1. Zur Aus­le­gung der An­ga­be „Un­fall­schä­den lt. Vor­be­sit­zer: Nein“ beim Kauf ei­nes Ge­braucht­wa­gens von ei­nem Fahr­zeug­händ­ler.
  2. Die „Pflicht­ver­let­zung“, die in der Lie­fe­rung ei­nes Ge­braucht­wa­gens mit dem un­be­heb­ba­ren Man­gel der Ei­gen­schaft als Un­fall­wa­gen liegt, ist i. S. von § 323 V 2 BGB un­er­heb­lich, wenn sich der Man­gel al­lein in ei­nem mer­kan­ti­len Min­der­wert des Fahr­zeugs aus­wirkt und die­ser we­ni­ger als 1 % des Kauf­prei­ses be­trägt (im An­schluss an Se­nat, Urt. v. 14.09.2005 – VI­II ZR 363/04, WM 2005, 2293, und Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53).

BGH, Ur­teil vom 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ver­langt von der Be­klag­ten, ei­ner frei­en Kraft­fahr­zeug­händ­le­rin, die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ei­nen Ge­braucht­wa­gen.

Mit Ver­trag vom 24.05.2004 kauf­te der Klä­ger von der Be­klag­ten ei­nen ge­brauch­ten Pkw M mit Erst­zu­las­sung am 25.07.2001 und ei­ner Lauf­leis­tung von 54.159 km zum Preis von 24.990 €. In dem Be­stell­for­mu­lar ist in der Ru­brik „Un­fall­schä­den lt. Vor­be­sit­zer“ ma­schi­nen­schrift­lich „Nein“ ein­ge­tra­gen. Die Be­klag­te hat­te das Fahr­zeug ih­rer­seits mit ent­spre­chen­der An­ga­be von ei­ner M-Ver­tre­tung an­ge­kauft. Im Au­gust 2004 woll­te der Klä­ger das Fahr­zeug wei­ter­ver­kau­fen. Da­bei stell­te sich her­aus, dass der Wa­gen am Heck ei­nen Un­fall­scha­den er­lit­ten hat­te. Mit An­walts­schrei­ben vom 13.08.2004 er­klär­te der Klä­ger den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Da­mit war die Be­klag­te, die ei­ne Re­pa­ra­tur an­bot, nicht ein­ver­stan­den.

Nach Durch­füh­rung ei­nes selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens hat der Klä­ger die Be­klag­te in dem vor­lie­gen­den Rechts­streit auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses und Er­stat­tung der Zu­las­sungs­kos­ten Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs und des zu­ge­hö­ri­gen Fahr­zeug­briefs in An­spruch ge­nom­men. Un­ter Ab­zug ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung hat er zu­letzt Zah­lung von 23.670,56 € nebst Zin­sen be­gehrt. Das Land­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Das Ober­lan­des­ge­richt hat sie auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hin ab­ge­wie­sen. Die Re­vi­si­on des Klä­gers hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: [6]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat aus­ge­führt:

[7]    Ein Sach­man­gel lie­ge nicht schon des­halb vor, weil das Kraft­fahr­zeug ei­nen Un­fall­scha­den er­lit­ten ha­be. Nach § 434 I BGB sei ent­schei­dend die Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung. Im Kraft­fahr­zeug­han­del sei zu dif­fe­ren­zie­ren zwi­schen Wa­gen aus ers­ter Hand, die pri­vat ver­kauft wür­den, und Händ­ler­fahr­zeu­gen. Bei ei­nem pri­vat ver­kauf­ten Fahr­zeug aus ers­ter Hand mö­ge – je nach Ge­stal­tung des Ein­zel­falls – un­ter Um­stän­den still­schwei­gend ver­ein­bart sein, dass das Fahr­zeug un­fall­frei sei. An­ders ver­hal­te es sich aber bei ei­nem Ver­kauf durch ei­nen Händ­ler, der be­züg­lich der Un­fall­frei­heit kei­ne ei­ge­nen Kennt­nis­se ha­be, ins­be­son­de­re dann, wenn der Kauf­ver­trag die An­ga­be „lt. Vor­be­sit­zer“ ent­hal­te. Dann be­zie­he sich der Ver­käu­fer er­sicht­lich auf die An­ga­ben des Vor­be­sit­zers. Es han­de­le sich um ei­ne Wis­sens­er­klä­rung, für die der Ver­käu­fer nicht ein­ste­hen wol­le. Das gel­te je­den­falls für das streit­ge­gen­ständ­li­che fast drei Jah­re al­te Kraft­fahr­zeug mit ei­ner Lauf­leis­tung von mehr als 50.000 km.

