1. Zur Verjährung des Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB in einem sogenannten Dieselfall (hier: EA189-Motor).
  2. Jedenfalls in mehraktigen Fällen wie bei dem Kauf eines von dem Hersteller mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebrachten und von dem Geschädigten erst später von einem Dritten erworbenen Gebrauchtwagens führt der letztgenannte Erwerbsvorgang zu keiner Vermögensmehrung i. S. von § 852 Satz 1 BGB auf Seiten des Herstellers.

BGH, Urteil vom 10.02.2022 – VII ZR 365/21

Sachverhalt: Der Kläger nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung auf Schadensersatz in Anspruch.

Er erwarb im September 2015 von einem Autohändler ein von der Beklagten hergestelltes Fahrzeug VW Sharan TDI als Gebrauchtwagen zum Preis von 24.400 €. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA189 (Euro 5) ausgestattet. Der Motor enthielt eine Steuerungssoftware, durch welche auf dem Prüfstand beim Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) geringere Stickoxidwerte erzielt wurden als im realen Fahrbetrieb („Umschaltlogik“).

Ab Ende September 2015 informierte die Beklagte die Öffentlichkeit in Form von Pressemitteilungen darüber, dass der Motor EA189 mit einer Abschalteinrichtung versehen sei, die vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) als nicht ordnungsgemäß angesehen werde und daher zu entfernen sei. Zeitgleich war der sogenannte Dieselskandal Gegenstand einer umfassenden Medienberichterstattung. Das Kraftfahrt-Bundesamt informierte die Öffentlichkeit über das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei Fahrzeugen mit dem Dieselmotor EA 189. Anfang Oktober 2015 schaltete die Beklagte eine Webseite frei, auf der durch Eingabe der Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) überprüft werden konnte, ob ein konkretes Fahrzeug mit der Abschalteinrichtung versehen ist. Dies wurde ebenfalls in einer Pressemitteilung bekannt gegeben und war Gegenstand einer umfangreichen Medienberichterstattung.

Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnete im Jahr 2015 einen verpflichtenden Rückruf für sämtliche betroffenen Fahrzeuge mit EA189-Motoren an. Für diese Fahrzeuge wurde ein Softwareupdate entwickelt, das nach einer Freigabebestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes geeignet ist, einen genehmigungskonformen Zustand der Fahrzeuge herzustellen. Die Beklagte unterrichtete die Halter der von ihr hergestellten Fahrzeuge mit dem Motortyp EA189 im Februar 2016 per Post über die Entwicklung und den Zeitplan für die Zurverfügungstellung des Updates. Im April 2017 wurde das Softwareupdate auf das streitgegenständliche Fahrzeug aufgespielt.

Mit seiner im Juni 2020 eingereichten Klage hat der Kläger die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung nebst Zahlung von Verzugs- und Prozesszinsen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verlangt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Die Revision des Klägers, der damit seine Schlussanträge aus der Berufungsinstanz weiterverfolgte, hatte ebenfalls keinen Erfolg.

Aus den Gründen: [8]    I. Die Revision ist unbeschränkt zulässig.

[9]    Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision im Tenor seines Urteils ohne Einschränkungen ausgesprochen. Allerdings kann sich eine Zulassungsbeschränkung nach der ständigen Rechtsprechung des BGH auch aus den Entscheidungsgründen ergeben, sofern die Beschränkung klar und eindeutig ist. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt, der Gegenstand eines Teilurteils oder eines eingeschränkt eingelegten Rechtsmittels sein kann. Hingegen genügt die bloße Angabe des Grundes für die Zulassung der Revision nicht, um von einer Zulassungsbeschränkung auszugehen (vgl. BGH, Urt. v. 16.09.2021 – VII ZR 192/20, MDR 2022, 28 Rn. 16; Urt. v. 29.09.2020 – VI ZR 449/19, GRUR 2021, 106 Rn. 12; jeweils m. w. Nachw.).

