Heißt es im Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen, es sei ein „Vorschaden vorhanden“, so muss der Käufer, der wegen eines (behaupteten) Mangels von diesem Vertrag zurücktreten will, beweisen, dass sich der Eintrag nicht auf diesen Mangel bezieht.
AG Hannover, Urteil vom 27.03.2014 – 563 C 10074/13
Sachverhalt: Die Klägerin erwarb von der Beklagten einen VW Golf zu einem Kaufpreis von 4.000 €.
Das Fahrzeug hat zwei verschiedene Scheinwerfer; der rechte Kotflügel ist verbogen und nachlackiert worden. Außerdem hat der Pkw einen neuen Stoßdämpfer erhalten und sind die Motorhaube, die Schlossaufnahme der Motorhaube, das Annaturenbrett und die Sicherheitsgurte ausgetauscht worden. Bel genauem Hinsehen lässt sich dies erkennen. Insbesondere ist deutlich erkennbar, dass der Träger des Kotflügels verbogen, nachgearbeitet und nachlackiert wurde.
Im Kaufvertrag über das Fahrzeug heißt es: „Vorschaden vorhanden. Pkw zog bei der Probefahrt nach rechts; dies wird behoben. Stoßdämpfer + Domlager defekt.“
Die Klägerin hat behauptet, mit „Vorschaden“ sei lediglich eine angebrochene Zierblende des Kühlergrills gemeint gewesen, auf die der Verkäufer V sie hingewiesen habe. Sie hat die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 24.06.2013 zur Mängelbeseitigung auffordern lassen und, nachdem die Beklagte eine solche mit Schreiben vom 25.06.2013 abgelehnt hatte, unter dem 27.06.2013 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.
Ihre im Wesentlichen auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus §§ 346, 433, 434, 437 Nr. 3 BGB, §§ 280, 281 BGB.
Es besteht kein Rücktrittsgrund aufgrund eines verschwiegenen Vorschadens. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme Ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass sich der Eintrag im Kaufvertrag „Vorschaden vorhanden“ nur auf den Kühlergrill bezog.
Zwar hat der Zeuge Z angegeben, der Verkäufer, der Zeuge V, habe ihn nur auf den defekten Kühlergrill hingewiesen. Andere Vorschäden seien nicht zur Sprache gekommen. Zum einen steht dem aber die Aussage des Zeugen V gegenüber, der bekundet hat, er habe darauf hingewiesen, dass das Auto nicht unfallfrei sei und einen bestehenden Vorschaden habe. Auch hat er weiter glaubhaft angegeben, dass der defekte Kühlergrill für ihn ein Bagatellschaden sei, den er nicht als Vorschaden bezeichnet hätte.
Da beide Zeugen grundsätzfrch einen glaubwürdigen Eindruck gemacht haben, aber beide auch ein nicht unerhebliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben, vermochte das Gericht nicht der Aussage des Zeugen Z mehr zu glauben als der des Zeugen V. Hinzu kommt, dass nach eigenem Vortrag der Klägerin der Zustand des Fahrzeugs sich bei einem genauen Blick in die Motorhaube deutlich erkennen ließ, und Insbesondere sich auch deutlich erkennen ließ, dass der Träger des Kotflügels verbogen, nachgearbeitet und nachlackiert worden war. Dann aber liegt auch nahe, dass sich der Eintrag „Vorschaden“ nicht nur auf den Kühlergrill bezog und dies auch so sichtbar war.
Letztlich kann dies dahinstehen, da die Klägerin die Beweislast trägt und der Beweis nicht erbracht wurde.
Es besteht aber auch kein Rücktrittsgrund aufgrund des sonstigen Zustands des Fahrzeugs.
Es erschließt sich schon nicht, warum es sich bei einem neuen Stoßdämpfer, einer ausgetauschten Schlossaufnahme der Motorhaube, einer ausgetauschten Motorhaube und einem ausgewechsetten Armaturenbrett, ausgetauschten Sicherheitsgurten und einem nachgebauten Steuergerät des Airbags um Mängel handeln soll.
Selbst wenn man dies anders sehen wollte, wäre ein Anspruch nach § 442 I BGB ausgeschlossen. Dies gilt auch für den verbogenen nachlacklerten Kotflügel, von dem die Klägerin selbst sagt, dass dies offensichtlich sei. Zwei verschiedene Scheinwerfer mögen einen Mangel darstellen, der aber so unerheblich ist, dass er nicht zum Rücktritt berechtigt.
Soweit sich die Klägerin die Angaben des Zeugen V zu weiteren Mängeln zu eigen gemacht hat, folgt auch hieraus kein Anspruch. Auch wenn es sich hierbei um Mängel handeln sollte, ist schon kein Rücktrittsgrund gegeben, weil es an der erforderlichen Aufforderung zur Nacherfüllung hinsichtlich dieser behaupteten Mängel fehlt. Im Schreiben vom 24.06.2013 wurde lediglich zur Beseitigung der in der Klageschrift monierten Mängel aufgefordert.
Auch hinsichtlich der behaupteten defekten Klimaanlage fehlt es bereits an der erforderlichen Aufforderung zur Nacherfüllung. Eine endgültige Erlüllungsverweigerung lag evident nicht vor. Der Zeuge Z hat bekundet, dass aufgrund einer Äußerung eines Mitarbeiters der Beklagten, für das Funktionieren der Klimaanlage sei der Käufer zuständig, das Autohaus der Beklagten für ihn tabu gewesen sei. In einer derartigen Äußerung irgendeines Mitarbeiters liegt keine Erfüllungsverweigerung …