1. Bei einem Handelsgeschäft i. S. des § 343 I BGB trifft den Käufer (hier: ein Leasingunternehmen) die Rügeobliegenheit nach § 377 HGB grundsätzlich auch dann, wenn der Verkäufer die Kaufsache auf Anweisung des Käufers an einen nichtkaufmännischen Dritten (hier: den Leasingnehmer) abliefert, mit dem der Käufer einen Leasingvertrag geschlossen und den er zur Geltendmachung der vertraglichen Ansprüche gegen den Verkäufer ermächtigt hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 24.01.1990 – VIII ZR 22/89, NJW 1990, 1290).
  2. Ein Kfz-Käufer der Nacherfüllung verlangt, muss zwar grundsätzlich nur das Erscheinungsbild eines Mangels hinreichend genau beschreiben und nicht auch dessen Ursache benennen. In einem Rechtsstreit genügt jedoch die Beschreibung von Symptomen (hier: „Fahrzeug springt nicht an“) jedenfalls dann nicht, wenn diese ihre Ursache sowohl in der Beschaffenheit als auch in einer fehlerhaften Benutzung des Fahrzeugs haben können.

OLG Hamm, Urteil vom 06.02.2006 – 2 U 197/05

Sachverhalt: Der Kläger begehrt von der Beklagten aus abgetretenem Recht die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen Renault Grand Espace 2.2 dCi Initiale.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei aufgrund der Leasingbedingungen zwar berechtigt, Ansprüche der Leasinggeberin aus dem Kaufvertrag geltend zu machen. Ein Rücktrittsrecht bestehe indes ungeachtet der Frage, ob das Fahrzeug mangelhaft sei, nicht. Denn unstreitig habe der Kläger der Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt. Eine Fristsetzung sei indes nicht entbehrlich gewesen. Insbesondere habe der Kläger nicht bewiesen, dass zwei Nachbesserungsversuche erfolglos gewesen seien, mithin die Nachbesserung insgesamt fehlgeschlagen sei.

Die angeblich erfolglosen Nachbesserungsarbeiten anderer Werkstätten müsse sich die Beklagte auch angesichts ihrer Neuwagen-Verkaufsbedingungen, die Inhalt des zwischen der Leasinggeberin und der Beklagten geschlossenen Kaufvertrages geworden seien, nicht zurechnen lassen. Der Kläger sei nach diesen Bedingungen nämlich verpflichtet gewesen, die Beklagte über die Nachbesserungsversuche in anderen Werkstätten zu unterrichten. Dieser Pflicht sei er aber nicht nachgekommen.

Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: B. … Der Kläger hat gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages über den Pkw … Ein solcher Anspruch folgt nicht aus §§ 437 Nr. 2, 440, 323 II, 346 I, 398 BGB.

1. Der Kläger hat bereits nicht hinreichend dargelegt, dass das Fahrzeug bei Gefahrübergang einen Sachmangel i. S. des § 434 I BGB aufgewiesen hat. Eine Beschaffenheitsvereinbarung i. S. des § 434 I 1 BGB sowie die Vereinbarung einer besonderen Verwendung i. S. des § 434 I 2 Nr. 1 BGB sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch eine Beschaffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs, die negativ von dem abweicht, was bei Fahrzeugen gleicher Art üblich ist und vom Käufer erwartet werden kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB), ist nicht anzunehmen.

Der Kläger macht als einzigen Sachmangel einen mehrfachen Ausfall der Elektrik geltend, der dazu geführt habe, dass der Wagen nicht angesprungen sei. Bereits aufgrund dieses Vortrags des Klägers kann ein Sachmangel nicht festgestellt werden, da der Kläger eine Ursache für den jeweiligen Ausfall der Elektrik und das Nichtanspringen des Fahrzeugs nicht angegeben hat.

Ein Ausfall der Elektrik und ein darauf beruhendes Nichtanspringen eines Kraftfahrzeugs wäre nur dann als Sachmangel i. S. des § 434 I BGB zu werten, wenn dies auf die Beschaffenheit des Fahrzeug, das heißt den tatsächlichen Zustand des Fahrzeugs, und nicht etwa auf eine fehlerhafte Bedienung, zurückzuführen ist.

Zwar fällt es – jedenfalls bei Geltendmachung eines Nacherfüllungsverlangens – grundsätzlich nicht in den Aufgabenbereich des Käufers, die Ursache eines Mangels herauszufinden und die Gründe seiner Entstehung anzugeben. Vielmehr genügt der Käufer regelmäßig seiner Pflicht zur Mängelanzeige, wenn er das Erscheinungsbild des Fehlers hinreichend genau beschreibt. Im Rechtsstreit genügt jedoch die Angabe allein des Erscheinungsbildes eines Mangels jedenfalls dann nicht, wenn die Ursache des gerügten Erscheinungsbildes – wie vorliegend – sowohl in der Beschaffenheit als auch in einer fehlerhaften Verwendung des Fahrzeugs begründet sein kann. Ein Ausfall der Elektrik und ein darauf beruhendes Nichtanspringen des Fahrzeugs kann nicht allein auf der Beschaffenheit des Fahrzeugs beruhen. Vielmehr kommt als Ursache ebenso die fehlerhafte Verwendung des Fahrzeugs in Betracht, insbesondere dadurch, dass Stromverbraucher (z. B. Licht oder Radio) nach dem Abstellen des Fahrzeugs nicht abgeschaltet werden.

