- Die Bestimmung des Streitgegenstands ist Sache des Klägers. Will er einen weiteren Streitgegenstand in den Prozess einführen, muss er zweifelsfrei deutlich machen, dass er einen neuen prozessualen Anspruch verfolgt.
- Leitet ein Fahrzeugkäufer sein Schadensersatzbegehren in einem sogenannten Dieselfall zusätzlich aus einer vertraglichen Vereinbarung im Zusammenhang mit dem Aufspielen des Softwareupdates ab, handelt es sich gegenüber dem ursprünglichen Fahrzeugerwerb um einen anderen Klagegrund und damit um einen anderen Streitgegenstand.
BGH, Urteil vom 22.02.2022 – VI ZR 934/20
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Der Anwendungsbereich des § 852 Satz 1 BGB ist eröffnet, wenn der Käufer eines Neufahrzeugs gegen den Fahrzeughersteller aus § 826 BGB einen Anspruch auf Erstattung des aufgrund eines ungewollten Vertragsschlusses an ihn gezahlten Kaufpreises hat. Eine teleologische Reduktion der Norm auf Fälle, in denen aufgrund unklarer Sach- oder Rechtslage für den Deliktsgläubiger ein besonderes Prozesskostenrisiko besteht, ist nicht veranlasst.
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Ein Fahrzeughersteller hat aufgrund einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung des Käufers eines von ihm erworbenen Neufahrzeugs den Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises und bei Einziehung des Entgelts den Kaufpreis i. S. des § 852 Satz 1 BGB erlangt, ohne dass die Kosten für die Herstellung des Fahrzeugs zu berücksichtigen sind.
BGH, Urteil vom 21.02.2022 – VIa ZR 8/21
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Zur Verjährung des Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB in einem sogenannten Dieselfall (hier: EA189-Motor).
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Jedenfalls in mehraktigen Fällen wie bei dem Kauf eines von dem Hersteller mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebrachten und von dem Geschädigten erst später von einem Dritten erworbenen Gebrauchtwagens führt der letztgenannte Erwerbsvorgang zu keiner Vermögensmehrung i. S. von § 852 Satz 1 BGB auf Seiten des Herstellers.
BGH, Urteil vom 10.02.2022 – VII ZR 365/21
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Der Schutzzweck der Richtlinie 46/2007/EG (Typgenehmigungsverfahrens-Richtlinie) sowie der Verordnung (EG) Nr. 715/2007/EG (Fahrzeugemissionen-Verordnung) erstreckt sich auch im Hinblick auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen fehlerhafter Erteilung einer Typgenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt und unzureichender Umsetzung der beiden Regelwerke nicht auf das wirtschaftliche Selbstbestimmungsrecht der Fahrzeugkäufer (Fortführung von BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316; Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798; Beschl. v. 01.09.2021 – VII ZR 59/21, juris).
BGH, Beschluss vom 10.02.2022 – III ZR 87/21
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Ein gebrauchtes Kraftfahrzeug eignet sich nicht für die gewöhnliche Verwendung i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F., wenn ein grundsätzlich dem Verschleiß unterliegendes Bauteil des Fahrzeugs (hier: die Steuerkette) bei Gefahrübergang (§ 446 Satz 1 BGB) verschleißbedingt schon derart geschädigt ist, dass es dringend ausgetauscht werden muss, um zu vermeiden, dass es in naher Zukunft zu einer Fehlfunktion oder zu einem Schaden kommt.
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Bei einem Einwurf-Einschreiben der Deutschen Post AG streitet bei einer ordnungsgemäßen Dokumentation der Auslieferung ein Anscheinsbeweis dafür, dass das Schreiben in den Briefkasten des Empfängers eingelegt wurde.
LG Landshut, Urteil vom 28.01.2022 – 54 O 2750/19
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Zur Frage der Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung vor der Erklärung des Rücktritts von einem Kaufvertrag bezüglich eines vom sogenannten Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs (im Anschluss an Senat, Urt. v. 29.09.2021 – VIII ZR 111/20, WM 2021, 2156 Rn. 21 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Beschl. v. 29.09.2021 – VIII ZR 226/19, juris Rn. 33; Beschl. v. 14.12.2021 – VIII ZR 386/20 Rn. 32, zur Veröffentlichung bestimmt).