[8]    Die Be­klag­te ha­be die Un­fall­ei­gen­schaft auch nicht arg­lis­tig ver­schwie­gen (§ 444 Fall 1 BGB). Bei ihr sei­en Lack­schä­den, die auf ei­nen Un­fall hin­deu­ten könn­ten, nicht auf­ge­fal­len. Zu ei­ner ge­ziel­ten Un­ter­su­chung auf Un­fall­schä­den sei sie da­her nicht ver­pflich­tet ge­we­sen. Die Be­klag­te ha­be das Fahr­zeug le­dig­lich im Zu­ge ei­ner „An­kaufs­in­spek­ti­on“ von ei­ner frem­den Werk­statt über­prü­fen las­sen. Ein et­wai­ges Ver­schul­den die­ser Werk­statt müs­se sie sich nicht ge­mäß § 278 BGB an­rech­nen las­sen, da die Werk­statt nicht ih­re Er­fül­lungs­ge­hil­fin sei.

[9]    II. Die­se Be­ur­tei­lung hält der re­vi­si­ons­recht­li­chen Nach­prü­fung nicht stand.

[10]   1. Mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­nen Be­grün­dung kann der von dem Klä­ger ge­gen die Be­klag­te gel­tend ge­mach­te An­spruch aus der kauf­recht­li­chen Sach­män­gel­haf­tung auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags vom 24.05.2004 nicht ver­neint wer­den. Auf der Grund­la­ge des in der Re­vi­si­ons­in­stanz zu­grun­de zu le­gen­den Sach- und Streit­stan­des hat das Be­ru­fungs­ge­richt zu Un­recht an­ge­nom­men, dass der Klä­ger nicht zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag (§ 437 Nr. 2 Fall 1, § 326 V, § 323 BGB) be­rech­tigt sei, weil das ge­kauf­te Fahr­zeug kei­nen Sach­man­gel (§ 434 BGB) auf­wei­se.

[11]   Das Be­ru­fungs­ge­richt ist ge­mäß dem Vor­trag des Klä­gers – still­schwei­gend – da­von aus­ge­gan­gen, dass das Fahr­zeug be­reits bei Ge­fahr­über­gang durch Über­ga­be an den Klä­ger (§ 446 BGB) den spä­ter fest­ge­stell­ten Un­fall­scha­den an der Heck­klap­pe auf­wies. Hier­in hat es je­doch bei dem hier ge­ge­be­nen Kauf ei­nes Ge­braucht­wa­gens vom Händ­ler ins­be­son­de­re we­gen der An­ga­be der Be­klag­ten im Be­stell­for­mu­lar „Un­fall­schä­den lt. Vor­be­sit­zer: Nein“ kei­nen Sach­man­gel ge­se­hen. Das ist, wie die Re­vi­si­on mit Recht be­an­stan­det, rechts­feh­ler­haft.

[12]   a) Zu­tref­fend hat das Be­ru­fungs­ge­richt al­ler­dings an­ge­nom­men, dass sich aus der An­ga­be der Be­klag­ten im Be­stell­for­mu­lar „Un­fall­schä­den lt. Vor­be­sit­zer: Nein“ kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung (§ 434 I 1 BGB) er­gibt, son­dern dass es sich hier­bei le­dig­lich um ei­ne Wis­sens­er­klä­rung oder Wis­sens­mit­tei­lung han­delt, mit der die Be­klag­te die An­ga­ben des Vor­be­sit­zers wie­der­gibt. Der Se­nat kann die vom Be­ru­fungs­ge­richt vor­ge­nom­me­ne Aus­le­gung der ge­nann­ten An­ga­be, die in die­ser oder ähn­li­cher Form im Ge­braucht­wa­gen­han­del auch über den Be­zirk des Be­ru­fungs­ge­richts hin­aus ge­macht wird (vgl. Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 9. Aufl., Rn. 1389 m. w. Nachw.), im In­ter­es­se ei­ner ein­heit­li­chen Hand­ha­bung und da­mit der Rechts­si­cher­heit un­ein­ge­schränkt über­prü­fen (vgl. BGH, Urt. v. 21.04.1993 – VI­II ZR 113/92, BGHZ 122, 256, 260 f.; BGHZ 128, 307, 309; Se­nat, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 180/05, WM 2006, 2008 = NJW 2006, 2694 [un­ter II 1 a]).

