1. Ein mit einer mangelhaften Kaufsache belieferter Käufer (hier: einer Immobile), der die Sache behält und vom Verkäufer „kleinen“ Schadensersatz statt der Leistung (§ 437 Nr. 3, §§ 280 I, III, 281 BGB) verlangt, kann seinen Schaden nicht nach bloß fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen. Denn eine Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten führt nicht nur im Werkvertragsrecht (vgl. BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17), sondern auch im Kaufrecht häufig zu einer Überkompensation und damit einer nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen nicht gerechtfertigten Bereicherung des Geschädigten.
  2. Der Käufer (hier: einer Immobilie), der geltend macht, ein vertraglich vereinbarter Gewährleistungsausschluss sei gemäß § 444 Fall 1 BGB unwirksam, weil ihm der Verkäufer Mängel arglistig verschwiegen habe, muss lediglich solche objektiven Umstände darlegen und gegebenenfalls beweisen, die einen hinreichend sicheren Schluss auf eine Arglist des Verkäufers zulassen.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 21.01.2019 – 29 U 183/17

Sachverhalt: Die Kläger haben von der Beklagten für 319.000 € ein 460 m² großes, mit einem 1938 errichteten Gebäude bebautes Grundstück erworben. Sie werfen der Beklagten vor, Baumängel arglistig verschwiegen zu haben, und verlangen bezifferten Schadensersatz sowie die Feststellung, dass ihnen die Beklagte weitergehend zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Bei Abschluss des notariellen Kaufvertrags (22.07.2015) wurde die Beklagte, die das Gebäude bis zu seiner Veräußerung jahrzehntelang selbst bewohnt hatte, von ihrem Sohn vertreten. Der Vertrag enthält in § 4 einen Gewährleistungsausschluss:

„Der Vertragsgegenstand geht ohne jede Gewähr für seine Beschaffenheit, Güte und Größe über. Verkäufer versichert, dass ihm wesentliche, auch versteckte Mängel nicht bekannt sind.“

Das Objekt war von einem von der Beklagten beauftragten Makler ohne jeden Hinweis auf gravierende Mängel und nicht als Abrissobjekt angeboten worden. Der Makler hatte es vielmehr als voll bewohnbar mit Ausbaureserve im Obergeschoss dargestellt. Vor Abschluss des Kaufvertrags hatten die Kläger das Grundstück und das Gebäude ausführlich besichtigt.

Nach der Übergabe des Grundstücks (29.02.2016) stellten die Kläger fest, dass die Dachtreppe und der Dachstuhl – die während der Besichtigung zum Teil mit Folie abgeklebt gewesen waren – massiv vom Holzbock befallen waren. Das Gebäude war außerdem massiv vom Kellerschwamm befallen, weil Teile der Wände in der Küche und an einem Kamin im Obergeschoss feucht waren. Die betroffene Wand in der Küche war bei der Besichtigung mit Korkplatten verkleidet und mit einer Eckbank zugestellt gewesen.

Der von den Klägern beauftragte Sachverständige S stellte ausweislich seines Gutachtens vom 22.06.2016 im Dachstuhl einen massiven akuten Insektenbefall (Holzbock) und in der Küche braunen Schwamm fest. Dem Gutachten zufolge gab es Anzeichen für frühere Behandlungsversuche mit Holzschutzmittel. S schätzte die Kosten der Sanierung des Dachstuhls auf 51.350 € netto und die Kosten für die Sanierung des Feuchtigkeitsschadens in der Küche auf 6.300 € netto. Die Kosten für die Sanierung von Feuchtigkeitsschäden am Schornstein und an der Decke zwischen Obergeschoss und Dachgeschoss schätzen die Kläger auf 5.000 € brutto. Für die Tätigkeit des S entstanden den Klägern Kosten in Höhe von 1.974,16 € brutto.

Die Kläger haben das Gebäude bezogen und mit Renovierungsarbeiten begonnen.

