1. Die in einem Formularkaufvertrag über einen Gebrauchtwagen enthaltene Klausel

    „Der Verkäufer sichert zu, dass das Kfz, soweit ihm bekannt, eine Gesamtfahrleistung von …km aufweist.“

    ist jedenfalls bei einem privaten Direktgeschäft dann, wenn der (private) Verkäufer nicht zugleich der erste Halter des Fahrzeugs ist, dahin auszulegen, dass der Verkäufer dem Käufer nicht eine bestimmte Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs i. S. von § 459 II BGB a.F. zusichert. In einem solchen Fall liegt vielmehr trotz der Bezeichnung der Erklärung als „Zusicherung“ lediglich eine Wissensmitteilung vor.

  2. Eine Vertragsklausel, durch die der Verkäufer eines Gebrauchtwagens, der dieses Fahrzeug selbst gebraucht erworben und anschließend über einen längeren Zeitraum genutzt hat, seine Angaben zur Gesamtfahrleistung auf seinen Wissensstand beschränkt („soweit ihm bekannt“), ist jedenfalls bei einem privaten Direktgeschäft nicht i. S. von § 3 AGBG überraschend.
  3. Der private Drittverkäufer eines Gebrauchtwagens, der seine Haftung für Mängel des Fahrzeugs in zulässiger Weise ausschließt, ist nicht verpflichtet, dem Käufer Schadensersatzansprüche abzutreten, die ihm möglicherweise gegen den Zweitverkäufer des Wagens zustehen. Ebenso kann der Käufer nicht mit Erfolg verlangen, dass ihm „sein“ Verkäufer – der Drittverkäufer – einen gegen den Zweitverkäufer gerichteten Anspruch auf Abtretung von Ansprüchen, die dem Zweitverkäufer möglicherweise gegen den Erstverkäufer zustehen, abtritt.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2002 – 22 U 175/01

Sachverhalt: Die Beklagte verkaufte dem Kläger mit Vertrag vom 21.11.2000 unter Ausschluss jeder Gewährleistung einen gebrauchten Pkw zum Preis von 10.000 DM. In dem ADAC-Vertragsformular heißt es unter der Überschrift „Erklärungen des Verkäufers“:

1. Der Verkäufer sichert zu:

1.5 dass das Kfz, soweit ihm bekannt, eine Gesamtfahrleistung von 122.406 km aufweist.“

Tatsächlich hatte das Fahrzeug schon im September 1997, als der erste Halter es verkaufte, eine Laufleistung von 170.000 km.

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Beklagte habe die im Kaufvertrag angegebene Laufleistung (122.406 km) zugesichert. Er verlangte deshalb von der Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 29.03.2001 – erfolglos – die Rückgängigmachung des Kaufs (Wandelung). Darüber hinaus begehrt der Kläger nunmehr die Erstattung von Stellplatzkosten in Höhe von (6 × 30 DM =) 180 DM, die er für das seit dem 12.12.2000 abgemeldete Fahrzeug aufgewendet hat, den Ersatz von Gutachterkosten in Höhe von 290 DM sowie die Zahlung einer Unkostenpauschale in Höhe von 50 DM. Schließlich will der Kläger festgestellt haben, dass die Beklagte mit der Rücknahme des Pkw in (Annahme-)Verzug ist.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgte der Kläger seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter. Darüber hinaus verlangte er den Ersatz der seit Juni 2001 angefallenen Stellplatzkosten, und er wollte erreichen, dass ihm die Beklagte ab dem 12.11.2001 monatlich 30 DM (Stellplatzkosten) zahlen muss. Der zwischen ihm und der Beklagten vereinbarte Gewährleistungsausschluss – so argumentierte der Kläger – sei nichtig. Die Freizeichnung der Beklagten führe zu einem mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis, weil die Beklagte ihm, dem Kläger, nicht zugleich ihre Ansprüche wegen eines Mangels gegen den Verkäufer, von dem sie den Pkw erworben habe, abgetreten habe. Hilfsweise verlangte der Kläger von der Beklagten die Abtretung dieser Ansprüche; weiter hilfsweise sollte die Beklagte dem Kläger einen gegebenenfalls bestehenden Anspruch darauf, dass „ihr Verkäufer ihr Gewährleistungsansprüche gegen „seinen“ Verkäufer abtritt, abtreten.

Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Wandlung des Kaufvertrags

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückgängigmachung des Kaufvertrags vom 21.11.2000 über den Pkw … gemäß den §§ 459, 462, 465, 467 BGB a.F.

Das Fahrzeug weist allerdings einen Mangel i. S. des § 459 I BGB auf. Die Parteien sind, wie aus der im Kaufvertrag unter 1.5 der „Erklärungen des Verkäufers“ angegebenen Kilometerzahl hervorgeht, übereinstimmend von einer Gesamtfahrleistung des verkauften Fahrzeugs von 122.406 km ausgegangen. Da das Fahrzeug aber unstreitig bereits vor dem Erwerb durch die Beklagte circa 170.000 km zurückgelegt hatte und die Beklagte seither weitere 50.000 km mit dem Fahrzeug gefahren ist, weist es einen Fehler auf, der seinen Wert erheblich mindert.

Auf diesen Fehler kann der Kläger das Wandelungsbegehren aber nicht mit Erfolg stützen. Die Parteien haben in dem Kaufvertrag die Gewährleistung ausdrücklich ausgeschlossen. Das ist im Gebrauchtwagenhandel in den durch § 476 BGB a.F. gesetzten Grenzen grundsätzlich zulässig. Die Beklagte haftet demgemäß nur beim Nachweis arglistiger Täuschung oder für das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft. Die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Haftung des Beklagten nach diesen Gesichtspunkten hat der Kläger jedoch nicht dargetan.

1. Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem verkauften Pkw eine zugesicherte Eigenschaft fehlt.

Der unter Verwendung eines vom ADAC entworfenen Vertragsformulars für den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge geschlossene Kaufvertrag enthält allerdings unter 1.5 der „Erklärungen des Verkäufers“ den Satz: „Der Verkäufer sichert zu, dass das Kfz, soweit ihm bekannt, eine Gesamtfahrleistung von 122.406 km aufweist.“ In dieser Erklärung der Beklagten ist jedoch nicht die Zusicherung einer Eigenschaft des verkauften Fahrzeugs i. S. des § 459 II BGB a.F. zu sehen.

Die Laufleistung stellt allerdings bei einem gebrauchten Kraftfahrzeug ein wertbildendes Merkmal (Eigenschaft) dar. Der Verkehrswert eines Kraftfahrzeugs hängt in der Regel ganz erheblich davon ab, welche Gesamtfahrstrecke es bereits zurückgelegt hat. Die Beklagte hat dem Kläger jedoch nicht zugesichert, das verkaufte Fahrzeug habe erst 122.406 km zurückgelegt.

Eine Zusicherung i. S. des § 459 II BGB a.F. setzt voraus, dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen. Ein solcher Bindungswille ist der Erklärung der Beklagten unter 1.5 der „Erklärungen des Verkäufers“ jedoch nicht beizulegen.