[10]   Den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ist eine Beschränkung der Revisionszulassung nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen. Das Berufungsgericht hat die Revision – beschränkt auf die Verjährung – zugelassen, weil die Frage, ob es aufgrund der allgemeinen Bekanntheit des „Abgasskandals“ und der breiten medialen Berichterstattung hierüber als grob fahrlässig i. S. des § 199 I Nr. 2 BGB anzusehen sei, wenn ein Erwerber eines hiervon betroffenen Fahrzeugs im Jahr 2015 keine Erkundigungen bezüglich der Betroffenheit seines Fahrzeugs einhole, grundsätzliche Bedeutung habe. Das lässt eine Beschränkungsabsicht nicht eindeutig erkennen, zumal eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Verjährungsfrage unzulässig und damit wirkungslos wäre (BGH, Urt. v. 16.09.2021 – VII ZR 192/20, MDR 2022, 28 Rn. 28; Beschl. v. 10.02.2011 – VII ZR 71/10, NZBau 2011, 354 Rn. 11). Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Berufungsgericht die Zulassung in unzulässiger Weise einschränken wollte (vgl. BGH, Beschl. v. 15.02.2011 – XI ZR 291/09, juris).

[11]   Soweit das Berufungsgericht ferner ausgeführt hat, hinsichtlich des Anspruchs aus § 852 BGB seien die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht gegeben, kann auch hierin jedenfalls keine wirksame Beschränkung der Zulassungsentscheidung gesehen werden. Ist die Zulassung der Revision nicht auf die Verjährungsfrage beschränkbar, kann die Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts vernünftigerweise auch nicht dahin verstanden werden, dass die Revision nur für die Ansprüche zugelassen werden sollte, hinsichtlich derer sich die Beklagte auf Verjährung berufen hat. Die Rechtsfrage, derentwegen das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, ist nicht nur für einen Teil der im Berufungsurteil behandelten Ansprüche von Bedeutung, sodass in der Angabe dieses Zulassungsgrundes keine Beschränkung der Revisionszulassung auf diese Ansprüche zu sehen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 10.02.2011 – VII ZR 71/10, NZBau 2011, 354 Rn. 11). Der Anspruch aus § 852 BGB knüpft insoweit an die Einrede der Verjährung an, als der wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbare ursprüngliche Schadensersatzanspruch als solcher bestehen bleibt und nur in seinem Umfang auf das durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Geschädigten Erlangte beschränkt wird (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.2006 – IX ZR 147/04, BGHZ 169, 308 Rn. 18 [zu § 852 III BGB a.F.]; Urt. v. 14.02.1978 – X ZR 19/76, BGHZ 71, 86 = juris Rn. 61 – Fahrradgepäckträger II [zu § 852 III BGB a.F.]; Grüneberg/​Sprau, BGB, 81. Aufl., § 852 Rn. 2; BeckOGK/​Eichelberger, Stand: 01.12.2021, § 852 Rn. 11).

[12]   II. Das Berufungsgericht hat – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – ausgeführt, dem Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung stehe die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Die Voraussetzungen für den Beginn der Verjährung hätten bereits im Jahr 2015 vorgelegen, sodass die Verjährungsfrist Ende des Jahres 2015 zu laufen begonnen und mit dem Schluss des Jahres 2018 geendet habe. Dass der Sachverhalt des sogenannten Dieselskandals bereits ab September 2015 in der Medienberichterstattung omnipräsent gewesen sei, bestreite der Kläger nicht. Durch die auch in der Medienberichterstattung bekannt gemachte Möglichkeit einer Abfrage auf der Herstellerwebseite habe der Kläger ab Oktober 2015 unter Eingabe der Fahrzeug-Identifizierungsnummer des eigenen Fahrzeugs zu überprüfen vermocht, ob dieses mit der Software zur Abgasmanipulation ausgestattet sei. Der Kläger habe diese naheliegende und unschwer zugängliche Informationsquelle nicht genutzt. Auch ohne von den Behörden oder der Herstellerin individuell und unmittelbar durch direktes Anschreiben darauf aufmerksam gemacht worden zu sein, sei es vor diesem Hintergrund grob fahrlässig gewesen, sich die Information der Schadensbetroffenheit des eigenen Fahrzeugs nicht schon Ende September 2015 beschafft zu haben, obwohl die Nachforschungen zum Erfolg geführt hätten.

[13]   Eine Hemmung der Verjährung vor Ablauf der Verjährungsfrist sei nicht erfolgt, da die Klage erst im Juni 2020 eingereicht worden sei. Schließlich stehe dem Kläger auch kein Anspruch nach § 852 BGB zu, da der Kläger das Fahrzeug nicht als Neu-, sondern als Gebrauchtwagen erworben und die Beklagte daher nichts auf seine Kosten erlangt habe.

