1. Das Wahl­recht, ob die Nach­er­fül­lung durch die Be­sei­ti­gung des Man­gels oder durch die Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che er­fol­gen soll, steht dem Käu­fer zu (§ 439 I BGB). Die­ser kann ei­ne ein­mal ge­trof­fe­ne Wahl grund­sätz­lich nur so lan­ge än­dern, wie der Ver­käu­fer noch nicht mit der Nach­er­fül­lung be­gon­nen hat. Et­was an­de­res gilt aber, wenn die ge­wähl­te Art der Nach­er­fül­lung miss­lingt. In die­sem Fall ist der Käu­fer in sei­ner Wahl wie­der frei und kann auf die an­de­re Art der Nach­er­fül­lung über­ge­hen.
  2. Der Ver­käu­fer ei­nes Neu­wa­gens mit ei­nem er­heb­lich über­höh­ten Öl­ver­brauch kann die Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs grund­sätz­lich nicht mit dem Ar­gu­ment ver­wei­gern, dass ei­ne Er­satz­lie­fe­rung nur mit un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten mög­lich sei (§ 439 III BGB).

LG Ha­gen, Ur­teil vom 29.07.2011 – 2 O 50/10

Sach­ver­halt: Der Klä­ger nimmt die Be­klag­te auf Er­satz­lie­fe­rung (§ 439 I Fall 2 BGB) ei­nes Kraft­fahr­zeugs in An­spruch.

Am 11.08.2009 kauf­te der Klä­ger von der Be­klag­ten ei­nen neu­en Pkw Al­fa Ro­meo 159 1.8 TBi 16 V zum Preis von 37.030 €. Das Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger, der es teil­wei­se pri­vat und teil­wei­se für sei­ne Piz­ze­ria ver­wen­de­te, am 26.10.2009 über­ge­ben.

Nach In­be­trieb­nah­me stell­te sich her­aus, dass das Fahr­zeug ei­nen über­höh­ten Öl­ver­brauch hat­te. Be­reits am 30.10.2009 hat­te es nach 160 ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern 300 ml Öl ver­braucht, am 02.11.2009 er­neut 300 ml. An­fang De­zem­ber 2009 wa­ren nach 850 ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern wei­te­re 700 ml Öl ver­braucht, nach wei­te­ren ge­fah­re­nen 1.000 Ki­lo­me­tern 1,75 l Öl. Im Ver­lauf des De­zem­ber 2009 nahm der Öl­ver­brauch im­mer mehr zu. Spä­tes­tens am 23.11.2009 be­an­stan­de­te der Klä­ger den ho­hen Öl­ver­brauch in der Werk­statt der Be­klag­ten. Man ei­nig­te sich, ei­nen Test durch­zu­füh­ren, um den Öl­ver­brauch zu er­mit­teln. Am 23.11.2009 wur­de der Öl­stand auf Ma­xi­mum auf­ge­füllt; am 09.12.2009 war er nach ge­fah­re­nen 552 km wie­der auf Mi­ni­mum. Nach­dem er wie­der auf Ma­xi­mum auf­ge­füllt war, war der Öl­stand am 28.12.2009 nach ge­fah­re­nen 482 Ki­lo­me­tern wie­der­um auf Mi­ni­mum ab­ge­sun­ken. Die Be­klag­te konn­te sich die Ur­sa­che des über­höh­ten Öl­ver­brauchs nicht er­klär­ten. Sie zog den Werks­kun­den­dienst der Fahr­zeug­her­stel­le­rin hin­zu, um das wei­te­re Vor­ge­hen zu er­ör­tern.

Mit An­walts­schrei­ben vom 19.01.2010 er­klär­te der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten, kein In­ter­es­se mehr an dem Fahr­zeug zu ha­ben. Er for­der­te die Be­klag­te auf, ihm Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des ge­lie­fer­ten (man­gel­haf­ten) Pkw ein neu­es Fahr­zeug zu lie­fern.

