Ein mit ei­ner man­gel­haf­ten Kauf­sa­che be­lie­fer­ter Käu­fer hat ge­gen den Ver­käu­fer je­den­falls dann ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung (§ 437 Nr. 3, §§ 280 I, III, 281 BGB) in Hö­he der Kos­ten, die er vor­aus­sicht­lich für die Be­sei­ti­gung des Man­gels auf­wen­den muss, wenn hin­rei­chend si­cher ist, dass der Käu­fer den man­gel­haf­ten Zu­stand nicht ak­zep­tie­ren, son­dern die ein­ge­bau­te man­gel­haf­te Kauf­sa­che ent­fer­nen und durch ei­ne man­gel­freie er­set­zen wird. Auf ei­ne sol­che Kon­stel­la­ti­on ist die Recht­spre­chung des BGH, wo­nach ein Be­stel­ler, der ein man­gel­haf­tes Werk be­hält und den Man­gel nicht be­sei­ti­gen lässt, sei­nen Scha­den nicht nach den fik­ti­ven Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten be­mes­sen darf (BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1; Urt. v. 06.12.2018 – VII ZR 71/15, NJW-RR 2019, 406), nicht über­trag­bar.

LG Nürn­berg-Fürth, Ur­teil vom 08.07.2019 – 6 O 7787/18

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­stell­te bei der Be­klag­ten am 21.10.2013 Par­kett­die­len, vier Ei­mer des Kleb­stoffs, der für die Ver­le­gung die­ser Die­len vor­ge­se­hen ist, so­wie wei­te­res Zu­be­hör zum Preis von ins­ge­samt 4.960,50 € brut­to. Die be­stell­te Wa­re wur­de dem Klä­ger am 08.11.2013 ge­lie­fert, wo­bei die Be­klag­te dem Klä­ger für zwei Ei­mer des Kleb­stoffs nichts be­rech­ne­te. Am 20.12.2013 lie­fer­te die Be­klag­te dem Klä­ger auf des­sen ent­spre­chen­de Be­stel­lung hin ei­nen wei­te­ren Ei­mer des Kle­bers zum Preis von 70,60 € brut­to.

Mit Schrei­ben vom 16.11.2016 for­der­te der Klä­ger die Be­klag­te zur Be­sei­ti­gung von Män­geln auf und setz­te ihr da­für ei­ne Frist bis zum 14.12.2016. Nach­dem die­se Frist er­folg­los ab­ge­lau­fen war, lei­te­te der Klä­ger mit Schrift­satz vom 26.01.2017 beim LG Nürn­berg-Fürth ein selbst­stän­di­ges Be­weis­ver­fah­ren ge­gen die Be­klag­te ein.

Der Klä­ger hat gel­tend ge­macht, er ha­be das Par­kett im Zeit­raum vom 14.12.2013 bis Ja­nu­ar 2014 un­ter aus­schließ­li­cher Ver­wen­dung des bei der Be­klag­ten er­wor­be­nen Kle­bers ver­legt. Im Som­mer 2016 ha­be er fest­ge­stellt, dass das Par­kett Hohl­stel­len auf­wei­se und sich an meh­re­ren Stel­len lö­se. Der – nach An­sicht des Klä­gers man­gel­haf­te – Kle­ber wei­se nicht die not­wen­di­ge Fes­tig­keit auf, um die Par­kett­die­len dau­er­haft mit dem Un­ter­bo­den zu ver­bin­den. Es kön­ne aus­ge­schlos­sen wer­den, dass das Ver­sa­gen des Kleb­stoffs auf ei­ne man­geln­de Eig­nung des Un­ter­bo­dens oder auf ei­ne ther­mi­sche Be­las­tung des Par­ketts durch un­sach­ge­mä­ße Ver­wen­dung der Fuß­bo­den­hei­zung zu­rück­zu­füh­ren sei.