BGH, Urteil vom 26.01.2022 – VIII ZR 140/20
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- Ein Käufer muss schon deshalb die Möglichkeit haben, seinen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§ 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 I BGB) unabhängig davon anhand der voraussichtlich erforderlichen („fiktiven“) Mangelbeseitigungskosten zu bemessen, ob er den Mangel beseitigen lässt, ihm dieser Kostenaufwand also tatsächlich entsteht, weil er andernfalls – bedingt (allein) durch die Pflichtverletzungen des Verkäufers (mangelhafte Lieferung, ausgebliebene Nacherfüllung) – die Nachteile und Risiken einer Vorfinanzierung der Mangelbeseitigungskosten zu tragen hätte. Denn einen Anspruch auf Vorschuss für die (beabsichtigte) Selbstvornahme, wie er für den Besteller eines Werks in § 637 III BGB vorgesehen ist, gibt es im Kaufrecht nicht.
- Ein Anspruch auf Befreiung oder Ersatz von vorprozessual aufgewendeten Rechtsanwaltskosten erhöht als Nebenforderung den Streitwert nicht, soweit er neben der Hauptforderung verfolgt wird, für deren außergerichtliche Geltendmachung Rechtsanwaltskosten angefallen sein sollen. Soweit diese Hauptforderung nicht Prozessgegenstand ist, handelt es sich bei dem Anspruch auf Befreiung oder Zahlung von vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten nicht um eine Nebenforderung, weil es ohne Hauptforderung keine Nebenforderung gibt.
BGH, Beschluss vom 25.01.2022 – VIII ZR 337/20
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- Ob ein Verkäufer durch die Vornahme von (nicht unerheblichen) „Nachbesserungsarbeiten“ konkludent seine Pflicht zur Mängelbeseitigung und damit das Vorliegen eines – schon bei Gefahrübergang vorhandenen – Mangels i. S. von § 434 I BGB anerkennt, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Maßgeblich ist, ob der Verkäufer aus der Sicht des Käufers nicht nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung eines Streits, sondern in dem Bewusstsein handelt, zur Nachbesserung verpflichtet zu sein. Insoweit sind vor allem der Umfang, die Dauer und die Kosten der Mängelbeseitigungsarbeiten erheblich (im Anschluss an BGH, Urt. v. 02.06.1999 – VIII ZR 322/98, juris Rn. 11).
- Besteht für einen Neuwagen eine Herstellergarantie und überlässt der Käufer das als mangelhaft gerügte Fahrzeug dem Vertragshändler des Herstellers, von der er das Fahrzeug erworben hat, zur Reparatur, dann liegt in der Vornahme eines Reparaturversuchs durch den Verkäufer/Vertragshändler nicht ohne Weiteres das Anerkenntnis einer Gewährleistungspflicht. Denn der Verkäufer hat in einer solchen Konstellation keinen Anlass, darüber nachzudenken, ob er zur Nachbesserung des Fahrzeugs verpflichtet ist, weil er dieses – als Vertragshändler des Herstellers – auf Basis der Herstellergarantie ohnehin instand setzen muss. Das weiß auch der Käufer, dem das Bestehen einer Herstellergarantie regelmäßig bekannt ist. Aus seiner Sicht ist daher das Verhalten des Verkäufers mehrdeutig, sodass die Annahme eines Anerkenntnisses ausscheidet. Der Verkäufer muss auch nicht klarstellen, dass er nur auf Basis der Herstellergarantie und nicht (auch) auf Basis des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts handelt.
- Zur Rügeobliegenheit nach § 377 HGB bei einem Leasingvertrag.
