1. Der Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens han­delt schon dann arg­lis­tig, wenn er auf Fra­gen, de­ren Be­ant­wor­tung für den Kauf­ent­schluss sei­nes Ver­trags­part­ners er­kenn­bar maß­geb­li­che Be­deu­tung hat, oh­ne tat­säch­li­che Grund­la­ge „ins Blaue hin­ein“ An­ga­ben über den Zu­stand des Fahr­zeugs macht, die sich als un­rich­tig er­wei­sen.
  2. Der Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens muss ei­nen frü­he­ren Un­fall des Fahr­zeugs, der ihm be­kannt ist oder mit des­sen Vor­han­den­sein er rech­net, dem Käu­fer grund­sätz­lich auch un­ge­fragt of­fen­ba­ren, wenn er sich nicht dem Vor­wurf arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens aus­set­zen will. Das gilt nur dann nicht, wenn der Un­fall so ge­ring­fü­gig war, dass er bei ver­nünf­ti­ger Be­trach­tungs­wei­se den Kauf­ent­schluss nicht be­ein­flus­sen konn­te. Die Gren­ze für der­ar­ti­ge nicht mit­tei­lungs­pflich­ti­ge „Ba­ga­tell­schä­den“ ist bei Per­so­nen­kraft­wa­gen sehr eng zu zie­hen und je­den­falls beim Aus­tausch ei­nes Kot­flü­gels, der nicht nur we­gen ei­ner klei­nen „Del­le“ vor­ge­nom­men zu wer­den pflegt, über­schrit­ten.

BGH, Ur­teil vom 03.12.1986 – VI­II ZR 345/85

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin er­warb ge­mäß schrift­li­chem Kauf­an­trag vom 24.08.1983 von dem Be­klag­ten ei­nen ge­brauch­ten Pkw Ja­gu­ar XJ 6 zum Preis von 43.950 DM. Der Kauf­an­trag ent­hält die Ver­mer­ke „un­ter Aus­schluss je­der Ge­währ­leis­tung“ und „b. Blech­scha­den“, das heißt be­sei­tig­ter Blech­scha­den. Den Wa­gen hat­te der Be­klag­te für die Fir­ma B, de­ren An­ge­stell­ter er war, am 07.09.1982 von dem Zeu­gen P für 30.000 DM in Zah­lung ge­nom­men und noch am sel­ben Tag zum Preis von 36.000 DM für sich selbst ge­kauft. Er hat­te das Fahr­zeug bis zum 24.03.1983 selbst be­nutzt und es so­dann durch sei­ne Fir­ma zum Ver­kauf an­bie­ten las­sen.

Im März 1984 wur­de an dem Wa­gen ein Bruch der vor­de­ren lin­ken Stoß­dämp­fer­be­fes­ti­gung fest­ge­stellt. Nach dem Gut­ach­ten des von der Klä­ge­rin be­auf­trag­ten Sach­ver­stän­di­gen L hat­te das Fahr­zeug ei­nen er­heb­li­chen Un­fall­scha­den im Be­reich des Rah­men­längs­trä­gers und des lin­ken vor­de­ren Rad­hau­ses; bei ei­ner un­sach­ge­mä­ßen Re­pa­ra­tur die­ses Un­fall­scha­dens sei der Ver­stär­kungs­bock der obe­ren Stoß­dämp­fer­be­fes­ti­gung nicht ein­ge­baut wor­den, dies ha­be schließ­lich zu ei­nem Bruch die­ser Dämp­fer­be­fes­ti­gung ge­führt.

Die Klä­ge­rin hat dar­auf­hin am 27.03.1984 den mit dem Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung an­ge­foch­ten, den Wa­gen im Mai 1984 ab­ge­mel­det und mit der Kla­ge die Rück­zah­lung von 41.000 DM (Kauf­preis ab­züg­lich des von der Klä­ge­rin ein­ge­räum­ten Werts der Ge­brauchs­vor­tei­le in Hö­he von 2.950 DM) ver­langt.