Da die Be­klag­te ih­rer Nach­er­fül­lungs­pflicht nicht nach­ge­kom­men sei, ha­be sie die zur Man­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­chen Kos­ten zu tra­gen. Für ei­ne Man­gel­be­sei­ti­gung müs­se sei­ne – des Klä­gers – im Erd­ge­schoss ge­le­ge­ne Woh­nung aus­ge­räumt und der be­reits ver­leg­te Par­kett­bo­den ent­fernt und ent­sorgt wer­den. An­schlie­ßend müs­se nach Vor­be­rei­tung der Es­trich­flä­chen ein neu­er Par­kett­bo­den ver­legt wer­den. Letz­te­res er­for­de­re vor­aus­sicht­lich sei­en Kos­ten­auf­wand von 13.726,52 € net­to; für das Aus- und Ein­räu­men der Mö­bel müs­se mit Kos­ten in Hö­he von 5.322,30 € net­to ge­rech­net wer­den. Au­ßer­dem ha­be die Be­klag­te ihm, dem Klä­ger, vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ne Rechts­an­walts­kos­ten (727,09 €) zu er­stat­ten. Die Kos­ten für not­wen­di­ge Elek­tro- und Sa­ni­tär­an­schluss­ar­bei­ten so­wie für Mau­rer- und Ma­ler­ar­bei­ten könn­ten noch nicht ab­schlie­ßend be­zif­fert wer­den; des­halb sei fest­zu­stel­len, dass die Be­klag­te ihm, dem Klä­ger, wei­te­re Schä­den er­set­zen müs­se, die durch die Ver­wen­dung des von der Be­klag­ten ver­kauf­ten und ge­lie­fer­ten Kleb­stoffs ent­stan­den sei­en.

Die Be­klag­te und ih­re Streit­hel­fe­rin – die Her­stel­le­rin des Kleb­stoffs – sind der Kla­ge ent­ge­gen­ge­tre­ten.

Die Be­klag­te hat gel­tend ge­macht, et­wai­ge Män­gel­an­sprü­che des Klä­gers sei­en spä­tes­tens mit Ab­lauf des 31.12.2016 ver­jährt. Da das Par­kett kei­nen Man­gel an ei­nem Bau­werk ver­ur­sacht ha­be, gel­te ei­ne Ver­jäh­rungs­frist von zwei Jah­ren (§ 438 I Nr. 3, II BGB). Im Üb­ri­gen ha­be der Klä­ger bei der Ver­le­gung des Par­ketts nicht mit der nach den Her­stel­ler­an­ga­ben vor­ge­se­he­nen Spach­tel­zah­nung ge­ar­bei­tet. Es sei auch nicht aus­zu­schlie­ßen, dass das Par­kett erst ver­legt wor­den sei, nach­dem das Ab­lauf­da­tum des Kle­bers be­reits über­schrit­ten ge­we­sen sei. Dem Klä­ger sei über­dies mit Blick auf die Hö­he des gel­tend ge­mach­ten Scha­dens und den Preis des Kleb­stoffs ein Ver­stoß ge­gen sei­ne Scha­dens­min­de­rungs­pflicht vor­zu­wer­fen.

Die Streit­hel­fe­rin hat ge­meint, da die Be­klag­te dem Klä­ger den Kle­ber teil­wei­se ge­schenkt ha­be, sei­en kauf­recht­li­che Vor­schrif­ten (§§ 434 ff. BGB) nicht an­wend­bar. Au­ßer­dem dür­fe der Klä­ger sei­nen Scha­den nach der neue­ren Recht­spre­chung des BGH zum Werk­ver­trags­recht nicht nach fik­ti­ven Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten be­mes­sen.

Die Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Die zu­läs­si­ge Leis­tungs­kla­ge (Kla­ge­an­trag zu 1) ist in vol­lem Um­fang be­grün­det.

1. Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz ge­mäß § 437 Nr. 3, §§ 280 I, III, 281 BGB in Hö­he von 19.048,82 €.

a) Die Par­tei­en ha­ben am 21.10.2013 ei­nen Kauf­ver­trag (§ 433 BGB) über die Ver­äu­ße­rung vom Par­kett­die­len mit dem da­zu­ge­hö­ri­gen Kleb­stoff so­wie wei­te­rem Zu­be­hör ge­schlos­sen. Am 20.12.2013 ha­ben sie ei­nen zwei­ten Kauf­ver­trag über die Lie­fe­rung ei­nes wei­te­ren Ei­mers des glei­chen Kleb­stoffs zum Preis von 70,60 € brut­to ge­schlos­sen.

