1. Wird der Ver­kauf ei­nes Neu­wa­gens mit der In­zah­lung­nah­me ei­nes Ge­braucht­wa­gens ver­knüpft, hat der Käu­fer in der Re­gel das Recht, ei­nen ver­trag­lich fest­ge­leg­ten Teil des Kauf­prei­ses – in Hö­he des Werts des in Zah­lung ge­ge­be­nen Alt­fahr­zeugs – zu til­gen, in­dem er die­ses Fahr­zeug dem Ver­käu­fer des Neu­wa­gens über­lässt (Er­set­zungs­be­fug­nis). In die­sem Fall haf­tet der Käu­fer für ei­nen Man­gel des Ge­braucht­wa­gens grund­sätz­lich in glei­cher Wei­se wie ein Ver­käu­fer (§ 365 BGB).
  2. Nimmt ein Händ­ler beim Ver­kauf ei­nes Neu­wa­gens ein Ge­braucht­fahr­zeug des Käu­fers mit der Ab­spra­che in Zah­lung, dass der Kauf­preis für den Ge­braucht­wa­gen mit dem Kauf­preis für den Neu­wa­gen ver­rech­net wird, ist die Haf­tung des Käu­fers für Män­gel des Ge­braucht­fahr­zeugs (§§ 365, 434 ff. BGB) re­gel­mä­ßig still­schwei­gend aus­ge­schlos­sen. Ins­be­son­de­re ist von ei­nem still­schwei­gen­den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss aus­zu­ge­hen, wenn der Händ­ler die In­zah­lung­nah­me des Alt­fahr­zeugs zu ei­nem be­stimm­ten Preis zu­sagt, oh­ne das Fahr­zeug be­sich­tigt oder un­ter­sucht zu ha­ben.
  3. Ein still­schwei­gen­der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss liegt zwar nicht vor, wenn die Par­tei­en zur Haf­tung des Käu­fers ei­ne ein­deu­ti­ge vom Nor­mal­fall ab­wei­chen­de Re­ge­lung tref­fen. Der Hin­weis des Ver­käu­fers, er be­hal­te sich ei­ne op­ti­sche und tech­ni­sche Prü­fung des Ge­braucht­fahr­zeugs vor, reicht da­für aber nicht aus.
  4. Wird der Zu­stand ei­nes fünf Jah­re al­ten Pkw mit ei­ner Lauf­leis­tung von 130.000 km als „nor­mal“ be­schrie­ben, so führt die­se Be­schrei­bung man­gels ei­nes ob­jek­ti­ven In­halts nicht zu ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. von § 434 I 1 BGB.

OLG Karls­ru­he, Ur­teil vom 04.12.2018 – 9 U 160/16

Sach­ver­halt: Die kla­gen­de Bau­un­ter­neh­me­rin be­stell­te bei der be­klag­ten Maz­da-Ver­trags­händ­le­rin ei­nen fa­brik­neu­en Maz­da2 zum Preis von 15.774 €. Aus­weis­lich des Be­stell­for­mu­lars wur­de ver­ein­bart, dass die Be­klag­te ei­nen Ge­braucht­wa­gen der Klä­ge­rin „ge­mäß An­kaufs­ver­trag“ für 5.000 € in Zah­lung nimmt. Be­züg­lich der In­zah­lung­nah­me un­ter­zeich­ne­te der Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin am sel­ben Tag ein mit „Ge­braucht­fahr­zeu­ge: An­kauf ei­nes Fahr­zeu­ges“ über­schrie­be­nes Ver­trags­for­mu­lar. Dar­in wur­de das da­mals im Ei­gen­tum der Klä­ge­rin ste­hen­de Ge­braucht­fahr­zeug wie folgt be­schrie­ben:

Fa­bri­kat: Maz­da
Fahr­zeug-Typ: 2 1.6 CD DPF
Bau­jahr: 2010
Erst­zu­las­sung: 03.05.2010
KM-Stand: 130.000
Fahr­zeug­zu­stand: nor­mal
Un­fall: rep. Scha­den

 Der Preis des Fahr­zeugs war in dem For­mu­lar mit 5.000 € brut­to an­ge­ge­ben, wo­bei die­ser Be­trag „als An­zah­lung“ auf den Kauf­preis für das Neu­fahr­zeug be­han­delt wer­den soll­te. Lie­fer­ter­min soll­te Ju­ni 2015 sein. Der für die Be­klag­te han­deln­de Ver­kaufs­mit­ar­bei­ter hat­te vor der Un­ter­zeich­nung des For­mu­lars durch den Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin zu­dem den hand­schrift­li­chen Zu­satz „Op­ti­sche und tech­ni­sche Prü­fung vor­be­hal­ten!“ ein­ge­fügt.