Sie macht gel­tend, die ers­te Ei­gen­tü­me­rin des Wa­gens ha­be mit ihm im April 1982 ei­nen schwe­ren Un­fall er­lit­ten, bei dem der Vor­bau stark de­for­miert, der ge­sam­te Wa­gen­kör­per dia­go­nal ver­scho­ben und das Dach nach oben ge­drückt so­wie das Ge­trie­be­ge­häu­se und die Mo­toröl­wan­ne zer­stört wor­den sei­en. Der sei­ner­zeit ein­ge­schal­te­te Sach­ver­stän­di­ge C ha­be ei­nen To­tal­scha­den an­ge­nom­men. Der Zeu­ge P ha­be den Be­klag­ten aus­drück­lich über die Un­fall­ei­gen­schaft des in­zwi­schen re­pa­rier­ten Wa­gens auf­ge­klärt, als er ihn in Zah­lung ge­ge­ben ha­be; der Vor­scha­den und die Re­pa­ra­tur sei­en im Üb­ri­gen von ei­ner Art ge­we­sen, dass sie bei der Un­ter­su­chung auf­ge­fal­len sein müss­ten. Gleich­wohl ha­be der Be­klag­te ihr, der Klä­ge­rin, ge­gen­über das Fahr­zeug auf mehr­fa­ches Be­fra­gen hin als un­fall­frei be­zeich­net und le­dig­lich auf ei­nen ganz leich­ten Blech­scha­den in Form ei­ner aus­ge­bes­ser­ten Beu­le am Kot­flü­gel hin­ge­wie­sen.

Der Be­klag­te hält dem ent­ge­gen, der Wa­gen kön­ne zum Zeit­punkt des Ver­kaufs an die Klä­ge­rin den von die­ser be­haup­te­ten schwe­ren Un­fall­scha­den nicht ge­habt ha­ben. Der Zeu­ge P ha­be ihn bei In­zah­lung­ga­be des Fahr­zeugs nur über ei­nen re­pa­rier­ten Blech­scha­den am vor­de­ren lin­ken Kot­flü­gel auf­ge­klärt und im Üb­ri­gen schrift­lich die Un­fall­frei­heit des Wa­gens zu­ge­si­chert. Bei den Un­ter­su­chun­gen des Fahr­zeugs durch die Fir­ma B sei­en aus­weis­lich der Prüf­be­rich­te vom 06.09.1982 und 19.04.1983 eben­falls nur be­ho­be­ne Blech­schä­den fest­ge­stellt wor­den. Auch ihm selbst sei­en we­der bei der In­zah­lung­nah­me noch bei der spä­te­ren Be­nut­zung des Wa­gens wei­te­re Schä­den auf­ge­fal­len. Des­halb ha­be er auf die Fra­ge der Klä­ge­rin nach der Un­fall­frei­heit wahr­heits­ge­mäß auf den be­ho­be­nen Blech­scha­den am Kot­flü­gel hin­ge­wie­sen. Zu­min­dest müs­se sich die Klä­ge­rin Ge­brauchs­vor­tei­le in Hö­he ei­nes Be­trags von 12.600 DM an­rech­nen las­sen, der hilfs­wei­se zur Auf­rech­nung ge­stellt wer­de.

Das Land­ge­richt hat den Be­klag­ten un­ter Klag­ab­wei­sung im Üb­ri­gen zur Zah­lung von 40.029 DM ver­ur­teilt (43.950 DM ab­züg­lich 3.921 DM für Ge­brauchs­vor­tei­le). Auf die Be­ru­fung des Be­klag­ten hat das Ober­lan­des­ge­richt die Kla­ge in vol­lem Um­fang ab­ge­wie­sen. Die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat aus­ge­führt:

