Beim Ver­kauf ei­nes Ge­braucht­wa­gens durch ei­nen Ge­braucht­wa­gen­händ­ler an ei­nen Nicht­kauf­mann ver­stößt die um­fas­sen­de Frei­zei­ch­nungs­klau­sel „ge­braucht, wie be­sich­tigt und un­ter Aus­schluss je­der Ge­währ­leis­tung“ nicht ge­gen die Ge­ne­ral­klau­sel des § 9 AGBG.

BGH, Ur­teil vom 11.06.1979 – VI­II ZR 224/78

Die­se Ent­schei­dung ist zum „al­ten“ Schuld­recht und vor In­kraft­tre­ten der ZPO-Re­form 2002 er­gan­gen. Sie kann nicht oh­ne Wei­te­res auf das seit dem 01.01.2002 gel­ten­de Recht über­tra­gen wer­den (so ist z. B. an die Stel­le der Wan­de­lung der Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ge­tre­ten). Die ge­nann­ten Vor­schrif­ten exis­tie­ren heu­te mög­li­cher­wei­se nicht mehr oder ha­ben ei­nen an­de­ren In­halt.

Sach­ver­halt: Die Be­klag­te be­treibt in Ber­lin ei­nen Ge­braucht­wa­gen­han­del. Für Ver­käu­fe von Ge­braucht­wa­gen im Ein­zel­han­del ver­wen­det sie re­gel­mä­ßig For­mu­la­re, die zur Ge­währ­leis­tung fol­gen­de Be­stim­mung ent­hal­ten: „ge­braucht, wie be­sich­tigt und un­ter Aus­schluß je­der Ge­währ­leis­tung“.

Der kla­gen­de Ver­ein – ei­ne Grün­dung der Ver­brau­cher­zen­tra­len der Län­der und der Ar­beits­ge­mein­schaft der Ver­brau­cher­ver­bän­de – ver­langt von der Be­klag­ten, bei Ge­braucht­wa­gen­ver­käu­fen, so­fern sie nicht mit ei­nem Kauf­mann ab­ge­schlos­sen wer­den und zum Be­reich sei­nes Han­dels­ge­wer­bes ge­hö­ren, die Ver­wen­dung die­ser Klau­sel zu un­ter­las­sen. Die in ihr ent­hal­te­ne völ­li­ge Frei­zei­ch­nung von je­der Ge­währ­leis­tung stel­le – so meint der Klä­ger – je­den­falls in­so­weit ei­ne ein­sei­ti­ge und da­mit un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Käu­fers dar, als sie im nicht­kauf­män­ni­schen Be­reich auch Fäl­le der man­geln­den Fahr­tüch­tig­keit und Ver­kehrs­si­cher­heit er­fas­se. Für der­ar­ti­ge Min­dest­an­for­de­run­gen, die je­der Ge­braucht­wa­gen­käu­fer bei al­lem Ri­si­ko des Ge­braucht­wa­gen­kaufs an den zu er­wer­ben­den Wa­gen stel­le, tref­fe den Ver­käu­fer ei­ne durch All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen nicht ab­ding­ba­re ga­ran­tie­ähn­li­che Ein­stands­pflicht. An­dern­falls feh­le es un­ter Um­stän­den an dem Äqui­va­lenz­ver­hält­nis zwi­schen Kauf­preis und Kauf­sa­che, von dem die Ver­trags­part­ner bei Kauf­ab­schluss als selbst­ver­ständ­lich aus­ge­gan­gen sei­en.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge un­ter Be­zug­nah­me auf die Recht­spre­chung ins­be­son­de­re des er­ken­nen­den Se­nats ab­ge­wie­sen. Die Be­ru­fung des Klä­gers blieb oh­ne Er­folg, und auch sei­ne Re­vi­si­on war nicht er­folg­reich.

Aus den Grün­den: II. Die Kla­ge ist … nicht be­grün­det, weil die Ver­wen­dung der be­an­stan­de­ten Klau­sel im Ge­braucht­wa­gen­han­del ge­gen­über Nicht­kauf­leu­ten nicht zu be­an­stan­den ist.

