Die Nutzungsentschädigung, die der Käufer eines Gebrauchtwagens bei der Rückabwicklung des Kaufvertrages für jeden gefahrenen Kilometer zu leisten hat (§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB), ist nach der Formel

$$\text{Gebrauchsvorteil} = {\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{voraussichtliche Restlaufleistung}}}$$

zu berechnen. Dabei ist auch dann nicht auf den Listenpreis des Fahrzeugs, sondern auf den tatsächlich gezahlten Kaufpreis abzustellen, wenn es um einen „jungen“ Gebrauchtwagen mit geringer Laufleistung geht und der Kaufpreis erheblich hinter dem Listenpreis zurückbleibt.

LG Berlin, Urteil vom 15.02.2012 – 10 O 363/11
(nachfolgend: KG, Urteil vom 23.05.2013 – 8 U 58/12)

Sachverhalt: Der Kläger erwarb am 19.06.2008 von der X-AG für 34.300 € einen am 16.11.2007 erstzugelassenen Pkw, der als Vorführwagen genutzt worden war und eine Laufleistung von 8.470 km aufwies. Gleichzeitig gab er sein bisher genutztes Fahrzeug zum Preis von 10.800 € bei der X-AG in Zahlung. Von den 10.800 € wurden 7.387,96 € an die B-Bank gezahlt, um einen für das Altfahrzeug noch laufenden Kredit abzulösen. Der Restbetrag in Höhe von 3.412,04 € wurde auf den Kaufpreis für den Vorführwagen angerechnet.

Zur Finanzierung des restlichen Kaufpreises gewährte die Beklagte dem Kläger am 19.06.2008 ein Darlehen in Höhe von insgesamt 34.667,88 €, das beginnend im Juli 2008 in 48 monatlichen Raten zu je 372,31 € und einer im Juni 2012 zu zahlenden Schlussrate in Höhe von 16.807 € zurückgeführt werden sollte. Über sein Widerrufsrecht wurde der Kläger, der sowohl den Kfz-Kaufvertrag als auch den Darlehensvertrag als Verbraucher geschlossen hatte, auszugsweise wie folgt belehrt:

„Die Frist [für die Ausübung des Widerrufsrechts] beginnt mit dem Zeitpunkt zu dem Ihnen die Widerrufsbelehrung in Textform mitgeteilt worden ist, jedoch nicht bevor Ihnen auch in Textform mitgeteilt worden ist, jedoch nicht bevor Ihnen auch dieser Darlehensvertrag bzw. Ihr schriftlicher Darlehensantrag oder eine Abschrift davon zur Verfügung gestellt werden.“

Am 13.05.2011 widerrief der Kläger durch seinen späteren Prozessbevollmächtigten seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung und forderte die Beklagte auf, diesen Vertrag bis zum 01.06.2011 rückabzuwickeln. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 09.06.2011 mit, dass sie den Widerspruch dem Grunde nach anerkenne und sowohl bezüglich des Darlehensvertrages als auch bezüglich des damit verbundenen Kaufvertrages in ein Rückabwicklungsverhältnis mit dem Kläger eintrete.

Mit Schreiben vom 15.06.2011 bat die Beklagte den Kläger, sein Fahrzeug auf dem Gelände der Berliner Niederlassung der X-AG abzustellen, damit sie – die Beklagte – das Fahrzeug begutachten lassen und anschließend eine Abrechnung vornehmen könne. Der Kläger war mit einer Inaugenscheinnahme des Fahrzeugs zu Bewertungszwecken einverstanden. Die Beklagte teilte seinem späteren Prozessbevollmächtigten deshalb mit Schreiben vom 01.07.2011 mit, dass der TÜV Sü bereits mit der Begutachtung des Fahrzeugs beauftragt sei und sich der zuständige Sachverständige zur Vereinbarung eines Termins mit dem Kläger in Verbindung setzen werde. Eine Schlussabrechnung können sie – die Klägerin – aber erst vornehmnen, wenn das Fahrzeug endgültig in ihren Besitz gelangt sei, weil sich durch eine weitere Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger die von diesem zu zahlende Nutzungsentschädigung erhöhen könne.