OLG München, Urteil vom 12.01.2022 – 7 U 946/21
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Ein Kraftfahrzeug ist dann ein fabrikneuer Neuwagen, wenn es unbenutzt ist, das Modell dieses Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird es keine durch eine längere Standzeit bedingten Mängel aufweist und zwischen Herstellung des Fahrzeugs und Abschluss des Kaufvertrags nicht mehr als zwölf Monate liegen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 15.10.2003 – VIII ZR 227/02 unter II 3). „Unbenutzt“ ist ein Kraftfahrzeug nicht schon dann, wenn es noch nicht zum Straßenverkehr zugelassen und noch nicht gefahren wurde. Vielmehr ist auch ein von einem Kraftfahrzeughersteller oder -händler als Ausstellungsfahrzeug genutztes Fahrzeug nicht mehr „ubenutzt“.
AG München, Urteil vom 17.12.2021 – 271 C 8389/21
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Verlangt der Käufer einer mangelhaften Sache, die nicht mehr hergestellt wird, die Lieferung eines mangelfreien Nachfolgemodells, kann im Rahmen der nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärungen bei einem erheblichen Mehrwert der Ersatzsache Anlass bestehen zu prüfen, ob die Parteien bei Vertragsschluss die Ersatzlieferung eines Nachfolgemodells (insbesondere bei Fahrzeugen) übereinstimmend nur gegen eine vom Käufer zu leistende Zuzahlung als austauschbar mit dem ursprünglich gelieferten Kaufgegenstand angesehen haben (Bestätigung von Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, NJW 2021, 2958 Rn. 56, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 118/20, juris Rn. 60; Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 275/19, juris Rn. 57; Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 357/20, juris Rn. 55).
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Danach erscheint bei beiderseits interessengerechter Vertragsauslegung bei einem erheblichen Mehrwert des im Wege der Nachlieferung verlangten Nachfolgemodells eines nicht mehr hergestellten Fahrzeugs, der ab einem Anstieg des Listenpreises von einem Viertel anzunehmen ist, in der Regel eine Zuzahlung in Höhe eines Drittels dieser Differenz als angemessen. In Ausnahmefällen mag unter Berücksichtigung der vom Tatrichter umfassend zu würdigenden Umstände eine höhere Zuzahlung in Betracht kommen, die jedoch die Hälfte dieser Differenz nicht überschreiten darf (Fortentwicklung von Senat, Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 254/20, NJW 2021, 2958 Rn. 56, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 118/20, juris Rn. 60; Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 275/19, juris Rn. 57; Urt. v. 21.07.2021 – VIII ZR 357/20, juris Rn. 55).
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Beruft der Verkäufer sich auf die Einrede der Unverhältnismäßigkeit, muss er darlegen und erforderlichenfalls beweisen, dass die dem Käufer angebotene Nachbesserung den Kaufgegenstand in den geschuldeten vertragsgemäßen Zustand versetzt, insbesondere den vorhandenen Sachmangel vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigt.
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Dabei ist zugunsten des Verkäufers zu berücksichtigen, dass die Freiheit des Kaufgegenstands von (Folge-)Mängeln nach Vornahme einer noch ausstehenden Nachbesserung eine negative Tatsache darstellt und der Verkäufer diesen Negativbeweis nicht allumfassend und allgemein führen kann. Daher muss der Käufer nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast – im Rahmen des ihm (als technischen Laien) Zumutbaren – konkret vortragen, aus welchem Grund die als Nachbesserung angebotene Maßnahme nach seiner Auffassung nicht zu einem Zustand führt, der frei von (Folge-)Mängeln ist.
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Der Käufer darf sich dabei auch auf nur vermutete Tatsachen stützen, wenn er mangels eigener Sachkunde und hinreichenden Einblicks in komplexe technische Zusammenhänge – hier die Funktionsweise eines Softwareupdates zur Beseitigung einer unzulässigen Abschalteinrichtung (Prüfstanderkennungssoftware) – keine genaue Kenntnis von den Auswirkungen einer ihm angebotenen Nachbesserungsmaßnahme haben kann.
BGH, Urteil vom 08.12.2021 – VIII ZR 190/19
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