1. Das Be­ru­fungs­ge­richt hält ei­ne völ­li­ge Frei­zei­ch­nung von der Haf­tung für Män­gel, auch so­weit sie die Fahr­tüch­tig­keit und Ver­kehrs­si­cher­heit des Ge­braucht­wa­gens be­tref­fen, des­we­gen für zu­läs­sig, weil bei­de Ver­trags­part­ner an­ge­sichts des zu­meist un­be­kann­ten Um­fangs der Ab­nut­zung mit un­be­kann­ten Ri­si­ken rech­ne­ten und rech­nen müss­ten, so­dass der dem Ge­währ­leis­tungs­recht (§§ 459 ff. BGB) zu­grun­de lie­gen­de Aus­gleichs­ge­dan­ke hier kei­ne An­wen­dung fin­de. Es sei ge­ra­de nicht Ver­trags­zweck, dem Käu­fer ein fahr­tüch­ti­ges und ver­kehrs­si­che­res Au­to zu ver­schaf­fen, denn ei­ne sol­che Ver­pflich­tung wol­le und kön­ne der Ge­braucht­wa­gen­händ­ler nicht über­neh­men. So­weit der Käu­fer ihm ein be­son­de­res Ver­trau­en auf sei­ne Sach­kun­de ent­ge­gen­brin­ge, ha­be er – all­ge­mein zur vor­he­ri­gen Un­ter­su­chung des von ihm ver­kauf­ten Ge­braucht­wa­gens nicht ver­pflich­tet – ein sol­ches Ver­trau­en je­den­falls nicht ver­an­lasst.

2. Die­se Aus­füh­run­gen des Be­ru­fungs­ge­richts hal­ten ei­ner recht­li­chen Nach­prü­fung stand.

a) Die ge­le­gent­lich ge­äu­ßer­te An­sicht, die Klau­sel sei in sich wi­der­sprüch­lich und da­mit im Hin­blick auf die so­ge­nann­te Un­klar­hei­ten­re­gel (§ 5 AGBG) un­wirk­sam (vgl. et­wa LG Mün­chen I, Urt. v. 20.12.1976 – 34 S 15242/76, NJW 1977, 766), ist rechts­ir­rig. Zwar er­fasst der Hin­weis „wie be­sich­tigt“ – nicht nur hin­sicht­lich der Rü­ge­pflicht, son­dern auch im Zu­sam­men­hang mit ei­nem ge­währ­leis­tungs­recht­li­chen Haf­tungs­aus­schluss – grund­sätz­lich nur die­je­ni­gen (sog. of­fe­nen) Män­gel, die bei ei­ner den Um­stän­den nach zu­mut­ba­ren Prü­fung und Un­ter­su­chung un­schwer er­kenn­bar sind (vgl. Se­nat, Urt. v. 18.12.1956 – VI­II ZR 19/56, BB 1957, 283). Die Klau­sel ins­ge­samt („un­ter Aus­schluss je­der Ge­währ­leis­tung“) bringt je­doch hin­rei­chend deut­lich zum Aus­druck, dass die Haf­tung für sämt­li­che, auch ver­bor­ge­ne Män­gel im Rah­men der auch für In­di­vi­du­al­ver­trä­ge ge­setz­ten Gren­zen (§ 476 BGB) aus­ge­schlos­sen wer­den soll (Se­nat, Urt. v. 10.10.1977 – VI­II ZR 110/76, WM 1977, 1351 = NJW 1978, 261). So wird die Klau­sel auch von den an der­ar­ti­gen Rechts­ge­schäf­ten be­tei­lig­ten Krei­sen ver­stan­den (Hen­sen, in: Ul­mer/Brand­ner/Hen­sen, AGBG, 3. Aufl., Anh. zu §§ 9–11 Rn. 434; Eg­gert, NJW 1977, 2267).