Der Ab­schluss der bei­den Ver­trä­ge war auf­sei­ten der Klä­ge­rin in Te­le­fon­ge­sprä­chen der Zeu­gin L mit dem Ver­kaufs­mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten M vor­be­rei­tet wor­den. L hat­te M te­le­fo­nisch dar­auf hin­ge­wie­sen, dass das Ge­braucht­fahr­zeug ei­nen „grö­ße­ren re­pa­rier­ten Un­fall­scha­den“ er­lit­ten ha­be, und er­klärt, ein an­de­rer Händ­ler bie­te für das Ge­braucht­fahr­zeug 5.000 €. Dar­auf­hin hat­te M ei­ne In­zah­lung­nah­me zu die­sem Preis te­le­fo­nisch ak­zep­tiert.

Das Ge­braucht­fahr­zeug war vor Ab­schluss der bei­den Ver­trä­ge nicht von Mit­ar­bei­tern der Be­klag­ten be­sich­tigt wor­den; die Be­klag­te hat­te auch nicht die Vor­la­ge der Rech­nung über die Re­pa­ra­tur des Un­fall­scha­dens (Rech­nung vom 26.09.2013 über ei­nen Be­trag von 9.987,18 €) ver­langt. Viel­mehr über­sand­te M die von ihm nach den Vor­ge­sprä­chen mit der Zeu­gin L vor­be­rei­te­ten Ver­trags­for­mu­la­re an den Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin, der die For­mu­la­re un­ter­zeich­ne­te. Die Be­klag­te nahm bei­de Ver­trags­er­klä­run­gen an.

Am 14.08.2015 hol­te L das be­stell­te Neu­fahr­zeug bei der Be­klag­ten ab; gleich­zei­tig über­gab sie der Be­klag­ten ver­ein­ba­rungs­ge­mäß das Ge­braucht­fahr­zeug. Am nächs­ten Tag rief M die Zeu­gin L an und teil­te ihr mit, das Ge­braucht­fahr­zeug wei­se ei­ne Viel­zahl von Schä­den und Män­geln auf, mit de­nen die Be­klag­te bei Ab­schluss des Ver­trags nicht ge­rech­net ha­be. Da­her kön­ne die Be­klag­te auf den Kauf­preis für den Neu­wa­gen le­dig­lich 2.000 € und nicht, wie ur­sprüng­lich ver­ein­bart, 5.000 € an­rech­nen. Gleich­zei­tig über­sand­te die Be­klag­te der Klä­ge­rin ei­ne Rech­nung über den Dif­fe­renz­be­trag von 3.000 €. Die Klä­ge­rin war da­mit nicht ein­ver­stan­den.

Die Be­klag­te er­klär­te mit Schrei­ben vom 21.10.2015, sie tre­te vom An­kauf des ge­brauch­ten Maz­da2 we­gen der fest­ge­stell­ten Män­gel zu­rück. Spä­ter gab sie be­züg­lich des Zu­stands des Ge­braucht­wa­gens ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten in Auf­trag. Aus­weis­lich die­ses Gut­ach­tens vom 21.06.2016 müs­sen zur Be­sei­ti­gung ei­ner Viel­zahl von Män­geln und Schä­den an dem Ge­braucht­wa­gen Re­pa­ra­tur­kos­ten in Hö­he von 11.395,44 € brut­to auf­ge­wen­det wer­den. In­so­weit spie­le ei­ne er­heb­li­che Rol­le, dass der Un­fall­scha­den des Fahr­zeugs im Jahr 2013 un­sach­ge­mäß re­pa­riert wor­den sei.

