Ein Kfz-Ver­käu­fer han­delt arg­lis­tig, wenn er an­gibt, das Fahr­zeug ha­be kei­nen Vor­be­sit­zer ge­habt, und da­bei in dem Be­wusst­sein han­delt, der po­ten­zi­el­le Käu­fer wer­de den Kauf­ver­trag nicht oder nicht zu den­sel­ben Be­din­gun­gen schlie­ßen, wenn er wüss­te, dass die­se An­ga­be falsch ist.

LG Karls­ru­he, Ur­teil vom 15.05.2013 – 6 O 375/12

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­gehrt die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ein ge­brauch­tes Mo­tor­rad so­wie Scha­dens­er­satz, nach­dem er die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung er­klärt hat.

Der Klä­ger such­te seit De­zem­ber 2011 ein ge­brauch­tes Mo­tor­rad der Mar­ke Tri­umph, Typ Street Triple, das – was ihm be­son­ders wich­tig war – aus ers­ter Hand kom­men und au­ßer­dem höchs­tes vier Jah­re alt sein soll­te. Am 07.01.2012 er­stei­ger­te er von dem Be­klag­ten über die In­ter­net-Ver­kaufs­platt­form eBay ei­ne Ma­schi­ne, de­ren Bau­jahr mit 2008 an­ge­ge­ben war, für 5.145 €. In der ebay-An­zei­ge hat­te der Be­klag­te un­ter „Ar­ti­kel­merk­ma­le“ die An­zahl der Vor­be­sit­zer mit „0“ an­ge­ge­ben. In der wei­te­ren Be­schrei­bung des Kauf­ge­gen­stands gab der Be­klag­te an: „Ver­kau­fe hier mei­ne Tri­umph Street Triple, die ich neu er­wor­ben ha­be“.

Der Klä­ger leis­te­te per Über­wei­sung ei­ne An­zah­lung von 300 € und ver­ein­bar­te mit dem Be­klag­ten te­le­fo­nisch, dass er den rest­li­chen Kauf­preis bei Ab­ho­lung des Mo­tor­rads in bar zah­len wer­de. Die Ab­ho­lung wur­de für den 21.01.2012 ver­ein­bart. An die­sem Tag mie­te­te der Klä­ger ein Fahr­zeug mit An­hän­ge­kupp­lung und fuhr mit ei­nem An­hän­ger, den er von ei­nem Be­kann­ten ent­lie­hen hat­te, zu der für die Ab­ho­lung ver­ein­bar­ten Adres­se nach D. Dort füll­ten der Klä­ger und der Be­klag­te ei­nen „Kau­fer­trag für ein ge­brauch­tes Mo­tor­rad“ aus, in dem die „An­zahl der Vor­be­sit­zer“ wie­der­um mit „0“ an­ge­ge­ben wur­de, ob­wohl aus den Fahr­zeug­pa­pie­ren ein wei­te­rer Vor­be­sit­zer er­sicht­lich ist. Ob und ge­ge­be­nen­falls wel­che Er­klä­run­gen zu die­sem Vor­be­sit­zer ab­ge­ge­ben wur­den, steht zwi­schen den Par­tei­en im Streit.

Das Mo­tor­rad wur­de am 07.03.2012 nach ei­nem er­folg­lo­sen Ver­such des Klä­gers, es zu­zu­las­sen, po­li­zei­lich si­cher­ge­stellt. Die Fahr­zeug­pa­pie­re, die der Be­klag­te dem Klä­ger über­ge­ben hat­te, wa­ren be­reits im Jahr 2008 in Ita­li­en ge­stoh­len wor­den. Das Mo­tor­rad war auch kein Ori­gi­nal, son­dern ei­ne Du­blet­te. Der Be­klag­te hat­te es im Sep­tem­ber 2011 auf ei­nem Fahr­zeug­markt in Imo­la (Ita­li­en) zum Preis von 3.800 € er­wor­ben.

Mit Schrei­ben vom 12.03.2012 er­klär­te der Klä­ger die An­fech­tung des Kauf­ver­trags we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung. Er meint, der Be­klag­te sei ihm zur Rück­ga­be des Kauf­prei­ses und zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­tet. Ei­ne Zug-um-Zug-Ver­ur­tei­lung kom­me je­doch nicht in Be­tracht, weil es ihm, dem Klä­ger, nach der Be­schlag­nah­me des Mo­tor­rads durch die Po­li­zei un­mög­lich sei, die Ma­schi­ne an den Be­klag­ten her­aus­zu­ge­ben.