Zu einer Terminvereinbarung des TÜV-Sachverständigen mit dem Kläger kam es in der Folgezeit nicht, da der spätere Prozessbevollmächtigte des Klägers diesen nicht erreichen konnte.

Am 01.07.2011 erhob der Kläger die vorliegende Klage und ließ dem TÜV Süd am 05.07.2011 mitteilen, dass sein Fahrzeug zurzeit nicht besichtigt werden könne, weil er – der Kläger – im Ausland sei und erst Anfang August wieder nach Deutschland zurückkehren werde.

Am 09.09.2011 stellte der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug dem TÜV Süd mit einer Laufleistung von 75.134 km zur Bewertung zur Verfügung. Der TÜV Süd kam zu dem Ergebnis, dass das Fahrzeug das übliche Maß übersteigende Beschädigungen und Gebrauchsspuren aufweise, die einen Minderwert von 2.580 € repräsentierten. Darüber hinaus fehlten ein Fahrzeugschlüssel (geschätzter Minderwert: 102 €) sowie die Bordbuchmappe (geschätzter Minderwert: 100 €).

Der Kläger meint, die Frist für den Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung habe nicht zu laufen begonnen, weil er über sein Widerrufsrecht unzutreffend belehrt worden sei. Wegen des fehlenden Schlüssels könne die Beklagte lediglich einen Minderwertausgleich in Höhe von 50 € verlangen, und wegen der fehlenden Bordbuchmappe stehe ihr nur ein Minderwertausgleich in Höhe von 30 € zu; ein Minderwertausgleich in Höhe von 550 € („Motor Kundendienst [keine Serviceunterlagen] – fällig – erneuern“) sei der Beklagten nicht zuzuerkennen.

Die Klage hatte Erfolg, soweit der Kläger die Feststellung begehrte, dass er an seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages vom 19.06.2008 gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden und der Vertrag rückabzuwickeln sei. Soweit der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 16.815,20 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgewähr des streitgegenständlichen Pkw in Anspruch nahm, blieb er erfolglos.

Aus den Gründen: I. Die Klage ist zulässig.

Das LG Berlin ist gemäß § 29 I ZPO örtlich zuständig. Der Kläger beantragt mit der vorliegenden Klage die Rückabwicklung des Verbraucherdarlehensvertrages und des mit diesem nach § 358 BGB verbundenen Kaufvertrages. Der für die örtliche Zuständigkeit i. S. des § 29 I ZPO maßgebliche Erfüllungsort ist bei der Rückabwicklung von vertraglichen Schuldverhältnissen der Ort, an dem sich die Kaufsache nach Widerruf des Vertrages befindet (Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl. [2012], § 29 Rn. 25 – „Kaufvertrag“ m. w. Nachw.).

Der Klageantrag zu 2 konnte gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zulässig auf die Feststellung der Wirksamkeit ex nunc beschränkt werden. Dem Feststellungsantrag zu 2 fehlt es auch nicht am notwendigen Feststellungsinteresse (§ 256 I ZPO), weil selbst im Falle des Obsiegens des Klägers mit seinem Leistungsantrag die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages für später fällige Forderungen nicht festgestellt wäre.

II. Die Klage ist aber nur hinsichtlich des Feststellungsantrages zu 2 begründet und im Übrigen unbegründet.

1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von 16.815,20 € gegen die Beklagte aus einer Rückabwicklung des Verbraucherdarlehensvertrages gemäß § 355 I BGB zu. Der Anspruch ist jedoch durch die Aufrechnung der Beklagten gemäß § 389 BGB erloschen.

Der von dem Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten am 13.05.2011 erklärte Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrages ist rechtzeitig erfolgt, denn die Widerrufsfrist ist nach § 355 III 2 BGB unbefristet, weil die Widerrufsbelehrung falsch war. Die Widerrufsbelehrung enthält – wohl durch drucktechnische Fehler – Doppelungen von Teilsätzen, die die Belehrung irreführend gestalten. Das ist zwischen den Parteien auch unstreitig.

