fül­lung.

Ob das vom Klä­ger be­haup­te­te Ste­cken­blei­ben der Au­to­ma­tik­schal­tung ei­nen Sach­man­gel … dar­stellt (OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 23.06.2008 – I-1 U 264/07; OLG Karls­ru­he, Urt. v. 28.06.2007 – 9 U 239/06) oder bloß un­be­acht­li­cher Ver­schleiß ist, kann da­hin­ste­hen. Je­den­falls kann der Klä­ger vom Be­klag­ten nicht nach Maß­ga­be des § 437 Nr. 3 BGB Zah­lung ver­lan­gen. Die­ses wä­re näm­lich nur – an­de­re Va­ri­an­ten lie­gen hier fern – der Fall, wenn der Ver­käu­fer die Nach­er­fül­lung ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert (§§ 440, 281 II BGB) oder aber der Käu­fer dem Ver­käu­fer frucht­los ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat (§ 281 I BGB).

Ei­ne ernst­haf­te und end­gül­ti­ge Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung ist nicht ge­ge­ben. An die­se sind mit Blick auf das Recht des Ver­käu­fers zur zwei­ten An­die­nung (vgl. nur §§ 439, 440 BGB) stren­ge An­for­de­run­gen zu stel­len (so BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VI­II ZR 96/12, NJW 2013, 1074 m. w. Nachw.). Das blo­ße Be­strei­ten ei­nes Man­gels oder ei­ne nicht so­gleich will­fäh­ri­ge Be­reit­schaft zum Ent­ge­gen­kom­men reicht hier­für nicht aus. Viel­mehr müs­sen wei­te­re Um­stän­de hin­zu­tre­ten, aus de­nen sich der Schluss zie­hen lässt, der Ver­käu­fer wol­le sei­ne Ver­trags­pflich­ten um kei­nen Preis er­fül­len. Dies gilt um­so mehr, wenn dem Ver­käu­fer ein et­wai­ger Man­gel le­dig­lich per Fern­kom­mu­ni­ka­ti­on mit­ge­teilt wird, er al­so ei­ne wirk­li­che Ana­ly­se noch nicht durch­füh­ren konn­te.

Hier­an ge­mes­sen hat der dar­le­gungs- und be­weis­pflich­ti­ge Klä­ger nicht sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen.

Er hat le­dig­lich dar­ge­tan, der Be­klag­te ha­be auf die Be­haup­tung des Klä­gers, das streit­ge­gen­ständ­li­che Kraft­fahr­zeug schal­te nicht kor­rekt, kei­ne Be­reit­schaft zum Ent­ge­gen­kom­men ge­zeigt. We­der der ge­naue Wort­laut noch not­wen­di­ge be­son­de­re Um­stän­de sind die­sem Vor­trag ent­nehm­bar.

Im be­haup­te­ten Schwei­gen des Be­klag­ten auf das an­walt­li­che Schrei­ben vom 08.04.2014 ist auch kei­ne Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung zu se­hen. Be­reits im All­ge­mei­nen kommt dem Schwei­gen kei­ne rechts­er­heb­li­che Be­deu­tung zu, und dies in An­se­hung der ho­hen An­for­de­run­gen an die Ver­wei­ge­rung um so mehr.

Auch ist ein frucht­lo­ser Frist­ab­lauf auf­grund des Schrei­bens des Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten des Klä­gers vom 08.04.2014 … nicht ge­ge­ben.

Teil ei­nes ord­nungs­ge­mä­ßen Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gens ist auch die Be­reit­schaft des Käu­fers, dem Ver­käu­fer am Ort der Nach­er­fül­lung die Ge­le­gen­heit zur Un­ter­su­chung der Kauf­sa­che zu ge­ben (BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VI­II ZR 96/12, NJW 2013, 1074; Urt. v. 10.03.2010 – VI­II ZR 310/08, NJW 2010 1448). Der Er­fül­lungs­ort der Nach­er­fül­lung liegt, so­weit sich nicht ein an­de­res er­gibt, nach § 269 I und II BGB am Wohn- bzw. Ge­schäfts­sitz des Ver­käu­fers (BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VI­II ZR 220/10). Da die Par­tei­en den Ort der Nach­er­fül­lung we­der be­stimmt ha­ben, noch die­ser aus den Um­stän­den, ins­be­son­de­re aus der Na­tur des Schuld­ver­hält­nis­ses, zu ent­neh­men ist, liegt die­ser hier beim Be­klag­ten.

Es kann nicht fest­ge­stellt wer­den, das dem – auf die­sen Punkt nicht ein­ge­hen­den – Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen je­den­falls die kon­klu­den­te Er­klä­rung in­ne­wohn­te, die Kauf­sa­che zu­min­dest auf Wunsch der Ver­käu­fers zur Ver­fü­gung zu stel­len. Da es sich nach der Recht­spre­chung des BGH be­reits um die Vor­aus­set­zung ei­nes Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gens han­delt und der Be­klag­te die ent­spre­chen­de Be­reit­schaft des Klä­gers be­strit­ten hat, hat­te der Be­klag­te dar­zu­le­gen und er­for­der­li­chen­falls zu be­wei­sen, dass die­se Be­reit­schaft sei­ner­seits be­stand. Dem Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen selbst kann die­se Be­reit­schaft nicht ent­nom­men wer­den, denn die­ses for­dert schlicht die Be­sei­ti­gung von Män­geln.

Selbst wenn – wie der Klä­ger be­haup­tet – der Be­klag­te sich auf die­ses Schrei­ben hin gar nicht ge­mel­det ha­ben soll­te, so ist auch dem kei­ne Be­reit­schaft des Klä­gers, das Fahr­zeug zur Un­ter­su­chung zur Ver­fü­gung zu stel­len, zu ent­neh­men. Da­mit fehlt es an jed­we­den Dar­le­gun­gen, die auf ei­ne ent­spre­chen­de Be­reit­schaft des Klä­ger schlie­ßen las­sen.

Auch kann der Klä­ger nicht die Kos­ten für den Aus­tausch des Dif­fe­renz­druck­sen­sors nach §§ 437 Nr. 3, 440, 280 I und III, 281 BGB ver­lan­gen. Sei­ne Man­gel­haf­tig­keit kann of­fen­blei­ben. Da die Nach­er­fül­lung nicht ge­schei­tert ist – der Sen­sor war nie Ge­gen­stand ei­nes Nach­er­fül­lungs­er­su­chens –, liegt im Aus­tausch des Sen­sors ei­ne un­be­rech­tig­te Selbst­vor­nah­me, die dem Kauf­recht fremd ist.

Eben­falls kann der Klä­ger kei­ne Un­ter­su­chungs­kos­ten nach § 439 II BGB im We­ge des Auf­wen­dungs­er­sat­zes ver­lan­gen. Er hät­te näm­lich hier­zu zu­nächst an den Be­klag­ten her­an­tre­ten müs­sen.

Man­gels Nach­er­fül­lungs­er­su­chen ist auch ein An­spruch auf Kos­ten­er­satz für wei­te­re et­wai­ge Män­gel, de­ren Vor­han­den­sein in­so­weit of­fen­blei­ben kann, nach §§ 437 Nr. 3, 440, 280 I und III, 281 BGB nicht ge­ge­ben.

Da An­sprü­che des Klä­gers ge­gen den Be­klag­ten her­nach nicht ge­ge­ben sind, steht dem Klä­ger kei­ne Zins­for­de­rung … zu …

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