b) Der An­wen­dung des kauf­recht­li­chen Sach­män­gel­rechts steht nicht ent­ge­gen, dass dem Klä­ger zwei der ins­ge­samt fünf Ei­mer Kleb­stoffs oh­ne Be­rech­nung ei­nes Ein­zel­kauf­prei­ses über­las­sen wur­den. Es kann of­fen­blei­ben, ob in­so­weit ei­ne Schen­kung vor­liegt. Denn in ei­nem sol­chen Fal­le wür­de es sich um ei­nen ty­pen­ge­misch­ten Ver­trag han­deln, bei dem sich das an­wend­ba­re Recht nach den In­ter­es­sen der Par­tei­en be­stimmt (§§ 133, 157 BGB; vgl. Jau­er­nig/Stad­ler, BGB, 17. Aufl., § 311 Rn. 33 m. w. Nachw.). Der Haupt­zweck des Ver­trags war für bei­de Par­tei­en un­zwei­fel­haft der Kauf/Ver­kauf des Par­ketts nebst Zu­be­hör. Der Kle­ber und das üb­ri­ge Zu­be­hör dien­ten der ord­nungs­ge­mä­ßen Ver­ar­bei­tung des Par­ketts. Auch ih­rem Wert nach über­wie­gen die ent­gelt­lich über­las­se­nen Kauf­sa­chen bei Wei­tem. So­wohl die Haupt­leis­tung als auch das Ge­bot der Sach­nä­he las­sen es als in­ter­es­sen­ge­recht er­schei­nen, den ge­sam­ten Ver­trag ein­heit­lich dem Kauf­recht zu un­ter­stel­len.

c) Die Kauf­sa­che in Ge­stalt des ver­äu­ßer­ten Kleb­stoffs war ge­mäß § 434 I 2 Nr. 1, § 446 Satz 1 BGB bei Ge­fahr­über­gang man­gel­haft. Sie war nicht für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung ge­eig­net. Dies steht zur Über­zeu­gung der Kam­mer zwei­fels­frei fest auf­grund des im selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren er­stat­te­ten Gut­ach­tens des Sach­ver­stän­di­gen B vom 15.01.2018. Die­ses Gut­ach­ten gilt ge­mäß § 493 I ZPO als ei­ne Er­he­bung von Be­wei­sen durch das er­ken­nen­de Ge­richt. Grün­de, die ei­ner Ver­wer­tung ge­mäß § 493 II ZPO ent­ge­gen­ste­hen, sind we­der vor­ge­bracht noch er­sicht­lich.

aa) Der Sach­ver­stän­di­ge B hat in sei­nem schrift­li­chen Haupt­gut­ach­ten nach­voll­zieh­bar aus­ge­führt, der Kle­ber sei für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung zur Ver­bin­dung von Par­kett und Un­ter­bo­den nicht ge­eig­net, da er ei­nen Ko­hä­si­ons­bruch auf­wei­se. Das be­deu­tet, ein Teil des Kle­bers haf­tet fest am Un­ter­bo­den, krei­det aber ab und pul­ve­ri­siert. Der an­de­re Teil des Kle­bers haf­tet an der Un­ter­sei­te des Par­ketts, ist weich und kann mit dem Fin­ger vom Holz ge­scho­ben wer­den. Dem Kle­ber fehlt die not­wen­di­ge Fes­tig­keit, um das Par­kett dau­er­haft am Un­ter­bo­den zu hal­ten. Dies führt der Sach­ver­stän­di­ge B auf ei­ne Zer­set­zung der im Kleb­stoff ent­hal­te­nen po­ly­me­ren Ma­trix zu­rück. Hier­zu hat der Sach­ver­stän­di­ge auf ei­nen vom ihm in Auf­trag ge­ge­be­nen Prüf­be­richt der Fir­ma D Be­zug ge­nom­men. Da­ge­gen schließt der Sach­ver­stän­di­ge B auf­grund des Er­schei­nungs­bilds des Par­ketts aus, dass ei­ne ther­mi­sche Be­las­tung auf­grund fal­scher Ver­wen­dung der Fuß­bo­den­hei­zung die Zer­set­zung des Kle­bers ver­ur­sacht hat. Aus dem­sel­ben Grund lehnt er auch die Mög­lich­keit ab, dass der Un­ter­bo­den bei Ver­le­gung des Par­ketts zu feucht war. Auch ei­ne Ur­säch­lich­keit der Ver­wen­dung ei­ner fal­schen Spach­tel­zah­nung wird vom Sach­ver­stän­di­gen B ver­neint. Denn es sei zu ei­ner Ver­kle­bung von Un­ter­bo­den und Par­kett ge­kom­men, die nied­ri­ge Kle­ber­rau­pen­hö­he sei aber nicht ur­säch­lich für den fest­ge­stell­ten Ko­hä­si­ons­bruch und für das vor­ge­fun­de­ne Scha­dens­bild.

