1. Nicht je­der tech­ni­sche De­fekt am Mo­tor ei­nes Ge­braucht­wa­gens ist ein Sach­man­gel im recht­li­chen Sin­ne. Viel­mehr sind nor­ma­le Ver­schleiß-, Ab­nut­zungs- und Al­te­rungs­er­schei­nun­gen von vorn­her­ein aus dem Sach­man­gel­be­griff aus­zu­klam­mern. Dies gilt un­ab­hän­gig da­von, wel­chen Ein­fluss sie auf die Funk­ti­ons­fä­hig­keit und Ge­brauchs­taug­lich­keit des Fahr­zeugs ha­ben. Mit an­de­ren Wor­ten: De­fek­te, die die Funk­ti­ons­fä­hig­keit be­ein­träch­ti­gen, sind nicht not­wen­di­ger­wei­se Sach­män­gel i. S. des § 459 BGB a.F.
  2. Selbst wenn ein ge­werb­li­cher Ge­braucht­wa­gen­händ­ler ge­ne­rell ver­pflich­tet sein soll­te, ein Fahr­zeug vor dem Ver­kauf auf Män­gel zu un­ter­su­chen, kann von ihm auch dann, wenn er über ei­ne ei­ge­ne Werk­statt ver­fügt, nicht ver­langt wer­den, dass er den Mo­tor aus­baut und zer­legt. Ein „frei­er“ Kfz-Händ­ler mit ei­ge­ner Werk­statt, den ei­ne Un­ter­su­chungs­pflicht trifft, ist nicht ein­mal zu ei­ner ge­ziel­ten Über­prü­fung des Mo­tors ver­pflich­tet, wie sie bei­spiels­wei­se im Rah­men ei­ner ADAC-Ge­braucht­wa­gen­un­ter­su­chung er­folgt.

OLG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 07.04.2003 – I-1 U 209/02

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin be­stell­te bei dem Be­klag­ten, der un­ter der Be­zeich­nung „Au­to­markt A“ han­delt, am 21.07.2000 ei­nen ge­brauch­ten VW Golf III (Erst­zu­las­sung: 05.10.1992, Ki­lo­me­ter­stand: über 140.000) zum Preis von 12.500 DM. Die Haf­tung des Be­klag­ten für Män­gel wur­de for­mu­lar­ver­trag­lich aus­ge­schlos­sen.

Schon bald nach Über­nah­me des Fahr­zeugs will die Klä­ge­rin er­heb­li­che Pro­ble­me mit dem Mo­tor ge­habt ha­ben. Un­strei­tig brach­te sie den Wa­gen An­fang Sep­tem­ber 2000 zur Prü­fung und Män­gel­be­sei­ti­gung in den Be­trieb des Be­klag­ten. Ent­we­der in des­sen Werk­statt oder in der Werk­statt ei­nes Drit­ten wur­de am Mo­tor ge­ar­bei­tet; die Ein­zel­hei­ten sind zwi­schen den Par­tei­en strei­tig. Am 20.09.2000 stell­te die Klä­ge­rin ihr Fahr­zeug im ADAC-Prüf­zen­trum O. vor. Dort wur­de ein Mo­tor­test durch­ge­führt, bei dem sich größ­ten­teils kei­ne Be­an­stan­dun­gen er­ga­ben. So war die Kom­pres­si­on der Zy­lin­der in Ord­nung und blie­ben die Mo­tor­ge­räu­sche un­be­an­stan­det. Der ADAC-Prü­fer stell­te je­doch auch Män­gel fest, die er teil­wei­se der Ka­te­go­rie A („so­fort in­stand set­zen las­sen“) zu­ord­ne­te.

