- Es liegt keine Falschlieferung i. S. des § 434 III BGB vor, wenn der Verkäufer eines bereits konkretisierten Kraftfahrzeugs (hier: eines gebrauchten Lkw) vor Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer anstelle eines bei der Hauptuntersuchung zerstörten Motors einen Austauschmotor einbauen lässt.
- Ein Käufer muss dem Verkäufer grundsätzlich wegen jedes einzelnen Mangels Gelegenheit zur Nacherfüllung geben. Eine Nacherfüllung ist dem Käufer nicht schon deshalb i. S. von §§ 323 II, 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar, weil der Verkäufer wegen früher aufgetretener Mängel bereits nacherfüllt hat.
OLG Saarbrücken, Urteil vom 25.04.2013 – 4 U 83/11-24
Sachverhalt: Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückabwicklung eines mündlich geschlossenen Kaufvertrags über einen Pferdetransporter in Anspruch. In diesem Vertrag verpflichtete sich der Beklagte als Verkäufer, eine Haupt- und eine Abgasuntersuchung vorzunehmen. Bei dieser Untersuchung wurde der Motor des Fahrzeugs zerstört, woraufhin der Beklagte einen gebrauchten Motor in den Transporter einbauen ließ.
Mit Anwaltsschreiben vom 29.06.2009 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag und setzte dem Beklagten „für die einvernehmliche Abwicklung dieser Rechtsangelegenheit“ eine Frist bis zum 08.07.2009. Der Beklagte stellte mit Anwaltschreiben vom 07.07.2009 die Voraussetzungen des Rücktritts in Abrede und erklärte, ein Fahrzeugmangel liege nicht vor.
Die Klägerin hat behauptet, das Fahrzeug, für das sie 18.000 € gezahlt habe, sei ihr Mitte Mai 2009 übergeben worden. Es habe eine „neue“ Austauschmaschine mit einer Laufleistung von lediglich 50.000 km haben sollen. Der Austauschmotor habe eine erheblich höhere Laufleistung und eine zu geringe Leistung. Der Lkw bewältige selbst kleinste Steigungen sowohl beladen als auch unbeladen kaum und könne offensichtlich nicht mehr die volle Leistung erbringen. Kurz nach der Übergabe des Fahrzeugs habe sich im Übrigen herausgestellt, dass eine der hinteren Blattfedern defekt sei, sodass der Wagen auf einer Seite tiefer liege als auf der anderen. Weiterhin funktionierten das Lüftungsgebläse und der Temperaturfühler nicht, und die Ladefläche sei schadhaft. Allein der Aufwand zur Beseitigung der Schäden an der Ladefläche betrage mindestens 2.000 €.
Der Beklagte hat behauptet, der Kaufpreis für den Transporter habe 14.000 € betragen. Der nach der Zerstörung des ursprünglichen Motors in den Lkw eingebaute Motor sei von mittlerer Art und Güte und entspreche daher dem kaufvertraglich Vereinbarten. Die von der Klägerin aufgezeigten Mängel hätten bei Vertragsschluss bzw. bei Übergabe des Fahrzeugs nicht vorgelegen. Ihm, dem Beklagten, sei auch keine Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben worden.
Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 17.500 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Lkw, zu zahlen. Es hat den Annahmeverzug des Beklagten festgestellt und den Beklagten weiter verurteilt, an die Klägerin 961,28 € nebst Zinsen zu zahlen.
Die Berufung des Beklagten hatte Erfolg.
Aus den Gründen: II. A. … Auf der Grundlage der im Berufungsrechtszug ergänzten Beweisaufnahme steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags nicht zu, da die Klägerin den ihr obliegenden Beweis dafür, dass das gekaufte Fahrzeug zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs hinsichtlich des Motors unter einem Sachmangel litt, nicht führen konnte (2 und 3). Hinsichtlich der weiteren Mängel (4) konnte die Klägerin nicht beweisen, dass die Mängel bereits bei Gefahrübergang vorlagen. Auch hat die Klägerin die erforderliche Frist zur Nacherfüllung nicht gesetzt.