Dementsprechend kann der Kläger die geltend gemachten Ratenzahlungen von 07/2008 bis 06/2011 – 36 Raten zu je 372,31 € – und die Rückzahlung der Anzahlung an den Verkäufer (Inzahlungnahme) in Höhe von 3.412,04 €, insgesamt also 16.815,20 €, von der Beklagten verlangen. In dieser Höhe ist die Forderung des Klägers jedoch durch die Aufrechnung der Beklagten erloschen (§ 389 BGB).

Der Beklagten steht eine Vergütung für Gebrauchsvorteile (Nutzungsersatz) gemäß § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB in Höhe von 14.390,13 € zu.

Der Wert der durch den Gebrauch gezogenen Nutzungen ist zu schätzen (§ 287 ZPO; Reinking/Eggert, Der Autokauf,10. Aufl. [2009], Rn. 1751). Ausgehend von der Methode des linearen Wertschwunds (s. auch BGH, Urt. v. 26.06.1991 – VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47 = NJW 1991, 2484) kann daher von folgender Formel ausgegangen werden:

$$\text{Gebrauchsvorteil} = {\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{voraussichtliche Restlaufleistung}}}.$$

Das Gericht erachtet hier den Ansatz des tatsächlichen Bruttokaufpreises in Höhe von 34.300 € und einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km als sachgerecht. Das Fahrzeug war kein Neuwagen, sodass nicht der Listenpreis anzusetzen ist. Aufgrund seiner Zugehörigkeit zu gehobenen Fahrzeugen ist eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km zu erwarten. Die Angabe des Klägervertreters zu den tatsächlich gefahrenen Kilometern kann hier als günstig für die Beklagten ebenfalls zugrunde gelegt werden. Der Kläger ist danach 71.383 km mit dem Fahrzeug gefahren:

$${\frac{\text{34.300,00 €}\times\text{71.383 km}}{\text{(250.000 km – 79.853 km)}}} = \text{14.390,13 €}.$$

Ferner steht der Beklagten ein Anspruch auf Ersatz des Minderwerts … in Höhe von 2.580 € zu. Dies hat der Kläger – die Beschädigungen am Fahrzeug betreffend – in Höhe von 2.030 € unstreitig gestellt. Aber auch die weiteren vom TÜV-Gutachter angesetzten 550 € für den fehlenden Nachweis des Kundendienstes darf die Beklagte als Minderwert geltend machen, denn schon die regelmäßige Inspektion eines Fahrzeugs wirkt sich auf den Wert eines Fahrzeugs aus (vgl. „scheckheftgepflegt“; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1491 ff.).

Die von dem Kläger weiter angeführten Ratenzahlungen waren hier nicht zu berücksichtigen, da die Klageforderung diese nicht mit umfasste.

Infolge der Aufrechnung ist der Rückzahlungsanspruch von 16.815,20 € in Höhe von 14.390,13 € durch Aufrechnung mit der Nutzungsentschädigung und in Höhe weiterer 2.425,07 € durch Aufrechnung mit dem Anspruch auf Ersatz des Minderwerts erloschen. Auf den Anspruch der Beklagten auf Ersatz der Kosten für die Bordbuchmappe und den Fahrzeugschlüssel kommt es daher nicht an.

2. Der Antrag zu 2 ist begründet, da – wie zuvor ausgeführt – der Widerruf des Klägers wirksam erklärt wurde.

Hinweis: Der Berufung des Klägers hat das Kammergericht mit Urteil vom 23.05.2013 – 8 U 58/12 – teilweise stattgegeben und ausgeführt:

„Dem Kläger steht unter Berücksichtigung der beiderseitigen Ansprüche aus § 346 I BGB gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 5.904,49 € zu.

I. Der Kläger berechnet in der Berufungsinstanz seine Forderung wie folgt:

festgestellter Rückzahlungsanspruch (§§ 357 I, 346 I BGB) 16.815,20 €
weitere Darlehensraten (7/2011 bis 5/2012; 11 × 372,31 €) + 4.095,41 €
Zwischensumme 20.910,61 €
Nutzungsentschädigung für 84.000 km 11.524,80 €
Minderwert wegen Verschlechterung 2.110,00 €
Forderung 7.275,81 €

Der Kläger hat im Zuge der zulässig eingelegten Berufung … die Klageforderung in zulässiger Weise um die weiter gezahlten Raten von 4.095,41 € erweitert (§ 264 Nr. 2 ZPO).