Die Klä­ge­rin kön­ne die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses we­der auf­grund ei­ner An­fech­tung des Kauf­ver­trags noch nach § 463 BGB ver­lan­gen, weil ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung des Be­klag­ten über die Un­fall­ei­gen­schaft des Wa­gens nicht hin­rei­chend fest­ge­stellt wor­den sei. Zwar ste­he fest, dass das der Klä­ge­rin ver­kauf­te Fahr­zeug be­reits im April 1982 ei­nen er­heb­li­chen Un­fall­scha­den ge­habt ha­be; da­für sprä­chen au­ßer der Über­ein­stim­mung der Fahr­ge­stell­num­mer des sei­ner­zeit be­gut­ach­te­ten und des spä­ter ver­kauf­ten Wa­gens auch die Be­kun­dun­gen des Zeu­gen P über den Zeit­punkt sei­nes Er­werbs und die Art der Schä­den an dem von ihm ge­kauf­ten Fahr­zeug. Es sei aber da­von aus­zu­ge­hen, dass der Be­klag­te der Über­zeu­gung ge­we­sen sei, der Wa­gen ha­be nur ei­nen wie­der be­sei­tig­ten Blech­scha­den ge­habt. Der Zeu­ge P ha­be den Be­klag­ten nicht im Ein­zel­nen über Art und Aus­maß der Un­fall­schä­den in­for­miert, son­dern ihn – nach sei­ner Aus­sa­ge – nur auf „Un­fall­schä­den“ oder – nach der Dar­stel­lung des Be­klag­ten – auf ei­nen Blech­scha­den am lin­ken Kot­flü­gel hin­ge­wie­sen. Der tat­säch­li­che Um­fang des re­pa­rier­ten Scha­dens kön­ne dem Be­klag­ten ver­bor­gen ge­blie­ben sein. Denn die – mög­li­cher­wei­se nicht hin­rei­chend sorg­fäl­ti­gen – Un­ter­su­chun­gen der Fir­ma B hät­ten nach den Prüf­be­rich­ten nur be­ho­be­ne Blech­schä­den er­ge­ben; dies ha­be der Zeu­ge A, ein an­de­rer An­ge­stell­ter der Fir­ma B, be­stä­tigt. We­der der Preis von 30.000 DM, zu dem der Wa­gen in Zah­lung ge­nom­men wor­den sei, noch der­je­ni­ge von 36.000 DM, für den der Be­klag­te ihn ge­kauft ha­be, er­gä­ben ei­nen zu­ver­läs­si­gen Hin­weis dar­auf, dass der Be­klag­te den wah­ren Un­fall­scha­den ge­kannt ha­be. End­lich be­ste­he auch kei­ne Ver­an­las­sung, der von der Klä­ge­rin un­ter Be­weis ge­stell­ten Be­haup­tung nach­zu­ge­hen, der Be­klag­te ha­be den Wa­gen aus­drück­lich als un­fall­frei be­zeich­net und nur auf ei­ne aus­ge­bes­ser­te Beu­le am Kot­flü­gel hin­ge­wie­sen; denn dar­aus er­ge­be sich nur die – oh­ne­hin aus dem Kauf­ver­trag fol­gen­de – Be­stä­ti­gung, dass die Klä­ge­rin über ei­nen be­sei­tig­ten Blech­scha­den auf­ge­klärt wor­den sei, nicht aber ein Be­weis da­für, dass der Be­klag­te ei­nen schwe­ren Un­fall ge­kannt oder mit des­sen Vor­han­den­sein ge­rech­net und die Klä­ge­rin dar­über arg­lis­tig ge­täuscht ha­be.

II. Die­se Aus­füh­run­gen des Be­ru­fungs­ge­richts hal­ten der recht­li­chen Nach­prü­fung nicht in al­len Punk­ten stand.