Die Angabe, das Fahrzeug weise eine Gesamtfahrleistung von 122.406 km auf, steht zwar unter der einleitenden Bezeichnung der nachfolgenden Erklärungen als Zusicherungen des Verkäufers. Der Zusatz „soweit ihm bekannt“ schränkt die Erklärung der Beklagten jedoch dahin ein, dass die Kilometerangabe lediglich ihrem Wissensstand entspreche. Diese Einschränkung mag zwar insbesondere dann, wenn der Verkäufer ein gewerblicher Händler ist, dessen Angaben zur Laufleistung des Wagens der normale Gebrauchtwagenkäufer wegen seiner Erfahrenheit und Sachkunde besonderes Vertrauen entgegenbringt, mit der einleitenden Bezeichnung der Erklärung als Zusicherung nicht vereinbar sein (vgl. dazu BGH, Urt. v. 13.05.1998 – VIII ZR 292/97, NJW 1998, 2207 f. = MDR 1998, 900, 901). Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um den Verkauf eines Fahrzeugs durch eine Privatperson, die das Fahrzeug selbst gebraucht erworben und anschließend über einen längeren Zeitraum genutzt hat. Der Käufer eines solchen Kraftfahrzeugs kann regelmäßig nicht erwarten, der private Verkäufer gebe als Laie auf dem Gebiet des Gebrauchtwagenhandels über seinen Wissensstand hinausgehende Zusicherungen hinsichtlich der Beschaffenheit des Kaufgegenstands ab. Das gilt insbesondere auch für Angaben zur Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs, die – was die vom Vorbesitzer zurückgelegte Fahrstrecke betrifft – mangels eigener zuverlässiger Erkenntnisse in der Regel nur auf dessen Angaben oder auf den abelesenen Stand des Kilometerzählers gestützt werden können. Die in Rede stehende, die Gesamtfahrleistung des verkauften Fahrzeugs betreffende Klausel des Kaufvertrags konnte demgemäß vom Kläger auch nur als Wissenserklärung verstanden werden, die – abgesehen von der natürlich bekannten eigenen Fahrleistung – auf den Angaben des Vorbesitzers oder dem abgelesenen Kilometerstand beruhte.

Für die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 5 AGBG ist hiernach kein Raum (vgl. auch OLG Köln, Urt. v. 09.12.1998 – 13 U 102/98, OLGR 1999, 149).

Dass die Beklagte selbst oder durch ihren die Verkaufsverhandlungen führenden Ehemann bei den Vertragsverhandlungen Erklärungen abgegeben habe, die ihm den Eindruck vermitteln konnten, die Beklagte wolle entgegen der Formulierung in dem schriftlichen Vertrag für die Richtigkeit der von ihr genannten Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs einstehen, trägt der Kläger nicht vor.

Der Umstand, dass die Beklagte in dem Zeitungsinserat, durch das sie das Fahrzeug zum Kauf angeboten hatte, ohne Einschränkung eine Laufleistung von 122.000 km genannt hatte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar kann sich die Zusicherung einer bestimmten Gesamtfahrleistung unter Umständen auch aus der Nennung der Laufleistung in einer Zeitungsanzeige ergeben (so Senat, Urt. v. 31.01.1992 – 22 U 153/91). Das setzt aber voraus, dass die Angaben im Verlaufe der Vertragsverhandlungen nicht eingeschränkt oder korrigiert und damit stillschweigend Vertragsinhalt geworden sind. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die Beklagte hat die Angaben zur Laufleistung des Fahrzeugs im schriftlichen Vertrag auf eine bloße Wissenserklärung beschränkt.

Unter den gegebenen Umständen kann der die Gesamtfahrleistung betreffende Passus des Kaufvertrags vom 21.11.2000 auch nicht als überraschende Klausel i. S. des § 3 AGBG angesehen werden. Eine Vertragsklausel, durch die der Verkäufer eines Kraftfahrzeugs, der das Fahrzeug selbst gebraucht erworben und anschließend über einen längeren Zeitraum genutzt hat, seine Angaben zur Gesamtfahrleistung auf seinen Wissensstand beschränkt, ist im privaten Direktgeschäft – anders als möglicherweise im gewerblichen Gebrauchtwagenhandel (vgl. BGH, Urt. v. 13.05.1998 – VIII ZR 292/97, NJW 1998, 2207 = MDR 1998, 900) – keineswegs ungewöhnlich. Sie entspricht vielmehr – wie oben ausgeführt ist – dem Erwartungshorizont des Käufers (vgl. auch OLG Köln, Urt. v. 09.12.1998 – 13 U 102/98, OLGR 1999, 149, 151).

2. Arglist

Arglist der Beklagten ist nicht dargetan. Sie läge vor, wenn die Beklagte (oder ihr für sie handelnder Ehemann) gewusst hätte, dass die im Vertrag angegebene Gesamtfahrleistung unrichtig war, oder ihr jedenfalls Umstände bekannt gewesen wären, die an der Richtigkeit der Kilometerangabe zweifeln ließen. Das trägt der Kläger jedoch nicht vor.