Mit der Be­haup­tung, der Mo­tor sei nach dem Ur­teil ei­nes Fach­manns „voll­kom­men platt“, for­der­te der An­walt der Klä­ge­rin den Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 22.09.2000 zur Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags auf. Um ih­re For­de­rung zu un­ter­mau­ern, ließ die Klä­ge­rin den Mo­tor des Fahr­zeugs durch das In­ge­nieur­bü­ro für Kraft­fahr­zeug-Tech­nik J-GmbH un­ter­su­chen. Der Sach­ver­stän­di­ge J ließ den Mo­tor aus­bau­en und zum Zwe­cke der Über­prü­fung zer­le­gen und ver­mes­sen. Nach sei­nen Fest­stel­lun­gen war der Mo­tor nicht mehr re­pa­ra­bel. Es sei da­von aus­zu­ge­hen, dass die Klä­ge­rin das Fahr­zeug be­reits mit de­fek­tem Mo­tor ge­kauft ha­be.

Nun­mehr er­hob die Klä­ge­rin Kla­ge auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges und auf Er­satz von Schä­den und Auf­wen­dun­gen. Sie hat be­haup­tet, der Be­klag­te ha­be sie über die schon bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs vor­han­de­ne Mo­tor­schä­den arg­lis­tig ge­täuscht und ihr ent­ge­gen der schrift­li­chen Zu­sa­ge, das Fahr­zeug sei „fahr­be­reit“, ein ver­kehrs- und be­triebs­un­si­che­res Fahr­zeug ver­kauft.

Nach Ein­ho­lung ei­nes schrift­li­chen Gut­ach­tens des Sach­ver­stän­di­gen D hat das Land­ge­richt die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Sei­ner Mei­nung nach steht ei­ner Haf­tung des Be­klag­ten der ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ent­ge­gen. Er sei we­der durch ei­ne un­rich­ti­ge Zu­si­che­rung („fahr­be­reit“) noch durch ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung i. S. des § 476 BGB a. F. au­ßer Kraft ge­setzt.

Mit ih­rer Be­ru­fung macht die Klä­ge­rin vor al­lem gel­tend, das Land­ge­richt ha­be sich nicht mit der Fra­ge be­fasst, ob der Be­klag­te – was un­ter den ge­ge­be­nen Um­stän­den zu be­ja­hen sei – sei­ne Un­ter­su­chungs­pflicht schuld­haft ver­letzt ha­be. Das Rechts­mit­tel hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Das Land­ge­richt hat die Kla­ge im Er­geb­nis zu Recht ab­ge­wie­sen.

1. Von der Be­ru­fung nicht mehr auf­ge­grif­fen wird der in ers­ter In­stanz er­ho­be­ne Ein­wand, der Be­klag­te ha­be die Zu­si­che­rung der Fahr­be­reit­schaft nicht ein­ge­hal­ten. Die dies­be­züg­li­chen Aus­füh­run­gen des Land­ge­richts sind in der Tat nicht zu be­an­stan­den. Der Se­nat macht sie sich zu ei­gen.

2. Je­den­falls im Er­geb­nis ist dem Land­ge­richt auch dar­in zu fol­gen, dass sich ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung i. S. des § 476 BGB a. F. nicht fest­stel­len lässt. Nach die­ser Vor­schrift ist ei­ne Frei­zei­ch­nungs­klau­sel nich­tig, wenn der Ver­käu­fer den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat. Das Vor­spie­geln ei­ner Ei­gen­schaft, wo­zu auch die Ab­we­sen­heit von Feh­lern ge­hört, ist dem gleich­ge­stellt. We­der in der ei­nen noch in der an­de­ren Va­ri­an­te kann der Se­nat ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten des Be­klag­ten fest­stel­len.