[13]   aa) Zu­nächst liegt kei­ne po­si­ti­ve Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung des In­halts vor, dass das ver­kauf­te Fahr­zeug un­fall­frei ist. Wer sich, wie die Be­klag­te, im Rah­men von Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen für ei­ne Aus­sa­ge aus­drück­lich auf ei­ne be­stimm­te Quel­le be­zieht, bringt da­mit hin­rei­chend deut­lich zum Aus­druck, wo­her er die An­ga­be ent­nom­men hat, und dass es sich da­bei nicht um ei­ge­nes Wis­sen han­delt. An­ge­sichts des­sen kann der Käu­fer nicht er­war­ten, der Ver­käu­fer wol­le in ver­trags­mä­ßig bin­den­der Wei­se die Haf­tung für die Rich­tig­keit der An­ga­be über­neh­men und für die Fol­gen des Feh­lens der be­tref­fen­den Ei­gen­schaft ein­ste­hen. Aus die­sem Grun­de hat der Se­nat un­ter der Gel­tung des al­ten Kauf­rechts beim Ge­braucht­wa­gen­han­del die in dem Be­stell­for­mu­lar ent­hal­te­ne An­ga­be der PS-Zahl mit dem der Ein­schrän­kung „lt. Vor­be­sit­zer“ ver­gleich­ba­ren Zu­satz „lt. Fz.-Brief“ nicht als Zu­si­che­rung ei­ner Ei­gen­schaft der Kauf­sa­che i. S. von § 459 II BGB a.F. an­ge­se­hen (BGH, Urt. v. 04.06.1997 – VI­II ZR 243/96, BGHZ 135, 393, 398; vgl. auch Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1389 mit Wie­der­ga­be nicht ver­öf­fent­lich­ter Recht­spre­chung ver­schie­de­ner Ober­lan­des­ge­rich­te). Aus dem glei­chen Grund ist nach der Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung nicht nur ei­ne Be­schaf­fen­heits­ga­ran­tie (§ 443 I Fall 1, § 444 Fall 2 BGB) zu ver­nei­nen, die ei­ne Ei­gen­schafts­zu­si­che­rung nach al­tem Kauf­recht zu­min­dest mit ein­schließt (BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86, 91 f. m. w. Nachw.), son­dern auch ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung. So­weit der Se­nat ei­ne sol­che dem­ge­gen­über un­ter der Gel­tung des al­ten Kauf­rechts trotz der Ein­schrän­kung „lt. Fz.-Brief“ oder „lt. Vor­be­sit­zer“ be­jaht hat (BGH, Urt. v. 04.06.1997 – VI­II ZR 243/96, BGHZ 135, 393, 400; Urt. v. 31.01.1996 – VI­II ZR 297/94, WM 1996, 824 = NJW 1996, 1205 [un­ter II 1], hält er hier­an nicht mehr fest. Sei­ner­zeit kam der An­nah­me ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung kei­ne er­heb­li­che Be­deu­tung zu, da in­so­weit ein Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss zu­läs­sig war und ein sol­cher beim Ge­braucht­wa­gen­han­del schon als „Ge­bot der wirt­schaft­li­chen Ver­nunft“ (Se­nat, Urt. v. 05.07.1978 – VI­II ZR 172/77, WM 1978, 1172 [un­ter II 3]) üb­li­cher­wei­se auch ver­ein­bart wur­de. Das hat sich mit der Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung in­so­fern ge­än­dert, als nun­mehr bei dem für den Ge­braucht­wa­gen­han­del ty­pi­schen Ver­brauchs­gü­ter­kauf (§ 474 I BGB) ein Aus­schluss der Män­gel­haf­tung (§ 437 BGB) im Kauf­ver­trag ge­mäß § 475 I BGB nicht mehr mög­lich ist. Da­nach kommt die An­nah­me der Ver­ein­ba­rung ei­ner Be­schaf­fen­heit, für de­ren Feh­len der Ver­käu­fer nach Maß­ga­be des § 437 BGB haf­tet, nicht mehr „im Zwei­fel“ (BGH, Urt. v. 04.06.1997 – VI­II ZR 243/96, BGHZ 135, 393, 400), son­dern nur noch in ei­nem ein­deu­ti­gen Fall in Be­tracht. Ein sol­cher ist hier nicht ge­ge­ben. Wie dar­ge­legt spricht die Ein­schrän­kung „lt. Vor­be­sit­zer“ viel­mehr er­kenn­bar da­für, dass die Be­klag­te nicht für die Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs haf­ten will.