Die Klä­ge­rin hat mit ih­rer Kla­ge die Rück­ab­wick­lung so­wohl des Kauf­ver­trags über den Neu­wa­gen als auch des Kauf­ver­trags über den Ge­braucht­wa­gen (In­zah­lung­nah­me) ver­langt. Hilfs­wei­se hat sie die Fest­stel­lung be­gehrt, dass bei­de Ver­trä­ge in ein Rück­ab­wick­lungs­ver­hält­nis um­ge­stal­tet wor­den sei­en. Zur Be­grün­dung hat sich die Klä­ge­rin auf die Rück­tritts­er­klä­rung der Be­klag­ten vom 21.10.2015 be­ru­fen.

Die Be­klag­te ist der Kla­ge ent­ge­gen­ge­tre­ten und hat mit ih­rer Wi­der­kla­ge von der Klä­ge­rin die Zah­lung von 3.000 € nebst Zin­sen ver­langt. Sie hat gel­tend ge­macht, da sie das Ge­braucht­fahr­zeug nur für 2.000 € ha­be in Zah­lung neh­men kön­nen, müs­se die Klä­ge­rin nach An­rech­nung die­ses Be­trags auf den Kauf­preis für das Neu­fahr­zeug noch rest­li­che 3.000 € zah­len. Hilfs­wei­se hat die Be­klag­te die Rück­ab­wick­lung des Ver­trags über die In­zah­lung­nah­me des Ge­braucht­wa­gens ver­langt. Sie – die Be­klag­te – kön­ne we­gen er­heb­li­cher Män­gel die­ses Fahr­zeugs Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che gel­tend ma­chen; der Kauf­ver­trag über das Neu­fahr­zeug blei­be da­von je­doch un­be­rührt und un­ver­än­dert wirk­sam.

Das Land­ge­richt hat zum Zu­stand des von der Be­klag­ten in Zah­lung ge­nom­me­nen Maz­da2 ein münd­li­ches Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. S ein­ge­holt. Die­ser hat sei­ne bei ei­ner Be­sich­ti­gung des Fahr­zeugs ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen schrift­lich do­ku­men­tiert und dem Land­ge­richt vor­ge­legt. Da­nach wies das Ge­braucht­fahr­zeug ei­ne grö­ße­re Zahl von Män­geln und Schä­den auf, wel­che je­doch für L, die den Pkw vor­her ge­nutzt hat­te, nur zum Teil zwin­gend er­kenn­bar ge­we­sen sei­en. Oh­ne Re­pa­ra­tur- und In­stand­set­zungs­maß­nah­men ha­be das Ge­braucht­fahr­zeug zum Zeit­punkt der Be­sich­ti­gung (20.09.2016) ei­nen Wert von et­wa 2.000 € ge­habt.

Mit Ur­teil vom 03.11.2016 hat das Land­ge­richt die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Auf die Wi­der­kla­ge hat es die Klä­ge­rin ent­spre­chend dem Hilfs­an­trag der Be­klag­ten zur Rück­ab­wick­lung des Ver­trags über die In­zah­lung­nah­me des Ge­braucht­wa­gens ver­ur­teilt; die Klä­ge­rin ha­be – ge­gen Rück­ga­be des Ge­braucht­wa­gens – den rest­li­chen Kauf­preis für den Neu­wa­gen in Hö­he von 5.000 € (nebst Zin­sen) zu zah­len. Au­ßer­dem hat das Land­ge­richt die Klä­ge­rin ver­ur­teilt, die Be­klag­te von den Kos­ten für das ein­ge­hol­te Pri­vat­gut­ach­ten in Hö­he von 722,50 € frei­zu­stel­len.