bb) Die­se Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen B, der für das Fach­ge­biet Par­kett- und La­mi­nat­be­lä­ge öf­fent­lich be­stellt und ver­ei­digt ist, sind gut be­grün­det, plau­si­bel und frei von Wi­der­sprü­chen. Der Sach­ver­stän­di­ge B ist dem Ge­richt, das selbst über lang­jäh­ri­ge Spruch­pra­xis in Bau­pro­zes­sen ver­fügt, als fo­ren­sisch er­fah­ren be­kannt. An sei­ner Fach­kun­de ist nicht zu zwei­feln. Die Kam­mer schließt sich da­her sei­nen Fest­stel­lun­gen nach ei­ge­ner Prü­fung oh­ne Ein­schrän­kun­gen an.

cc) Es kann nach La­ge der Din­ge auch aus­ge­schlos­sen wer­den, dass der Klä­ger bei Ver­le­gung des Par­ketts an­de­ren Kleb­stoff ver­ar­bei­tet hat als die von der Be­klag­ten er­wor­be­ne Wa­re. Der Klä­ger hat im Rah­men sei­ner in­for­ma­to­ri­schen Be­fra­gung nach­voll­zieh­bar er­klärt, dass er Ma­te­ri­al an­de­rer Her­stel­ler zur frag­li­chen Zeit nicht im Hau­se ge­habt ha­be. Das Ge­richt hat kei­ne Ver­an­las­sung, die­ser Aus­sa­ge kei­nen Glau­ben zu schen­ken, zu­mal ge­gen­tei­li­ge An­halts­punk­te nicht er­sicht­lich sind.

d) Der Klä­ger hat der Be­klag­ten ge­mäß § 281 I 1 BGB er­folg­los ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt.

e) Das not­wen­di­ge Ver­tre­ten­müs­sen der Be­klag­ten wird ver­mu­tet (§ 280 I 2 BGB). Grün­de, die die­ser Ver­mu­tung ent­ge­gen­ste­hen könn­ten, sind nicht vor­ge­bracht wor­den.

f) Der Klä­ger kann ent­spre­chend § 249 II BGB den Er­satz der für die Be­sei­ti­gung des Man­gels er­for­der­li­chen Kos­ten ver­lan­gen, vor Durch­füh­rung der Maß­nah­me je­doch nur den Net­to­be­trag.

aa) Die zur Man­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­chen Ar­bei­ten und die da­mit ver­bun­de­nen Kos­ten hat der Sach­ver­stän­di­ge B in sei­nem Er­gän­zungs­gut­ach­ten eben­falls plau­si­bel er­mit­telt. Glei­ches gilt für die mit dem Aus- und Ein­räu­men der Mö­bel ver­bun­de­nen Kos­ten, die der Sach­ver­stän­di­ge R über­zeu­gend fest­ge­stellt hat. Die sich hier­nach er­ge­ben­den Ge­samt­kos­ten von 19.048,82 € net­to sind im vor­lie­gen­den Rechts­streit auch nicht be­strit­ten wor­den (§ 138 III ZPO).

bb) Die neue­re Recht­spre­chung des BGH, nach der ei­ne fik­ti­ve Scha­dens­be­rech­nung für die Man­gel­be­sei­ti­gung im Werk­ver­trags­recht nicht mehr zu­läs­sig ist (vgl. BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 = NJW 2018, 1463; Urt. v. 06.12.2018 – VII ZR 71/15, NJW-RR 2019, 406), steht der Scha­dens­be­rech­nung an­hand der vor­aus­sicht­li­chen Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten im vor­lie­gen­den Fall nicht ent­ge­gen.