b) Der BGH und ins­be­son­de­re der er­ken­nen­de Se­nat ha­ben be­reits vor In­kraft­tre­ten des Ge­set­zes zur Re­ge­lung des Rechts der All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen (AGBG) die hier strei­ti­ge Klau­sel und den in ihr ent­hal­te­nen voll­stän­di­gen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss im Ge­braucht­wa­gen­han­del – und zwar auch ge­gen­über Nicht­kauf­leu­ten – als rechts­wirk­sam an­ge­se­hen (Se­nat, Urt. v. 11.02.1958 – VI­II ZR 85/57, LM HGB § 346 [c] Nr. 8 = BB 1958, 283; Urt. v. 21.03.1966 – VI­II ZR 44/64, WM 1966, 473 = NJW 1966, 1070; Urt. v. 08.10.1969 – VI­II ZR 20/68, WM 1969, 1391 = NJW 1970, 29; Urt. v. 25.06.1975 – VI­II ZR 244/73, WM 1975, 895 = NJW 1975, 1693; Urt. v. 16.03.1977 – VI­II ZR 283/75, WM 1977, 584 = NJW 1977, 1055; Urt. v. 29.06.1977 – VI­II ZR 43/76, WM 1977, 1048 = NJW 1977, 1914; Urt. v. 10.10.1977 – VI­II ZR 110/76, WM 1977, 1351 = NJW 1978, 261). Das Schrift­tum ist die­ser An­sicht, wenn auch viel­fach oh­ne ei­ge­ne nä­he­re Stel­lung­nah­me, ge­folgt (Baur, DAR 1962, 321 [326]; Schmidt, DAR 1964, 201 [202]; von Brunn, NJW 1956, 306; von Lüp­ke, BB 1957, 169; Ku­lich, Be­trieb 1967, 456; Hen­sen, in: Ul­mer/Brand­ner/Hen­sen, a. a. O., Anh. zu §§ 9–11 Rn. 434 und § 11 Nr. 10 Rn. 4; Stein, AGBG, § 11 Rn. 77; Koch/Stü­bing, AGBG, § 11 Nr. 10 Rn. 8; Schmidt-Sal­zer, All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen, 2. Aufl., S. 204; a. A. Gra­ba, in: Schlos­ser/Coes­ter-Wält­jen/Gra­ba, AGBG, § 9 Rn. 78 ff., ins­be­son­de­re Rn. 81; Ha­ger, NJW 1975, 2276; krit. auch Lö­we, in: Lö­we/Graf von West­pha­len/Trink­ner, AGBG, § 9 Rn. 47).

aa) Maß­ge­bend für die­se Recht­spre­chung war ein­mal die Er­wä­gung, dass es schon nach sehr kur­zer Zeit häu­fig nicht mehr fest­stell­bar ist, ob ein Feh­ler be­reits bei Kauf­ab­schluss vor­han­den war oder – wenn auch be­dingt durch ei­ne schon be­ste­hen­de Ab­nut­zung – erst nach dem für die Ge­währ­leis­tung maß­geb­li­chen Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs ent­stan­den ist (Se­nat, Urt. v. 08.10.1969 – VI­II ZR 20/68, WM 1969, 1391 = NJW 1970, 29).

bb) We­sent­li­cher ist je­doch der Um­stand, dass der Ge­braucht­wa­gen­ver­käu­fer nur be­schränk­te Mög­lich­kei­ten hat, sich über den Zu­stand des von ihm zu ver­kau­fen­den Kraft­fahr­zeugs zu in­for­mie­ren (vgl. da­zu Se­nat, Urt. v. 10.10.1977 – VI­II ZR 110/76, WM 1977, 1351 = NJW 1978, 261). Das gilt nicht nur, wenn das Fahr­zeug vor­her be­reits durch ver­schie­de­ne Hän­de ge­gan­gen ist und auf Per­so­nen zu­ge­las­sen war, zu de­nen es dem Ge­braucht­wa­gen­händ­ler an jeg­li­chem Kon­takt fehlt. Auch der­je­ni­ge, von dem er das Fahr­zeug er­wirbt oder für den er es ver­kau­fen soll, ist, um ei­nen mög­lichst ho­hen Er­lös zu er­zie­len, ver­ständ­li­cher­wei­se ge­neigt, den Zu­stand des Fahr­zeugs als mög­lichst gut dar­zu­stel­len und Män­gel – ins­be­son­de­re et­wai­ge Un­fall­fol­gen – zu ver­schwei­gen. Der äu­ße­re Zu­stand des Fahr­zeugs gibt häu­fig kei­ne ver­läss­li­che Aus­kunft über den Wert und den Um­fang der Ab­nut­zung; auch ein noch so ge­pfleg­ter Wa­gen kann durch un­sach­ge­mä­ße Fahr­wei­se oder die be­son­de­ren Um­stän­de der Vor­be­nut­zung – et­wa als Ta­xe oder ganz all­ge­mein, weil ver­schie­de­ne Per­so­nen in Be­trieb oder Fa­mi­lie ihn ge­fah­ren ha­ben – mit kon­kre­ten Män­geln be­haf­tet oder doch je­den­falls stark ab­ge­nutzt sein. Auch das Al­ter des Fahr­zeu­ges (Erst­zu­las­sung) und der Ta­cho­me­ter­stand, so­fern die­ser über­haupt die tat­säch­li­che Fahr­leis­tung wie­der­gibt, las­sen häu­fig kei­ne hin­rei­chend si­che­ren Rück­schlüs­se auf die Män­gel­frei­heit des Wa­gens zu. Das gilt ins­be­son­de­re für et­wai­ge Fol­gen ei­nes bei ei­nem der Vor­be­sit­zer ein­ge­tre­te­nen Un­falls, die – häu­fig nicht äu­ßer­lich er­kenn­bar – vom Ver­käu­fer ver­schwie­gen, nicht sel­ten durch Ma­ni­pu­la­tio­nen am Fahr­zeug ver­schlei­ert wer­den oder dem Ver­trags­part­ner des Ge­braucht­wa­gen­händ­lers selbst nicht be­kannt sind. Bei die­sen viel­fäl­ti­gen Schwie­rig­kei­ten, den tat­säch­li­chen Zu­stand und da­mit den Wert des Ge­braucht­wa­gens ver­läss­lich zu er­fah­ren, er­scheint es nicht un­an­ge­mes­sen, wenn der Ge­braucht­wa­gen­händ­ler ver­sucht, die im We­sent­li­chen ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­ge Ga­rantie­haf­tung des Ge­währ­leis­tungs­rechts ab­zu­be­din­gen und so das Ri­si­ko dem Käu­fer auf­zu­er­le­gen.