Am 21.01.2010 riet die Be­klag­te dem Klä­ger, das Au­to zwecks Be­gut­ach­tung durch ei­nen Tech­ni­ker in ih­rer Werk­statt vor­zu­füh­ren. Dies ge­schah auch am 22.01. bzw. 25.01.2010. Nach­dem die Be­klag­te wie­der­um den Grund für den Öl­ver­brauch nicht fin­den konn­te, tausch­te sie den Zy­lin­der­kopf aus. Am 11.02.2010 rief sie den Klä­ger an und er­klär­te ihm, das Fahr­zeug sei re­pa­riert; der Man­gel sei be­ho­ben, es ha­be Pro­ble­me mit den Zy­lin­dern ge­ge­ben. Am 15.02.2010 er­hielt der Klä­ger das Au­to zu­rück. Tat­säch­lich war der Man­gel des über­höh­ten Öl­ver­brauchs nicht be­ho­ben. Nach 510 ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern war der Öl­stand wie­der­um auf Mi­ni­mum ge­sun­ken. Die Ur­sa­che des er­höh­ten Öl­ver­lusts liegt in ei­nem von An­fang an be­ste­hen­den Mo­tor­scha­den.

Der Klä­ger be­haup­tet, bei dem Fahr­zeug sei­en auf je­der Fahrt nach Ab­schal­ten des Mo­tors bis zu zehn Mi­nu­ten di­cke Rauch­wol­ken aus­ge­tre­ten. Dies und den er­höh­ten Öl­ver­brauch ha­be er der Be­klag­ten erst­mals am 30.10.2009 an­ge­zeigt. Be­reits am 31.12.2009 ha­be er der Be­klag­ten mit­ge­teilt, kein In­ter­es­se mehr an dem Fahr­zeug zu ha­ben, und Nach­er­fül­lung in Form der Er­satz­lie­fe­rung ver­langt. Als er das Fahr­zeug der Be­klag­ten auf de­ren Bit­te am 22.01.2010 zur Be­gut­ach­tung zur Ver­fü­gung ge­stellt ha­be, ha­be er aus­drück­lich dar­auf hin­ge­wie­sen, dass er ei­ne Nach­bes­se­rung des Fahr­zeugs ab­leh­ne und Er­satz­lie­fe­rung ver­lan­ge.

Die Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: Dem Klä­ger steht ge­gen die Be­klag­te ein An­spruch auf Neu­lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Pkw Al­fa Ro­meo aus §§ 433 I, 434 I, 437 Nr. 1, § 439 I Fall 2 BGB zu.

Das von dem Klä­ger bei der Be­klag­ten mit Kauf­ver­trag vom 11.08.2009 ge­kauf­te und am 26.10.2009 ge­lie­fer­te Fahr­zeug weist ei­nen Sach­man­gel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf. Wie der Sach­ver­stän­di­ge C fest­ge­stellt hat, er­gibt sich bei dem Wa­gen ein rech­ne­ri­scher Öl­ver­brauch von 1,78 Li­tern auf 1.000 Ki­lo­me­ter, ob­wohl der Be­triebs­an­lei­tung des Fahr­zeugs zu ent­neh­men ist, dass es auf 1.000 Ki­lo­me­ter ei­nen Öl­ver­brauch von le­dig­lich 400 Gramm ha­ben darf. Da­mit ist der Öl­ver­brauch als deut­lich zu hoch an­zu­se­hen. Dies ist zwi­schen den Par­tei­en auch un­strei­tig.

Nach an­fäng­li­chem Be­strei­ten sei­tens der Be­klag­ten ist nun­mehr auch un­strei­tig ge­wor­den, dass der Man­gel an dem Fahr­zeug auch nach dem Re­pa­ra­tur­ver­such durch Aus­tausch ei­nes Zy­lin­der­kopfs am 12.02.2010 noch vor­liegt. Die Streit­ver­kün­de­te hat dies nach Er­lass des Be­weis­be­schlus­ses vom 09.07.2010 mit Schrift­satz vom 26.05.2011 un­strei­tig ge­stellt, die Be­klag­te hat sich die­sen Aus­füh­run­gen der Streit­ver­kün­de­ten mit Schrift­satz vom 07.06.2011 an­ge­schlos­sen. Des­wei­te­ren ha­ben die Be­klag­te und die Streit­ver­kün­de­te hier­mit un­strei­tig ge­stellt, dass die Ur­sa­che für den er­höh­ten Öl­ver­brauch in ei­nem be­reits zum Zeit­punkt der Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger vor­han­de­nen Mo­tor­scha­den zu su­chen ist. Auch zu die­ser Fra­ge soll­te zu­nächst … durch Ein­ho­lung des Gut­ach­tens Be­weis er­ho­ben wer­den. Nach­dem der Sach­ver­stän­di­ge in sei­nem Gut­ach­ten vom 08.12.2010 zu­nächst zur Be­weis­fra­ge Nr. 2, ob der er­höh­te Öl­ver­brauch des Fahr­zeugs noch heu­te vor­lie­ge, Stel­lung ge­nom­men hat­te, ha­ben die Streit­ver­kün­de­te und die Be­klag­te mit Schrift­sät­zen vom 26.05.2011 und 07.06.2011 auf die Be­ant­wor­tung der Be­weis­fra­ge Nr. 1 ver­zich­tet und da­mit un­strei­tig ge­stellt, dass der Man­gel nicht im Nach­hin­ein ent­stan­den ist, son­dern von An­fang an vor­han­den war.