[14]   III. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

[15]   1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass einem Schadensersatzanspruch des Klägers gemäß §§ 826, 31 BGB die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegensteht (§ 214 I BGB).

[16]   a) Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist für den Schadensersatzanspruch nach §§ 826, 31 BGB drei Jahre. Sie beginnt gemäß § 199 I BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 I Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 I Nr. 2 BGB). Die danach für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis (§ 199 I Nr. 2 Fall 1 BGB) hatte der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls im Jahre 2016 erlangt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB begann daher spätestens mit Schluss des Jahres 2016 zu laufen und endete somit mit Ablauf des 31.12.2019, also vor Einreichung der Klage im Jahr 2020.

[17]   b) Wie der BGH bereits wiederholt entschieden hat, genügt es in Fällen der vorliegenden Art für den Beginn der Verjährung gemäß § 199 I BGB, dass der geschädigte Fahrzeugkäufer Kenntnis vom „Diesel-“ bzw. „Abgasskandal“ im Allgemeinen, von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeugs und von der Relevanz dieser Betroffenheit für seine Kaufentscheidung hat, wobei letztere Kenntnis nicht gesondert festgestellt werden muss, sondern naturgemäß beim Geschädigten vorhanden ist (BGH, Urt. v. 21.12.2021 – VI ZR 212/20, juris Rn. 14; Beschl. v. 15.09.2021 – VII ZR 294/20, juris Rn. 6; Urt. v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20, NJW 2021, 918 Rn. 20 ff.).

[18]   aa) Dass der Kläger – schon im Jahre 2015 – allgemeine Kenntnis vom sogenannten Diesel- oder Abgasskandal hatte, steht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts außer Streit. Auch die Revision geht ausdrücklich davon aus, der Kläger habe schon erstinstanzlich angeführt, im Jahre 2015 von dem Abgasskandal durch die Medienberichterstattung Kenntnis erlangt zu haben. Die damit verbundene Einschränkung, er habe dies aber nicht auf sein Fahrzeug bezogen, ist hinsichtlich der Frage allgemeiner Kenntnis ohne Belang.

[19]   bb) Das Berufungsgericht hat auch hinreichende Feststellungen dazu getroffen, dass der Kläger jedenfalls im Jahre 2016 die konkrete Betroffenheit seines Fahrzeugs kannte. Ob er diese Kenntnis, wie das Berufungsgericht angenommen hat, schon zuvor im Jahre 2015 ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 I Nr. 2 Fall 2 BGB), kann deshalb auf sich beruhen.

[20]   (1) Nach den für den Senat gemäß §§ 314, 559 ZPO bindenden und von der Revision auch nicht angegriffenen tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die im Streitfall durch entsprechende Bezugnahme auch die tatbestandlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils umfassen, hat der Kläger erstinstanzlich unstreitig gestellt, dass er durch ein Kundenanschreiben der Beklagten im Jahr 2016 positive Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom sogenannten Dieselskandal erlangt hat. Damit steht für das Revisionsverfahren fest, dass der Kläger jedenfalls im Jahr 2016 Kenntnis hatte sowohl von dem sogenannten Dieselskandal allgemein als auch von der konkreten Betroffenheit seines Dieselfahrzeugs.

[21]   (2) Dem Kläger, der seit dem Jahr 2015 allgemeine Kenntnis vom sogenannten Dieselskandal und jedenfalls seit dem Jahr 2016 auch positive Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs hatte, war es im Jahr 2016 auch zumutbar, Klage zu erheben und seinen Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 BGB gerichtlich geltend zu machen.

[22]   (a) Die Frage, wann die für den Beginn der Verjährung gemäß § 199 I Nr. 2 Fall 1 BGB erforderliche Kenntnis vorhanden ist, ist nicht ausschließlich Tatfrage, sondern wird maßgeblich durch den der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegenden Begriff der Zumutbarkeit der Klageerhebung geprägt (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20, NJW 2021, 918 Rn. 16; Urt. v. 17.06.2016 – V ZR 134/15, NJW 2017, 248 Rn. 11; Urt. v. 11.09.2014 – III ZR 217/13, VersR 2015, 332 Rn. 17; Urt. v. 26.09.2012 – VIII ZR 279/11, NJW 2013, 1077 Rn. 46). Insoweit unterliegt die Frage, wann eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die zur Unzumutbarkeit der Klageerhebung führt, der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20, NJW 2021, 918 Rn. 16).