c) Die­se In­ter­es­sen­la­ge ist dem Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens be­kannt. Er sieht, dass in zu­neh­men­dem Ma­ße Ge­braucht­wa­gen­händ­ler die von ih­nen an­ge­bo­te­nen Fahr­zeu­ge aus­drück­lich als „werk­statt­über­prüft“ an­bie­ten, in be­stimm­tem Um­fang ei­ne „Ga­ran­tie“ über­neh­men oder sich doch je­den­falls ver­pflich­ten, für ein­zel­ne nä­her auf­ge­führ­te Um­stän­de (Fahr­leis­tung, Zu­stand von Mo­tor, Brem­sen oder Be­rei­fung u. a.) ein­zu­ste­hen. Fehlt ei­ne sol­che Zu­sa­ge, die dem Ge­braucht­wa­gen­händ­ler ei­nen Wett­be­werbs­vor­sprung vor an­de­ren ver­schafft, so weiß heu­te der Käu­fer, daß be­son­de­re Vor­sicht am Plat­ze und das Ri­si­ko, ein nicht nur ab­ge­nutz­tes, son­dern mit kon­kre­ten Män­geln be­haf­te­tes Fahr­zeug zu er­hal­ten, be­son­ders groß ist. Es ist da­her auch ver­fehlt, mit der Re­vi­si­on ganz all­ge­mein ent­schei­dend dar­auf ab­zu­stel­len, daß der Ge­braucht­wa­gen­käu­fer dem Ge­braucht­wa­gen­händ­ler ein be­stimm­tes schutz­wür­di­ges Ver­trau­en ent­ge­gen­bringt; maß­ge­bend ist viel­mehr, ob der Händ­ler durch be­son­de­re An­ga­ben ein sol­ches Ver­trau­en er­weckt oder durch ein blo­ßes An­bie­ten oh­ne Über­nah­me ei­ner Ein­stands­pflicht zu ei­nem der­ar­ti­gen Ver­trau­en ge­ra­de kei­nen recht­fer­ti­gen­den An­lass gibt.