Ge­mäß § 439 I Fall 2 BGB kann der Klä­ger we­gen des Man­gels des ge­kauf­ten Fahr­zeugs die Lie­fe­rung ei­nes neu­en, man­gel­frei­en Pkw ver­lan­gen. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten und der Streit­ver­kün­de­ten muss er sich nicht mit der Re­pa­ra­tur des ge­kauf­ten Fahr­zeugs durch Ein­bau ei­ne neu­en Mo­tors zu­frie­den­ge­ben.

Das Wahl­recht, ob die Nach­er­fül­lung im We­ge der Be­sei­ti­gung des Man­gels oder der Neu­lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che er­folgt, steht ge­mäß § 439 I BGB dem Käu­fer zu. Der Klä­ger hat das ihm zu­ste­hen­de Wahl­recht spä­tes­tens mit An­walts­schrei­ben vom 19.01.2010 so­wie durch Er­he­bung der vor­lie­gen­den Kla­ge aus­ge­übt. Ob er be­reits am 31.12.2009 die Er­satz­lie­fe­rung ei­nes Fahr­zeugs ver­langt hat, was un­ter den Par­tei­en strei­tig ist, ist da­her in die­sem Zu­sam­men­hang un­er­heb­lich.

Der Klä­ger hat sein Wahl­recht nicht da­durch ver­lo­ren, dass er – wie die Be­klag­te be­haup­tet – sich durch sein Ein­ver­ständ­nis mit der Re­pa­ra­tur im We­ge des Aus­tauschs des Zy­lin­der­kopfs für die Art der Nach­er­fül­lung durch Be­sei­ti­gung des Man­gels ent­schie­den hät­te. Auf die Ent­schei­dung der un­ter den Par­tei­en strei­ti­gen Fra­ge, ob sich der Klä­ger tat­säch­lich mit die­ser Re­pa­ra­tur ein­ver­stan­den er­klärt hat, kommt es nicht an. Denn selbst wenn dies der Fall ge­we­sen wä­re, wä­re der Klä­ger an ei­ne dies­be­züg­li­che Ver­ein­ba­rung mit der Be­klag­ten bzw. an ei­ne Ein­ver­ständ­nis­er­klä­rung mit ei­ner Re­pa­ra­tur nicht mehr ge­bun­den. In Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur ist um­strit­ten, ob ein Käu­fer über­haupt an ei­ne ein­mal ge­trof­fe­ne Wahl über die Art der Nach­er­fül­lung ge­bun­den ist (vgl. Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 10. Aufl., Rn. 337). Nach ei­ner dif­fe­ren­zier­ten Auf­fas­sung, die den bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen der Kauf­ver­trags­par­tei­en am bes­ten Rech­nung trägt und der sich das Ge­richt da­her an­schließt, kann der Käu­fer sei­ne Wahl grund­sätz­lich je­der­zeit än­dern, grund­sätz­lich al­ler­dings nur so lan­ge, wie der Ver­käu­fer mit der Durch­füh­rung der ge­wähl­ten Art der Nach­er­fül­lung noch nicht be­gon­nen hat. Auch an ei­ne zwi­schen Käu­fer und Ver­käu­fer ge­trof­fe­ne Ver­ein­ba­rung über die Art der Nach­er­fül­lung ist der Käu­fer grund­sätz­lich ge­bun­den (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 337, 340). Et­was an­de­res gilt aber dann, wenn die ge­wähl­te oder ver­ein­bar­te Art der Nach­er­fül­lung miss­lingt. In ei­nem sol­chen Fall kann der Käu­fer wie­der auf die an­de­re Art der Nach­er­fül­lung über­ge­hen (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 337, 340). Dies ist hier der Fall. Wie durch das Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen C vom 08.12.2010 be­wie­sen und so­dann auch un­strei­tig ge­wor­den ist, liegt der Man­gel des er­höh­ten Öl­ver­brauchs bei dem Fahr­zeug nach wie vor vor. Der Re­pa­ra­tur­ver­such vom 12.02.2010 hat da­mit kei­nen Er­folg ge­habt. Da­her kann dem Klä­ger als Käu­fer nicht mehr an­ge­son­nen wer­den, sich an der von der Be­klag­ten be­haup­te­ten, ur­sprüng­lich ge­wähl­ten bzw. ver­ein­bar­ten Art der Nach­er­fül­lung durch Nach­bes­se­rung fest­hal­ten zu las­sen. Der Klä­ger ist in sei­ner Wahl wie­der frei und kann nun­mehr die Nach­lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs ver­lan­gen.