Sie haben geltend gemacht, die Beklagte habe sie – die Kläger – arglistig getäuscht, indem sie auf die gravierenden Mängel des Gebäudes vor Abschluss des Kaufvertrags nicht hingewiesen habe, obwohl ihr diese Mängel als jahrelange Bewohnerin des Hauses aus eigener Anschauung bekannt gewesen seien. Die Abklebungen an der Dachtreppe und im Dachstuhl habe die Beklagte bei der Besichtigung damit erklärt, dass sie vor Splittern schützen sollten. Die Mängel am Dachstuhl habe die Beklagte mit unzutreffenden Erklärungen zu vertuschen versucht. Sie habe aus eigener Anschauung Kenntnis von dem Schädlingsbefall gehabt und mehrfach erfolglos versucht, die Feuchtigkeit in den Wänden zu beseitigen. Von der Feuchtigkeit in der Wand der Küche unterhalb des Balkons habe die Beklagte der Nachbarin N berichtet.

Die Beklagte hat bestritten, dass sie von den gravierenden Baumängeln Kenntnis gehabt habe. Sämtliche Unterhaltungsarbeiten an dem Gebäude habe ihr inzwischen verstorbener Mann vor langer Zeit vorgenommen. Die Beklagte hat geltend gemacht, dass die Kläger das Objekt vor Abschluss des Kaufvertrags mindestens zweimal – am 12.06.2015 und am 08.07.2015 – besichtigt hätten; sollten die Kläger dabei Mängel übersehen haben, sei das nicht ihr, der Beklagten, anzulasten. Die Kläger hätten überdies kaum mehr bezahlt als den Wert von Grund und Boden (280.000 €); der Wert der Gebäude (Wohnhaus und Garage) habe lediglich 39.000 € betragen.

Das Landgericht hat die Klage – im frühen ersten Termin – durch Urteil vom 06.10.2017 ohne Beweisaufnahme abgewiesen und dies unter anderem damit begründet, dass die Kläger keinen Beweis für die Kenntnis der Beklagten von den Mängeln angeboten hätten. Die insoweit in das Wissen der als Zeugin benannten N gestellten Umstände hat das Landgericht ohne vorherigen Hinweis hierauf als nicht substanziiert behandelt und gemeint, es fehle an Vortrag zur subjektiven Seite des Tatbestands der Arglist. Die Kläger vermuteten lediglich, dass die Beklagte Kenntnis von den Mängeln gehabt habe. Das Gutachten des Sachverständigen S mit seinem Vortrag zu offenkundig erheblichen Bauschäden hat das Landgericht nicht erörtert.

Auf die Berufung der Kläger wurde das Urteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.

Aus den Gründen: II. … 2. Begründetheit

Das Rechtsmittel ist … begründet und führt zu einem vorläufigen Erfolg der Kläger.

Das angefochtene Urteil ist verfahrensrechtlich fehlerhaft ergangen und verletzt sie in ihren Rechten, unter anderem auf rechtliches Gehör. Das Landgericht hat die Erhebung der notwendigen Beweise unterlassen und die Beweisantritte der Kläger, die in dem Urteil trotz eindeutigen Vortrags in der Klageschrift übergangen werden, verfahrensfehlerhaft nicht erhoben. In dem Übergehen eines wesentlichen Teils des Klagevortrags liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (vgl. BVerfG [3. Kammer des Ersten Senats], Beschl. v. 26.11.2008 – 1 BvR 670/08, NJW 2009, 1584 Rn. 14; BGH, Beschl. v. 11.04.2018 – VII ZR 188/16, ZfBR 2018, 465 Rn. 11; Beschl. v. 10.08.2016 – VII ZR 158/15, juris Rn. 7; Beschl. v. 16.03.2011 – VIII ZR 338/09, juris Rn. 3).