[23]   (2) Die vom Berufungsgericht tatbestandlich festgestellte allgemeine Kenntnis des Klägers vom sogenannten Dieselskandal sowie von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeugs im Besonderen umfasst alle für den Schluss auf eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung der Beklagten relevanten Tatsachen (vgl. BGH, Beschl. v. 15.09.2021 – VII ZR 294/20, juris Rn. 6; Urt. v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20, NJW 2021, 918 Rn. 21 f.). Insbesondere bedurfte es hierzu – wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat – keiner näheren Kenntnis des Klägers von den internen Verantwortlichkeiten im Hause der Beklagten (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20, NJW 2021, 918 Rn. 23). Darauf, ob der Kläger bereits im Jahr 2016 aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zog, insbesondere aus ihnen einen Anspruch aus § 826 BGB herleitete, kommt es ebenfalls nicht an (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20, NJW 2021, 918 Rn. 26 ff.). Dass noch nicht alle Fragen aus dem sogenannten Dieselskandal durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt waren, kann die Unzumutbarkeit der Klageerhebung bei gesicherter Tatsachengrundlage ebenfalls nicht begründen (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20, NJW 2021, 918 Rn. 11).

[24]   Nach der Rechtsprechung des BGH war einem Kläger, der noch im Jahr 2015 sowohl Kenntnis vom sogenannten Dieselskandal im Allgemeinen als auch von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeuges erlangt hat, noch im Jahr 2015 zumutbar, Klage zu erheben und seinen Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 BGB gerichtlich geltend zu machen (BGH, Urt. v. 21.12.2021 – VI ZR 212/20, juris Rn. 14; Beschl. v. 15.09.2021 – VII ZR 294/20, juris Rn. 6 ff.; Urt. v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20, NJW 2021, 918 Rn. 20 ff.). Für den hier gegebenen Fall der Kenntnis dieser Umstände im Jahr 2016 gilt Entsprechendes.

[25]   2. Das Berufungsgericht hat schließlich auch einen Anspruch des Klägers nach § 852 Satz 1 BGB zu Recht verneint.

[26]   a) Nach § 852 Satz 1 BGB ist der Ersatzpflichtige, der durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt hat, auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus der unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift sollen demjenigen, der einen anderen durch unerlaubte Handlung schädigt und dadurch sein Vermögen mehrt, auch bei Verjährung des Schadensersatzanspruchs nicht die auf diese Weise erlangten Vorteile verbleiben (vgl. BGH, Urt. v. 26.03.2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 19 f., 22; Urt. v. 26.10.2006 – IX ZR 147/04, BGHZ 169, 308 Rn. 20 [zu § 852 III BGB a.F.]; Urt. v. 14.02.1978 – X ZR 19/76, BGHZ 71, 86 = juris Rn. 62 – Fahrradgepäckträger II [zu § 852 III BGB a.F.]; Urt. v. 10.06.1965 – VII ZR 198/63, NJW 1965, 1914 = juris Rn. 66 [zu § 852 III BGB a.F.]; Grüneberg/​Sprau, a. a. O., § 852 Rn. 2; BeckOGK/​Eichelberger, a. a. O., § 852 BGB Rn. 3; BT-Drs. 14/6040, S. 270).

[27]   Das Erfordernis, dass der Ersatzpflichtige etwas auf Kosten des Verletzten erlangt hat, bedeutet nicht, dass sich die Vermögensverschiebung – wie bei der Eingriffskondiktion – unmittelbar zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten vollzogen haben muss. Denn die Vorschrift enthält nur eine Rechtsfolgenverweisung auf das Bereicherungsrecht (vgl. BGH, Urt. v. 26.03.2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 15). Deshalb kann die Vermögensverschiebung auch durch einen oder mehrere Dritte vermittelt werden, solange sie in einem ursächlichen Zusammenhang mit der unerlaubten Handlung steht (vgl. BGH, Urt. v. 26.03.2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 21; Urt. v. 14.02.1978 – X ZR 19/76, BGHZ 71, 86 = juris Rn. 62 – Fahrradgepäckträger II ). Wenn ein Vermögensverlust beim Geschädigten einen entsprechenden Vermögenszuwachs beim Schädiger zur Folge gehabt hat, ist er daher nach § 852 Satz 1 BGB auch dann herauszugeben, wenn diese Vermögensverschiebung dem Schädiger durch Dritte vermittelt worden ist (vgl. Urt. v. 14.02.1978 – X ZR 19/76, BGHZ 71, 86 = juris Rn. 63 – Fahrradgepäckträger II ). Unberührt bleibt davon die Notwendigkeit, dass der Vermögenszuwachs auf dem Vermögensverlust des Geschädigten beruhen muss.