Die Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Der Klä­ger kann von dem Be­klag­ten we­gen An­fech­tung … des Kauf­ver­trags über das Mo­tor­rad … die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses von 5.140 € (§ 812 I 1 Fall 1, § 123 I Fall 1, 124 BGB; sub 1) zu­züg­lich Scha­dens­er­satz in Hö­he von 249,08 € (§§ 826, 249 BGB; sub 2) ver­lan­gen.

1. Der Klä­ger hat den Kauf­ver­trag vom 07.01.2012 wirk­sam an­ge­foch­ten; er kann die Zah­lung des Kauf­prei­ses ver­lan­gen, oh­ne zur Leis­tung des von dem Be­klag­ten emp­fan­ge­nen Mo­tor­rads … ver­pflich­tet zu sein.

a) Die Par­tei­en ha­ben be­reits am 07.01.2012 über die In­ter­net­platt­form eBay ei­nen Kauf­ver­trag über das Mo­tor­rad … Tri­umph Street Triple, Bau­jahr 2008, zum Kauf­preis von 5.145 € ge­schlos­sen. Die ins In­ter­net ge­stell­te Of­fer­te ist ei­ne auf Ab­schluss des Ver­trags zu den vom An­bie­ter ge­nann­ten Kon­di­tio­nen ge­rich­te­te Wil­lens­er­klä­rung, die zu­gleich die vor­weg er­klär­te An­nah­me des Höchst­ge­bots ent­hält. Mit der Ab­ga­be des Höchst­ge­bots kommt der Ver­trag da­her zu den Be­din­gun­gen zu­stan­de, die der An­bie­ter im In­ter­net be­kannt ge­macht hat (vgl. BGH, Urt. v. 07.11.2001 – VI­II ZR 13/01, BGHZ 149, 129, 133 ff. = NJW 2002, 363, 364).

b) In die­sem Ver­trag vom 07.01.2012 war als Be­schaf­fen­heit auch aus­drück­lich ver­ein­bart, dass das Mo­tor­rad vor dem Be­klag­ten kei­nen Vor­be­sit­zer ge­habt hat. Der Be­klag­te hat die An­zahl der Vor­be­sit­zer in der In­ter­net­platt­form mit „0“ an­ge­ge­ben. Weist er auf ei­ne be­stimm­te Be­schaf­fen­heit hin, wird die­se Grund­la­ge des Ver­trags und stellt da­her ei­ne Ver­ein­ba­rung i. S. des § 434 I BGB dar (vgl. BGH, Urt. v. 07.11.2001 – VI­II ZR 13/01, BGHZ 149, 129 = NJW 2002, 363; KG, Urt. v. 17.06.2012 – 7 U 179/10, NJW-RR 2012, 290, 291).

c) Die Er­klä­rung des Be­klag­ten vom 07.01.2012 war ob­jek­tiv falsch und ent­sprach auch nicht dem Kennt­nis­stand des Be­klag­ten. So­weit er aus­führt, noch vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags ha­be er dem Klä­ger die ita­lie­ni­sche Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung aus­ge­hän­digt, aus der er­sicht­lich sei, dass ein wei­te­rer Vor­ei­gen­tü­mer ein­ge­tra­gen ge­we­sen sei, und die An­zahl „0“ in dem Kauf­ver­trag ha­be ih­ren Grund dar­in ge­habt, dass das Mo­tor­rad in Deutsch­land noch nicht zu­ge­las­sen ge­we­sen sei bzw. in Deutsch­land kei­nen Vor­be­sit­zer ge­habt ha­be, grei­fen die­se Ein­wän­de nicht durch. Der Be­klag­te geht mit die­sem Vor­trag er­sicht­lich da­von aus, dass ein Ver­trag erst­mals bei Über­ga­be des Mo­tor­ra­des am 21.01.2012 ge­schlos­sen wur­de oder der Ver­trag vom 21.01.2012 den Ver­trag vom 07.01.2102 er­setz­te. Für ei­ne Er­set­zung des ur­sprüng­li­chen Ver­trags fehlt es an jeg­li­chem sub­stan­zi­ier­ten Vor­trag des in­so­weit dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­ten Be­klag­ten. Ab­zu­stel­len ist für die Täu­schung auf den Ver­trags­schluss vom 07.01.2012. Vor die­sem Zeit­punkt fan­den Ver­trags­ge­sprä­che über­haupt nicht statt. Auch war nach An­ga­ben des Be­klag­ten die An­zahl der Vor­be­sit­zer nicht Ge­gen­stand der Ver­trags­ge­sprä­che vom 21.01.2012 ge­we­sen. Am 07.01.2012 wuss­te er aber si­cher, dass sei­ne An­ga­ben in der In­ter­net­platt­form eBay falsch wa­ren.