II. Anspruch auf Abtretung von Gewährleistungs- oder Ersatzansprüchen

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, Schadensersatzansprüche, die ihr möglicherweise gegen den Verkäufer zustehen, von dem sie seinerzeit das Fahrzeug erworben hat, oder einen gegen diesen gerichteten Anspruch auf Abtretung von Ersatzansprüchen gegen den Voreigentümer, von dem dieser das Fahrzeug erworben hat, abzutreten. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht noch aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung oder nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation.

1. Eine kaufvertragliche Nebenpflicht, etwaige eigene Schadensersatzansprüche gegen den Verkäufer, von dem sie das Fahrzeug erworben hatte, an den Kläger abzutreten, ist gesetzlich nicht vorgesehen und lässt sich auch nicht aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien herleiten. Eine Verpflichtung des Verkäufers eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, der seine Gewährleistung beim Weiterverkauf in zulässiger Weise ausgeschlossen hat, ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Ist ihm beim Ankauf des Fahrzeugs ein eigener Schaden entstanden, muss er sich nicht eines eigenen Schadensersatzanspruchs gegen den Erstverkäufer begeben, um beim Weiterverkauf des Fahrzeugs gegen ihn gerichtete Ansprüche seines Vertragspartners auszuschließen. Dies muss er um so weniger, als der Schaden, den er selbst erlitten hat, und der, der seinem Käufer entstanden ist, in der Regel nicht identisch sind. Aus diesem Grund und auch deshalb, weil die Parteien mit dem Gewährleistungsausschluss bewusst eine Risikoverteilung vorgenommen haben, wonach die Beklagte als Verkäuferin von der Haftung wegen Sachmängeln des Fahrzeug freigestellt werden sollte, ist es nicht unbillig, wenn dem Kläger ein Abtretungsanspruch versagt wird (vgl. hierzu OLG Hamm, Urt. v. 23.05.2000 – 28 U 213/99, OLGR 2000, 319, 320 f.).

2. Ein Anspruch auf Abtretung von Schadensersatzansprüchen der Beklagten gegen den Erstverkäufer kann dem Kläger auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zuerkannt werden. Eine Regelungslücke in dem mit dem Kläger geschlossenen Kaufvertrag, die durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen wäre, liegt nicht vor. Die Parteien haben die Frage der Gesamtfahrleistung in dem Kaufvertrag vom 21.11.2000 angesprochen, und die Beklagte hat unter 1.5 der "Erklärungen des Verkäufers" – ohne die Richtigkeit dieser Angabe zuzusichern – erklärt, diese betrage 122.604 km. Mit der gleichzeitigen Vereinbarung eines generellen Gewährleistungsausschlusses haben sie das Risiko einer der Beklagten nicht bekannten höheren Gesamtfahrleistung mithin dem Kläger auferlegt.

3. Schließlich ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Abtretung von Gewährleistungsansprüchen der Beklagten aus dem Kaufvertrag, aufgrund dessen sie das Fahrzeug erworben hatte, auch nicht aus § 281 BGB a.F. oder in entsprechender Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation.

Die allgemeinen Leistungsstörungen regelnden Bestimmungen des Schuldrechts und damit auch § 281 BGB a.F. finden im vorliegenden Fall keine Anwendung. Sie werden für die Zeit nach der Übergabe des Kaufgegenstands durch das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht der § 459 ff BGB a.F. verdrängt (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 23.05.2000 – 28 U 213/99, OLGR 2000, 319, 321 m. w. Nachw.).

Ein Fall der Drittschadenliquidation liegt schon deshalb nicht vor, weil ein Auseinanderfallen von Anspruchberechtigung und Schaden nicht gegeben ist. Der Beklagten ist beim Erwerb des Fahrzeugs durch die Angabe einer zu niedrigen Gesamtfahrleistung ein eigener Schaden entstanden, der durch den späteren Weiterverkauf an den Kläger nicht entfallen und mit dem des Klägers auch nicht identisch ist. …

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