Die Zahlungsforderung des Klägers ist auch unstreitig.

II. Es bestehen folgende Forderungen der Beklagten aus dem Rückabwicklungsverhältnis gemäß §§ 346 ff. BGB, die gegen den Zahlungsanspruch des Klägers aufzurechnen (so BGH, Urt. v. 26.06.1991 – VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47 = NJW 1991, 2484 [2486]) bzw. mit ihm zu saldieren sind (so BGH, Urt. v. 20.02.2008 – VIII ZR 334/06, NJW 2008, 2028 Rn. 9, 23; Urt. v. 17.05.1994 – IX ZR 232/93, NJW 1994, 1790). Welcher Auffassung der Vorzug zu geben ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

1. Wertersatz für gezogene Nutzungen (§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB):

a) Bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein (auch gebrauchtes) Fahrzeug erfolgt der Ersatz der gezogenen Nutzungen nach ganz herrschender Meinung nach der Formel

$$\text{Nutzungswert} = {\frac{\text{Kaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{Restlaufleistung}}}$$

(s. BGH, Urt. v. 17.05.1995 – VIII ZR 70/94, NJW 1995, 2159 [2161]; Urt. v. 26.06.1991 – VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47 = NJW 1991, 2484 [2485 f.]; Urt. v. 02.06.2004 – VIII ZR 329/03, BGHZ 159, 215 = NJW 2004, 2299 [2301]; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rn. 1166).

Diese Formel zur (linearen) Ermittlung des Werts der zeitanteiligen Benutzung ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch vorliegend anzuwenden. Eine Sonderbehandlung bei Verkauf eines ‚jungen‘ gebrauchten Fahrzeugs mit geringer Fahrleistung zu einem erheblich unter dem Neupreis liegenden Preis (vorliegend: Vorführwagen mit 8.470 km, 25 % unter Listenpreis) ist nicht anzuerkennen.

Den tatsächlich vereinbarten Kaufpreis zugrunde zu legen, entspricht der Interessenlage der Parteien, da darin der Wert der für den Käufer erreichbaren Gebrauchsmöglichkeit zum Ausdruck kommt, und vor allem, weil der Verkäufer über den Kaufpreis hinaus keine weiteren Vermögensvorteile zu erwarten hat (vgl. BGH, Urt. v. 26.06.1991 – VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47 = NJW 1991, 2484 [2485]). Dementsprechend hat der BGH in der Entscheidung NJW 1995, 2159 (Urt. v. 17.05.1995 – VIII ZR 70/94) ausdrücklich ausgesprochen, dass bei gebrauchten Fahrzeugen der ‚konkrete Altwagenpreis‘ zugrunde zu legen ist. Der Vorteil eines günstigen Kaufs kann dem Käufer nicht durch eine ‚objektivierte‘, vom Kaufpreis gelöste Bewertung des Nutzungswerts genommen werden. Ein solcher Ansatz könnte sogar dazu führen, dass dem Verkäufer im Zuge der Rückabwicklung (bei Nutzung des Käufers im vollem Umfang der üblichen Gesamtlaufleistung) ein höherer Betrag als der vereinbarte Kaufpreis zufließt, was nicht gerechtfertigt ist. Zutreffend ist daher, den vereinbarten Preis und nicht den Verkehrswert anzusetzen (insoweit auch Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3565), zumal klare und vorhersehbare Kriterien dafür, wann ein ‚Ausnahmefall‘ vorliegt, der zur Berechnung nach einem anderen Wert als dem gezahlten Kaufpreis führen soll, nicht ersichtlich sind.