1. Die gemäß § 437 Nr. 2, §§ 323 I, 346 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Wandlungsklage hat nur dann Erfolg, wenn der Lkw zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs i. S. von § 434 I BGB unter einem Sachmangel litt. Dieser liegt bei Fehlen einer vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 I 2 BGB vor, wenn sich die Sache nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB) oder die Sache nicht zur gewöhnlichen Verwendung zur Verfügung steht und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).
2. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat das Landgericht festgestellt, dass der in dem Lkw eingebaute Motor nicht zu den Papieren passe. In den Fahrzeugpapieren sei ein Motor mit einer Motorleistung von 114 kW eingetragen. Tatsächlich belege das Leistungsdiagramm des eingebauten Motors eine Leistung von 110 kW. Eine Übereinstimmung der Motoren in Abgas- und Geräuschverhalten könne nicht festgestellt werden. Es sei nicht zu rekonstruieren, ob der eingebaute Motor für das Fahrzeug und den deutschen Markt überhaupt vorgesehen sei. Jedenfalls sei die Zulassung nicht nachgewiesen. Wegen des Einbaus des nicht typengerechten Motors sei die Betriebserlaubnis nach § 19 II 2 Nr. 3 StVZO erloschen. Hierin liege ein Sachmangel.
Diese Feststellungen vermögen nicht zu überzeugen. Die Beweiswürdigung gelingt nicht frei von Widersprüchen. Auch hat das Landgericht ein zu geringes Beweismaß zugrunde gelegt.
a) Die Frage, ob der eingebaute Motor identisch und typengerecht ist, ist Gegenstand des Beweisbeschlusses vom 04.03.2010 gewesen. Allerdings hat der Sachverständige die Beweiserhebung zu dieser Beweisfrage in seinem Gutachten vom 05.08.2010 zunächst zurückgestellt, nachdem er zu der Einschätzung gelangt war, dass sich die Kosten zur Überprüfung des Sachverhalts auf einen Betrag zwischen 30.000 € und 50.000 € belaufen würden. Das Landgericht hat sodann die Klägerin mit Hinweisbeschluss vom 31.11.2010 aufgefordert, bis zum 28.12.2010 einen Kostenvorschuss in Höhe von 50.000 € einzuzahlen. Jedoch ist eine Einzahlung dieses Kostenvorschusses unterblieben.
b) Das Landgericht hat seine Überzeugung auf das Ergebnis der mündlichen Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen S im Termin vom 26.06.2011 gestützt. Im Einzelnen hat der Sachverständige ausgeführt:
aa) Der Sachverständige müsse darauf hinweisen, dass nach seiner Kenntnis ein offensichtlich nicht zu den Fahrzeugpapieren passender Motor verbaut worden sei. Nach der Mitteilung der MAN SE … solle es sich bei dem eingebauten Motor um einen Motor handeln, welcher seit langer Zeit nicht mehr gefertigt worden sei und der das Kennzeichen „G“ trage. Das Leistungsdiagramm weise eine Leistung von 110 kW bei maximal 2.700 U/min auf. In den Fahrzeugpapieren sei allerdings eine Leistung von 114 kW eingetragen. Dies deute darauf hin, dass hier ein abweichender Motor eingebaut sei. Der Sachverständige könne derzeit nicht beurteilen, ob das tatsächliche Abgas- und Geräuschverhalten deutlich übereinstimme. Hierzu müsse zunächst beim Hersteller des Motors näher recherchiert werden und dann noch einmal überprüft werden, ob der Motor überhaupt für das hier gegenständliche Fahrgestell geeignet sei. Um all dies genau zu recherchieren, müsste man letztendlich das genaue Zulassungsverfahren des Fahrzeugs noch einmal überprüfen. Allerdings weiche nach derzeitiger Kenntnis die tatsächliche Leistung des eingebauten Motors von der in den Fahrzeugpapieren eingetragenen Leistung ab, sodass hieraus Hinweise vorlägen, dass der Motor nicht zulässig sein könnte bzw. die Zulässigkeit nicht nachgewiesen sei.