Aus­drück­li­che An­ga­ben über die Funk­ti­ons­fä­hig­keit des Mo­tors hat der Be­klag­te schon nach dem ei­ge­nen Vor­brin­gen der Klä­ge­rin nicht ge­macht. Dem Be­stell­schein vom 21.07.2000 („Ver­bind­li­che Be­stel­lung ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeu­ges“) las­sen sich der­ar­ti­ge In­for­ma­tio­nen nicht ent­neh­men. In der Ru­brik „Son­der­ver­ein­ba­run­gen“ heißt es viel­mehr aus­drück­lich, dass sol­che Ab­re­den nicht ge­trof­fen sei­en („kei­ne“). Aus den An­ga­ben, die den Mo­tor des Fahr­zeugs be­schrei­ben (kW/PS und Hub­raum), kann die Klä­ge­rin ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung nicht her­lei­ten. Glei­ches gilt für die Ein­tra­gung „nächs­te AU 2 Jah­re“.

Da­mit stell­te sich dem Se­nat al­lein die Fra­ge, ob der Be­klag­te ei­nen Man­gel des Mo­tors arg­lis­tig ver­schwie­gen hat. Da­bei muss zwi­schen dem ob­jek­ti­ven und dem sub­jek­ti­ven Tat­be­stand un­ter­schie­den wer­den. Der ob­jek­ti­ve Tat­be­stand ver­langt zu­nächst, dass im Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags ein Sach­man­gel i. S. des § 459 BGB a. F. vor­han­den war. Schon dar­an be­ste­hen er­heb­li­che Zwei­fel. Denn nicht je­der tech­ni­sche De­fekt am Mo­tor ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs stellt ei­nen Sach­man­gel im Sin­ne des Ge­set­zes dar. Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Se­nats sind nor­ma­le Ver­schleiß-, Ab­nut­zungs- und Al­te­rungs­er­schei­nun­gen von vorn­her­ein aus dem Sach­man­gel­be­griff aus­zu­klam­mern. Dies gilt un­ab­hän­gig da­von, wel­chen Ein­fluss sol­che Um­stän­de auf die Funk- ti­ons­fä­hig­keit und Ge­brauchs­taug­lich­keit des Fahr­zeugs ha­ben. Mit an­de­ren Wor­ten: De­fek­te, die die Funk­ti­ons­fä­hig­keit be­ein­träch­ti­gen, sind nicht not­wen­di­ger­wei­se Sach­män­gel i. S. des § 459 BGB a.F.

Das Land­ge­richt hat zwar in sei­nem Be­weis­be­schluss da­von ab­ge­se­hen, dem Sach­ver­stän­di­gen die Fra­ge vor­zu­le­gen, ob et­wai­ge Un­zu­läng­lich­kei­ten des Mo­tors als Ver­schleiß- bzw. Al­te­rungs­er­schei­nun­gen ein­zu­stu­fen sind oder ob es sich um De­fek­te han­delt, die bei ei­nem Ver­gleichs­fahr­zeug nor­ma­ler­wei­se nicht vor­lie­gen und auch nicht zu er­war­ten sind. Zu ei­ner er­gän­zen­den Be­fra­gung des Sach­ver­stän­di­gen D be­steht gleich­wohl kei­ne Ver­an­las­sung. Denn sein schrift­li­ches Gut­ach­ten und die gut­ach­ter­li­chen Stel­lung­nah­men aus dem In­ge­nieur­bü­ro J-GmbH lie­fern dem Se­nat ge­nü­gend An­halts­punk­te zur Ein­stu­fung der hier in Re­de ste­hen­den Män­gel­er­schei­nun­gen.