e) Die­se Täu­schung über die An­zahl der Vor­be­sit­zer war für den Klä­ger auch ur­säch­lich für sei­nen Kauf­ent­schluss. Für den Klä­ger kam es nach sei­nen un­wi­der­spro­che­nen An­ga­ben dar­auf an, ein ge­brauch­tes Mo­tor­rad Mar­ke Tri­umph, Typ Street Triple, zu er­wer­ben, wel­ches aus ers­ter Hand kom­men so­wie höchs­tes vier Jah­re alt sein soll­te. Der Ver­kauf aus ers­ter Hand war ihm be­son­ders wich­tig, da mehr Vor­be­sit­zer bei Mo­tor­rä­dern den Wert er­heb­lich min­dern (vgl. zum Min­der­wert von Kraft­fahr­zeu­gen ab­hän­gig von der An­zahl der Vor­be­sit­zer auch Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 11. Aufl. [2012], Rn. 3216 m. w. Nachw.).

f) Der Be­klag­te han­del­te auch arg­lis­tig. Nach La­ge der Din­ge ist da­von aus­zu­ge­hen, dass der Be­klag­te sich der Er­kennt­nis, dass das Fahr­zeug vor ihm wei­te­re Vor­hal­ter hat­te, be­wusst ver­schlos­sen und die Er­klä­rung, das Fahr­zeug ha­be kei­nen Vor­be­sit­zer vor ihm ge­habt, in dem Be­wusst­sein ab­ge­ge­ben hat, der Klä­ger wer­de den Ver­trag nicht oder je­den­falls nicht zu den­sel­ben Be­din­gun­gen ab­schlie­ßen, wenn er ihm of­fen­bar­te, dass das Fahr­zeug vor ihm zu­min­dest … ei­nen ihm un­be­kann­ten wei­te­ren Vor­be­sit­zer … ge­habt hat­te (vgl. zur Arg­list bei der fal­schen An­ga­be über die An­zahl der Vor­be­sit­zer auch OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 28.06.2002 – 22 U 13/02, DAR 2002, 506 f.; LG Bie­le­feld, Urt. v. 31.10.2007 – 21 S 170/07, MMR 2008, 351; Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 72. Aufl. [2013], § 123 Rn. 3 m. w. Nachw.).

Dass der Be­klag­te nach sei­nen An­ga­ben am 07.01.2012 eben­so wie in der wei­te­ren schrift­li­chen Er­klä­rung vom 21.01.2012 le­dig­lich er­klä­ren woll­te, dass das Mo­tor­rad in Deutsch­land noch nicht zu­ge­las­sen ge­we­sen sei bzw. in Deutsch­land kei­nen Vor­be­sit­zer ge­habt ha­be, ist un­be­acht­lich. Über die­se Vor­stel­lung hat der Be­klag­te den Klä­ger we­der münd­lich noch schrift­lich auf­ge­klärt. Ein sol­cher an­geb­li­cher Er­klä­rungs­ge­halt ist auch nicht den Um­stän­den zu ent­neh­men, er ist viel­mehr höchst un­wahr­schein­lich bzw. fern­lie­gend. Hat ein Ver­käu­fer Kennt­nis von der Man­gel­haf­tig­keit der Kauf­sa­che oder auch nur Zwei­fel an ih­rer Feh­ler­frei­heit, so wird der Vor­wurf der Arg­list nicht aus­ge­räumt, wenn der Ver­käu­fer den Kauf­ver­trag mit der Vor­stel­lung schließt, der Käu­fer sei im­stan­de, den Man­gel zu er­ken­nen, sich je­doch be­wusst nicht um den vom Käu­fer be­ab­sich­tig­ten Ver­wen­dungs­zweck küm­mert und es in Kauf nimmt, dass der Käu­fer, weil er die Prü­fung un­ter­lässt, den Ver­trag ab­schließt, den er bei Kennt­nis des Man­gels nicht ge­schlos­sen hät­te (vgl. BGH, Urt. v. 28.04.1971 – VI­II ZR 258/68, NJW 1971, 1795, 1800).