bb) Diese Ausführungen des Sachverständigen lassen sich naheliegend so verstehen, dass der Sachverständige zwar Hinweise und Indizien dafür gefunden hat, dass der nachträglich eingebaute Motor mit dem in den Fahrzeugpapieren eingetragenen Motor nicht übereinstimme. Zugleich hat der Sachverständige jedoch darauf hingewiesen, dass er in diesem Punkt nicht sicher sei; er hat sich eine endgültige Einschätzung bis zur Einholung weiterer Informationen bei dem Hersteller des Motors vorbehalten wollen. Zusammenfassend sind die Ausführungen des Sachverständigen nicht geeignet, die volle Überzeugung des Gerichts von der fehlenden Typengerechtheit des Motors zu begründen.
cc) Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachenfeststellung werden darüber hinaus durch den Sachvortrag der Beklagtenvertreter in deren Schriftsatz vom 10.02.2011 geweckt. In diesem Schriftsatz hat der Beklagte angeführt, der Hersteller habe in der vorliegenden Baureihe lediglich zwei Motoren mit der Leistung 150 PS und 136 PS hergestellt. Einen Motor mit einer Leistung von 114 kW gebe es nicht, was notwendig dafür streite, dass die Eintragung in den Fahrzeugpapieren fehlerhaft sei. Zumindest seien die Vermutungen des Sachverständigen zur Konformität des Motors durch weitere sachverständige Feststellungen zu verifizieren.
dd) Im Berufungsrechtszug hat der Beklagte ein Schreiben des Herstellers MAN vom 21.02.2011 nebst Anlagen vorgelegt. Aus diesen Anlagen ist zu ersehen, dass der Motor mit der Typenbezeichnung D 082611/GF eine Leistung von 114 kW besitzen soll. Demnach würde die Leistung des tatsächlich eingebauten Motors der in den Papieren eingetragenen Leistung entsprechen. Der E-Mail-Verkehr bestätigt den Vortrag, dass beide Motoren baugleich sind.
c) Die dargestellten konkreten Anhaltspunkte wecken i. S. des § 529 I ZPO Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen, weshalb der Senat zu einer eigenen Tatsachenfeststellung berufen war. Auf der Grundlage der zweitinstanzlichen Feststellungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der eingebaute Motor typgerecht ist und mit der Betriebserlaubnis in Einklang steht:
aa) Der Senat hat gemäß § 273 II Nr. 2 ZPO zur Abklärung der Frage, ob der Einbau des im Lkw zum Zeitpunkt der Übergabe tatsächlich vorhandenen Motors gemäß § 19 II StVZO zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führte, eine Auskunft beim Kraftfahrt-Bundesamt eingeholt. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat … mit Schreiben vom 9.11.2012 … mitgeteilt, dass die Betriebserlaubnis den Motor des Herstellers Typ D0826 GF ausdrücklich vorsehe. Auch die übrigen Daten wie Nennleistung, Hubraum und Achslast entsprächen den mit der ABE Nr. F336 genehmigten Daten. Diese Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts, deren Richtigkeit auch die Klägerin nicht bestreitet, widerlegen die Behauptung, dass mit dem Einbau des fraglichen Motors die Betriebserlaubnis erloschen sei.
bb) Soweit die Klägerin das Ergebnis der Beweisaufnahme mit dem Vortrag entkräften will, sie bestreite mit Nichtwissen, dass das am Motor angebrachte Typenschild tatsächlich zu dem eingebauten Motor gehöre, ist dem nicht zu folgen:
Die Klägerin verkennt bereits die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Mangelvortrags:
aaa) Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Anspruchssteller die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatbestandsvoraussetzungen, aus deren Vorliegen er die ihm günstigen Rechtsfolgen herleitet. Mithin trägt der Anspruchssteller im Regelfall die Darlegungs- und Beweislast für die rechtsbegründenden Tatbestandsmerkmale, während der Anspruchsgegner die rechtshindernden und rechtsvernichtenden Tatbestandsmerkmale darlegen und beweisen muss (vgl. MünchKomm-ZPO/Prütting, 4. Aufl., § 286 Rn. 110; Musielak/Foerste, 9. Aufl., § 286 Rn. 35; Laumen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 286 Rn. 82; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 17. Aufl., § 115 Rn. 38).