Hin­zu­wei­sen ist die Klä­ge­rin ins­be­son­de­re auf die Fest­stel­lung des von ihr ein­ge­schal­te­ten Sach­ver­stän­di­gen J in der er­gän­zen­den Stel­lung­nah­me vom 24.01.2002. Dort heißt es auf Sei­te 2, dass die er­mit­tel­ten Schä­den an­ge­sichts ei­ner Lauf­leis­tung von 145.644 km „fast als nor­ma­le Ver­schleiß­schä­den“ zu be­ur­tei­len sei­en. Dar­auf deu­tet in der Tat ei­ni­ges hin. Auch der ge­richt­lich be­stell­te Sach­ver­stän­di­ge D er­wähnt an meh­re­ren Stel­len sei­nes schrift­li­chen Gut­ach­tens Ver­schleiß­er­schei­nun­gen bzw. Ver­schleiß­spu­ren. Dass es um nor­ma­le Ver­schleiß­er­schei­nun­gen geht, ist durch­aus na­he­lie­gend, wenn be­dacht wird, dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Mo­tor im Zeit­punkt des Ver­trags­ab­schlus­ses be­reits mehr als 140.000 km ge­lau­fen war. Die ge­naue Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs ist im Be­stell­schein nicht fest­ge­hal­ten. Es wird le­dig­lich auf den Ta­chostand ver­wie­sen. Aus den bei den Ak­ten be­find­li­chen Un­ter­la­gen geht in­des mit hin­rei­chen­der Si­cher­heit her­vor, dass das Fahr­zeug im Zeit­punkt des Ver­kaufs mehr als 140.000 km ge­lau­fen war. Dass be­deu­tet zu­gleich, dass der Mo­tor die glei­che Lauf­leis­tung hat­te. Denn es gibt kei­ne An­halts­punk­te da­für, dass es sich nicht um den Ori­gi­na­lerst­mo­tor han­delt.

Bei ei­nem Vier­takt-Die­sel­mo­tor ei­nes VW Golf III sind bei ei­ner Lauf­leis­tung von 140.000 km bis 145.000 km „Män­gel“, wie sie gut­ach­ter­lich fest­ge­stellt wor­den sind, nichts Un­ge­wöhn­li­ches. So be­rich­tet auch der Sach­ver­stän­di­ge J in sei­ner Stel­lung­nah­me vom 24.01.2002 von „Ver­schleiß­er­schei­nun­gen“ an Kol­ben, Kur­bel­wel­len­la­ger, Pleu­el­la­ger und Ven­ti­le. Aus dem Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen D geht her­vor, dass „star­ke Ver­schleiß­spu­ren“ an der Ein­frä­sung an der Kur­bel­wel­le so­wie an der „Füh­rungs­na­se der Zahn­rie­men­schei­be“ vor­han­den wa­ren. An an­de­rer Stel­le ist von „nicht un­er­heb­li­chem Ver­schleiß“ an den Zy­lin­der­wan­dun­gen die Re­de, fer­ner von Ver­schleiß­spu­ren im Be­reich der Kur­bel­wel­le.

Ist nach al­lem schon zwei­fel­haft, ob der streit­ge­gen­ständ­li­che Mo­tor über­haupt i. S. des § 459 BGB a.F. man­gel­haft war, wo­bei die Un­ge­wiss­heit zu­las­ten der be­weis­pflich­ti­gen Klä­ge­rin geht, be­ste­hen erst recht Zwei­fel hin­sicht­lich des sub­jek­ti­ven Tat­be­stands der arg­lis­ti­gen Täu­schung. Vor­aus­set­zung da­für ist zwar nicht, dass der Be­klag­te mit Schä­di­gungs­ab­sicht oder be­wusst zu sei­nem ei­ge­nem Vor­teil ge­han­delt hat. Er­for­der­lich ist je­doch, dass er die­je­ni­gen Tat­sa­chen, die den Man­gel im Rechts­sinn aus­ma­chen, bei Ab­schluss des Ver­tra­ges ge­kannt oder we­nigs­tens für mög­lich ge­hal­ten hat.

In­so­weit kann der Se­nat kei­ne si­che­ren Fest­stel­lun­gen zu­las­ten des Be­klag­ten tref­fen. Selbst wenn zu­guns­ten der Klä­ge­rin un­ter­stellt wird, dass es sich bei den Mo­tor­un­zu­läng­lich­kei­ten um Män­gel im Rechts­sinn ge­han­delt hat, bei­spiels­wei­se um au­ßer­ge­wöhn­li­che Ver­schleiß­er­schei­nun­gen, hat sie den Nach­weis ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung nicht ge­führt.