d) Et­was an­de­res wür­de al­ler­dings dann gel­ten, wenn den Ge­braucht­wa­gen­händ­ler – als Vor­aus­set­zung und Recht­fer­ti­gung für ei­ne ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­ge Ge­währ­leis­tungs­pflicht – ei­ne durch All­ge­mei­ne Ge­schäfts- und For­mu­l­ar­be­din­gun­gen nicht ab­ding­ba­re all­ge­mei­ne Un­ter­su­chungs­pflicht tref­fen wür­de. Ei­ne sol­che Un­ter­su­chungs­pflicht hat je­doch der Se­nat nicht nur ganz all­ge­mein für den Zwi­schen­händ­ler (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.09.1968 – VI­II ZR 108/66, WM 1968, 1249 = NJW 1968, 2238, das ei­nen Treib­stoff­händ­ler be­traf), son­dern ge­ra­de auch für den Ge­braucht­wa­gen­händ­ler ver­neint (vgl. Se­nat, Urt. v. 16.03.1977 – VI­II ZR 283/75, WM 1977, 584 = NJW 1977, 1055). Mit sei­nem ge­gen­tei­li­gen Hin­weis auf BGH, Urt. v. 29.01.1975 – VI­II ZR 101/73, BGHZ 63, 382 (386), ver­kennt Gra­ba (in: Schlos­ser/Coes­ter-Wält­jen/Gra­ba, a. a. O., § 9 Rn. 81 Fn. 230), dass dort ei­ne Un­ter­su­chungs­pflicht für ei­nen Fall be­jaht wor­den ist, in dem der Ver­käu­fer hand­greif­li­che An­halts­punk­te für ei­nen Un­fall und da­mit be­reits Zwei­fel an der Man­gel­frei­heit hat­te oder doch um die Mög­lich­keit des Vor­han­den­seins von Män­geln wuß­te. Für ei­nen sol­chen Fall ist auch in dem Se­nats­ur­teil vom 16.03.1977 (VI­II ZR 283/75, WM 1977, 584 = NJW 1977, 1055 [un­ter III 1 a ee]) ei­ne Un­ter­su­chungs­pflicht be­jaht wor­den. Mit ei­ner all­ge­mei­nen Un­ter­su­chungs­pflicht wür­de man da­ge­gen die An­for­de­run­gen an ei­nen Ge­braucht­wa­gen­händ­ler – ins­be­son­de­re wenn er über kei­ne ei­ge­ne Werk­statt ver­fügt – über­span­nen. Wer ei­ne sol­che Un­ter­su­chung vor­nimmt, mag und wird sie wer­be­wirk­sam zur Er­zie­lung ei­nes Wett­be­werbs­vor­teils nut­zen; fehlt ei­ne sol­che Er­klä­rung, so weiß der Käu­fer um das er­höh­te Ri­si­ko.

Be­steht aber kei­ne all­ge­mei­ne Un­ter­su­chungs­pflicht, so kann von dem Ge­braucht­wa­gen­händ­ler auch nicht ver­langt wer­den, daß er un­ge­fragt je­weils dar­auf hin­weist, er ha­be den zum Ver­kauf an­ge­bo­te­nen Wa­gen nicht un­ter­sucht und über­prüft (Se­nat, Urt. v. 16.03.1977 – VI­II ZR 283/75, WM 1977, 584 = NJW 1977, 1055).

e) Der von der Re­vi­si­on – er­sicht­lich im An­schluss an die Aus­füh­run­gen von Ha­ger (NJW 1975, 2276) und Gra­ba (in: Schlos­ser/Coes­ter-Wält­jen/Gra­ba, a. a O., § 9 Rn. 78 ff., ins­be­son­de­re Rn. 81; vgl. auch LG Augs­burg, Urt. v. 17.05.1977 – 4 S 635/76, NJW 1977, 1543) – ver­tre­te­nen An­sicht, ei­ne Un­ter­su­chungs­pflicht und da­mit ei­ne Gren­ze für die Zu­läs­sig­keit ei­ner for­mu­lar­mä­ßi­gen Frei­zei­ch­nung be­ste­he je­den­falls hin­sicht­lich der Ver­kehrs­si­cher­heit und Fahr­tüch­tig­keit des Ge­braucht­wa­gens im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gan­ges, ver­mag der Se­nat nicht zu fol­gen; denn ei­ne mit dem Ge­bot der Rechts­si­cher­heit zu ver­ein­ba­ren­de Ab­gren­zung zwi­schen der­ar­ti­gen be­son­de­ren und sons­ti­gen all­ge­mei­nen Män­geln läßt sich nicht tref­fen. Sieht man von den Fäl­len der rein äu­ßer­li­chen Män­gel (Schön­heits­feh­ler, Ver­schleiß der Be­rei­fung u. a.), für die ei­ne Sach­män­gel­haf­tung des Ver­käu­fers zu­meist schon nach § 460 BGB kraft Ge­set­zes aus­ge­schlos­sen ist, ab, so be­rührt im Re­gel­fall ein Sach­man­gel in ir­gend­ei­ner Form auch die Ver­kehrs­si­cher­heit und Fahr­tüch­tig­keit des Kraft­wa­gens. Häu­fig han­delt es sich da­bei um ver­deck­te Män­gel (vgl. § 377 II HGB), de­ren Vor­han­den­sein oft nur durch ei­ne in­ten­si­ve, dem Ge­braucht­wa­gen­händ­ler all­ge­mein nicht zu­mut­ba­re Un­ter­su­chung fest­zu­stel­len ist. Man den­ke et­wa an ei­nen weit fort­ge­schrit­te­nen Ver­schleiß des Mo­tors, des Ge­trie­bes und der Brem­sen oder ganz all­ge­mein an nur ober­fläch­lich be­sei­tig­te Un­fall­fol­gen (Ver­zie­hen des Rah­mens und der Ach­se; Ab­wei­chun­gen im Rad­stand). Der Vor­schlag, ei­ne durch All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen un­ab­ding­ba­re Ein­stands­pflicht auf sol­che Be­ein­träch­ti­gun­gen der Fahr­si­cher­heit und Ver­kehr­stüch­tig­keit zu be­schrän­ken, die für den Ge­braucht­wa­gen­händ­ler leicht fest­stell­bar sind, wür­de, wor­auf Hen­sen (in: Ul­mer/Brand­ner/Hen­sen, a. a. O., Anh. zu §§ 9–11 Rn. 434) über­zeu­gend hin­ge­wie­sen hat, zu un­über­wind­ba­ren Ab­gren­zungs­schwie­rig­kei­ten füh­ren (vgl. da­zu auch Eg­gert, NJW 1977, 2267).