Die Be­klag­te kann die Neu­lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs nicht un­ter Be­ru­fung auf § 439 III BGB ver­wei­gern, weil die­se nur mit un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten mög­lich sei. Die von ihr in­so­weit er­ho­be­ne Ein­re­de, für de­ren tat­säch­li­che Vor­aus­set­zun­gen sie dar­le­gungs­pflich­tig ist, hat kei­nen Er­folg. Die Be­klag­te und die Streit­ver­kün­de­te ha­ben … kei­ner­lei sub­stan­zi­ier­te Tat­sa­chen vor­ge­tra­gen, die den für die Fest­stel­lung ei­ner Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Nach­er­fül­lungs­kos­ten i. S. von § 439 III BGB er­for­der­li­chen Kos­ten­ver­gleich er­mög­li­chen könn­ten. Das Vor­brin­gen bei­der er­schöpft sich in dem pau­scha­len Hin­weis, die Kos­ten für die vom Klä­ger ge­wünsch­te Art der Nach­er­fül­lung lä­gen bei über 10 % (Be­klag­te) bzw. über 20 % (Streit­ver­kün­de­te) der Kos­ten, die durch ei­ne Be­sei­ti­gung des Man­gels an­fal­len wür­den. Die­se An­ga­ben ge­nü­gen nicht, um den er­for­der­li­chen Kos­ten­ver­gleich an­stel­len zu kön­nen. Die Be­klag­te und die Streit­ver­kün­de­te tei­len kei­ner­lei Ein­zel­hei­ten zu den durch die je­wei­li­ge Art der Nach­er­fül­lung an­fal­len­den Kos­ten mit, auf de­nen die von ih­nen an­ge­ge­be­nen Pro­zent­zah­len be­ru­hen sol­len. Es fehlt da­her jeg­li­che tat­säch­li­che Grund­la­ge so­wohl für die so­ge­nann­te „ab­so­lu­te Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keits­kon­trol­le“ als auch für ei­ne „re­la­ti­ve Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­kon­trol­le“. Ers­te­re be­steht in dem Ver­gleich des Werts der Sa­che in man­gel­frei­em Zu­stand und der Be­deu­tung des Man­gels mit den durch die Nach­er­fül­lung ent­ste­hen­den Kos­ten. Wäh­rend sich der Wert der Sa­che im man­gel­frei­en Zu­stand noch auf­grund des zwi­schen den Par­tei­en ver­ein­bar­ten Kauf­prei­ses er­schlie­ßen lässt, fehlt es hin­sicht­lich der durch die Nach­er­fül­lung ent­ste­hen­den Kos­ten an jeg­li­chen kon­kre­ten An­ga­ben der Be­klag­ten.

Wel­che Kos­ten­po­si­tio­nen hier­zu kon­kret vor­zu­tra­gen sind, lässt sich bei­spiels­wei­se dem – von der Streit­ver­kün­de­te selbst zi­tier­ten – Ur­teil des LG Ell­wan­gen vom 13.12.2002 (3 O 219/02, NJW 2003, 517, 518) ent­neh­men. So be­darf es et­wa An­ga­ben zu dem Lis­ten­preis ei­nes neu­en Fahr­zeugs der glei­chen Bau­rei­he, zu Auf­prei­sen für Ex­tras, zu dem in Ab­zug zu brin­gen­den Händ­ler­ra­batt und zum Wert­ver­lust des ge­kauf­ten Fahr­zeugs. Ins­be­son­de­re auch die letz­te An­ga­be ist er­for­der­lich, da bei den Kos­ten der Neu­be­schaf­fung auch die Vor­tei­le ge­gen­ge­rech­net wer­den müs­sen, die dem Ver­käu­fer durch den Rück­erhalt des ver­kauf­ten Fahr­zeugs und des­sen dann mög­li­chen Wei­ter­ver­kauf ent­ste­hen.