Soweit das OLG Köln (Urt. v. 30.01.2002 – 11 U 71/01, DAR 2002, 453 [454]) sich in einem Einzelfall (der extremer als der vorliegende lag, da das Fahrzeug mit gut 10.000 km Laufleistung für 60 % des Neupreises verkauft wurde) zu einer Nutzwertberechnung nach einer Mischmethode (Mittelwert zwischen Kilometerwert nach Gebrauchtwagenpreis und fiktivem Neuwagenkauf) veranlasst gesehen hat (zustimmend offenbar Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3566), ist dem jedenfalls für den vorliegenden Fall daher nicht zu folgen.

Der Berechnung ist der Kaufpreis einschließlich Mehrwertsteuer zugrunde zu legen, selbst wenn der Käufer vorsteuerabzugsberechtigt ist (BGH, Urt. v. 26.06.1991 – VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47 = NJW 1991, 2484 [2485]; Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2012, § 346 Rn. 258).

b) Die voraussichtliche Restlaufleistung ist nach § 287 ZPO, ausgehend von der zu erwartenden Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs, sachgemäß zu schätzen (vgl. BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VIII ZR 329/03, BGHZ 159, 215 = NJW 2004, 2299 [2301]; Urt. v. 17.05.1995 – VIII ZR 70/94, NJW 1995, 2159 [2161]). Entgegen der Ansicht der Beklagten bedarf es hierzu keines konkreten Sachvortrags des Klägers zu dem ‚hier streitgegenständlichen Fahrzeug vom Typ Mercedes-Benz C 200 CDI‘. Vielmehr genügt es dem Schätzungsermessen und entspricht allgemeiner Rechtsprechungspraxis, sich an der typspezifischen Gesamtfahrleistung zu orientieren (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3569 ff. m. w. Nachw.).

Pkw der mittleren und gehobenen Klasse erreichen aufgrund des hohen Qualitätsstandards heutzutage Gesamtfahrleistungen von 200.000 km bis 300.000 km (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1171). Für Pkw Mercedes der Modellkategorie 200, zumal mit Dieselmotor, ist eine Gesamtfahrleistung von 250.000 km als realistisch anzunehmen (s. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3574 m. Nachw. aus der Rechtsprechung). Der Senat schätzt die Gesamtfahrleistung daher vorliegend auf 250.000 km. Für den Zeitpunkt des Gebrauchwagenkaufs ergibt sich daraus hier (unter Berücksichtigung der im Termin vor dem Senat unstreitig gestellten Laufleistung bei Ankauf) eine voraussichtliche Restfahrleistung von (250.000 km − 12.773 km =) 237.227 km. Das Gericht sieht keinen Anlass zur Einholung eines Sachverständigengutachtens darüber, ob die Gesamtfahrleistung 250.000 km oder gar 300.000 km oder nur 200.000 km beträgt.

c) Unstreitig beträgt die Laufleistung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung … (99.877 km − 12.773 km =) 87.104 km. Daraus folgt ein Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen in Höhe von

$${\frac{\text{34.300,00 €}\times\text{87.104 km}}{\text{(237.227 km)}}} = \text{12.594,12 €}.$$

d) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist darauf keine Umsatzsteuer aufzuschlagen.

Nach § 1 I Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Steuerbar ist beim Kaufvertrag danach lediglich die Lieferung der Kaufsache, nicht jedoch der im Falle der Rückabwicklung bestehende gesetzliche Anspruch des Verkäufers nach § 346 I, II Nr. 1 BGB auf Wertersatz für die gezogenen Nutzungen.