f) Das al­les gilt oh­ne Un­ter­schied, ob der Ge­braucht­wa­gen­händ­ler das Fahr­zeug ge­kauft und im ei­ge­nen Na­men so­wie auf ei­ge­ne Rech­nung wei­ter­ver­kauft hat oder ob er le­dig­lich „im Kun­den­auf­trag“ als des­sen Sach­wal­ter tä­tig wird (BGH, Urt. v. 29.01.1975 – VI­II ZR 101/73, BGHZ 63, 382 m. w. Nachw.). Ob die Rechts­la­ge dann an­ders ist, wenn der Fahr­zeug­ei­gen­tü­mer selbst un­ter Ver­wen­dung ei­nes für die­sen Zweck er­stell­ten und auch die hier strei­ti­ge Klau­sel ent­hal­ten­den Ver­trags­for­mu­lars sein Fahr­zeug an ei­nen Ab­neh­mer ver­äu­ßert, mag im Hin­blick dar­auf zwei­fel­haft er­schei­nen, dass er den Zu­stand und das Schick­sal des Fahr­zeu­ges je­den­falls für den Zeit­raum, in dem er selbst Ei­gen­tü­mer bzw. Hal­ter war, aus ei­ge­ner An­schau­ung kennt; die­se Fra­ge be­darf hier je­doch kei­ner ab­schlie­ßen­den Ent­schei­dung (vgl. da­zu Se­nat, Urt. v. 21.03.1966 – VI­II ZR 44/64, WM 1966, 473 = NJW 1966, 1070).

g) Es ent­spricht dem Grund­satz der rich­ter­li­chen In­halts­kon­trol­le, dass der­je­ni­ge, der All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen und For­mu­lar­ver­trä­ge ver­wen­det und da­mit die Ver­trags­frei­heit al­lein für sich in An­spruch nimmt, ge­hal­ten ist, die In­ter­es­sen sei­nes die­sen Be­din­gun­gen un­ter­wor­fe­nen Ver­trags­part­ners von vorn­her­ein an­ge­mes­sen zu be­rück­sich­ti­gen. Er darf ihn da­her vor al­lem – und da­nach be­mes­sen sich all­ge­mein die Gren­zen der Zu­mut­bar­keit für Frei­zei­ch­nun­gen – nicht recht­los stel­len. Das ist aber bei der hier um­strit­te­nen Klau­sel nicht der Fall.

aa) Re­gel­mä­ßig wird der In­ter­es­sent den Ge­braucht­wa­gen nicht oh­ne ei­ne Pro­be­fahrt, die ihm über die of­fen­sicht­lichs­ten Män­gel der Ver­kehrs­si­cher­heit und Fahr­tüch­tig­keit Auf­schluss gibt, kau­fen; wird sie ihm vom Händ­ler – mit wel­cher Be­grün­dung auch im­mer – ver­wei­gert, so ist be­son­de­re Vor­sicht ge­bo­ten. Fehlt dem Käu­fer ei­ge­ne Er­fah­rung, so kann er sich sach­ver­stän­di­ger Hil­fe be­die­nen. Bei zahl­rei­chen Fa­bri­ka­ten ist er schließ­lich, wor­auf Hen­sen (in: Ul­mer/Brand­ner/Hen­sen, a. a. O., Anh. zu §§ 9–11 Rn. 434) zu­tref­fend hin­weist, in der La­ge, durch ei­ne – wenn auch Kos­ten ver­ur­sa­chen­de – „Dia­gno­se“ den Zu­stand des Fahr­zeugs klä­ren zu las­sen.