1. a) In tat­säch­li­cher Hin­sicht ist da­von aus­zu­ge­hen, dass der Ja­gu­ar im April 1982 ei­nen schwe­ren Un­fall­scha­den er­lit­ten hat­te. Die­se Fest­stel­lung des Be­ru­fungs­ge­richts, die die Re­vi­si­on als ihr güns­tig hin­nimmt und ge­gen die der Be­klag­te in der Re­vi­si­ons­in­stanz Ein­wän­de nicht mehr er­ho­ben hat, lässt Rechts­feh­ler nicht er­ken­nen.

b) Auch die Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts, es kön­ne nicht fest­ge­stellt wer­den, dass dem Be­klag­ten der wirk­li­che Um­fang der Un­fall­schä­den be­kannt ge­we­sen sei, wird von der Re­vi­si­on mit Ver­fah­rens­rügen nicht an­ge­grif­fen und kann aus Rechts­grün­den nicht be­an­stan­det wer­den.

2. Dem­ge­gen­über rügt die Re­vi­si­on teil­wei­se zu Recht, dass das Be­ru­fungs­ge­richt bei der Ver­nei­nung ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung durch den Be­klag­ten für die Ent­schei­dung er­heb­li­ches Vor­brin­gen der Klä­ge­rin für nicht er­heb­lich ge­hal­ten hat.

a) So liegt es bei der Be­haup­tung der Klä­ge­rin, der Be­klag­te ha­be ih­re Fra­ge nach ei­nem Un­fall des Fahr­zeugs aus­drück­lich ver­neint.

aa) Wenn der Be­klag­te – wie dies der Zeu­ge P be­kun­det, er selbst aber un­ter Hin­weis auf die schrift­li­che Er­klä­rung des Zeu­gen be­strit­ten hat – von P all­ge­mein auf „Un­fall­schä­den“ auf­merk­sam ge­macht wor­den ist, so stell­te sei­ne an­geb­li­che Er­klä­rung, der Ja­gu­ar sei un­fall­frei, ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung dar. Dar­an än­dert nichts, dass der Be­klag­te zu­gleich auf ei­nen be­ho­be­nen Blech­scha­den am Kot­flü­gel hin­ge­wie­sen hat.

Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des er­ken­nen­den Se­nats han­delt der Ver­käu­fer arg­lis­tig schon dann, wenn er auf Fra­gen, de­ren Be­ant­wor­tung für den Kauf­ent­schluss sei­nes Ver­trags­part­ners er­kenn­bar maß­geb­li­che Be­deu­tung hat, oh­ne tat­säch­li­che Grund­la­ge „ins Blaue hin­ein“ An­ga­ben über den Zu­stand des Fahr­zeugs macht, die sich als un­rich­tig er­wei­sen (BGH, Urt. v. 29.01.1975 – VI­II ZR 101/73, BGHZ 63, 382 [386]; Urt. v. 11.06.1979 – VI­II ZR 224/78, BGHZ 74, 383 [391 f.]; Urt. v. 16.03.1977 – VI­II ZR 283/75, WM 1977, 584 [un­ter II 2 c]; Urt. v. 18.03.1981 – VI­II ZR 44/80, WM 1981, 560 [un­ter II 2 a]).