bbb) Demnach obliegt es im vorliegenden Sachverhalt der Klägerin, die aus einer Manipulation am Typenschild die Mangelhaftigkeit des Motors mit Blick auf die Betriebserlaubnis herleiten will, die fehlende Konformität von Motor und Typenschild mit Bestimmtheit zu behaupten und nicht nur mit Nichtwissen in Zweifel zu ziehen. Für einen substanziierten Vortrag bestand insbesondere deshalb Anlass, weil sich am lichtbildlich dokumentierten Typenschild keine optischen Anhaltspunkte für eine Manipulation finden und auch der Sachverständige die Authentizität des Typenschildes nicht angezweifelt hat.
3. Ohne Erfolg will die Klägerin die Rückabwicklung des Kaufvertrages auf die Rechtsbehauptung stützen, der Beklagte habe i. S. des § 434 III BGB mit Blick auf den ausgetauschten Motor eine andere als die gekaufte Sache geliefert:
a) Eine Falschlieferung im Sinne eines aliuds liegt nur dann vor, wenn eine andere als die gekaufte Sache geliefert wird. Demgegenüber scheidet eine Falschlieferung aus, wenn der Käufer die bereits konkretisierte Kaufsache erhält (vgl. zur vorreformierten Rechtslage Staudinger/Honsell, BGB, 13. Bearb. 1995, § 459 Rn. 18, 25).
b) Der Kaufvertrag war nach den übereinstimmenden Darstellungen beider Parteien auf die Lieferung des konkreten, im Antrag näher bezeichneten Lkw gerichtet. Bei einem Lkw handelt es sich – wie bei jeder komplexen Maschine – um eine Sachgesamtheit, die aus zahlreichen, mitunter sonderrechtsfähigen Einzelteilen zusammengesetzt ist, ohne die eine bestimmungsgemäße Inbetriebnahme der Maschine nicht möglich ist. Nicht jeder Austausch eines dieser Einzelteile – mag es für die Funktionsfähigkeit und Wertigkeit der Sachgesamtheit auch von besonderer Bedeutung sein – nimmt der Sache ihre Identität, solange der Verkehr bei natürlicher Betrachtungsweise an der Kongruenz der Sache keinen Zweifel hegt. Im Kfz-Handel besitzt die Karosserie und das Fahrgestell mit der darauf eingeprägten Nummer für die Identität der Sache ein entscheidendes Gewicht. Mithin wird der Verkehr an der Wesenseinheit der Kaufsache nicht zweifeln, solange der Käufer das gekaufte Fahrgestell und die korrespondierenden Aufbauten und mit Ausnahme des Motors die Sachgesamtheit „Kfz“ in derselben Gestalt erhält, wie sie der Kaufsache zum Zeitpunkt der kaufvertraglichen Konkretisierung entsprach. Demnach war die Mangelhaftigkeit der Kaufsache alleine nach dem rechtlichen Rahmen des § 434 I BGB zu beurteilen.
4. Auch die weiteren behaupteten Mängel am Motor berechtigen nicht zur Wandlungsklage:
a) Zunächst hat die Klägerin den ihr obliegenden Beweis dafür, dass der Motor nicht mehr über die zur bestimmungsgemäßen Nutzung erforderliche Leistung verfüge, nicht erbracht:
Der Sachverständige S hat … eine Leistungsmessung des Motors durchgeführt und hierbei festgestellt, dass der Motor eine Leistung von 108,3 kW abgebe. Dies entspreche einer Unterschreitung der Nennleistung um circa 5 %. Gleichwohl ist diese geringe Abweichung nicht geeignet, eine gewährleistungsrechtlich relevante Abweichung zu beweisen:
aa) So steht nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht fest, ob diese Abweichung tatsächlich vorhanden ist oder durch Messtoleranzen bedingt wurde. Der Sachverständige hat bereits anlässlich seiner Anhörung vom 17.01.2012 klargestellt, dass die Leistungsmessung auf dem Prüfstand … nur eine grobe Leistungsmessung erlaube. Eine genaue Messung und Differenzierung, ob der Lkw tatsächlich eine Leistung von etwa 110 kW oder 114 kW erbringe, sei nur auf einem Motorprüfstand möglich. Nach Durchführung der tatsächlichen Messung hat sich dieses Risiko der ungenauen Messmethode tatsächlich realisiert. Den hieraus resultierenden prozessualen Nachteil muss die Klägerin tragen, da sie erstinstanzlich nicht bereit gewesen ist, den für eine exakte Messung erforderlichen Kostenaufwand aufzubringen, den das Landgericht mit Hinweisbeschluss vom 31.11.2010 in Absprache mit dem Sachverständigen auf 50.000 € festgesetzt hat.