Zu­nächst ist dem Be­klag­ten nicht zu wi­der­le­gen, dass er das Fahr­zeug vor Aus­lie­fe­rung an die Klä­ge­rin ei­ner Ab­gas­son­der­un­ter­su­chung (AU) hat un­ter­zie­hen las­sen. Er hat ei­ne Prüf­be­schei­ni­gung mit Da­tum 27.07.2000 … zu den Ak­ten ge­reicht. Al­ler­dings trägt das vor­ge­leg­te Ex­em­plar kei­ne Un­ter­schrift und auch kei­nen Stem­pel. Nach der Be­schei­ni­gung hat der Mo­tor den Prüf­test be­stan­den. Be­an­stan­dun­gen ha­ben sich nicht er­ge­ben. Wenn auch die Ab­gas­un­ter­su­chung nicht über­be­wer­tet wer­den darf, so ist sie doch ge­eig­net, den Be­klag­ten vom Arg­list­vor­wurf zu ent­las­ten. Wel­che ei­ge­ne Fach­kennt­nis der Be­klag­te im Hin­blick auf ei­nen Golf­mo­tor hat, ver­mag der Se­nat nicht zu be­ur­tei­len. Un­strei­tig han­delt es sich nicht um ei­nen au­to­ri­sier­ten VW-Fach­be­trieb. Wie die Er­ör­te­rung im Se­nats­ter­min er­ge­ben hat, ist der Be­klag­te ein frei­er Kfz-Händ­ler. In der vor­ge­leg­ten Aus­kunft aus dem Ge­wer­be­re­gis­ter geht her­vor, dass der An- und Ver­kauf von Ge­braucht­wa­gen der Ge­gen­stand sei­nes Ge­wer­bes ist. Er mag ei­ne klei­ne­re Werk­statt un­ter­hal­ten. Dar­auf deu­tet sein ei­ge­ner Vor­trag im ers­ten Rechts­zug hin. Den­noch kann bei ihm nicht die Sach­kennt­nis vor­aus­ge­setzt wer­den, über die ein VW-Fach­händ­ler ver­fügt.

Nach der Be­haup­tung des Be­klag­ten hat die Klä­ge­rin ei­ne Pro­be­fahrt un­ter­nom­men, wo­bei sich Be­an­stan­dun­gen nicht er­ge­ben ha­ben. Die Klä­ge­rin stellt dies an­ders dar. Ei­ne Pro­be­fahrt sei über­haupt nicht ge­macht wor­den. Der Se­nat un­ter­stellt zu­guns­ten der Klä­ge­rin die Rich­tig­keit ih­res Sach­vor­trags. Aus dem Un­ter­blei­ben ei­ner Pro­be­fahrt er­gibt sich in­des­sen kein aus­sa­ge­kräf­ti­ges In­diz für die be­haup­te­te Täu­schung.

3. An­ders als in ers­ter In­stanz macht die Klä­ge­rin im Be­ru­fungs­ver­fah­ren vor al­lem gel­tend, der Be­klag­te ha­be sei­ne Un­ter­su­chungs­pflicht ver­letzt, wes­halb er sich nicht auf den ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­ru­fen kön­ne. Als ge­werbs­mä­ßig han­deln­der Ge­braucht­wa­gen­händ­ler sei der Be­klag­te ver­pflich­tet ge­we­sen, das Fahr­zeug vor dem Ver­kauf „auf Herz und Nie­ren“ zu über­prü­fen. Auch wenn nicht er­war­tet wer­den kön­ne, dass ein Ge­braucht­wa­gen­händ­ler den Mo­tor aus­baue und zer­le­ge, so sei er doch ver­pflich­tet, ei­nen Mo­tor­test durch­zu­füh­ren, der die Mes­sung des För­der­be­ginns bzw. der Steu­er­zei­ten zum In­halt ha­be. Die­se Art der Mo­tor­un­ter­su­chung sei we­der tech­nisch auf­wen­dig noch kost­spie­lig. Sie ent­spre­che durch­aus den Ge­pflo­gen­hei­ten und Üb­lich­kei­ten im Kfz-Han­del.