bb) Der Käu­fer ist wei­ter­hin in der La­ge, sich be­stimm­te Ei­gen­schaf­ten, die den Er­hal­tungs­zu­stand des Ge­braucht­wa­gens be­tref­fen, aus­drück­lich – und zwar tun­lichst un­ter Ein­hal­tung der zu­meist for­mu­lar­mä­ßig vor­ge­schrie­be­nen Schrift­form – zu­si­chern zu las­sen (§ 459 II BGB). Der Se­nat hat an­ge­sichts der Si­gnal­wir­kung, die ei­ni­ge im Ge­braucht­wa­gen­han­del üb­li­che An­ga­ben (Ki­lo­me­ter­stand, Art der Vor­be­nut­zung pp.) für den Kauf­ab­schluss ha­ben, an das Vor­lie­gen auch ei­ner nur still­schwei­gen­den Zu­si­che­rung kei­ne ho­hen An­for­de­run­gen ge­stellt (vgl. et­wa Se­nat, Urt. 25.06.1975 – VI­II ZR 244/73, WM 1975, 895 = NJW 1975, 1693; Urt. v. 10.10.1977 – VI­II ZR 110/76, WM 1977, 1351 = NJW 1978, 261; Urt. v. 05.07.1978 – VI­II ZR 172/77, WM 1978, 1172 = NJW 1978, 2241). Liegt ei­ne sol­che Zu­si­che­rung vor, so kann sich der Ver­käu­fer – un­be­scha­det der um­strit­te­nen Fra­ge, ob bei Ei­gen­schafts­zu­si­che­run­gen ein for­mu­lar­mä­ßi­ger Haf­tungs­aus­schluss nicht nur ge­gen­über Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen (§§ 463, 480 II BGB i. V. mit § 11 Nr. 11 AGBG; vgl. da­zu BGH, Urt. v. 29.05.1968 – VI­II ZR 77/66, BGHZ 50, 200 [207]), son­dern auch ge­gen­über ei­nem et­wai­gen Wand­lungs- bzw. Min­de­rungs­be­geh­ren des Käu­fers un­wirk­sam ist (vgl. da­zu Urt. v. 10.10.1977 – VI­II ZR 110/76, WM 1977, 1351 = NJW 1978, 261) – im Re­gel­fall je­den­falls auf die in die­ser Zu­si­che­rung lie­gen­de In­di­vi­dua­la­b­re­de be­ru­fen, die von der for­mu­lar­mä­ßi­gen Frei­zei­ch­nung nicht er­fasst wird (§ 4 AGBG; vgl. Se­nat, Urt. v. 25.06.1975 – VI­II ZR 244/73, WM 1975, 895 = NJW 1975, 1693).

cc) Bei arg­lis­ti­gem Ver­schwei­gen ei­nes Man­gels ist ein Haf­tungs­aus­schluss un­wirk­sam (§ 476 BGB). Un­fall­schä­den, die dem Ver­käu­fer be­kannt sind oder mit de­ren Mög­lich­keit er rech­net, muss er in je­dem Fall of­fen­ba­ren; die Ent­schei­dung dar­über, ob es sich um ei­nen noch hin­zu­neh­men­den Ba­ga­tell­scha­den han­delt, steht al­lein dem Käu­fer zu (vgl. Se­nat, Urt. 16.03.1977 – VI­II ZR 283/75, WM 1977, 584 = NJW 1977, 1055; Urt. v. 29.06.1977 – VI­II ZR 43/76, WM 1977, 1048 = NJW 1977, 1914; vgl. al­ler­dings auch Se­nat, Urt. v. 21.10.1964 – VI­II ZR 151/63, NJW 1965, 35 = LM BGB § 463 Nr. 11; Urt. v. 28.02.1973 – VI­II ZR 192/71, WM 1973, 490). – Wird der Ver­käu­fer, wie es an sich beim Kauf ei­nes Ge­braucht­wa­gens zu er­war­ten ist, nach Un­fäl­len oder sons­ti­gen Män­geln ge­fragt, so muss die Ant­wort rich­tig und voll­stän­dig sein; wer Er­klä­run­gen „ins Blaue hin­ein“ ab­gibt, han­delt, wenn sie falsch sind, arg­lis­tig (BGH, Urt. v. 29.01.1975 – VI­II ZR 101/73, BGHZ 63, 382 [388] m. w. Nachw.; Se­nat, Urt. v. 16.03.1977 – VI­II ZR 283/75, WM 1977, 584 = NJW 1977, 1055).