Soweit der Kläger mit der Berufungsbegründung erstmals vorträgt, dass keine Anhaltspunkt für ein Verursachung durch ihn vorliegen, stellt sich die darin enthaltene Behauptung, der Fehler liege allein in dem Zustand des Fahrzeugs, als neuer Vortrag i. S. des § 531 II ZPO dar, ohne dass eine Zulassung geboten wäre. Das Vorliegen eines Mangels war bereits Gegenstand des Rechtsstreits erster Instanz. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der Kläger zu einem früheren Vorbringen nicht in der Lage gewesen ist.

2. Ein Gewährleistungsanspruch des Klägers scheitert ferner an der fehlenden Fristsetzung i. S. des § 323 I BGB. Das Rücktrittsrecht aus § 437 II BGB ist subsidiär gegenüber dem Recht auf Nacherfüllung, sodass es grundsätzlich erforderlich ist, dass der Käufer den Verkäufer ernsthaft zur Nacherfüllung auffordert und ihm hierfür eine angemessene Frist setzt. Dies ist unstreitig nicht geschehen.

Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung i. S. des § 323 I BGB war nicht entbehrlich. Insbesondere war die Nacherfüllung weder unmöglich (§ 275 I BGB), noch ist sie vom Verkäufer verweigert worden (§ 275 II, § 323 II Nr. 1, § 439 III BGB); besondere Umstände i. S. der §§ 440, 323 II Nr. 3 BGB, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Rücktritts gerechtfertigt hätten, sind nicht ersichtlich. Auch ein Fehlschlagen der Nacherfüllung i. S. des § 440 BGB, was nach § 440 Satz 2 BGB regelmäßig nach dem erfolglosen zweiten Nacherfüllungsversuch anzunehmen ist, kann zulasten des Klägers nicht angenommen werden.

Nacherfüllungsversuche der Beklagten allein begründen kein Fehlschlagen der Nachbesserung. Nach dem Vortrag des Klägers hat die Beklagte lediglich einmal, am 20.04.2004, erfolglos einen Nacherfüllungsversuch unternommen. Soweit der Kläger das Fahrzeug am 13.10.2004 hat zur Beklagten schleppen lassen, sind Nacherfüllungsarbeiten in seinem Auftrag nicht vorgenommen worden. Vielmehr hat er eine Nacherfüllung ausdrücklich mit Schreiben vom 15.10.2004 gegenüber der Beklagten abgelehnt. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte dem entgegen Nacherfüllungsarbeiten durchgeführt hat, da jedenfalls ein Fehlschlagen derartiger Arbeiten vom Kläger nicht behauptet wird.

Es stellt sich als zweifelhaft dar, ob die Beklagte sich die vom Kläger behaupteten Nacherfüllungsarbeiten anderer Vertragswerkstätten zurechnen lassen muss. Eine solche Zurechnung käme nur in Betracht, wenn der Kläger im Verhältnis zur Beklagten berechtigt gewesen wäre, andere Vertragswerkstätten in Anspruch zu nehmen. Der Kläger hat indes eine Einbeziehung der Neuwagen-Verkaufsbedingungen, aus deren Nr. VII 2a diese Berechtigung folgt, in das maßgebliche Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und der Leasinggeberin nicht hinreichend dargelegt. Allein der auszugsweise Abdruck der Neuwagen-Verkaufsbedingungen in den Leasingbedingungen der Leasinggeberin, die deren Vertragsverhältnis mit dem Kläger zugrunde liegen, begründen eine Einbeziehung in den Kaufvertrag nicht, da den leasingvertraglichen Vereinbarungen eine Wirkung lediglich im Leasingverhältnis zukommt. Allein aus dem Abdruck in den Leasingbedingungen kann nicht zwingend auf eine Einbeziehung in den Kaufvertrag geschlossen werden, insbesondere da – worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat – Kaufverträge zwischen Leasingfirmen und Neufahrzeugshändlern gerichtsbekannt nicht selten formlos geschlossen werden.