g) Der Klä­ger hat die An­fech­tung des Kauf­ver­trags vom 07.01.2012 auch in­ner­halb Jah­res­frist am 12.03.2012 er­klärt (§ 124 I BGB).

Die­se An­fech­tungs­frist ist auch nicht we­gen der Kennt­nis des Klä­gers von dem wei­te­ren Vor­be­sit­zer S seit der Über­ga­be der Zu­las­sungs­pa­pie­re vom 21.01.2012 nach Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) ver­kürzt. Zwar hat der Klä­ger die­se Tat­sa­che nicht zum An­lass ge­nom­men, dem Be­klag­ten mit­zu­tei­len, dass er sich an den Ver­trag nicht län­ger ge­bun­den füh­le. Da nach § 124 I BGB die An­fech­tungs­frist ein Jahr be­trägt, kann in­des­sen der An­fech­tungs­be­rech­tig­te grund­sätz­lich die Jah­res­frist voll aus­nut­zen. Für die An­nah­me, dass das An­fech­tungs­recht vor Ab­lauf der Jah­res­frist ver­wirkt sei, müs­sen ganz be­son­de­re Um­stän­de vor­lie­gen (vgl. BGH, Urt. v. 28.04.1971 – VI­II ZR 258/68, NJW 1971, 1795, 1800; Pa­landt/El­len­ber­ger, a. a. O., § 124 Rn. 1). Ein be­son­de­rer Um­stand kann ins­be­son­de­re dann an­ge­nom­men wer­den, wenn der Geg­ner, ob­wohl die Jah­res­frist noch nicht ab­ge­lau­fen ist, mit ei­ner An­fech­tung nicht mehr zu rech­nen braucht. Hier­für ist im vor­lie­gen­den Fall nichts dar­ge­tan.

h) Die An­fech­tung ist auch nicht nach § 144 I BGB aus­ge­schlos­sen, in­dem der Klä­ger den Kauf­ver­trag vom 07.01.2012 be­stä­tigt hät­te.

Be­stä­ti­gung ist je­de Er­klä­rung des An­fech­tungs­be­rech­tig­ten, in der sein Wil­le zum Aus­druck kommt, ein ihm be­kann­tes An­fech­tungs­recht nicht aus­zu­üben. Im Fal­le der arg­lis­ti­gen Täu­schung kann der An­fech­tungs­be­rech­tig­te da­her nur den Be­stä­ti­gungs­wil­len ha­ben, wenn er weiß oder min­des­tens mit der Mög­lich­keit rech­net, dass der Geg­ner ihn be­wusst ge­täuscht hat. Au­ßer­dem muss er wis­sen, dass sich aus den ihm be­kann­ten Tat­sa­chen für ihn ein An­fech­tungs­recht er­gibt. Ei­ne Be­stä­ti­gungs­er­klä­rung kann auch in der Be­nut­zung der Kauf­sa­che lie­gen, doch ist nicht je­de Be­nut­zung schon ei­ne Be­stä­ti­gung, ins­be­son­de­re nicht, wenn sie durch wirt­schaft­li­che Not­wen­dig­keit ge­bo­ten war. An die An­nah­me ei­ner Be­stä­ti­gung nach § 144 BGB durch schlüs­si­ges Ver­hal­ten sind stren­ge An­for­de­run­gen zu stel­len, weil Teil­neh­mer am Rechts­ver­kehr er­fah­rungs­ge­mäß nicht oh­ne Wei­te­res auf be­ste­hen­de Be­fug­nis­se oder Ge­stal­tungs­mög­lich­kei­ten zu ver­zich­ten pfle­gen. Das Ver­hal­ten des An­fech­tungs­be­rech­tig­ten darf nur dann als still­schwei­gen­de Kund­ga­be ei­nes Be­stä­ti­gungs­wil­lens ge­wer­tet wer­den, wenn je­de an­de­re, den Um­stän­den nach ei­ni­ger­ma­ßen ver­ständ­li­che Deu­tung die­ses Ver­hal­tens aus­schei­det. Die Be­weis­last trägt der An­fech­tungs­geg­ner (vgl. BGH, Urt. v. 28.04.1971 – VI­II ZR 258/68, NJW 1971, 1795, 1800; Pa­landt/El­len­ber­ger, a. a. O., § 144 Rn. 2 f. m. w. Nachw.).