Es ist noch nicht höchst­rich­ter­lich ent­schie­den, ob die Än­de­rung der Recht­spre­chung auch auf das Kauf­recht Aus­wir­kun­gen hat. Der VII. Zi­vil­se­nat des BGH be­grün­det die Ab­kehr von sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung da­mit, dass ei­ne abs­trak­te Scha­dens­be­rech­nung das Leis­tungs­de­fi­zit im Werk­ver­trags­recht nicht zu­tref­fend ab­bil­de und häu­fig zu ei­ner Über­kom­pen­sa­ti­on füh­re, die nach all­ge­mei­nen zi­vil­recht­li­chen Grund­sät­zen nicht ge­recht­fer­tigt sei (vgl. BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 = NJW 2018, 1463 Rn. 32 ff.). Dem­nach kann der Be­stel­ler, der den Man­gel nicht be­sei­ti­gen lässt, nur den Min­der­wert des (man­gel­haf­ten) Werks aus­ge­hend von der ver­ein­bar­ten Ver­gü­tung ver­lan­gen. Der Be­stel­ler, der den Man­gel be­sei­ti­gen lässt oder las­sen will, kann nach der neu­en Recht­spre­chung Er­satz der kon­kret auf­ge­wand­ten Re­pa­ra­tur­kos­ten bzw. ei­nen Vor­schuss ge­mäß §§ 637 III, 634 Nr. 2 BGB ver­lan­gen.

Das OLG Frank­furt hat in sei­nem Ur­teil vom 21.01.2019 die­se Recht­spre­chung auf das Kauf­recht über­tra­gen, da die Ge­fahr der Über­kom­pen­sa­ti­on auch in die­sem Be­reich be­ste­he (vgl. OLG Frank­furt a. M., Urt. v. 21.01.2019 – 29 U 183/17, BeckRS 2019, 370 Rn. 43 ff). Hin­ge­gen lehnt das OLG Düs­sel­dorf die Über­tra­gung die­ser Recht­spre­chung auf das Kauf­recht ab, weil es im Kauf­recht kein dem § 637 III BGB ver­gleich­ba­res Recht auf Zah­lung ei­nes Vor­schus­ses gibt (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 09.10.2018 – 24 U 194/17, BeckRS 2018, 31442 Rn. 37).

Die Fra­ge be­darf hier kei­ner ab­schlie­ßen­den Klä­rung. Denn die für die neue­re Recht­spre­chung zum Werk­ver­trag auf­ge­stell­ten Vor­aus­set­zun­gen lie­gen im Streit­fall nicht vor. So­weit dort da­von die Re­de ist, dass der Be­stel­ler das Werk be­hält, ist der ana­lo­ge Sach­ver­halt – der Käu­fer be­hält die Kauf­sa­che – hier nicht ge­ge­ben. Der Klä­ger will sich der Kauf­sa­che ge­ra­de ent­le­di­gen und neue Par­kett­die­len ver­le­gen las­sen. Fer­ner wird vom VII. Zi­vil­se­nat des BGH vor­aus­ge­setzt, dass der Be­stel­ler den Man­gel nicht be­sei­ti­gen lässt. Hier­für gibt es im vor­lie­gen­den Fall kei­ner­lei An­halts­punk­te. Der Klä­ger hat hin­rei­chend deut­lich ge­macht, dass er den vor­han­de­nen Zu­stand nicht ak­zep­tiert und er – zu­mal es sich um sein pri­vat ge­nutz­tes Wohn­haus han­delt – zur Man­gel­be­sei­ti­gung ent­schlos­sen ist. Ge­gen­tei­li­ge An­halts­punk­te sind nicht er­sicht­lich und sei­tens der Be­klag­ten auch nicht vor­ge­tra­gen wor­den. Viel­mehr ist an­ge­sichts des durch Licht­bil­der do­ku­men­tier­ten Zu­stands und der vom Sach­ver­stän­di­gen B vor­ge­nom­me­nen Bau­tei­l­öff­nun­gen nicht da­von aus­zu­ge­hen, dass der Klä­ger auf ei­ne Män­gel­be­sei­ti­gung ver­zich­tet.