3. Letztlich wäre es dem Kläger untersagt, sich auf diejenigen Sachmängel zu berufen, die nach seinem Vortrag den Nacherfüllungsversuchen der italienischen Vertragswerkstatt sowie der Firma Q zugrunde gelegen haben, da das Fahrzeug im Hinblick auf diese Mängel gemäß § 377 II und III HGB als genehmigt gelten würde. Die Leasinggeberin unterlag im Verhältnis zur Beklagten den handelsrechtlichen Untersuchungs- und Rügepflichten, denen weder sie noch der Kläger – als ihr Erfüllungsgehilfe im Verhältnis zur Beklagten – nachgekommen wäre.

Der Kauf des Pkw war für beide Seiten – die Leasinggeberin und die Beklagte – ein Handelsgeschäft i. S. des § 343 HGB. Sowohl die Leasinggeberin als auch die Beklagte sind aufgrund ihrer Eintragung im Handelsregister bzw. in ihrer Eigenschaft als Handelsgesellschaften Kaufleute i. S. des §§ 1, 5, 6 HGB und haben den Kaufvertrag in Ausübung ihres Handelsgewerbes abgeschlossen. Jedenfalls greift insoweit die Vermutung des § 344 I HGB ein. Die Untersuchungs- und Rügepflicht des § 377 HGB, die die Leasinggeberin zu erfüllen hatte, ist nicht dadurch hinfällig geworden, dass der Händler das Fahrzeug auf Anweisung der Leasinggeberin an den Kläger ausgehändigt hat, unabhängig davon, ob dieser kaufmännisch im Sinne des HGB tätig geworden ist (BGH, Urt. v. 24.01.1990 – VIII ZR 22/89, NJW 1990, 1290).

Nach dem Vortrag des Klägers ist von versteckten Mängeln auszugehen. Versteckte Mängel sind gemäß § 377 III HGB unverzüglich nach deren Entdecken gegenüber dem Verkäufer zu rügen. Während im Fall des § 377 I HGB für die Rechtzeitigkeit der Rüge der für die Untersuchung notwendige Zeitaufwand einbezogen wird, kommt es bei den sich später zeigenden Mängeln nach der Entdeckung auf Untersuchungszeiträume nicht an. Was unverzüglich ist, bestimmt sich allein danach, wie rasch nach den Umständen die Rüge abzusenden ist, in der Regel umgehend. Eine solche umgehende Benachrichtigung der Beklagten hat der darlegungs- und beweispflichtige Kläger hinsichtlich möglicher sich am 14.04.2004 sowie am 22.09. und 29.09.2004 zeigender Mängel nicht hinreichend dargelegt. Vielmehr war nach dem nicht angegriffenen Tatbestand des angefochtenen Urteils zwischen den Parteien unstreitig, dass eine Information der Beklagten über die weiteren Werkstattaufenthalte nicht erfolgt ist. Die sich aus der Auftragserteilung gegenüber den anderen Vertragshändlern ergebende Rüge genügt diesbezüglich nicht, unabhängig davon, ob die Neuwagen-Verkaufsbedingungen in den Kaufvertrag einbezogen worden sind. Gemäß den Neuwagen-Verkaufsbedingungen durften lediglich die Ansprüche auf Mängelbeseitigung gegenüber anderen Vertragswerkstätten geltend gemacht werden, nicht jedoch die kaufrechtlichen Anzeigepflichten. Es kann letztlich auch dahinstehen, ob die Werkstattaufenthalte für die Beklagte über den Zentralcomputer oder ein anderes Speichermedium abzurufen sind, da dies die Erfüllung kaufmännischer Rügepflichten nicht ersetzen würde. Die unstreitige Anzeige im Rahmen des Rücktrittschreiben vom 15.10.2004 stellt sich nicht mehr als unverzüglich i. S. des § 377 III HGB dar.

Soweit der Kläger nunmehr mit der Berufungsbegründung eine „selbstverständlich“ erfolgte Information der Beklagten vorträgt, stellt sich dies als neues Vorbringen i. S. des § 531 II ZPO dar, ohne dass eine Zulassung geboten ist. Das Vorbringen ist auch nicht hinreichend substanziiert, da nicht ersichtlich ist, wann und wie eine entsprechende Information wem gegenüber erfolgt ist.

Lediglich hinsichtlich solcher Sachmängel, die sich erstmals am 20.04.2004 und 13.10.2004 gezeigt haben, ist von einer unverzüglichen Anzeige gegenüber der Beklagten auszugehen. Diesbezüglich liegen jedoch keine zwei fehlgeschlagenen Nacherfüllungsversuche vor. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

Sofern sämtlichen Werkstattaufenthalten des Fahrzeugs ein identischer Mangel zugrunde gelegen hat, folgt die Genehmigungsfiktion bereits aus der fehlenden unverzüglichen Rüge anlässlich des ersten Werkstattaufenthaltes vom 14.04.2003. Abgesehen davon löste jeder Nachbesserungsfehlschlag eine erweiterte Rügeverpflichtung aus (vgl. Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 377 Rn. 42 m. w. Nachw.) …

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