Nicht an­ders liegt es hier: Je­den­falls auf aus­drück­li­che Nach­fra­ge durch die Klä­ge­rin muss­te der Be­klag­te die­ser al­les of­fen­ba­ren, was er wuss­te (BGH, Urt. v. 11.06.1979 – VI­II ZR 224/78, BGHZ 74, 383 [391 f.]; Se­nat, Urt. v. 20.03.1967 – VI­II ZR 288/64, NJW 1967, 1222 [un­ter II 2 a]; Urt. v. 29.06.1977 – VI­II ZR 43/76, WM 1977, 1048 [un­ter II 3 a bb und cc]). Das tat er nicht, wenn er die Klä­ge­rin al­lein über den jet­zi­gen Zu­stand des Wa­gens (be­ho­be­ner Blech­scha­den), nicht aber über die Tat­sa­che des zu­grun­de lie­gen­den Un­falls un­ter­rich­te­te. „Ins Blaue hin­ein“ er­folg­te die – von der Klä­ge­rin be­haup­te­te – Er­klä­rung des Be­klag­ten („un­fall­frei“) des­halb, weil er kei­ne hin­rei­chen­de Grund­la­ge für die An­nah­me hat­te, der Un­fall ha­be nicht noch zu wei­te­ren – von dem Er­stei­gen­tü­mer oder dem Zeu­gen P re­pa­rier­ten und in der Prüf­ab­tei­lung der Fir­ma B nicht mehr fest­ge­stell­ten – Schä­den ge­führt. Die schrift­li­che Ver­si­che­rung des Zeu­gen, der Wa­gen sei un­fall­frei, konn­te die Er­klä­rung des Be­klag­ten nicht recht­fer­ti­gen, wenn ihm münd­lich Ge­gen­tei­li­ges ge­sagt wor­den war. Die Prüf­be­rich­te vom 06.09.1982 und 19.04.1983 wa­ren hier­für eben­so we­nig ge­eig­net. Denn der Be­klag­te hat nicht be­haup­tet, dass die ih­nen zu­grun­de lie­gen­den Un­ter­su­chun­gen durch die Fir­ma B in ei­ner Form er­folg­ten, die an­de­re als die ent­deck­ten Schä­den aus­schloss. Dass dies auch nicht der Fall war, zeigt das Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen L, der auf­grund ei­ner Be­sich­ti­gung des Wa­gens in un­zer­leg­tem Zu­stand ei­ne Neu­ein­schwei­ßung des Rah­men­längs­trä­gers und des vor­de­ren lin­ken Rad­hau­ses fest­ge­stellt und dar­aus auf ei­nen er­heb­li­chen Un­fall­scha­den ge­schlos­sen hat.

bb) Al­ler­dings hat das Be­ru­fungs­ge­richt da­hin­ge­stellt sein las­sen, ob der Zeu­ge P dem Be­klag­ten ge­gen­über von ei­nem „Un­fall­scha­den“ ge­spro­chen oder ihn nur auf ei­nen be­ho­be­nen Blech­scha­den hin­ge­wie­sen hat. Die recht­li­che Be­ur­tei­lung ist in­des­sen auch im letz­te­ren Fall kei­ne an­de­re. Denn die wei­te­re Fest­stel­lung des Be­ru­fungs­ge­richts, für P und den Be­klag­ten sei klar ge­we­sen, dass der Blech­scha­den durch ei­nen Un­fall ver­ur­sacht wor­den sei, liegt im Rah­men des tatrich­ter­li­chen Er­mes­sens und wird in der Re­vi­si­ons­in­stanz nicht be­an­stan­det. Wuss­te der Be­klag­te mit­hin auch in die­sem Fal­le von ei­nem Un­fall des Fahr­zeugs, so war sei­ne Er­klä­rung ge­gen­über der Klä­ge­rin („un­fall­frei“) aus den dar­ge­leg­ten Grün­den (oben II 2a aa) ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung gleich­zu­set­zen. Auch hier ver­moch­te die schrift­li­che Ver­si­che­rung des Zeu­gen P nichts dar­an zu än­dern, dass der Be­klag­te sei­ne ei­ge­ne Er­klä­rung oh­ne hin­rei­chen­de tat­säch­li­che Grund­la­ge ab­gab. Denn P war, wie der Be­klag­te aus dem Kraft­fahr­zeug­brief wuss­te und wie dies auch in dem Prüf­be­richt vom 06.09.1982 ver­merkt war, nicht Er­stei­gen­tü­mer des Wa­gens und muss­te folg­lich über Art und Aus­maß ei­nes vor sei­ner Be­sitz­zeit lie­gen­den Un­falls nicht un­ter­rich­tet sein.