Er er­schie­ne im Üb­ri­gen auch nicht in­ter­es­sen­ge­recht, wenn der Käu­fer die ge­sam­ten Re­pa­ra­tur­kos­ten zu­nächst selbst auf­brin­gen müss­te und erst an­schlie­ßend und ge­ge­be­nen­falls nach strei­ti­ger Aus­ein­an­der­set­zung Er­satz vom Ver­käu­fer ver­lan­gen könn­te. In­so­fern wird zu Recht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es im Kauf­recht – ab­ge­se­hen von dem Son­der­fall des § 475 VI BGB – kei­nen all­ge­mei­nen Vor­schuss­an­spruch des Käu­fers gibt.

g) Der An­spruch ist auch nicht ge­mäß § 254 II BGB zu kür­zen. Al­lein der Wert­un­ter­schied zwi­schen dem ein­ge­tre­te­nen Scha­den und dem Wert der man­gel­haf­ten Sa­che lässt nicht dar­auf schlie­ßen, dass der Klä­ger ge­gen sei­ne Scha­dens­min­de­rungs­ob­lie­gen­heit ver­sto­ßen hat. Wei­te­re Um­stän­de, durch die der Klä­ger ge­gen die­se Ob­lie­gen­heit ver­sto­ßen ha­ben könn­te, hat die Be­klag­te nicht dar­ge­legt. Ins­be­son­de­re war die Ver­wen­dung ei­ner fal­schen Spach­tel­zah­nung – wie aus­ge­führt – nicht ur­säch­lich für den Scha­den. Auch ei­ne Ver­wen­dung des Kle­bers nach Ab­lauf des Ver­falls­da­tums kann dem Klä­ger nicht vor­ge­wor­fen wer­den. Hier­bei han­delt es sich um ei­ne blo­ße Mut­ma­ßung der Be­klag­ten, für die kei­ner­lei Nach­weis er­bracht wor­den ist. Dem­ge­gen­über hat der Klä­ger im Rah­men sei­ner Be­fra­gung nach­voll­zieh­bar und über­zeu­gend er­klärt, dass er das Par­kett um die Fei­er­ta­ge des Jah­res­wech­sels 2013/2014 ver­legt hat. Zu die­sem Zeit­punkt war das fest­ge­stell­te Ver­fall­da­tum ei­nes Ei­mers Kleb­stoff – Fe­bru­ar 2014 – noch nicht ver­stri­chen.

h) Der An­spruch ist nicht ge­mäß § 438 I BGB ver­jährt. Die Ver­jäh­rungs­frist be­trägt im vor­lie­gen­den Fall ge­mäß § 438 I Nr. 2 lit. b BGB fünf Jah­re. Die­se Frist be­gann mit der Ab­lie­fe­rung der Kauf­sa­che am 08.11.2013, und sie wä­re da­her am 08.11.2018 ab­ge­lau­fen. Al­ler­dings ist die Ver­jäh­rungs­frist durch die Zu­stel­lung des An­trags auf Durch­füh­rung des selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens im Jah­re 2017 ge­mäß § 204 I Nr. 7 BGB ge­hemmt wor­den.

