1. Ein Neu­wa­gen ist we­gen sei­nes Kraft­stoff­ver­brauchs je­den­falls dann i. S. von § 434 I 2 Nr. 2, Satz 3 BGB man­gel­haft, wenn der Kraft­stoff­ver­brauch um mehr als 4 % zum Nach­teil des Käu­fers von den Her­stel­ler­an­ga­ben ab­weicht (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 18.08.2008 – I-1 U 238/07).
  2. We­gen ei­nes Man­gels, der dar­in be­steht, dass ein Neu­wa­gen mehr Kraft­stoff ver­braucht als vom Her­stel­ler an­ge­ge­ben, kommt ei­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses – an­ders als ein Rück­tritt vom Kauf­ver­trag (vgl. BGH, Beschl. v. 08.05.2007 – VI­II ZR 19/05 Rn. 3 f.) – auch dann in Be­tracht, wenn die Ab­wei­chung we­ni­ger als 10 % be­trägt (§ 441 I 2 BGB i. V. mit § 323 V 2 BGB).

LG Ra­vens­burg, Ur­teil vom 04.05.2009 – 6 O 473/08

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von der Be­klag­ten am 02.11.2007 ei­nen Pkw VW Po­lo zum Preis von 12.990 €. Bei dem als Neu­wa­gen ver­kauf­ten Fahr­zeug han­delt es sich um ei­nen „Re­import“.

Nach­dem der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten ei­nen um 45 % er­höh­ten Kraft­stoff­ver­brauch ge­rügt hat­te, wur­de in ei­nem Au­to­haus der Feh­ler­spei­cher oh­ne Be­fund aus­ge­le­sen. An­schlie­ßend – mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 13.03.2008 – for­der­te der Klä­ger die Be­klag­te auf, den Pkw bis zum 20.03.2008 nach­zu­bes­sern. Die Be­klag­te schlug dar­auf­hin un­ter dem 01.04.2008 vor, den Kraft­stoff­ver­brauch durch ei­ne TÜV-Ver­brauchs­mes­sung fest­zu­stel­len. Zu­gleich wies sie dar­auf hin, dass nach der Recht­spre­chung des BGH der Käu­fer dem Ver­käu­fer die die­sem durch ein un­be­rech­tig­tes Man­gel­be­sei­ti­gungs­ver­lan­gen ent­stan­den Kos­ten als Scha­den zu er­set­zen ha­be.

Der Klä­ger lei­te­te schließ­lich mit An­trag vom 24.04.2008 ein selbst­stän­di­ge Be­weis­ver­fah­ren ein. In die­sem Ver­fah­ren, das ei­ne Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags vor­be­rei­ten soll­te, trug die Be­klag­te mit Schrift­satz vom 29.04.2008 – wie auch im spä­te­ren Kla­ge­ver­fah­ren – vor, dass hin­sicht­lich des be­haup­te­ten Man­gels ei­ne Nach­bes­se­rung un­mög­lich sei. Ei­ne im selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren durch den TÜV Süd vor­ge­nom­me­ne Mes­sung des Kraft­stoff­ver­brauchs nach der Richt­li­nie 80/1268/EWG er­gab, dass der Kraft­stoff­ver­brauch um 9,4 % (Test­zy­klus in­ner­orts) bzw. um 5 % (Test­zy­klus au­ßer­orts) bzw. um 7,8 % (kom­bi­niert) über den Her­stel­ler­an­ga­ben liegt. Das ei­nem Mehr­ver­brauch von 0,45 l/100 km ent­spricht.

Ge­stützt dar­auf hat der Klä­ger den Kauf­preis um 1.000 € ge­min­dert und die Be­klag­te auf Zah­lung die­ses Be­trags nebst Zin­sen so­wie auf Er­satz vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten in An­spruch ge­nom­men. Die Be­klag­te hat ge­meint, An­sprü­che we­gen des Kraft­stoff­ver­brauchs kön­ne der Klä­ger al­len­falls ge­gen die Fahr­zeug­her­stel­le­rin aus ei­nem Ga­ran­tie­ver­spre­chen gel­tend ma­chen. Sie hat be­haup­tet, dass sie ei­ne Nach­bes­se­rung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs nie ab­ge­lehnt ha­be. Au­ßer­dem – so hat die Be­klag­te gel­tend ge­macht – recht­fer­ti­ge der fest­ge­stell­te Kraft­stoff­mehr­ver­brauch we­der ei­nen Rück­tritt vom Kauf­ver­trag noch ei­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses, weil in­so­weit al­len­falls ein ge­ring­fü­gi­ger Man­gel vor­lie­ge. Je­den­falls sei der Kauf­preis nicht um 1.000 € her­ab­zu­set­zen, zu­mal das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug nur ei­nen Neu­wert von 16.000 € ha­be.

Die Kla­ge hat­te nur zum Teil Er­folg.

Aus den Grün­den: Die Kla­ge ist teil­wei­se be­grün­det. Der Klä­ger kann den Kauf­preis ge­mäß § 434 I 2 Nr.2, Satz 3, § 437 Nr. 2 Fall 2, § 441 BGB um 500 € min­dern.