b) Eben­falls mit Er­folg be­an­stan­det die Re­vi­si­on un­ter Hin­weis auf § 286 ZPO, dass das Be­ru­fungs­ge­richt die Be­kun­dung des Zeu­gen P für un­er­heb­lich ge­hal­ten ha­be, er ha­be dem Be­klag­ten er­klärt, dass der lin­ke (vor­de­re) Kot­flü­gel aus­ge­wech­selt wor­den sei. Die­se Be­kun­dung hat sich die Klä­ge­rin durch Be­zug­nah­me auf die Aus­sa­ge des Zeu­gen P zu ei­gen ge­macht. Da das Be­ru­fungs­ge­richt Fest­stel­lun­gen hier­über nicht ge­trof­fen hat, ist re­vi­si­ons­recht­lich von der Rich­tig­keit der Be­haup­tung der Klä­ge­rin aus­zu­ge­hen. Dann aber ist dem Be­klag­ten ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung der Klä­ge­rin an­zu­las­ten, oh­ne dass es dar­auf an­kä­me, ob er de­ren Fra­ge nach der Un­fall­frei­heit des Wa­gens aus­drück­lich be­jaht hat. Denn der Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens muss ei­nen frü­he­ren Un­fall des Fahr­zeugs, der ihm be­kannt ist oder mit des­sen Vor­han­den­sein er rech­net, grund­sätz­lich auch un­ge­fragt dem Käu­fer of­fen­ba­ren, wenn er sich nicht dem Vor­wurf arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens aus­set­zen will (Se­nat, Urt. v. 03.03.1982 – VI­II ZR 78/81, WM 1982, 511 [un­ter II 2 a] m. w. Nachw.), es sei denn, der Un­fall war so ge­ring­fü­gig, dass er bei ver­nünf­ti­ger Be­trach­tungs­wei­se den Kauf­ent­schluss nicht be­ein­flus­sen konn­te (Se­nat, Urt. v. 22.02.1984 – VI­II ZR 238/82, WM 1984, 535 [un­ter IV]). Die Gren­ze für der­ar­ti­ge nicht mit­tei­lungs­pflich­ti­ge „Ba­ga­tell­schä­den“ ist bei Per­so­nen­kraft­wa­gen sehr eng zu zie­hen (Se­nat, Urt. v. 29.06.1977 – VI­II ZR 43/76, WM 1977, 1048 m. w. Nachw.). Sie ist über­schrit­ten bei der Aus­wech­se­lung ei­nes Kot­flü­gels, die nicht nur we­gen ei­ner klei­nen „Del­le“ vor­ge­nom­men zu wer­den pflegt (BGH, Urt. v. 29.01.1975 – VI­II ZR 101/73, BGHZ 63, 382 [387]). Der ihm des­halb ob­lie­gen­den Auf­klä­rungs­pflicht hat der Be­klag­te mit dem Hin­weis auf ei­nen be­ho­be­nen Blech­scha­den nicht ge­nügt. Denn die­se Er­klä­rung gab nicht den wah­ren Um­fang des Scha­dens wie­der, son­dern war ge­eig­net, die­sen und die Art des zu­grun­de lie­gen­den Un­falls zu ba­ga­tel­li­sie­ren und die Klä­ge­rin ir­re­zu­füh­ren (da­zu z. B. BGH, Urt. v. 08.10.1954 – I ZR 42/53, LM BGB § 123 Nr. 10).

c) Kei­nen Er­folg hat die Re­vi­si­on da­ge­gen mit ih­rer Rü­ge, das Be­ru­fungs­ge­richt ha­be auch die Be­haup­tung der Klä­ge­rin über­gan­gen, der Be­klag­te ha­be das Fahr­zeug wahr­heits­wid­rig als „Vor­führ­wa­gen“ be­zeich­net. Nach dem ei­ge­nen Vor­trag der Klä­ge­rin ist sie durch die­se Er­klä­rung des Be­klag­ten nicht zum Ab­schluss des Ver­trags „be­stimmt“ wor­den (§ 123 I 1 BGB). Denn man­gels ei­ner an­der­wei­ti­gen Dar­stel­lung ist da­von aus­zu­ge­hen, dass der Kauf­an­trag der Klä­ge­rin vom 24.08.1983 erst mit Über­ga­be des Fahr­zeugs und der Pa­pie­re von dem Be­klag­ten an­ge­nom­men wor­den ist, dies al­so zu ei­ner Zeit, als die Klä­ge­rin durch Ein­sicht in den Kraft­fahr­zeug­brief das Vor­han­den­sein meh­re­rer Vor­ei­gen­tü­mer be­reits selbst fest­ge­stellt hat und gleich­wohl bei ih­rem Kauf­an­trag ge­blie­ben ist. Im Üb­ri­gen ist die erst­mals mit Schrift­satz vom 24.10.1985 er­ho­be­ne Be­ru­fung auf die­sen Um­stand nicht in­ner­halb der Jah­res­frist des § 124 I BGB er­folgt.