Auch die­se Ar­gu­men­ta­ti­on ver­hilft der Klä­ge­rin nicht zum Er­folg.

Im Aus­gangs­punkt mag die Be­ru­fung al­ler­dings Recht ha­ben, wenn sie von ei­nem ge­werb­li­chen Ge­braucht­wa­gen­händ­ler mit Werk­statt ge­ne­rell, al­so nicht nur im kon­kre­ten Ein­zel­fall, ei­ne so­ge­nann­te Ver­kaufs­un­ter­su­chung des an­ge­bo­te­nen Ge­braucht­fahr­zeugs for­dert. Im Hin­blick auf die Be­schaf­fen­heit des Mo­tors ei­nes zum Ver­kauf an­ge­bo­te­nen ge­brauch­ten Pkw ver­langt der BGH al­ler­dings nur ei­ne ein­ge­schränk­te Prü­fung, näm­lich da­hin ge­hend, ob an dem Mo­tor Ver­än­de­run­gen vor­ge­nom­men wor­den sind, die zum Weg­fall der all­ge­mei­nen Be­triebs­er­laub­nis (ABE) füh­ren. Selbst ei­nen Kfz-Ver­mitt­ler hält der BGH für ver­pflich­tet, je­den Ge­braucht­wa­gen auf zu­las­sungs­er­heb­li­che Ver­än­de­run­gen je­den­falls in­so­weit im Au­gen­schein zu neh­men, als sie ihm als Fach­mann oh­ne Wei­te­res, das heißt oh­ne be­son­de­ren tech­ni­schen Auf­wand, wie den Ein­satz von tech­ni­schem Ge­rät oder ei­ner De­mon­ta­ge in Be­tracht kom­men­der Ag­gre­ga­te, er­kenn­bar sind (BGH, Urt. v. 03.11.1982 – VI­II ZR 282/81, NJW 1983, 217 – BMW 1602).

Ab­se­hen von die­ser „Ver­än­de­rungs­kon­trol­le“ sieht der BGH ei­nen ge­werb­li­chen Kfz-Händ­ler mit Werk­statt nur dann zur vor­he­ri­gen Un­ter­su­chung ver­pflich­tet, wenn „hand­greif­li­che An­halts­punk­te“ ei­nen kon­kre­ten Ver­dacht auf Man­gel­haf­tig­keit be­grün­den (vgl. BGH, Urt. v. 29.01.1975 – VI­II ZR 101/73, BGHZ 63, 382 = NJW 1975, 642 – Un­fall­vor­scha­den). Ein hö­he­res Al­ter des Fahr­zeugs und/oder ei­ne hö­he­re An­zahl von Vor­ei­gen­tü­mern be­grün­den nach An­sicht des BGH kei­ne (kon­kre­te) Un­ter­su­chungs­pflicht (BGH, Urt. v. 21.01.1981 – VI­II ZR 10/80, NJW 1981, 928 [929]). Dem­ge­gen­über zeigt sich in der neue­ren Recht­spre­chung der In­stanz­ge­rich­te die Ten­denz, ei­nem Kfz-Händ­ler mit ei­ge­ner Werk­statt ei­ne ge­ne­rel­le Un­ter­su­chungs­pflicht auf­zu­er­le­gen (vgl. die Nachw. bei Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 8. Aufl., Rn. 1456). So ha­ben sich der 13. und – für Händ­ler mit „grö­ße­rem Ge­schäfts­be­trieb“ – der 6. Zi­vil­se­nat des OLG Düs­sel­dorf für die ver­gleichs­wei­se stren­ge­re Auf­fas­sung aus­ge­spro­chen (Urt. v. 16.04.1992 – 13 U 206/91, DAR 1993, 347 = OLGR 1992, 277; an­ders bei ei­nem Kfz-Be­trieb oh­ne Werk­statt, vgl. Urt. vom 12.03.1992 – 13 U 195/91, OLGR 1992, 220; …). Da­ge­gen folgt der 22. Zi­vil­se­nat des OLG Düs­sel­dorf der Recht­spre­chung des BGH (vgl. Urt. v. 31.03.1995 – 22 U 176/94, OLG-Re­port 1995, 272; Urt. v. 31.05.1996 – 22 U 269/95, NJW-RR 1997, 431).