aa) Der man­gel­haf­te Par­kett­kle­ber wur­de ent­spre­chend sei­ner üb­li­chen Ver­wen­dungs­wei­se für ein Bau­werk ein­ge­setzt. Ein Bau­werk ist ei­ne un­be­weg­li­che, durch Ver­wen­dung von Ar­beit und Ma­te­ri­al in Ver­bin­dung mit dem Erd­bo­den her­ge­stell­te Sa­che (vgl. Be­ckOK-BGB/Faust, Stand: 01.11.2018, § 438 Rn. 21). Ver­wen­dung für ein Bau­werk meint nicht nur die Neu­er­rich­tung, son­dern auch Er­neue­rungs- und Um­bau­ar­bei­ten, wenn sie für Kon­struk­ti­on, Be­stand, Er­hal­tung oder Be­nutz­bar­keit des Bau­werks von we­sent­li­cher Be­deu­tung sind und die Sa­che mit dem Bau­werk fest ver­bun­den wird (vgl. BGH, Urt. v. 24.02.2016 – VI­II ZR 38/15, NJW 2016, 2645 Rn. 44). Der Kle­ber ist für die fach­ge­rech­te Ver­le­gung des Par­ketts un­zwei­fel­haft er­for­der­lich. Die­ses wie­der­um ist für die Be­wohn­bar­keit des Hau­ses von we­sent­li­cher Be­deu­tung (vgl. auch BGH, Urt. v. 16.05.1991 – VII ZR 296/90, NJW 1991, 2486 f.). Das Par­kett ist durch die Ver­le­gung ge­mäß §§ 93 f., 946 BGB we­sent­li­cher Be­stand­teil des Hau­ses ge­wor­den. Hoch­wer­ti­ges Par­kett ver­fügt ge­richts­be­kannt über ei­ne lan­ge Le­bens- und Nut­zungs­dau­er, so­dass bei le­bens­na­her Be­trach­tung und nach der Ver­kehrs­an­schau­ung nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den kann, dass es nur für ei­nen vor­über­ge­hen­den Zweck in ein Wohn­ge­bäu­de ein­ge­bracht wird. Sol­cher­lei Par­kett ge­hört im Üb­ri­gen zu den nicht un­we­sent­li­chen Fak­to­ren bei der Be­stim­mung des Ver­kehrs- und Miet­wer­tes ei­ner Im­mo­bi­lie. Die Man­gel­haf­tig­keit des Kle­bers hat da­her im Streit­fall die Man­gel­haf­tig­keit ei­nes Bau­werks ver­ur­sacht. Denn durch die Zer­set­zung des Kle­bers löst sich das Par­kett vom Un­ter­bo­den und ist sei­ner­seits schad­haft.

bb) Auch Sinn und Zweck der län­ge­ren Ver­jäh­rungs­frist bei Män­geln an Bau­wer­ken spre­chen für die An­wen­dung des § 438 I Nr. 2 lit. b BGB. Die­se län­ge­re Ver­jäh­rungs­frist wird da­mit be­grün­det, dass Män­gel an Bau­wer­ken häu­fig erst spät er­kenn­bar sind (vgl. BGH, Urt. v. 16.05.1991 – VII ZR 296/90, NJW 1991, 2486 f.). So liegt der Fall auch hier, da der Kle­ber un­ter dem Par­kett nicht sicht­bar war, sich die Zer­set­zung des Kle­bers über ei­nen län­ge­ren Zeit­raum voll­zieht und die äu­ßer­lich er­kenn­ba­ren Man­gel­sym­pto­me erst nach ge­rau­mer Zeit her­vor­ge­tre­ten sind.

cc) Die An­wen­dung der fünf­jäh­ri­gen Ver­jäh­rungs­frist ent­spricht schließ­lich auch dem ge­setz­ge­be­ri­schen Wil­len, die Ver­jäh­rung im Kauf­recht der werk­ver­trag­li­chen Ver­jäh­rung an­zu­glei­chen (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 227). Dem­ge­mäß ist für § 635 BGB a.F. bzw. für § 634a I BGB an­er­kannt, dass An­sprü­che we­gen Män­geln an ei­nem im Zu­ge werk­ver­trag­li­che Leis­tung ver­leg­ten Par­kett­bo­den der fünf­jäh­ren Frist un­ter­fal­len (vgl. OLG Mün­chen, Urt. v. 13.02.2007 – 9 U 4100/06, NJW-RR 2007, 675).

2. Der Zins­an­spruch er­gibt sich aus §§ 286 I, 288 I BGB, da sich die Be­klag­te mit Ab­lauf der Nach­er­fül­lungs­frist seit dem 15.12.2016 in Ver­zug be­fin­det.