[28]   Daher setzt ein Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB jedenfalls voraus, dass die Herstellerin im Verhältnis zum Geschädigten etwas aus dem Fahrzeugverkauf an diesen erlangt hat (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20, NJW 2021, 918 Rn. 29; Riehm, NJW 2021, 1625 Rn. 19).

[29]   b) Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht eine Vermögensverschiebung i. S. von § 852 Satz 1 BGB im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu Recht verneint.

[30]   Jedenfalls in mehraktigen Fällen wie bei dem Kauf eines von der Herstellerin mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebrachten und von dem Geschädigten erst später von einem Dritten erworbenen Gebrauchtwagens führt der letztgenannte Erwerbsvorgang zu keiner Vermögensverschiebung im Verhältnis zwischen dem Geschädigten und der Herstellerin. Denn der Herstellerin, die einen etwaigen Vorteil bereits mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs als Neuwagen realisiert hat, fließt im Zusammenhang mit dem im Abschluss des ungewollten Vertrags liegenden Vermögensschaden des Geschädigten durch ihre unerlaubte Handlung nichts – mehr – zu. Bei einem Gebrauchtwagenverkauf, der – wie hier – zwischen dem klagenden Geschädigten und einem Dritten abgeschlossen wird, partizipiert die Herstellerin weder unmittelbar noch mittelbar an einem etwaigen Verkäufergewinn aus diesem Kaufvertrag, sei es, dass der Gebrauchtwagen von einer Privatperson oder von einem Händler an den Geschädigten verkauft wurde. Deshalb scheidet in diesen Fällen ein Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB aus. Dieses Ergebnis entspricht der herrschenden Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Schleswig, Urt. v. 10.12.2021 – 1 U 34/21, juris Rn. 76; Urt. v. 22.10.2021 – 17 U 40/21, juris Rn. 36; OLG Dresden, Urt. v. 21.10.2021 – 11a U 986/21, juris Rn. 37; OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.10.2021 – 12 U 53/21, juris Rn. 2; OLG Bamberg, Urt. v. 04.08.2021 – 3 U 110/21, MDR 2022, 30, juris Rn. 20; OLG München, Urt. v. 26.07.2021 – 3 U 1705/21, juris Rn. 37; OLG Karlsruhe, Urt. v. 09.07.2021 – 13 U 123/21, juris Rn. 80; Urt. v. 09.07.2021 – 13 U 168/21, juris Rn. 75; Urt. v. 31.03.2021 – 13 U 678/20, NJW-RR 2021, 687 = juris Rn. 25; Urt. v. 31.03.2021 – 13 U 693/20, juris Rn. 38; OLG Stuttgart, Urt. v. 09.03.2021 – 10 U 339/20, NJW-RR 2021, 681 Rn. 44; Urt. v. 02.02.2021 – 10 U 229/20, VRS 140, 79 = juris Rn. 63; ebenso Martinek, jM 2021, 9, 14 f.; Riehm, NJW 2021, 1625 Rn. 29 f.; a. A. OLG Köln, Urt. v. 15.12.2021 – 16 U 63/21, juris Rn. 62 ff.; LG Hildesheim, Urt. v. 05.03.2021 – 5 O 183/20, BeckRS 2021, 4473 Rn. 66; Bruns, NJW 2021, 1121 Rn. 17; Foerster, VuR 2021, 180, 181; van de Loo/​Walther, BB 2021, 1227, 1230).

[31]   Die Auffassung der Revision, die eine Verknüpfung zwischen dem Vermögensschaden des Klägers und dem Vermögenszufluss der Beklagten dadurch herstellen will, dass der Schaden des Ersterwerbers in der Kette der weiteren Erwerber weitergereicht werde, vermag daher einen Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB nicht zu begründen.

[32]   IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

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