bb) Bei dieser Sachlage kann unentschieden bleiben, ob ein Leistungsabfall von lediglich 5 % allein darauf beruhen kann, dass mit fortschreitender Nutzungsdauer ein mechanischer Abnutzungsprozess entstand, der zu einem Leistungsabfall führte. Ein solcher unvermeidbarer Leistungsabfall wäre der bestimmungsgemäßen Nutzung gewissermaßen immanent und würde die berechtigten Nutzungserwartungen eines Gebrauchtwagenkäufers nicht enttäuschen. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass sich der Sachverständige in seinem Gutachten vom 28.03.2012 auch der Frage gewidmet hat, ob der von der Klägerin dargestellte Leistungsabfall im Fahrbetrieb Rückschlüsse auf eine Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs erlaube: Nach der sachkundigen Einschätzung des Sachverständigen beruht der Leistungsabfall an Steigungen nachvollziehbar auf dem hohen Gewicht des Lkw, weshalb es – so der Sachverständige weiter – durchaus möglich sei, dass der mit 114 kW motorisierte LKW selbst in leerem Zustand auf Steigungen an Autobahnen die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h nicht erreiche.
b) Soweit die Klägerin den vom Sachverständigen anlässlich der Leistungsmessung vom 28.03.2012 festgestellten Ölverlust für eine Wandlung des Kaufvertrags ins Feld führt, fehlt es an Sachvortrag, dass dieser Mangel bereits bei Gefahrübergang im Jahr 2009 vorhanden war. Dies wäre jedoch gemäß § 434 I BGB für eine erfolgreiche Wandlung erforderlich gewesen.
4. Schließlich verhilft der weitere Sachmangelvortrag der Klage nicht zum Erfolg:
a) Das Lüftungsgebläse weist die vom Sachverständigen … bezeichneten Fehler auf. Allerdings hat der Beklagte bestritten, dass diese Fehler bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hätten. Hier hat die Klägerin im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18.11.2011 für das Vorhandensein sämtlicher Mängel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs durch Vernehmung der Eheleute E Beweis angeboten. Allerdings hat das Landgericht diesen Beweisantritt mit Hinweisbeschluss vom 23.11.2011 als ungeeignet zurückgewiesen. Auf diesen Hinweis hat die Klägerin hinsichtlich der Mängel am Lüftungsgebläse nicht mehr reagiert, weshalb die Klägerin für eine wesentliche Anspruchsvoraussetzung beweisfällig geblieben ist.
b) Für den festgestellten Defekt an den Blattfedern hat die Klägerin das Vorhandensein dieses Mangels zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs in die Erkenntnis des Sachverständigen S gestellt. Hierzu hat der Sachverständige ausgeführt, dass er den Zeitpunkt, zu dem zum Ausgleich für die fehlende Blattfeder eine Art von Distanzstück unterlegt worden sei, nicht verlässlich bestimmen könne. Zwar deuteten die auf den Lichtbildern sichtbaren Spuren darauf hin, dass der Umbau längere Zeit vor der Anfertigung der Lichtbilder vorgenommen worden sei. Da die Übergabe des Fahrzeugs jedoch mehr als ein Jahr zuvor gelegen habe, könne der Sachverständige nicht ausschließen, dass letztendlich der Umbau innerhalb der Besitz- oder Halterzeit der Klägerin vorgenommen worden sei. Damit lässt sich ein sicherer Nachweis eines zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhandenen Mangels nicht führen.