Auf die vom Landgericht angenommene unzureichende Substanziierung des Klagevortrags hätte gemäß § 139 II ZPO rechtzeitig vor Erlass einer instanzbeendenden Entscheidung hingewiesen werden und den Klägern Gelegenheit zu weiterem Vortrag gegeben werden müssen (vgl. BGH, Urt. v. 05.11.2003 – VIII ZR 380/02, NZBau 2004, 97 f.). Auch diese Unterlassung ist als mangelhafte Prozessführung verfahrensfehlerhaft.

Die Voraussetzungen von § 538 II Nr. 1 ZPO liegen auch im Hinblick auf eine umfangreiche Beweisaufnahme vor, weil mindestens drei Zeugen zum Grund des Anspruchs zu vernehmen sind und gegebenenfalls weitere Aufklärung zur Höhe einschließlich einer Begutachtung erforderlich wird.

Von der Möglichkeit einer eigenen Sachentscheidung gemäß § 538 I ZPO macht das Berufungsgericht keinen Gebrauch, weil dies die gesamte Aufklärung zum Grund und zur Höhe in die zweite und damit zugleich letzte Tatsacheninstanz verlagern würde. Das Urteil war daher auf den Antrag der Kläger aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

3. Anspruch aus § 437 Nr. 3, §§ 280 I, 442, 444 BGB

Ein Anspruch der Kläger auf Schadensersatz wegen arglistigen Verschweigens von Mängeln der Kaufsache durch die Beklagte kommt sehr ernsthaft in Betracht. Insoweit ist die Klageforderung entgegen der Auffassung des Landgerichts dem Grunde nach schlüssig vorgetragen. Denn die Kläger tragen hinreichend vor, dass die Beklagte die massiven Bauschäden am Objekt als langjährige Bewohnerin gekannt, mit Dritten darüber gesprochen und Maßnahmen zur Vertuschung und zur Beschönigung der Schäden am Dachstuhl vorgenommen habe. Hierfür haben die Kläger auch Beweis angetreten durch Zeugnis des Maklers und einer Nachbarin. Die Beklagte hat sich gegenbeweislich ebenfalls auf den Makler sowie einen Installateur als Zeugen berufen. Dies war als Vortrag zum Nachweis dafür ausreichend, dass die Beklagte erhebliche Mängel des Objekts, die ihr bekannt waren, bei den Vertragsverhandlungen nicht offenbart hat.

4. Notarieller Vertragsschluss

Der Kaufvertrag wurde zur Niederschrift des Notars E am 22.07.2015 geschlossen, wobei die Beklagte durch ihren Sohn vertreten war. Der Kaufvertrag enthält in § 4 den zitierten Gewährleistungsausschluss für die Beschaffenheit des Objekts sowie die Versicherung der Verkäuferin, dass ihr wesentliche – auch versteckte – Mängel nicht bekannt sind.

5. Wirksamkeit des Haftungsausschlusses

Die Haftung der Beklagten für Sachmängel des Objekts konnte gemäß § 444 BGB ausgeschlossen werden, weil es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf, sondern um den Erwerb einer Immobilie mit einem alten Objekt von privat handelt. Die Beklagte traf keine Herstellungsverpflichtung. Die Gewährleistung konnte daher im notariellen Kaufvertrag wirksam ausgeschlossen werden (vgl. BGH, Urt. v. 06.06.1986 – V ZR 67/85, BGHZ 98, 100, 106 ff.).

Die verwendete Klausel „ohne jede Gewähr für Beschaffenheit Güte und Größe“ in § 4 III des notariellen Vertrags enthält einen eindeutigen Ausschluss der Gewährleistung und ist unbedenklich wirksam (vgl. BGH, Urt. v. 14.10.1966 – V ZR 188/63, NJW 1967, 32 = juris Rn. 23). Demnach verbietet sich eine enge Auslegung der Klausel. Sie erfasst sämtliche relevanten Sachmängel des Objekts.