Erst recht ist ei­ne re­la­ti­ve Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­kon­trol­le auf­grund der un­zu­rei­chen­den An­ga­ben der Be­klag­ten nicht mög­lich. In­so­weit sind die durch die vom Klä­ger ge­wünsch­te Neu­lie­fe­rung ei­nes Fahr­zeugs ent­ste­hen­den Kos­ten den Kos­ten ge­gen­über­zu­stel­len, die durch ei­ne Nach­bes­se­rung in Form der Re­pa­ra­tur ent­ste­hen wür­den. Nach den hier­zu in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur ver­tre­te­nen, in Ein­zel­hei­ten dif­fe­rie­ren­den Auf­fas­sun­gen stel­len die Kos­ten ei­ner Neu­lie­fe­rung nur dann ei­nen un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Auf­wand dar, wenn sie im Rah­men ei­nes an­zu­stel­len­den „in­ter­nen Ver­gleichs“ die Kos­ten der Nach­bes­se­rung um 10 % bis 30 % über­stei­gen (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 445, 446; LG Ell­wan­gen, Urt. v. 13.12.2002 – 3 O 219/02, NJW 2003, 517, 518). Zur Durch­füh­rung die­ses in­ter­nen Ver­gleichs sind ne­ben den be­reits auf­ge­führ­ten Kos­ten der Neu­lie­fe­rung auch die durch ei­ne Nach­bes­se­rung an­fal­len­den Kos­ten mit­zu­tei­len. Zu den durch den von der Streit­ver­kün­de­ten an­ge­bo­te­nen Ein­bau ei­nes neu­en Mo­tors in das ge­kauf­te Fahr­zeug an­fal­len­den Kos­ten tra­gen die Be­klag­te und die Streit­ver­kün­de­te nicht ein­mal an­satz­wei­se ir­gend­et­was vor.

Ab­ge­se­hen hier­von schei­tert die von der Be­klag­ten er­ho­be­ne Ein­re­de des § 439 III BGB aber auch aus ei­nem wei­te­ren Grund. Bei der Be­ur­tei­lung der Fra­ge, ob die vom Käu­fer ge­wähl­te Art der Nach­er­fül­lung un­ver­hält­nis­mä­ßi­ge Kos­ten ver­ur­sacht, ist nach § 439 III 2 BGB ne­ben dem Wert der Sa­che in man­gel­frei­em Zu­stand und der Be­deu­tung des Man­gels auch zu be­rück­sich­ti­gen, ob auf die an­de­re Art der Nach­er­fül­lung oh­ne er­heb­li­che Nach­tei­le für den Käu­fer zu­rück­ge­grif­fen wer­den könn­te. Ne­ben dem Kos­ten­ver­gleich spielt so­mit auch das In­ter­es­se des Käu­fers an der Neu­lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs ei­ne Rol­le. Be­steht ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se des Käu­fers dar­an, dass die von ihm ver­lang­te Va­ri­an­te der Nach­er­fül­lung ver­wirk­licht wird, ist dies dem Ver­käu­fer auch dann zu­zu­mu­ten, wenn sie hö­he­re Kos­ten als die an­de­re Art der Nach­er­fül­lung ver­ur­sacht (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 426). In die­sem Zu­sam­men­hang ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass es sich bei ei­nem er­heb­lich über­höh­ten Öl­ver­brauch ei­nes Mo­tors um ei­nen we­sent­li­chen Man­gel han­delt. Er hat zur Fol­ge, dass der Klä­ger per­ma­nent auf den Öl­ver­brauch des Mo­tors ach­ten muss­te. An­ge­sichts der Tat­sa­che, dass es sich bei dem ge­kauf­ten Au­to um ein Neu­fahr­zeug han­delt, ist es als nicht hin­nehm­bar zu er­ach­ten, dass sich der Klä­ger bei ei­nem der­ar­ti­gen Man­gel mit ei­nem Aus­tausch des Mo­tors zu­frie­den­ge­ben muss (eben­so OLG Cel­le, Urt. v. 28.06.2006 – 7 U 235/05, NJW-RR 2007, 353, 354). Hier­bei kann zu­guns­ten der Be­klag­ten un­ter­stellt wer­den, dass der Ein­bau ei­nes werks­neu­en Mo­tors, wie ihn die Streit­ver­kün­de­te dem Klä­ger an­ge­bo­ten hat, da­zu führt, dass das Neu­fahr­zeug tech­nisch kei­nen Wert­ver­lust er­lei­det, weil ein Fahr­zeug mit ei­nem nach­träg­lich ein­ge­bau­ten werks­neu­en Mo­tor gleich­wer­tig ist mit ei­nem Fahr­zeug mit dem ur­sprüng­li­chen Mo­tor, wie dies der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te der Streit­ver­kün­de­ten in der Ver­hand­lung vom 29.07.2011 münd­lich vor­ge­tra­gen hat. Denn selbst wenn ein Fahr­zeug mit dem ers­ten Mo­tor und ein Fahr­zeug mit ei­nem nach­träg­lich ein­ge­bau­ten neu­en Mo­tor, an­ders als et­wa im Fal­le ei­nes Aus­tausch­mo­tors, tech­nisch als gleich­wer­tig an­zu­se­hen sind, bleibt nach Auf­fas­sung des Ge­richts den­noch ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert, der dar­aus re­sul­tiert, dass im Ver­kehr ei­ne Sa­che, die ein­mal ei­nen gra­vie­ren­den Man­gel auf­ge­wie­sen hat und dann re­pa­riert wor­den ist, in ih­rer Wert­schät­zung ge­rin­ger be­wer­tet wird als ei­ne von An­fang an man­gel­freie Sa­che. Bei ei­nem et­wai­gen spä­te­ren Wei­ter­ver­kauf des Fahr­zeugs könn­te sich dies in dem zu er­zie­len­den Ver­kaufs­er­lös nie­der­schla­gen.