[14]   bb) Aus der An­ga­be der Be­klag­ten im Be­stell­for­mu­lar „Un­fall­schä­den lt. Vor­be­sit­zer: Nein“ er­gibt sich an­de­rer­seits aber auch kei­ne ne­ga­ti­ve Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung des In­halts, dass das ver­kauf­te Fahr­zeug mög­li­cher­wei­se nicht un­fall­frei ist. Zwar bleibt we­gen der Ein­schrän­kung „lt. Vor­be­sit­zer“ mit­tel­bar of­fen, ob das Fahr­zeug ent­ge­gen den An­ga­ben des Vor­be­sit­zers viel­leicht doch nicht un­fall­frei ist. Dar­aus folgt aber noch nicht ei­ne ent­spre­chen­de Ver­ein­ba­rung. In­so­weit kann of­fen­blei­ben, ob ei­ne Ver­ein­ba­rung i. S. des § 434 I 1 BGB ei­ne ver­trag­li­che Ab­re­de er­for­dert, oder ob über­ein­stim­men­de Vor­stel­lun­gen der Par­tei­en im Vor­feld des Ver­trags aus­rei­chen (vgl. die Ge­set­zes­be­grün­dung in BT-Drs. 14/6040, S. 213). Un­ab­hän­gig da­von ist al­lein da­durch, dass hier ei­ne be­stimm­te Ei­gen­schaft, näm­lich die Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs, nicht ver­ein­bart ist (vgl. vor­ste­hend un­ter aa), ihr mög­li­ches Feh­len noch nicht ver­ein­bart. Viel­mehr ist die­ser Punkt von den Par­tei­en schlicht of­fen­ge­las­sen wor­den.

[15]   Fehlt es mit­hin an ei­ner ne­ga­ti­ven Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung des In­halts, dass das ver­kauf­te Fahr­zeug mög­li­cher­wei­se nicht un­fall­frei ist, be­darf es kei­ner Ent­schei­dung, ob ei­ne sol­che Ver­ein­ba­rung ge­ge­be­nen­falls nach § 475 I BGB un­wirk­sam wä­re, wenn es sich bei dem Kauf­ver­trag der Par­tei­en um ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf (§ 474 I BGB) han­deln wür­de, wo­zu das Be­ru­fungs­ge­richt kei­ne Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen hat (vgl. da­zu Schin­kels, ZGS 2003, 310 ff.; ders., ZGS 2004, 226, 229; ders., ZGS 2005, 333, 334; MünchKomm-BGB/Lo­renz, 5. Aufl., § 475 Rn. 9; Maultzsch, ZGS 2005, 175, 177; fer­ner Faust, in: Bam­ber­ger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 475 Rn. 10; Rei­ni­cke/Tiedt­ke, Kauf­recht, 7. Aufl., Rn. 750; Schul­te-Nöl­ke, ZGS 2003, 184, 187).

[16]   cc) Liegt nach al­le­dem we­der ei­ne po­si­ti­ve noch ei­ne ne­ga­ti­ve Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung vor, stellt die An­ga­be der Be­klag­ten im Be­stell­for­mu­lar „Un­fall­schä­den lt. Vor­be­sit­zer: Nein“ ge­mäß der An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts rich­ti­ger­wei­se ei­ne Wis­sens­er­klä­rung oder – bes­ser – Wis­sens­mit­tei­lung dar, mit der die Be­klag­te die An­ga­ben des Vor­be­sit­zers wie­der­gibt (vgl. OLG Cel­le, Beschl. v. 06.06.1996 – 7 U 169/95, OLGR 1996, 194; Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1389). Ei­ne sol­che Wis­sens­mit­tei­lung ist nicht oh­ne recht­li­che Be­deu­tung. Die­se be­steht viel­mehr dar­in, dass die Be­klag­te ge­mäß §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB da­für haf­tet, dass sie die An­ga­ben des Vor­be­sit­zers rich­tig und voll­stän­dig wie­der­gibt.