Im vor­lie­gen­den Fall hat der Klä­ger zwar die Zu­las­sungs­pa­pie­re, aus de­nen der wei­te­re Vor­be­sit­zer S oh­ne Wei­te­res er­sicht­lich war, bei der Über­ga­be des Mo­tor­rads am 21.01.2012 vom Be­klag­ten er­hal­ten. Nach An­ga­ben des Klä­gers sei er bei ei­ner Nach­fra­ge am 21.01.2012 von dem Be­klag­ten je­doch da­hin ge­hend be­ru­higt wor­den, er ha­be das Fahr­zeug neu bei ei­nem Tri­umph-Händ­ler in Ita­li­en er­wor­ben, und das Mo­tor­rad sei in Ita­li­en auf ei­nen On­kel des Be­klag­ten zu­ge­las­sen wor­den. Die­ser Vor­trag ist nicht fern­lie­gend, er­gibt sich doch aus dem In­ter­net­ver­trag vom 07.01.2012, dass der Be­klag­te dort be­reits er­klärt hat: „Ver­kau­fe hier mei­ne Tri­umph Street Triple, die ich neu er­wor­ben ha­be.“

Der Be­klag­te trägt dem­ge­gen­über vor, über Vor­be­sit­zer sei am 21.01.2012 über­haupt nicht ge­spro­chen wor­den. Für sei­nen be­strit­te­nen Vor­trag hat der dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­te Be­klag­te kein Be­weis­an­ge­bot un­ter­brei­tet.

Auch kann nicht aus der Tat­sa­che, dass am 21.01.2012 von den Par­tei­en ei­ne Ur­kun­de über den Kauf un­ter­zeich­net wur­de, dar­auf ge­schlos­sen wer­den, dass der Be­klag­te da­mit un­miss­ver­ständ­lich über die tat­säch­li­che An­zahl der Vor­be­sit­zer auf­ge­klärt hät­te. Denn auch in die­ser Ur­kun­de ist die An­zahl der Vor­be­sit­zer wie­der­um mit „0“ an­ge­ge­ben. Ein Ver­zicht auf die An­fech­tung liegt in­so­weit nicht vor.

i) Der Klä­ger hat auch nicht sein An­fech­tungs­recht nach § 242 BGB ver­lo­ren, weil er als ge­täusch­ter Käu­fer das Fahr­zeug in Kennt­nis der Täu­schung vor­be­halt­los über­nom­men hät­te (vgl. da­zu OLG Cel­le, Urt. v. 04.08.2004 – 7 U 18/04, MDR 2005, 143). Auf die Aus­füh­run­gen zu § 144 BGB (vgl. oben I 1 h) wird ver­wie­sen.

k) Dem Klä­ger ist die Rück­ga­be des Mo­tor­ra­des Zug um Zug ge­gen die Zah­lung des Kauf­prei­ses durch den Be­klag­ten we­gen der Si­cher­stel­lung durch die Po­li­zei der­zeit un­mög­lich (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2008 – V ZR 131/07, BGHZ 178, 182 = VersR 2009, 934 Rn. 10; Urt. v. 07.05.1997 – VI­II ZR 253/96, NJW 1997, 3164, 3165). Er braucht, nach­dem der Be­klag­te ein Zu­rück­be­hal­tungs­recht gel­tend ge­macht hat, sei­nen Kla­ge­an­spruch nicht durch das An­ge­bot ei­ner Ge­gen­leis­tung Zug um Zug ein­zu­schrän­ken. Auch war oh­ne ei­ne sol­che Ein­schrän­kung im An­trag der Te­nor nicht ent­spre­chend zu fas­sen.