Ein steuerbarer Umsatz liegt nur dann vor, wenn ‚zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, wobei die gezahlten Beträge die tatsächliche Gegenleistung für eine bestimmbare Leistung darstellen, die im Rahmen des Rechtsverhältnisses, in dem gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, erbracht wurde‘ (EuGH, Urt. v. 18.07.2007 – C-277/05, Slg. 2007, I-6415 = EuZW 2007, 706 Rn. 19 – Société thermale d’Eugénie-les-Bains; BGH, Urt. v. 22.11.2007 – VII ZR 83/05, BGHZ 174, 267 = NJW 2008, 1522 Rn. 17). Unerheblich ist für die steuerliche Behandlung, ob die Gegenleistung nach der zivilrechtlichen Dogmatik als Vergütung oder etwa als Schadensersatz bezeichnet wird. Entscheidend ist allein, ob die Zahlung mit einer Leistung des Steuerpflichtigen in einer Wechselbeziehung steht. Das Verhalten des Leistenden muss darauf abzielen oder zumindest geeignet sein, ein Entgelt für die erbrachte Leistung auszulösen (s. BGH, Urt. v. 24.01.2008 – VII ZR 280/05, BGHZ 175, 118 = NJW 2008, 1523 Rn. 10). Eine ‚Ersatzleistung‘ ist daher nur steuerbarer Umsatz, wenn der tatsächliche Geschehensablauf erkennen lässt, dass sie die Gegenleistung für eine empfangene Lieferung oder sonstige Leistung darstellt (s. BGH, Urt. v. 17.07.2001 – X ZR 71/99, NJW 2001, 3535 [3536] – Schadensersatzanspruch nach § 326 BGB a.F.; BGH, Urt. v. 22.10.1997 – XII ZR 142/95, NJW-RR 1998, 803 [806] – Nutzungsherausgabe nach §§ 987, 990 BGB bei ‚Gebrauchsüberlassung auf Zeit‘). Der Leistungsaustausch setzt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenwert voraus (vgl. BFH, Urt. v. 16.01.2003 – V R 36/01, BFH/NV 2003, 667 [668]).

Danach stellt die Nutzungsherausgabe durch den Käufer keinen umsatzsteuerpflichtigen Vorgang dar. Sie beruht nicht unmittelbar auf einem Leistungsaustausch. Die Gebrauchsüberlassung durch den Verkäufer erfolgt nicht in der Erwartung eines ‚Entgelts‘ für die Nutzung. Es handelt sich wirtschaftlich lediglich um die Berücksichtigung eines ‚Wertverzehrs‘, der im Zuge der Rückabwicklung des beiderseits bereits erfüllten Kaufvertrags auszugleichen ist und der dementsprechend auch nicht nach den Grundsätzen einer fiktiven Mietzahlung zu bemessen ist (vgl. BGH, Urt. v. 26.06.1991 – VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47 = NJW 1991, 2484 [2486]; Urt. v. 25.10.1995 – VIII ZR 42/94, NJW 1996, 250 [252]). Die von der Beklagten angeführte Entscheidung BGHZ 178, 16 = NJW 2009, 1266 (BGH, Urt. v. 06.08.2008 – XII ZR 67/06) ist nicht einschlägig, da dort der steuerbare Umsatz gerade damit begründet wurde, dass bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Mietvertrags der Wertersatzanspruch nach § 818 II BGB ‚an die Stelle der vereinbarten Vergütung‘ trete (BGH, Urt. v. 06.08.2008 – XII ZR 67/06, BGHZ 178, 16 = NJW 2009, 1266 Rn. 57; s. auch BGH, Urt. v. 22.10.1997 – XII ZR 142/95, NJW-RR 1998, 803). Auch lässt sich der Entscheidung BGH, Urt. v. 12.01.1994 – VIII ZR 165/92, ZIP 1994, 461, nichts für eine Steuerbarkeit der Nutzungsentschädigung nach § 346 BGB entnehmen. Dort ging es um die Überprüfung einer Klausel eines Vertragshändlervertrags, der für den Fall einer Vertragsbeendigung eine Rücknahmeverpflichtung des Herstellers in Bezug auf Vorführwagen und eine vom Händler zu zahlende Nutzungsvergütung zuzüglich Mehrwertsteuer vorsah (BGH, Urt. v. 12.01.1994 – VIII ZR 165/92, ZIP 1994, 461 [471 f.]). Wenn der BGH dort von einer umsatzsteuerpflichtigen Vergütung für gezogene Nutzungen als ‚Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung‘ ausging, beruhte dies auf dem mietvertraglichen Element der Vertragsabreden und lässt sich auf den Anspruch nach § 346 BGB nicht übertragen.