[17]   b) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat da­nach zwar zu Recht ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung in Be­zug auf die Un­fall­frei­heit des ver­kauf­ten Fahr­zeugs ver­neint. Es hat je­doch ver­kannt, dass in die­sem Fall die Re­ge­lung des § 434 I 2 BGB ein­greift. Da­nach ist die Sa­che, so­weit die Be­schaf­fen­heit nicht ver­ein­bart ist, frei von Sach­män­geln, wenn sie sich für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung eig­net (Nr. 1), sonst wenn sie sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann (Nr. 2). Die letzt­ge­nann­te Vor­aus­set­zung ist hier nach dem in der Re­vi­si­ons­in­stanz zu­grun­de zu le­gen­den Sach- und Streitstoff nicht er­füllt. Das Fahr­zeug weist da­nach nicht ei­ne Be­schaf­fen­heit auf, die bei ei­nem Ge­braucht­wa­gen üb­lich ist und die der Käu­fer er­war­ten kann.

[18]   aa) Wie der Se­nat nach Er­lass des Be­ru­fungs­ur­teils ent­schie­den hat, kann der Käu­fer auch beim Kauf ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs, wenn kei­ne be­son­de­ren Um­stän­de vor­lie­gen, i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­war­ten, dass das Fahr­zeug kei­nen Un­fall er­lit­ten hat, bei dem es zu mehr als „Ba­ga­tell­schä­den“ ge­kom­men ist. Wie der Se­nat in die­sem Zu­sam­men­hang wei­ter er­kannt hat, sind „Ba­ga­tell­schä­den“ bei Per­so­nen­kraft­wa­gen nur ganz ge­ring­fü­gi­ge, äu­ße­re (Lack-)Schä­den, nicht da­ge­gen an­de­re (Blech-)Schä­den, auch wenn sie kei­ne wei­ter­ge­hen­den Fol­gen hat­ten und der Re­pa­ra­tur­auf­wand nur ge­ring war; ob das Fahr­zeug nach dem Un­fall fach­ge­recht re­pa­riert wor­den ist, ist nicht von Be­deu­tung (Se­nat, Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53 [un­ter II 1 b] m. w. Nachw.).

[19]   bb) Nach die­sen Grund­sät­zen ist im Streit­fall nicht von ei­nem „Ba­ga­tell­scha­den“, son­dern von ei­nem Fahr­zeug­man­gel aus­zu­ge­hen. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat kei­ne Fest­stel­lun­gen zu den Un­fall­schä­den des ver­kauf­ten Fahr­zeugs ge­trof­fen. Da­her ist in­so­weit der Vor­trag des Klä­gers zu­grun­de zu le­gen. Die­ser be­ruht auf den Fest­stel­lun­gen in dem Gut­ach­ten, das der ge­richt­lich be­stell­te Sach­ver­stän­di­ge im selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren er­stat­tet und in ers­ter In­stanz des vor­lie­gen­den Rechts­streits er­läu­tert hat. Da­nach ist die Heck­klap­pe des Fahr­zeugs bei dem Un­fall links oben ein­ge­beult wor­den, so­dass sie vor der – nicht fach­ge­recht aus­ge­führ­ten – Neu­la­ckie­rung ge­spach­telt wer­den muss­te. Die Kos­ten ei­ner ord­nungs­ge­mä­ßen Re­pa­ra­tur hat der Sach­ver­stän­di­ge in­so­weit zu­letzt mit 1.020 € brut­to an­ge­ge­ben. An­ge­sichts des­sen kann bei dem zum Zeit­punkt des Kauf­ver­trags knapp drei Jah­re al­ten Fahr­zeug mit ei­ner Lauf­leis­tung von rund 54.000 km von ei­nem „Ba­ga­tell­scha­den“, mit dem ein Käu­fer ver­nünf­ti­ger­wei­se rech­nen muss, kei­ne Re­de sein. Das hat auch be­reits das Land­ge­richt an­ge­nom­men.

[20]   2. Das Be­ru­fungs­ur­teil stellt sich auch nicht aus an­de­ren Grün­den als rich­tig dar (§ 561 ZPO). War das ver­kauf­te Fahr­zeug ge­mäß den vor­ste­hen­den Aus­füh­run­gen nach dem in der Re­vi­si­ons­in­stanz zu­grun­de zu le­gen­den Sach- und Streit­stand we­gen des Un­fall­scha­dens an der Heck­klap­pe bei Ge­fahr­über­gang man­gel­haft, kann ein Recht des Klä­gers, ge­mäß § 437 Nr. 2 Fall 1 BGB, § 326 V BGB, § 323 BGB vom Kauf­ver­trag zu­rück­zu­tre­ten, nach dem der Re­vi­si­ons­ent­schei­dung zu­grun­de zu le­gen­den Sach- und Streit­stand nicht ver­neint wer­den.