III. Das Be­ru­fungs­ge­richt wird mit­hin zu klä­ren ha­ben, ob der Be­klag­te die Fra­ge nach der Un­fall­frei­heit des Pkw Ja­gu­ar aus­drück­lich be­jaht hat und ob er von der Aus­wech­se­lung des Kot­flü­gels durch den Zeu­gen P un­ter­rich­tet wor­den ist; un­ter Um­stän­den wird auch die zwi­schen den Par­tei­en strei­ti­ge Hö­he der der Klä­ge­rin zu­ge­flos­se­nen Ge­brauchs­vor­tei­le zu er­mit­teln sein. Ge­langt das Be­ru­fungs­ge­richt zu dem Er­geb­nis, dass zu­las­ten der Klä­ge­rin we­der ei­ne Er­klä­rung des Be­klag­ten über die Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs noch des­sen Kennt­nis von der Aus­wech­se­lung des Kot­flü­gels fest­ge­stellt wer­den kann, so wird es Ge­le­gen­heit zu den fol­gen­den Über­le­gun­gen ha­ben:

1. Der Be­klag­te will auf die Fra­ge der Klä­ge­rin nach der Un­fall­frei­heit des Wa­gens (nur) auf den be­ho­be­nen Blech­scha­den am Kot­flü­gel hin­ge­wie­sen ha­ben. Ge­ge­be­nen­falls muss die dem Tatrich­ter vor­be­hal­te­ne Aus­le­gung die­ses Ver­hal­tens un­ter Be­rück­sich­ti­gung des ge­sam­ten Zu­sam­men­hangs der zwi­schen den Par­tei­en ge­führ­ten Ver­hand­lun­gen er­ge­ben, ob hier­in – was na­he­lie­gen kann – die Be­ja­hung der Fra­ge nach der Un­fall­frei­heit – mit der ein­zi­gen Ein­schrän­kung des be­ho­be­nen Blech­scha­dens – zu se­hen ist. Ist dies der Fall, so könn­ten die dar­ge­stell­ten Grund­sät­ze über ei­ne „ins Blaue hin­ein“ ab­ge­ge­be­ne Er­klä­rung An­wen­dung fin­den (da­zu oben II 2 a).

2. Das Be­ru­fungs­ge­richt woll­te das Kla­ge­be­geh­ren auch als Scha­dens­er­satz­an­spruch nach § 463 BGB wür­di­gen, hat dies in­des­sen nur un­ter dem Ge­sichts­punkt ei­nes arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens des Be­klag­ten ge­tan. Die von der Klä­ge­rin be­haup­te­te und un­ter Be­weis ge­stell­te Er­klä­rung des Be­klag­ten, das Fahr­zeug ha­be nur ei­nen „ganz leich­ten Blech­scha­den“ ge­habt, kann dem Be­ru­fungs­ge­richt An­lass für die Prü­fung ge­ben, ob hier­in die Zu­si­che­rung ei­ner Ei­gen­schaft da­hin ge­hend liegt, der Wa­gen wei­se kei­ne wei­te­ren Schä­den als eben die­sen Blech­scha­den auf (da­zu Se­nat, Urt. v. 18.03.1981 – VI­II ZR 44/80, WM 1981, 560 [un­ter II 2 b aa]).

IV. Nach al­lem war das an­ge­foch­te­ne Ur­teil auf­zu­he­ben und die Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen …

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