c) Unbehelflich sind schließlich die Beweiserhebungen zu den Beschädigungen am Holzboden: Hier steht aufgrund der eigenen Einlassung der Klägerin im Termin vom 26.01.2011 fest, dass der vom Sachverständigen begutachtete Schaden nicht bereits bei Gefahrübergang vorlag, sondern während der Besitzzeit der Klägerin durch ein Pferd der Klägerin hervorgerufen wurde. Mit Blick auf das Alter des Fahrzeugs (Baujahr 1991) konnte die Klägerin vernünftigerweise nicht erwarten, dass der Holzfußboden des Transporters den Anforderungen eines Neufahrzeugs entsprechen würde. Es ist nicht ersichtlich und wird nicht dargelegt, dass der Holzfußboden zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs eine schlechtere Gebrauchstauglichkeit aufgewiesen hätte, als dies mit Blick auf das Alter des Transporters zu erwarten gewesen wäre.
d) Soweit die Klägerin die Wandlung in der Berufungserwiderung auf den verkehrsunsicheren Zustand des Führerhauses und der Bremsanlage gestützt hat – beide Mängel wurden anlässlich der erstinstanzlichen Begutachtung durch den Sachverständigen S festgestellt –, verhelfen auch diese unstreitigen Mängel der Klage nicht zum Erfolg, weil die Klägerin zur bestrittenen Behauptung, wonach diese Mängel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hätten, keinen geeigneten Beweis angetreten hat.
e) Hinsichtlich der Mängel an Blattfeder und Fußboden, Lüftung, Führerhaus und Bremsen scheitert die Wandlungsklage überdies an der erforderlichen Fristsetzung zur Nacherfüllung:
aa) Der Rücktritt vom Kaufvertrag setzt neben der Mangelhaftigkeit der Kaufsache voraus, dass dem Verkäufer gemäß § 323 I BGB eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden ist, die erfolglos abgelaufen ist. Hierbei ist dem Verkäufer bei sukzessive auftretenden Mängeln grundsätzlich wegen jedes einzelnen Mangels Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben. Dass der Verkäufer wegen verschiedener Mängel bereits Nachbesserung geleistet hat, macht eine weitere Nachbesserung hinsichtlich neuer Mängel für den Käufer nicht i. S. von §§ 323 II, 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar (BGH, Urt. v. 29.06.2011 – VIII ZR 202/10, MDR 2011, 906; Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., § 440 Rn. 8). Diese gesonderte Frist zur Nacherfüllung hat die Klägerin nicht gesetzt:
bb) Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe den Beklagten „mehrfach … auf diese und zahlreiche andere Mängel hin(gewiesen)“ und ausdrücklich Mängelbeseitigung verlangt. Allerdings ist dieser Sachverhalt mangels Vortrags der konkreten Umstände zu Ort, Zeit und Inhalt der Mängelrügen nicht einlassungsfähig. Er füllt überdies die gesetzlichen Vorgaben des § 323 I BGB nicht aus, da er sich zur Fristsetzung nicht verhält. Mithin ist prozessual davon auszugehen, dass die Klägerin im Schreiben vom 29.06.2009 wegen der behaupteten Mängel am Motor den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hat, ohne dem Beklagten zuvor eine Frist zur Nachbesserung gesetzt zu haben. Zwar hat der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 07.07.2009 die Nacherfüllung i. S. des § 323 II Nr. 1 BGB endgültig und ernsthaft verweigert, weshalb eine Fristsetzung wegen der Mängel am Motor … entbehrlich war. Dies gilt jedoch nicht gleichermaßen für alle anderen Mängel, die hinsichtlich des Nacherfüllungsverlangens einer gesonderten Beurteilung zugänglich sind. Insbesondere war eine weitere Fristsetzung nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagte die Nachbesserung hinsichtlich des Motors verweigert hatte. Denn bei der Interessenabwägung darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die geltend gemachten Mängel am Motor nicht bewiesen worden sind und dem Beklagten mithin nicht vorgeworfen werden kann, sich hinsichtlich der Zurückweisung des Nacherfüllungsverlangens vertragswidrig verhalten zu haben.
Nach alldem bleibt die Klage ohne Erfolg, weshalb die angefochtene Entscheidung auf die Berufung des Beklagten abzuändern war. …