[21]   a) Ei­ner vor­an­ge­hen­den Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung durch Nach­bes­se­rung der nach der Be­haup­tung des Klä­gers nicht ord­nungs­ge­mäß aus­ge­führ­ten Re­pa­ra­tur be­durf­te es nicht, weil der Man­gel, der in der Ei­gen­schaft des Fahr­zeugs als Un­fall­wa­gen liegt, nicht be­heb­bar ist (§ 326 V BGB). Durch Nach­bes­se­rung lässt sich die­ser Man­gel nicht kor­ri­gie­ren. Ei­ne Er­satz­lie­fe­rung ist bei dem hier vor­lie­gen­den Ge­braucht­wa­gen­kauf re­gel­mä­ßig nicht mög­lich (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64, 71 ff.). Um­stän­de, wel­che die An­nah­me ei­nes Aus­nah­me­fal­les na­he­le­gen könn­ten, sind we­der fest­ge­stellt noch sonst er­sicht­lich. Über­gan­ge­nen Vor­trag zeigt die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung nicht auf.

[22]   b) Dem Rück­tritt steht nach dem in der Re­vi­si­ons­in­stanz man­gels dies­be­züg­li­cher Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts maß­geb­li­chen Vor­trag des Klä­gers auch nicht § 323 V 2 BGB ent­ge­gen. Da­nach ist die „Pflicht­ver­let­zung“, die in der Lie­fe­rung des Fahr­zeugs mit dem un­be­heb­ba­ren Man­gel der Ei­gen­schaft als Un­fall­wa­gen liegt, nicht un­er­heb­lich. Der Man­gel der Ei­gen­schaft als Un­fall­wa­gen kann sich hier bei dem ver­kauf­ten Fahr­zeug nach Art des Un­fall­scha­dens al­lein in ei­nem mer­kan­ti­len Min­der­wert aus­wir­ken. Nach der un­ter Be­weis ge­stell­ten Be­haup­tung des Klä­gers be­trägt der mer­kan­ti­le Min­der­wert des Fahr­zeugs, der auch bei ei­ner ord­nungs­ge­mä­ßen Re­pa­ra­tur ver­bleibt, ent­ge­gen den An­ga­ben des ge­richt­li­chen Sach­ver­stän­di­gen nicht nur 8–10 % der Re­pa­ra­tur­kos­ten bzw. 100 €, son­dern 3.000 €. Wür­de der mer­kan­ti­le Min­der­wert des Fahr­zeugs da­ge­gen ge­mäß den An­ga­ben des Sach­ver­stän­di­gen le­dig­lich 100 € und da­mit noch we­ni­ger als 1 % des Kauf­prei­ses von 24.990 € be­tra­gen, wä­re die „Pflicht­ver­let­zung“ al­ler­dings zwei­fel­los un­er­heb­lich (vgl. Se­nat, Urt. v. 14.09.2005 – VI­II ZR 363/04, WM 2005, 2293 [un­ter B II 2]). So­weit der Se­nat zu­letzt im Ur­teil vom 10.10.2007 (VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53 [un­ter II 2]), oh­ne die Fra­ge zu ver­tie­fen, da­von aus­ge­gan­gen ist, dass bei ei­nem nicht be­heb­ba­ren Man­gel wie dem hier in Re­de ste­hen­den – stets – ei­ne er­heb­li­che „Pflicht­ver­let­zung“ ge­ge­ben ist, hält der Se­nat hier­an nach er­neu­ter Über­prü­fung nicht mehr fest.

[23]   III. Nach al­le­dem kann das Be­ru­fungs­ur­teil kei­nen Be­stand ha­ben. Der Rechts­streit ist nicht zur End­ent­schei­dung reif, da es ge­mäß den vor­ste­hen­den Aus­füh­run­gen noch wei­te­rer Fest­stel­lun­gen be­darf. Da­her ist das Be­ru­fungs­ur­teil auf­zu­he­ben, und die Sa­che ist zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen.

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