aa) Zwar kann die Rück­for­de­rung, wenn es um die Rück­ab­wick­lung ei­nes ge­gen­sei­ti­gen Ver­trags geht, nach der Sal­do­theo­rie (vgl. BGH, Urt. v. 08.01.1970 – VII ZR 130/68, BGHZ 53, 144, 145 f.; Urt. v. 14.10.1971 – VII ZR 313/69, BGHZ 57, 137, 147; Urt. v. 06.12.1991 – V ZR 311/89, BGHZ 116, 251, 256; BGH, Urt. v. 14.07.2000 – V ZR 320/98, BGHZ 145, 44, 50 f. = NJW 2000, 3128, 3130; Urt. v. 14.07.2000 – V ZR 82/99, BGHZ 145, 52, 54 f. = NJW 2000, 3064) nur auf Aus­gleich der bei­der­sei­ti­gen Ver­mö­gens­ver­schie­bun­gen ge­rich­tet wer­den. Sind die Leis­tun­gen wie hier un­gleich­ar­tig, muss der Be­rei­che­rungs­klä­ger die Ge­gen­leis­tung schon im Kla­ge­an­trag da­durch be­rück­sich­ti­gen, dass er ih­re Rück­ge­währ Zug um Zug an­bie­tet (vgl. BGH, Urt. v. 11.11.1994 – V ZR 116/93, NJW 1995, 454, 455; Urt. v. 14.07.1995 – V ZR 45/94, NJW 1995, 2627, 2628).

bb) Zu­min­dest un­ter den be­son­de­ren Um­stän­den des kon­kre­ten Falls kann die Sal­do­theo­rie je­doch kei­ne Gel­tung be­an­spru­chen.

Da die Sal­do­theo­rie letzt­lich ei­ne von der Recht­spre­chung aus Bil­lig­keits­grün­den vor­ge­nom­me­ne Ge­set­zes­kor­rek­tur dar­stellt, kann sie dann kei­ne Gel­tung be­an­spru­chen, wenn die mit ihr ver­bun­de­ne Be­vor­zu­gung des Be­rei­che­rungs­schuld­ners im Ein­zel­fall der Bil­lig­keit wi­der­spricht. Aus die­sem Grund lehnt der BGH die un­ein­ge­schränk­te An­wen­dung der Sal­do­theo­rie auf die Rück­ge­währan­sprü­che der arg­lis­tig ge­täusch­ten Ver­trags­par­tei ab (vgl. BGH, Urt. v. 08.01.1970 – VII ZR 130/68, BGHZ 53, 144, 147; Urt. v. 14.10.1971 – VII ZR 313/69, BGHZ 57, 137, 147 ff.; Urt. v. 19.01.2001 – V ZR 437/99, BGHZ 146, 298, 307 f. = NJW 2001, 1127, 1130; Urt. v. 10.10.2008 – V ZR 131/07, BGHZ 178, 182 = VersR 2009, 934 Rn. 27; Pa­landt/Sprau, BGB, 72. Aufl. [2013], § 818 Rn. 49 m. w. Nachw.). Wer durch arg­lis­ti­ge Täu­schung ei­nen an­de­ren zu ei­nem die­sem nach­tei­li­gen Ver­trags­schluss ver­an­lasst, be­geht ei­nen Be­trug. Der Be­trü­ger ist in der Re­gel nicht schutz­wür­dig (vgl. Urt. v. 14.10.1971 – VII ZR 313/69, BGHZ 57, 137, 148). Das spä­te­re Schick­sal des vom Klä­ger ge­kauf­ten Fahr­zeugs bleibt da­her bei der Be­rech­nung der durch die Er­lan­gung des Kauf­prei­ses ein­ge­tre­te­nen Be­rei­che­rung des Be­klag­ten zu­nächst au­ßer Be­tracht.