Gemäß § 444 Fall 1 BGB ist der Haftungsausschluss allerdings unwirksam, wenn die Beklagte den Mangel arglistig verschwiegen hat. In Betracht kommen aktives Verschweigen bekannter Mängel, Angaben ins Blaue hinein oder Zerstreuen von Bedenken durch falsche, verharmlosende Erklärungen. Der Verkäufer muss Umstände, die für den Kaufentschluss des Käufers erheblich sind, von sich aus offenbaren, wenn er sie selber kennt oder zumindest für möglich hält; nicht aufklären muss er über Mängel, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne Weiteres erkennbar sind (BGH, Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 10). Da die Kenntnis von Mängeln eine subjektive, innere Tatsache ist, kann sie in der Regel nur durch Indizien nachgewiesen werden.

Die Begründung des Landgerichts zur Klageabweisung ist rechtsfehlerhaft, weil die Kenntnis eine innere Tatsache auf der Beklagtenseite ist, die aus der Gesamtschau der Umstände nach deren Aufklärung durch Würdigung zu ermitteln ist. Die von den Klägern vorgetragenen Indizien (langjährige Bewohnerin, Abkleben der befallenen Holzteile, verharmlosende Erklärungen hierzu, Angaben gegenüber Dritten zur Feuchtigkeit im Gebäude) sind im Fall ihrer Erweislichkeit ohne Weiteres geeignet, Kenntnis der Beklagten von den Mängeln zu begründen. Insoweit fehlt es bislang an der notwendigen Aufklärung.

Eigene Möglichkeit der Kenntnisnahme von den Mängeln durch die Kläger i. S. von § 442 I 1 BGB steht einem Erfolg der Klage vorläufig nicht entgegen. Denn die Mängel waren versteckt. Im Dachgeschoss war der Schädlingsbefall abgeklebt und daher nicht zu erkennen. Für das Abkleben soll die Beklagte eine zumindest auf den ersten Blick nicht unplausible Erklärung abgegeben haben (sie wolle sich keine Splitter reißen). Die Feuchtigkeit an der Wand in der Küche war erst nach dem Entfernen der Einbaumöbel und dem Abbau der Wandverkleidung zu erkennen. Derart weitgehende Untersuchungen kann ein Kaufinteressent bei der Besichtigung vor Erwerb in der Regel nicht durchführen. Dem stehen berechtigte Interessen des Anbieters an der Integrität seines Mobiliars entgegen. Der hinter Einbauten versteckte Mangel wird von einem Kaufinteressenten nicht grob fahrlässig übersehen i. S. von § 442 I 2 BGB.

6. Mangel der Leistung i. S. von § 434 I BGB

Der Kaufgegenstand ist mangelhaft i. S. von § 434 I BGB. Beim Erwerb eines mehr als 75 Jahre alten, unrenovierten Gebäudes sind gewisse Abnutzungserscheinungen allerdings kein Sachmangel. Akuter Schädlingsbefall (hier: lebende Larven des Holzbocks) entspricht aber nicht mehr einer üblichen Abnutzung, sondern stellt einen Sachmangel des Gebäudes dar (BGH, Urt. v. 19.02.2016 – V ZR 216/14, MDR 2016, 576 Rn. 7). Dasselbe gilt für massive Durchfeuchtungen der Wände, die zu einem Befall mit Kellerschwamm, Schimmel in der Küche und zum Abfallen von Riemchen außen geführt haben. Derart gravierende Feuchtigkeit stellt auch bei einem sehr alten Gebäude einen Mangel dar (BGH, Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 7). Es besteht daher kein vernünftiger Zweifel daran, dass die vom Privatsachverständigen S dokumentierten und von der Beklagten im Vorhandensein nicht bestrittenen Tatsachen auch beim Kauf eines unrenovierten Altbaus Mängel darstellen.

7. Kenntnis der Beklagten vom Mangel der Leistung

Der Nachweis der Kenntnis der Beklagten vom Mangel der Leistung kann als innere Tatsache nur über Indizien geführt werden. Dazu ist die Vernehmung des Maklers, der Nachbarin und des Handwerkers erforderlich. Sollten sich die Beweisbehauptungen der Kläger bestätigen, so wäre der erforderliche Nachweis der Kenntnis der Beklagten von den Schäden eher geführt. Das Landgericht wird dann eigenständig unter Heranziehung der unstreitigen Umstände zu würdigen haben, ob die Beklagte diese Mängel arglistig verschwiegen hat.