Fer­ner war an­trags­ge­mäß fest­zu­stel­len, dass sich die Be­klag­te mit der An­nah­me des ihr vom Klä­ger ge­mäß §439 IV BGB i. V. mit §§ 346, 348 BGB zu­rück­zu­über­eig­nen­den Fahr­zeugs in An­nah­me­ver­zug be­fin­det. Der Klä­ger hat der Be­klag­ten die Rück­ga­be des man­gel­haf­ten Pkw mit An­walts­schrei­ben vom 19.01.2010 ge­mäß §§ 293, 295 BGB in ei­ner den An­nah­me­ver­zug be­grün­den­den Wei­se an­ge­bo­ten. Das hier­in lie­gen­de wört­li­che An­ge­bot ge­nüg­te, weil zur Be­wir­kung der Rück­nah­me und Über­eig­nung ei­ne Hand­lung der Be­klag­ten als Gläu­bi­ge­rin er­for­der­lich ist. Der Ver­käu­fer muss, da dem Käu­fer durch die Rück­nah­me kei­ne wei­te­ren Un­an­nehm­lich­kei­ten ent­ste­hen dür­fen, ge­mäß § 439 II, IV BGB für den Rück­trans­port des man­gel­haf­ten Fahr­zeugs Sor­ge tra­gen und zu­dem an der Rück­über­eig­nung durch Ab­ga­be ei­ner ent­spre­chen­den Wil­lens­er­klä­rung mit­wir­ken.

Der Fest­stel­lungs­an­trag (Kla­ge­an­trag zu 2) ist – iso­liert be­trach­tet – zwar un­voll­stän­dig for­mu­liert, da aus ihm nicht her­vor­geht, wo­mit sich die Be­klag­te in An­nah­me­ver­zug be­fin­den soll. Er ist je­doch, wie je­der Kla­ge­an­trag, der Aus­le­gung zu­gäng­lich, die sich an dem ob­jek­ti­ven, dem Emp­fän­ger ver­nünf­ti­ger­wei­se er­kenn­ba­ren Sinn ori­en­tiert. Da die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zu­ges der Er­leich­te­rung der spä­te­ren Zwangs­voll­stre­ckung die­nen soll (§ 756 I ZPO), be­steht kein Zwei­fel, dass der Klä­ger den An­nah­me­ver­zug der Be­klag­ten hin­sicht­lich der von ihm zu er­brin­gen­den Ge­gen­leis­tung fest­ge­stellt wis­sen woll­te. …

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