dd) Schließ­lich kann sich aus den Um­stän­den des Ein­zel­falls – und zwar als ei­ne durch All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen nicht ab­ding­ba­re kauf­ver­trag­li­che Ne­ben­pflicht – ei­ne Un­ter­su­chungs­pflicht des Ver­käu­fers er­ge­ben; so et­wa dann, wenn der Ver­käu­fer bei ei­nem be­stimm­ten Fahr­zeug­typ mit der na­he­lie­gen­den Mög­lich­keit ei­nes durch Ver­schleiß ent­stan­de­nen er­heb­li­chen Man­gels rech­nen muss (vgl. da­zu Se­nat, Urt. v. 14.03.1979 – VI­II ZR 129/78, WM 1979, 672) oder sich ihm sonst an­ge­sichts sei­ner Er­fah­rung und Sach­kun­de der Ver­dacht des Vor­lie­gens ei­nes Man­gels auf­drän­gen muss, mit dem der Käu­fer sei­ner­seits (vgl. da­zu § 460 Satz 2 BGB) nicht zu rech­nen braucht (BGH, Urt. v. 29.01.1975 – VI­II ZR 101/73, BGHZ 63, 382 [386]).

Be­rück­sich­tigt man ins­ge­samt die­se dem Ge­braucht­wa­gen­käu­fer tat­säch­lich und recht­lich zu Ge­bo­te ste­hen­den Mög­lich­kei­ten, so lässt sich nicht sa­gen, dass er durch den hier strei­ti­gen for­mu­lar­mä­ßi­gen Haf­tungs­aus­schluss in un­zu­mut­ba­rer Wei­se recht­los ge­stellt wird.

3. An die­ser Sach- und Rechts­la­ge hat sich durch das In­kraft­tre­ten des Ge­set­zes zur Re­ge­lung des Rechts der All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen (AGBG) nichts ge­än­dert. Der Ge­setz­ge­ber hat be­reits durch die in § 11 Nr. 10 lit. b AGBG auf den Ver­kauf neu her­ge­stell­ter Sa­chen be­schränk­te Re­ge­lung zum Aus­druck ge­bracht, dass bei Ge­braucht­wa­ren – und da­bei stan­den die Be­son­der­hei­ten des Ge­braucht­wa­gen­han­dels im Vor­der­grund der Be­ra­tun­gen – ein voll­stän­di­ger Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nicht schlecht­hin un­zu­läs­sig ist. Das ent­bin­det zwar nicht von der Ver­pflich­tung, im Ein­zel­fall zu prü­fen, ob ein for­mu­lar­mä­ßi­ger Ge­währ­leis­tungs­aus­schluß – hier et­wa hin­sicht­lich sol­cher Män­gel, die die Fahr­si­cher­heit und Ver­kehr­stüch­tig­keit be­tref­fen – ge­gen die in § 9 AGBG nor­mier­te Ge­ne­ral­klau­sel ver­stößt (BT-Drs. 7/5422, S. 8). Das ist je­doch beim Ge­braucht­wa­gen­ver­kauf durch ei­nen Ge­braucht­wa­gen­händ­ler – und da­mit bei ei­nem durch die Pra­xis ent­wi­ckel­ten Ver­trags­typ, zu des­sen Leit­bild der um­fas­sen­de Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ge­hört – nach dem oben Dar­ge­leg­ten nicht der Fall. So­weit die Re­vi­si­on dar­auf ab­stel­len will, bei feh­len­der Ver­kehrs­si­cher­heit und Fahr­tüch­tig­keit sei das Äqui­va­lenz­ver­hält­nis zwi­schen Kauf­preis und Kauf­sa­che des­we­gen auf­ge­ho­ben, weil der Käu­fer er­sicht­lich an den Kauf die Er­war­tung vom Er­werb ei­nes fahr­tüch­ti­gen Kraft­fahr­zeu­ges ge­knüpft ha­be, ver­kennt sie, dass dem Ge­braucht­wa­gen­kauf – wie der Käu­fer weiß – grund­sätz­lich ein ge­wis­ses Ri­si­ko an­haf­tet. Ver­wirk­licht sich die­ses Ri­si­ko im Ein­zel­fall, so muss dies der Käu­fer hin­neh­men.

III. Die Re­vi­si­on war da­her … zu­rück­zu­wei­sen.

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