Der er­ken­nen­de Se­nat braucht sich in die­ser Fra­ge nicht ab­schlie­ßend fest­zu­le­gen. Denn auch bei An­nah­me ei­ner ge­ne­rel­len Un­ter­su­chungs­pflicht, wo­für ei­ni­ges spricht, kann ei­ne Pflicht­wid­rig­keit des Be­klag­ten nicht fest­ge­stellt wer­den. Wie auch die Klä­ge­rin nicht ver­kennt, kann von ei­nem ge­werb­li­chen Ge­braucht­wa­gen­händ­ler, auch wenn er über ei­ne ei­ge­ne Werk­statt ver­fügt, nicht ver­langt wer­den, dass er den Mo­tor vor dem Ver­kauf des Fahr­zeugs aus­baut und zer­legt. Ein sol­ches Vor­ge­hen schei­det von vorn­her­ein aus. Das be­darf kei­ner nä­he­ren Be­grün­dung. Nicht al­les, was tech­nisch mög­lich ist, ge­hört zu der ge­for­der­ten Un­ter­su­chung. Art und Um­fang der Un­ter­su­chung be­stim­men sich ei­ner­seits nach dem tech­nisch Mög­li­chen, an­de­rer­seits nach dem wirt­schaft­lich Zu­mut­ba­ren, wo­bei es we­sent­lich auf die Ge­pflo­gen­hei­ten im Kfz-Han­del an­kommt (so auch OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 21.12.1999 – 26 U 59/99, OLGR 2000, 307 = DAR 2000, 356 [Ls.]).

Ein ge­ziel­ter Mo­tor­test, so wie ihn der ADAC im Auf­trag der Klä­ge­rin durch­ge­führt hat, kann von ei­nem Kfz-Händ­ler vom Zu­schnitt des Be­klag­ten nicht ge­for­dert wer­den. Wie be­reits er­wähnt, un­ter­hält der Be­klag­te kei­nen au­to­ri­sier­ten Fach­be­trieb. Er ist nicht mar­ken­ge­bun­den, schon gar nicht ein Händ­ler der Mar­ke Volks­wa­gen. Ge­braucht­wa­gen­händ­ler der­je­ni­gen Ka­te­go­rie, zu der der Be­klag­te zu rech­nen ist, ver­fü­gen üb­li­cher­wei­se nicht über Dia­gno­se­ge­rä­te, um den Zu­stand von Mo­to­ren zu tes­ten. Sie müs­sen auf an­de­re Er­kennt­nis­mit­tel zu­rück­grei­fen. Da­zu ge­hört es, den Mo­tor zu star­ten, um ei­nen ers­ten Ein­druck von dem Zu­stand des Mo­tors zu ge­win­nen. Schon das Mo­tor­ge­räusch im Leer­lauf kann ei­nem Fach­mann Auf­schluss ge­ben. Zu­sätz­li­che Er­kennt­nis lie­fert ei­ne Test­fahrt. Wei­te­ren Auf­schluss ge­ben er­fah­rungs­ge­mäß die Ser­vice- und War­tungs­hef­te (Öl­wech­sel, Wech­sel von Zahn­rie­men, Steu­er­ket­te u. a.). Dass der Be­klag­te von die­sen na­he­lie­gen­den Er­kennt­nis­mög­lich­kei­ten kei­nen Ge­brauch ge­macht hat, kann der Se­nat nicht fest­stel­len. Im Üb­ri­gen ist die Klä­ge­rin dar­auf hin­zu­wei­sen, dass aus­weis­lich des ADAC-Mo­tor­tests die Mo­tor­ge­räu­sche eben­so wie die Leer­lauf­dreh­zahl in Ord­nung wa­ren. Zu weit geht die Be­ru­fung, wenn sie von dem Be­klag­ten ei­nen Mo­tor­test ver­langt, der die Mes­sung des För­der­be­ginns bzw. der Steu­er­zei­ten zum Ge­gen­stand hat. Ei­ne der­art ge­ziel­te Un­ter­su­chung kann von ei­nem Be­trieb, wie ihn der Be­klag­te un­ter­hält, nicht ge­for­dert wer­den (s. auch OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 21.12.1999 – 26 U 59/99, OLGR 2000, 307 = DAR 2000, 356 [Ls.]).).