cc) Das be­deu­tet al­ler­dings nicht, dass der Täu­schen­de un­ter al­len Um­stän­den ver­pflich­tet wä­re, den vol­len Kauf­preis an den Ge­täusch­ten zu­rück­zu­zah­len, und dass die Tat­sa­che, dass das Mo­tor­rad im vor­lie­gen­den Fall we­gen der Si­cher­stel­lung durch die Po­li­zei der­zeit nicht zu­rück­ge­ge­ben wer­den kann, über­haupt kei­ne Rol­le spie­len wür­de. Die Un­an­wend­bar­keit des § 254 BGB auf Be­rei­che­rungs­an­sprü­che schließt nicht aus, dass auch Be­rei­che­rungs­an­sprü­che dem all­ge­mei­nen Grund­satz des § 242 BGB un­ter­lie­gen, von dem § 254 BGB nur ei­ne ge­setz­lich be­son­ders ge­re­gel­te Aus­prä­gung ist (vgl. zum fahr­läs­si­gen Un­ter­gang ei­ner Kauf­sa­che beim Er­wer­ber BGH, Urt. v. 14.10.1971 – VII ZR 313/69, BGHZ 57, 137, 151 f.). Des­halb ist hier ge­mäß § 242 BGB ei­ne Ab­wä­gung vor­zu­neh­men un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Täu­schungs­hand­lung des Be­klag­ten ei­ner­seits und des Han­delns des Klä­gers bei der Si­cher­stel­lung des Mo­tor­rads an­de­rer­seits. Auf­grund die­ser Ab­wä­gung ist zu un­ter­schei­den, in­wie­weit der vor­läu­fi­ge Ver­lust des Fahr­zeugs dem Klä­ger oder dem Be­klag­ten zur Last zu le­gen ist.

Im vor­lie­gen­den Fall hat im Ver­hält­nis zum Klä­ger al­lein der Be­klag­te die Ur­sa­che da­für ge­setzt, dass das Mo­tor­rad be­schlag­nahmt wur­de. Er hat das Mo­tor­rad in Ita­li­en zu­sam­men mit den ge­stoh­le­nen Pa­pie­ren er­wor­ben, nach Deutsch­land ge­bracht und hier an den Be­klag­ten ver­äu­ßert. Im Rah­men des Zu­las­sungs­ver­fah­rens … wur­de fest­ge­stellt, dass die Fahr­zeug­pa­pie­re seit 2008 ent­wen­det wa­ren und es sich bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tor­rad … um ei­ne Du­blet­te han­delt. Dass der Klä­ger we­gen Ur­kun­den­fäl­schung an­ge­klagt wur­de, ist ihm im Zu­sam­men­hang mit dem Er­werbs­vor­gang des Mo­tor­rads von dem Be­klag­ten und der an­schlie­ßen­den Si­cher­stel­lung durch die Po­li­zei nicht als schuld­haf­tes Ver­hal­ten ge­gen­über dem Be­klag­ten vor­zu­wer­fen. Auch oh­ne die Ur­kun­den­fäl­schung wä­re das Mo­tor­rad we­gen der vor­an­ge­gan­ge­nen Straf­ta­ten in Ita­li­en si­cher­ge­stellt wor­den. Dem­zu­fol­ge trägt bei der Ab­wä­gung der wech­sel­sei­ti­gen Ver­ur­sa­chungs- und Ver­schul­dens­bei­trä­ge an der der­zei­ti­gen Un­mög­lich­keit ei­ner Her­aus­ga­be des Mo­tor­ra­des an den Be­klag­ten der Be­klag­te al­lein das voll­stän­di­ge Ri­si­ko. Ei­ne Zug-um-Zug-Ver­ur­tei­lung kommt nicht in Be­tracht.

2. Der Klä­ger kann auch die im Zu­sam­men­hang mit dem Er­werb des Mo­tor­rads an­ge­fal­le­nen Auf­wen­dun­gen für die Mie­te ei­nes An­hän­gers und die ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter in Hö­he von 249,08 € vom Be­klag­ten er­stat­tet ver­lan­gen (§§ 826, 249 BGB).

Die arg­lis­ti­ge Täu­schung i. S. von § 123 I Fall 1 BGB be­deu­tet zu­gleich ein Ver­schul­den bei Ver­trags­schluss und re­gel­mä­ßig auch die An­nah­me ei­ner sit­ten­wid­ri­gen Schä­di­gung nach § 826 BGB (st. Rspr., u. a. BGH, Urt. v. 24.10.1996 – IX ZR 4/96, NJW 1997, 254 m. w. Nachw.; Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 4517). …

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