Eine Steuerbarkeit der Nutzungsentschädigung nach § 346 BGB ist der bisherigen höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung auch nicht zu entnehmen. Soweit Reinking/Eggert (a. a. O., Rn. 1179) unter Bezugnahme auf (lediglich) eine unveröffentlichte Entscheidung des LG Braunschweig die Ansicht vertreten, dass die Gerichte ‚üblicherweise‘ den Bruttokaufpreis zugrunde legen, um sodann dem sich daraus ergebenden Betrag die Umsatzsteuer zuzuschlagen, ist das nicht zutreffend. Auch die von der Beklagten benannte Entscheidung des OLG Brandenburg (Urt. v. 28.11.2007 – 4 U 68/07, juris) stützt ihre Auffassung nicht. Die dortige Annahme einer Umsatzsteuerpflicht beruhte darauf, dass es sich um einen Leasingvertrag handelte, und somit um eine ‚Nutzung auf Zeit‘ (OLG Brandenburg, Urt. v. 28.11.2007 – 4 U 68/07, juris Rn. 19). Im Übrigen hat das OLG Brandenburg sodann den Ansatz der Umsatzsteuer dennoch mit der Begründung abgelehnt, dass diese bereits im Kaufpreis als Ausgangsbetrag enthalten sei (OLG Brandenburg, Urt. v. 28.11.2007 – 4 U 68/07, juris Rn. 27).

2. Wertersatz wegen Verschlechterung (§ 346 II 1 Nr. 3 BGB):

a) Ein Wertersatzanspruch wegen Beschädigungen (Kratzer) in Höhe von 2.030 € gemäß Gutachten ist vom Kläger anerkannt. Soweit er nunmehr in der Berufung insgesamt 2.110 € anerkennt, handelt es sich (wie in der Verhandlung bestätigt) um ein Anerkenntnis von 50 € für den verlorenen Autoschlüssel und von 30 € für das fehlende Bordbuch.

Der Wert des fehlenden Autoschlüssels ist jedoch auf der Grundlage des Privatgutachtens …, das substanziierten Parteivortrag enthält, mit 102 € zu schätzen. Es ist gerichtsbekannt, dass die Nachlieferung von Fahrzeugschlüsseln, die heutzutage auf die elektronische Wegfahrsperre anzupassen sind, mit erheblichen Kosten verbunden ist. Für die Bordbuchmappe hingegen ist nach § 287 ZPO kein höherer Betrag als 30 € zu schätzen. Somit ist eine Gegenforderung von (2.110 € + 52 € =) 2.162 € anzusetzen.

b) Ein Anspruch in Höhe von 550 € ‚für den fehlenden Nachweis des Kundendienstes‘ ist entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht anzuerkennen.

Eine (verschuldensunabhängig mindernd zu berücksichtigende) ‚Verschlechterung‘ i. S. von § 346 II 1 Nr. 3 BGB setzt eine nachteilige Veränderung der Substanz oder der Funktionstauglichkeit der Sache voraus (s. Staudinger/Kaiser, a. a. O., § 346 Rn. 147 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 346 Rn. 9). Dass die mit einem Wartungsheft belegbare regelmäßige Ausführung von Wartungsarbeiten sich positiv auf die Wertschätzung des Fahrzeugs auswirkt, mag zutreffen. Das Unterlassen der Wartung oder erst recht das bloße Fehlen des Wartungsnachweises stellt jedoch keine nachteilige Veränderung der Substanz oder Funktionstauglichkeit des Fahrzeugs dar. Dass der Wagen wegen Vernachlässigung sich in einem der Laufleistung nicht mehr entsprechenden Erhaltungszustand befindet, ist weder dem Vortrag der Beklagten noch insbesondere dem Privatgutachten zu entnehmen.

c) Ferner hat der Kläger jedoch Wertersatz nach § 346 II 1 Nr. 3 BGB wegen Verschlechterung zu leisten, da das Fahrzeug unstreitig an der linken hinteren Rückleuchte beschädigt ist und diese ausgetauscht werden muss. Das Gericht schätzt den Schaden … auf 250 € (§ 287 ZPO).

III. Danach ergibt sich folgende Zahlungsforderung des Klägers:

  20.910,61 €
Nutzungsersatz 12.594,12 €
Wertersatz 2.412,00 €
Forderung 5.904,49 €

…“

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