8. Schaden

Sollte das Landgericht bei der weiteren Aufklärung zu dem Ergebnis gelangen, die Beklagte habe die Mängel des Gebäudes arglistig verschwiegen, so bedarf die Höhe des Schadens weiterer Aufklärung. Die Kläger haben zwar die Höhe des ihnen entstandenen Schadens anhand der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten auf der Grundlage des Privatgutachtens S besonders qualifiziert vorgetragen, und die Beklagte ist dem weder erstinstanzlich noch im Berufungsrechtszug entgegengetreten. Gegen diese Art der Schadensberechnung anhand der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten bestehen jedoch aus Rechtsgründen durchgreifende Bedenken.

Die Frage der zutreffenden Schadensberechnung ist entscheidungserheblich, weil die Klageabweisung durch das Landgericht aus anderen als von diesem gefundenen Gründen Bestand haben könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Rechtsprechung des BGH hat zwar in der Vergangenheit sowohl im Bereich des Kaufrechts als auch im Bereich des Werkvertragsrechts eine Ermittlung der Höhe eines Schadensersatzanspruchs wegen mangelhafter Leistung auf der Grundlage der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten für zulässig erachtet (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2015 – V ZR 26/15, BauR 2016, 1035 Rn. 18; Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, BauR 2014, 1938 Rn. 33; Urt. v. 10.03.2005 – VII ZR 321/03, BauR 2005, 1014 = juris Rn. 11; BGH, Urt. v. 06.11.1986 – VII ZR 97/85, BGHZ 99, 81, 84 ff.). Diese Rechtsprechung hat der VII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 22.02.2018 (VII ZR 46/17, BauR 2018, 815) für den Bereich des Werkvertragsrechts aufgegeben und ausgesprochen, dass der Schaden nicht länger nach den fiktiven Mangelbeseitigungskosten bemessen werden könne. Zur Begründung hat der BGH unter anderem ausgeführt, dass das Leistungsdefizit (Mangel) zwar zu einer Störung des Äquivalenzverhältnisses und damit zu einem Vermögensschaden führt, die Schadenshöhe dadurch jedoch noch nicht geklärt ist (Rn. 33). Eine Schadensbemessung nach fiktiven Mangelbeseitigungskosten bilde das Leistungsdefizit im Werkvertragsrecht – insbesondere im Baurecht – auch bei wertender Betrachtung nicht zutreffend ab, sondern führe vielmehr häufig zu einer Überkompensation und damit nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen zu einer nicht gerechtfertigten Bereicherung des Bestellers. Es komme vielmehr darauf an, welche Konsequenz der Besteller aus den Mängeln ziehe (Rn. 34). Eine Vorlage an den Großen Senat des BGH zur Klärung der Frage, ob diese Änderung der Rechtsprechung auch auf das Kaufrecht Auswirkungen habe, hat der BGH zwar erwogen, aber nicht für geboten erachtet.

Dieser Entscheidung tritt der erkennende Senat aus den vom BGH gefundenen, überzeugenden Gründen bei.

In der Literatur wird darüber hinaus mit beachtlichen Gründen die Auffassung vertreten, die Frage eines gestörten Äquivalenzverhältnisses und einer möglichen Überkompensation des Schadens durch Zubilligung der fiktiven Mangelbeseitigungskosten stelle sich im Kaufrecht ebenso wie im Werkvertragsrecht und sei letztlich eine Frage des allgemeinen Schadensrechts (vgl. Heinemeyer, NJW 2018, 2441, 2443 f.; s. auch Picker, JZ 2018, 676 ff.; zum Streitstand vgl. BeckOGK/Kober, Stand: 01.11.2018, § 636 BGB Rn. 301).

Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 09.10.2018 – 24 U 194/17, juris – die Auffassung vertreten, im Bereich des Kaufrechts könne der Erwerber einer mängelbehafteten Immobilie seinen Schaden im Rahmen des kleinen Schadensersatzes weiterhin anhand der fiktiven Mangelbeseitigungskosten berechnen, und dazu die Revision zugelassen. Das OLG Düsseldorf hat seine Entscheidung mit werkvertraglichen Besonderheiten, insbesondere dem allein dort bestehenden Vorschussanspruch gemäß § 637 III BGB, begründet. Der erkennende Senat hält demgegenüber entgegen der bisherigen Rechtsprechung des V. Zivilsenats des BGH und entgegen der Entscheidung des OLG Düsseldorf auch im Kaufrecht eine Berechnung des kleinen Schadensersatzes anhand der fiktiven Mangelbeseitigungskosten nicht mehr für rechtlich zutreffend.

Denn zum einen handelt es sich um eine Frage des allgemeinen Schadensrechts, die sich für das Kaufrecht in gleicher Weise stellt wie für das Werkvertragsrecht. In diesem Zusammenhang hat der V. Zivilsenat des BGH in der Vergangenheit stets ausgesprochen, dass der Nacherfüllungsanspruch im Kaufrecht und im Werkrecht inhaltsgleich ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 31). Aus dieser zutreffenden Bewertung folgt für den erkennenden Senat, dass auch hinsichtlich des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung eine Differenzierung nicht überzeugt. Dies gilt insbesondere für die Frage einer möglichen Überkompensation durch Zuerkennung von fiktiven Mangelbeseitigungskosten, die den VII. Zivilsenat im Urteil vom 22.02.2018 zu Recht zur Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung veranlasst hat. Eine solche, vom Grundsatz des allgemeinen Schadensrechts nicht gedeckte Besserstellung des Geschädigten infolge des Ausgleichs der mangelhaften Leistung kann – wie das OLG Düsseldorf im Urteil vom 09.10.2018 zu Recht betont hat (juris Rn. 49) – insbesondere bei der hier wie dort streitgegenständlichen Veräußerung einer Immobilie ohne Herstellungsverpflichtung im Fall von Sachmängeln auftreten, wenn der Ersatzbetrag anhand der fiktiven Mangelbeseitigungskosten bemessen wird.

Dies ist insbesondere dann nicht sachgerecht im Sinne des allgemeinen Schadensrechts, wenn die Nacherfüllung zwar hohe Kosten verursacht, aber nicht zu einer nachhaltigen Wertsteigerung der Sache führt. Ebenso wenig sachgerecht ist eine solche Lösung, wenn die mangelhafte Sache mit Eigenmitteln kostengünstig repariert wird. Denn dann verbliebe dem Käufer der wirtschaftliche Vorteil zwischen den fiktiven Mangelbeseitigungskosten und dem eigenen Aufwand dauerhaft. Im Werkrecht wird dieses Ergebnis auf der Grundlage des Urteils des BGH vom 22.02.2018 nur dadurch vermieden, dass der Besteller einer mangelhaft hergestellten Leistung die Mangelbeseitigungskosten gemäß § 637 III BGB nach Ausführung abrechnen muss. Im Kaufrecht verbliebe dem Käufer einer mangelhaften Sache der wirtschaftliche Vorteil der fiktiven Mangelbeseitigungskosten dauerhaft.

Dies überzeugt den erkennenden Senat auch deswegen nicht, weil die fiktiven Mangelbeseitigungskosten häufig nicht der Wertminderung infolge der Mangelhaftigkeit der Sache entsprechen. Dies zeigt der vorliegende Sachverhalt exemplarisch.

Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das aufstehende, zum Zeitpunkt der Veräußerung nahezu 80 Jahre alte Gebäude nur noch einen sehr geringen Wert hatte. Allein der Bodenwert der verkauften Immobilie betrug zum 01.01.2014 nach dem Ergebnis der amtlichen Auskunft mindestens 262.200 €. Im Hinblick darauf, dass der Bodenwert … bis 2018 von 570 €/m² auf 760 €/m² gestiegen ist (vgl. …), dürfte der reine Bodenwert bei der Veräußerung am 22.07.2015 noch deutlich höher gelegen haben. Damit verbliebe im Verhältnis zum Kaufpreis von 319.000 € allenfalls ein Sachwert der aufstehenden Gebäude von 56.800 €. Die Kläger begehren vorliegend jedoch auf der Grundlage der fiktiven Mangelbeseitigungskosten am Gebäude bezifferte Ersatzansprüche von mindestens 59.624,26 €. Der erkennende Senat hält es für ausgeschlossen, dass sich diese Mangelbeseitigungskosten auch nur ansatzweise in einer Wertsteigerung des alten, geringwertigen Gebäudes abbilden, und ebenso für ausgeschlossen, dass die Immobilie ohne die Mängel für einen um rund 60.000 € höheren Preis zu veräußern gewesen wäre.

Bezogen auf den vorliegenden Sachverhalt spricht gegen eine Anerkennung fiktiver Mangelbeseitigungskosten als Schaden außerdem, dass die Kläger begonnen haben, die Mängel des Gebäudes in Eigenleistung zu beseitigen. Dies verringert ihren mangelbedingten Vermögensnachteil gegenüber einer Beseitigung durch Fachunternehmen erheblich, wie ihr Vorbringen im Schriftsatz vom 13.12.2018 aufzeigt. Demnach sind für die Beseitigung des Wasserschadens in der Küche und dem vorgelagerten Balkon bisher Aufwendungen von lediglich rund 2.500 € entstanden, um das Gebäude in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen. Dieser Umstand kann bei der Bemessung des Schadens nicht unberücksichtigt bleiben.

Bei seiner Entscheidung verkennt der Senat nicht, dass dem Käufer einer mangelhaften Sache anders als dem Besteller einer mangelhaften Leistung kein Anspruch auf Vorschuss für die Mangelbeseitigungskosten zusteht. Dies allein erfordert nach Auffassung des erkennenden Senats jedoch keine differenzierte Behandlung der Ersatzansprüche. Denn der Käufer einer mangelhaften Sache hat es in der Regel leichter als der Besteller einer mangelhaften Leistung, die gerade im Bereich des Baurechts häufig mit dem Eigentum des Bestellers verbunden wird, sich durch die Wahl des Rücktritts und der Rückgabe der mangelhaften Sache vom Vertrag zu lösen. Daneben verbleibt auch dem Käufer einer Sache, insbesondere einer Immobilie, bei Mängeln der Sache stets die Möglichkeit, im Rahmen des kleinen Schadensersatzes die mangelbedingte Wertminderung der Kaufsache vorzutragen und unter Beweis zu stellen, ohne dafür in Vorlage mit den Instandsetzungskosten treten zu müssen. Auch von dieser Möglichkeit haben die Kläger vorliegend mit ihren Hilfsanträgen Gebrauch gemacht. Auch hierüber wird das Landgericht zu befinden haben.

Nicht zu entscheiden hatte der Senat die Frage, ob die Berechnung des Ersatzanspruchs auf der Grundlage fiktiver Mangelbeseitigungskosten auch außerhalb synallagmatischer Verbindungen der Parteien ausscheidet (in diesem Sinne LG Darmstadt, Urt. v. 05.09.2018 – 23 O 386/17, zitiert nach juris). Der erkennende Senat hat hiergegen jedoch erhebliche Bedenken, weil mit diesen Schadensfällen kein gestörtes Äquivalenzverhältnis einhergeht.

9. Nebenentscheidungen

Die Revision war gemäß § 543 II Nr. 2 ZPO im Hinblick auf die Berechnung der Schadenshöhe zuzulassen. Der erkennende Senat sieht Gründe, insoweit von der bisherigen Rechtsprechung des V. Zivilsenats des BGH abzuweichen. Die Revision war auf die Höhe des Schadens zu beschränken.

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