1. Weicht der Kraft­stoff­ver­brauch ei­nes ver­kauf­ten Neu­fahr­zeugs von den Her­stel­ler­an­ga­ben beim Kom­bi-Wert um 7,8 % ab, so stellt dies ei­nen Sach­man­gel ge­mäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB i. V. mit § 434 I 3 BGB dar (OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 18.08.2008 – I-1 U 238/07). Auch wenn Feh­ler­to­le­ran­zen bei der Her­stel­lung von 2 % so­wie Mes­sun­ge­nau­ig­kei­ten von bis zu 2 % hin­zu­neh­men sind, so ist hier mit ei­ner Ab­wei­chung von 7,8 % der für die Fest­le­gung der Man­gel­haf­tig­keit maß­ge­ben­de Wert deut­lich über­schrit­ten. Man­gel i. S. des § 434 I BGB ist be­reits die Ab­wei­chung als sol­che, un­ab­hän­gig da­von, ob die­se ei­nen wei­te­ren tech­ni­schen Feh­ler als Ur­sa­che hat oder nicht.

Ge­mäß § 441 I 2 BGB i. V. mit § 323 V 2 BGB ist ei­ne Min­de­rung auch mög­lich, wenn der Man­gel un­er­heb­lich ist und die Ab­wei­chung des Kraft­stoff­ver­brauchs die vom BGH auf­ge­stell­te Er­heb­lich­keits­gren­ze von 10 % nicht er­reicht.

Die ge­setz­li­chen Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che be­ste­hen ne­ben mög­li­chen Ga­ran­tie­an­sprü­chen und rich­ten sich ge­gen den Ver­käu­fer. Es ist des­halb un­er­heb­lich, ob es ei­ne Ga­ran­tie­zu­sa­ge des Her­stel­lers gibt.

2. Die Min­de­rung ist nicht des­halb aus­ge­schlos­sen, weil zu­vor nicht er­folg­los ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt wor­den wä­re. Die Be­klag­te hat die Nach­er­fül­lung zwar nicht im Schrei­ben vom 01.04.2008 ver­wei­gert, in­dem sie kor­rek­ter­wei­se auf die Recht­spre­chung des BGH ver­wie­sen hat, dass bei ei­nem un­be­rech­tig­ten Man­gel­be­sei­ti­gungs­ver­lan­gen der Käu­fer Un­ter­su­chungs­kos­ten zu tra­gen ha­be. In­dem die Be­klag­te je­doch im Schrift­satz vom 29.04.2008 … aus­ge­führt hat, ei­ne Nach­bes­se­rung sei un­mög­lich, und im strei­ti­gen Ver­fah­ren im Schrift­satz vom 20.01.2009 wie­der­holt hat, am Ver­brauch ei­nes Fahr­zeugs las­se sich nichts mehr än­dern, hat sie zum Aus­druck ge­bracht, dass ein Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen sinn­los ist, weil ei­ne Nach­bes­se­rung kei­nen Er­folg brin­gen wer­de. Dies ent­spricht ei­ner end­gül­ti­gen Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung. Zu­min­dest ist es treu­wid­rig, ei­ne Nach­er­fül­lungs­auf­for­de­rung als Vor­aus­set­zung ei­ner Min­de­rung zu for­dern, wenn gleich­zei­tig be­haup­tet wird, ei­ne Nach­bes­se­rung sei un­mög­lich.

3. Die Hö­he der Min­de­rung wird auf der Grund­la­ge der Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. B ge­mäß § 287 ZPO auf 500 € ge­schätzt. Aus­gangs­punkt ist der Ver­kaufs­preis des Fahr­zeugs, wel­cher dem Ver­kehrs­wert ent­sprach. Im Hin­blick auf ei­nen mög­li­chen Wei­ter­ver­kauf kann der Wert ei­nes Fahr­zeugs, das ei­nen Kraft­stoff­ver­brauch über den Her­stel­ler­an­ga­ben auf­weist, her­ab­ge­setzt sein. Da der Kauf­preis beim Wei­ter­ver­kauf vom Ver­hand­lungs­ge­schick der Ver­trags­par­tei­en ab­hängt, kann sich der Min­der­wert zwi­schen 0 € – bei In­zah­lung­ga­be an den Händ­ler – und 1.000 € be­we­gen. Der Min­der­wert wird des­halb auf 500 € ge­schätzt.

4. Die Ne­ben­an­sprü­che sind ge­mäß §§ 280 I, 291 BGB be­grün­det. Der An­spruch auf Er­satz vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten ist nur aus ei­nem Ge­gen­stands­wert von 500 € zu be­rech­nen.

5. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 92 ZPO. Da­bei wur­de be­rück­sich­tigt, dass die Ver­fah­rens­ge­büh­ren der Rechts­an­wäl­te im selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren, die auf die Ver­fah­rens­ge­büh­ren im strei­ti­gen Ver­fah­ren an­ge­rech­net wer­den, we­gen des hö­he­ren Streit­werts von 13.000 € um cir­ca 84 % hö­her wa­ren, als sie bei ei­nem Streit­wert von 1.000 € ge­we­sen wä­ren; die ei­ne Ge­richts­ge­bühr im selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren, die nicht auf die spä­te­ren Ge­richts­ge­büh­ren des strei­ti­gen Ver­fah­rens an­ge­rech­net wird, war um cir­ca 75 % hö­her. Die­se Über­hö­hung hat der Klä­ger zu tra­gen, da er sein Ziel ei­ner Rück­ab­wick­lung nicht er­rei­chen konn­te. Die üb­ri­gen Kos­ten, auch die Aus­la­gen für das Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten im selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren, sind un­ab­hän­gig vom ur­sprüng­li­chen Ziel der Rück­ab­wick­lung an­ge­fal­len. …

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