3. Der Klä­ger hat schließ­lich auch ei­nen An­spruch auf Er­satz der vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten aus § 437 Nr. 3, § 280 I BGB in Hö­he von 727,09 € ge­mäß der Be­rech­nung auf Sei­te 9 der Kla­ge­schrift. Die Be­auf­tra­gung ei­nes Rechts­an­walts war zur zweck­ge­rich­te­ten Rechts­ver­fol­gung oh­ne Wei­te­res er­for­der­lich und an­ge­mes­sen. Ins­be­son­de­re ist auch die gel­tend ge­mach­te 1,5-fa­che Ge­schäfts­ge­bühr nach Nr. 2300 VV RVG nicht zu be­an­stan­den. Bei der Be­stim­mung der Ge­schäfts­ge­bühr han­delt es sich um ei­ne Er­mes­sens­ent­schei­dung des Rechts­an­walts, die nur ein­ge­schränkt der ge­richt­li­chen Über­prü­fung zu­gäng­lich ist (vgl. BGH, Urt. v. 08.05.2012 – VI ZR 273/11, NJW-RR 2012, 887 Rn. 4 f.). An­ge­sichts des Um­fangs so­wie der Schwie­rig­keit der Sa­che und der an­walt­li­chen Tä­tig­keit ist ei­ne Über­schrei­tung die­ses Er­mes­sens hier nicht fest­zu­stel­len.

II. Die Fest­stel­lungs­kla­ge (Kla­ge­an­trag zu 2) ist eben­falls zu­läs­sig und be­grün­det.

1. Das ge­mäß § 256 I ZPO er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se ist schon des­halb ge­ge­ben, weil der Klä­ger zu­sätz­lich zu dem in Kla­ge­an­trag zu 1 ge­for­der­ten Be­trag nach Be­sei­ti­gung der Män­gel ei­nen An­spruch auf Er­satz der Mehr­wert­steu­er hat (§ 249 II 2 BGB) und die­ser Be­trag ge­gen­wär­tig noch nicht be­zif­fert wer­den kann.

2. Die Fest­stel­lungs­kla­ge ist auch be­grün­det, da der Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­mäß § 437 Nr. 3, §§ 280 I, III, 281 BGB dem Grun­de nach be­steht. Dem­nach hat die Be­klag­te dem Klä­ger al­le zur Man­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­chen Kos­ten zu er­set­zen. Dar­un­ter fal­len ne­ben der be­reits er­wähn­ten Mehr­wert­steu­er auch die im Rah­men der Scha­dens­be­sei­ti­gung not­wen­di­gen Kos­ten für Mau­rer-, Ab­deck-, Ma­ler­ar­bei­ten und Elek­tro- so­wie Sa­ni­tär­an­schluss­ar­bei­ten.

III. 1. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf §§ 91 I 1, § 101 I Halb­satz 2 ZPO. … Die­se Kos­ten­ent­schei­dung gilt grund­sätz­lich auch für das vor­aus­ge­gan­ge­ne selbst­stän­di­ge Be­weis­ver­fah­ren (vgl. BGH, Beschl. v. 24.06.2004 – VII ZB 34/03, NZ­Bau 2005, 44), je­doch nur, so­weit der dor­ti­ge Streit­ge­gen­stand mit dem an­hän­gi­gen Rechts­streit iden­tisch ist. Dem­entspre­chend ist das selbst­stän­di­ge Be­weis­ver­fah­ren durch Be­schluss vom 04.06.2019 nur teil­wei­se für be­en­det er­klärt und in­so­weit der Streit­wert auf 19.048,82 € fest­ge­setzt wor­den. We­gen des fort­zu­set­zen­den selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens und der ge­ge­be­nen­falls er­mit­tel­ten wei­te­ren – hier nicht be­zif­fer­ten – Kos­ten kann ei­ne Kos­ten­ent­schei­dung der­zeit nicht er­ge­hen, und sie ist an­de­ren Ver­fah­ren vor­be­hal­ten. In­so­fern kann nicht ab­schlie­ßend be­ur­teilt wer­den, ob der Streit­ge­gen­stand der Haupt­sa­che­kla­ge hin­ter dem selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren zu­rück­bleibt und ge­ge­be­nen­falls von § 96 ZPO Ge­brauch zu ma­chen ist (vgl. hier­zu OLG Stutt­gart, Beschl. v. 19.10.2004 – 8 W 156/04, MDR 2005, 358). Dies recht­fer­tigt nach An­sicht der Kam­mer ei­ne Aus­nah­me von Grund­satz der Ein­heit­lich­keit der Kos­ten­ent­schei­dung. …

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