1. Grundsätzlich wird auch bei einer gebrauchten Sache gemäß § 476 BGB dann, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt, vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war. Übliche Verschleißerscheinungen sind allerdings kein Mangel.
  2. Bei einem Injektor handelt es sich nicht um ein typisches Verschleißteil; denn die Lebensdauer eines Injektors entspricht in der Regel der des Motors selbst. Injektoren unterliegen deshalb – anders als etwa Bremsen, Keilriemen oder Zündkerzen – keinem typischen Verschleiß.

LG Trier, Urteil vom 08.06.2004 – 1 S 87/03

Sachverhalt: Der Kläger begehrt von dem Beklagten, von dem er am 29.06.2002 einen Mercedes-Benz A 170 CDI zu einem Preis von 9.400 € erworben hat, Schadensersatz in Höhe von 2.478,18 €, nachdem an dem Fahrzeug am 31.01.2003 drei Injektoren ausgetauscht werden mussten. Den Defekt eines Injektors will der Kläger bereits im September 2002 festgestellt haben; er hat ihn dem Beklagten jedoch erst mit Schreiben vom 19.12.2002 angezeigt.

Der Kläger behauptet, alle drei Injektoren seien bereits bei Übergabe des Fahrzeugs am 29.06.2002 defekt gewesen. Er meint, der Beklagte könne sich nicht auf einen Gewährleistungsschluss berufen, da er das Fahrzeug als Unternehmer und nicht als Verbraucher verkauft habe.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Dem Kläger steht gegen den Beklagten aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in der geltend gemachten Höhe zu.

Zwar geht die Berufungskammer anders als das AG Bernkastel-Kues davon aus, dass der Pkw Mercedes-Benz im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs veräußert wurde mit der Folge, dass der zwischen den Parteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss gemäß § 475 I BGB unwirksam ist.

Bei der Frage, ob der Beklagte, der den Pkw sowohl zu privaten als auch zu beruflichen Zwecken im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als selbstständiger Apotheker benutzt hat, als Unternehmer der als Verbraucher tätig war, kann es nicht darauf ankommen, ob er seine Unternehmereigenschaft offenbart hat, da sonst die Möglichkeit bestünde, durch Verschleierung der Unternehmereigenschaft den Verbraucherschutz ins Leere laufen zu lassen. Lediglich auf objektive Anhaltspunkte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages kann es bei der Frage, ob der Beklagte als Unternehmer oder als Verbraucher handelte, ankommen. Diese objektiven Anhaltspunkte sprechen hier für seine Unternehmereigenschaft. Zwar macht er geltend, das Fahrzeug zu 57 % privat und nur zu 43 % beruflich genutzt haben. Anderseits sind sämtliche übersandten Rechnungen im Zusammenhang mit dem Pkw an die Apotheke und nicht an den Beklagten persönlich gerichtet. Da die private Nutzung auch nicht wesentlich überwog, was jedoch erforderlich ist, um in Fällen der gemischten Nutzung von der Verbrauchereigenschaft und nicht der Unternehmereigenschaft des Beklagten ausgehen zu können (vgl. hierzu Soergel/Pfeiffer, BGB, 14. Aufl. [2002], § 13 Rn. 38 sowie Pfeiffer, NJW 1999, 173), gilt hier, dass der Beklagte als Unternehmer handelte. Da es sich somit um einen Verbrauchsgüterkauf zwischen den Parteien handelte, ist der darin vereinbarte Gewährleistungsschluss gemäß § 475 I BGB unwirksam, weshalb grundsätzlich Gewährleistungsansprüche des Klägers gegen den Beklagten bestehen können.

Da jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass der gekaufte Pkw zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht mangelhaft war, scheiden Gewährleistungsansprüche aus tatsächlichen Gründen aus.

Die Berufungskammer geht davon aus, dass die Vermutung des § 476 BGB, wonach bei Sachmängeln, die sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigen, die Mangelhaftigkeit bereits bei Gefahrübergang vermutet wird, auch bei Gebrauchtwagen gilt, solange es sich nicht um typische Verschleißteile handelt. Um ein solch typisches Verschleißteil handelt es sich bei den ausgetauschten Injektoren nicht, wie der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten und bei der mündlichen Erläuterung dieses Gutachtens überzeugend und nachvollziehbar dargelegt hat. Die Lebensdauer der Injektoren ist in der Regel so hoch wie die des Motors selbst, weshalb diese nicht dem typischen Verschleiß unterliegen wie dies zum Beispiel bei Bremsen, Keilriemen oder Zündkerzen der Fall ist. Die Vermutung des § 476 BGB wurde hier jedoch widerlegt, da nach der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass der Defekt an den Injektoren bei Gefahrübergang noch nicht vorgelegen haben kann. Der Sachverständige hat nachvollziehbar und überzeugend erläutert, dass ein Injektorenschaden, sobald er erstanden ist, sich durch Rußausstoß und Leistungsabfall des Motors bemerkbar macht. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass die Symptome einer defekten Einspritzdüse wetter- oder temperaturabhängig auftreten, dies sei jedoch wenig wahrscheinlich. Spätestens nach Ablauf einer Laufzeit von 1.000 Kilometern, während der der Schaden entsteht, würden die Symptome so heftig, dass sie bemerkt werden müssen. War beim Kauf noch keines dieser Symptome festzustellen, sondern erst ca. drei Monate später, so sei davon auszugehen, dass der Defekt an den Injektoren erst nach dem Gefahrübergang eingetreten ist.

Aufgrund dieser in sich schlüssigen, nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, der dem Gericht als zuverlässig und sachkundig bekannt ist, steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass ein Mangel der Kaufsache zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht vorlag, weshalb dem Kläger keinerlei Gewährleistungsansprüche gegen den Beklagten zustehen, sodass das Amtsgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat …

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