Schließ­lich kann der Be­ru­fung auch nicht in der An­sicht ge­folgt wer­den, dem Be­klag­ten fal­le ein Auf­klä­rungs­ver­schul­den des­halb zur Last, weil er die Klä­ge­rin nicht dar­auf hin­ge­wie­sen ha­be, den Mo­tor vor dem Ver­kauf nicht un­ter­sucht zu ha­ben. Al­ler­dings hat die Recht­spre­chung mit­un­ter ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung da­mit be­grün­det, dass der Händ­ler das Fahr­zeug ver­kauft ha­be, oh­ne auf das Un­ter­blei­ben der an sich ge­bo­te­nen Un­ter­su­chung hin­ge­wie­sen zu ha­ben (vgl. Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1651 m. w. Nachw.). Nach An­sicht des OLG Köln (Urt. v. 13.03.2001 – 3 U 173/00) ist nicht nur das völ­li­ge Un­ter­las­sen ei­ner ge­schul­de­ten Un­ter­su­chung of­fen­ba­rungs­pflich­tig. Der Händ­ler müs­se auch mit­tei­len, wenn er das Fahr­zeug nur ober­fläch­lich ge­prüft ha­be, bei sorg­fäl­ti­ger Un­ter­su­chung der Man­gel aber ent­deckt wor­den wä­re. Ge­gen die­se Ar­gu­men­ta­ti­on be­ste­hen be­reits prin­zi­pi­el­le Be­den­ken. Sie kön­nen in der vor­lie­gen­den Sa­che je­doch auf sich be­ru­hen. Denn aus tat­säch­li­chen Grün­den kann der Se­nat nicht fest­stel­len, dass der Be­klag­te die Klä­ge­rin arg­lis­tig ge­täuscht hat. Dass jeg­li­che Un­ter­su­chung/Über­prü­fung des Mo­tors un­ter­blie­ben ist, steht nicht fest. Die un­wi­der­legt durch­ge­führ­te AU-Prü­fung spricht da­ge­gen. Der Se­nat hat auch nicht ge­nü­gend An­halts­punk­te, um die Fest­stel­lung tref­fen zu kön­nen, der Be­klag­te ha­be die ihm ge­ge­be­nen Mög­lich­kei­ten der Mo­tor­kon­trol­le nur un­zu­rei­chend ge­nutzt oder auf­fäl­li­ge An­zei­chen für Un­zu­läng­lich­kei­ten wie zum Bei­spiel ei­ne über­mä­ßig star­ke Rauch­ent­wick­lung un­be­ach­tet ge­las­sen.

Nach al­le­dem muss­te die Be­ru­fung … zu­rück­ge­wie­sen wer­den. …

PDF er­stel­len