Das Land­ge­richt hat aus­ge­führt, die Kla­ge sei nicht be­grün­det, weil der Kauf­ver­trag über das Neu­fahr­zeug wei­ter­hin Be­stand ha­be. Die Rück­tritts­er­klä­rung der Be­klag­ten er­fas­se nur die Ver­ein­ba­rung über die In­zah­lung­nah­me des Ge­braucht­wa­gens. Zwar sei da­von aus­zu­ge­hen, dass die Par­tei­en Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che der Be­klag­ten be­züg­lich des in Zah­lung ge­nom­me­nen Fahr­zeugs still­schwei­gend aus­ge­schlos­sen hät­ten. Auf die­sen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss kön­ne sich die Klä­ge­rin je­doch nicht be­ru­fen, da L meh­re­re Män­gel des Fahr­zeugs arg­lis­tig ver­schwie­gen ha­be. Der nicht fach­ge­recht re­pa­rier­te Un­fall­scha­den spie­le zwar kei­ne Rol­le, da er im Ver­trags­for­mu­lar an­ge­ge­ben wor­den sei und L nicht ge­wusst ha­be, dass der Un­fall­scha­den nicht fach­ge­recht re­pa­riert wor­den sei. Die für die Klä­ge­rin han­deln­de L hät­te die Be­klag­te je­doch auf di­ver­se Krat­zer am Fahr­zeug und auf ei­nen Stein­schlag in der Wind­schutz­schei­be hin­wei­sen müs­sen. Denn da­bei han­de­le es sich nicht um – vom Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss er­fass­te – „Ver­schleiß­män­gel“, son­dern um of­fen­ba­rungs­pflich­ti­ge „Schä­den“. Au­ßer­dem sei nach der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me da­von aus­zu­ge­hen, dass M die Zeu­gin L aus­drück­lich nach ei­nem frü­he­ren Ha­gel­scha­den ge­fragt ha­be. L hät­te die­sen Ha­gel­scha­den auch dann an­ge­ben müs­sen, wenn sie von ei­ner ord­nungs­ge­mä­ßen Re­pa­ra­tur die­ses Scha­dens aus­ge­gan­gen sei.

Da­ge­gen rich­tet sich die Be­ru­fung der Klä­ge­rin. Sie hält – mit ge­wis­sen Mo­di­fi­ka­tio­nen – an ih­ren erst­in­stanz­li­chen An­trä­gen fest und meint, wenn die Be­klag­te ent­spre­chend der Auf­fas­sung des Land­ge­richts zum Rück­tritt be­rech­tigt ge­we­sen wä­re, müss­te dies aus Rechts­grün­den auch zu ei­ner Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags über den Neu­wa­gen füh­ren. Denn ei­ne Tren­nung der bei­den Ver­trä­ge sei recht­lich nicht mög­lich. Die Be­klag­te sei je­doch nicht zum Rück­tritt be­rech­tigt ge­we­sen. Sie – die Klä­ge­rin – oder L ha­be die Be­klag­te kei­nes­wegs arg­lis­tig ge­täuscht. L ha­be kei­nen An­lass ge­habt, dar­an zu zwei­feln, dass der Un­fall­scha­den und der Ha­gel­scha­den – ent­spre­chend den vor­ge­leg­ten Re­pa­ra­tur­rech­nun­gen – ord­nungs­ge­mäß re­pa­riert wor­den sei­en. M ha­be sich für den Fahr­zeug­zu­stand bei den Te­le­fon­ge­sprä­chen vor Ver­trags­ab­schluss nicht in­ter­es­siert, ins­be­son­de­re nicht nach ei­nem Ha­gel­scha­den ge­fragt. L ha­be den ge­brauch­ten Maz­da2 bis zur Über­ga­be an die Be­klag­te im Au­gust 2015 täg­lich ge­nutzt; das Fahr­zeug sei aus der Per­spek­ti­ve der tech­nisch nicht ver­sier­ten Zeu­gin im We­sent­li­chen in Ord­nung ge­we­sen. Mög­li­che klei­ne­re Män­gel sei­en von dem – vom Land­ge­richt zu Recht an­ge­nom­me­nen – still­schwei­gen­den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss um­fasst.

Die Be­ru­fung war in Be­zug auf die Kla­ge er­folg­los; hin­sicht­lich der Wi­der­kla­ge hat­te sie Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 1. Die Kla­ge­an­trä­ge im Be­ru­fungs­ver­fah­ren sind zu­läs­sig.

a) Die auf Rück­ab­wick­lung ge­rich­te­ten An­trä­ge sind aus­rei­chend be­stimmt. Im Hilfs­an­trag ver­langt die Klä­ge­rin von der Be­klag­ten im Rah­men der Rück­ab­wick­lung ei­ne Zah­lung, durch wel­che Dar­le­hens­ver­pflich­tun­gen der Klä­ge­rin ge­gen­über der Streit­hel­fe­rin ge­tilgt wer­den sol­len. Auch der hilfs­wei­se ge­stell­te Fest­stel­lungs­an­trag ist zu­läs­sig. Die im Fest­stel­lungs­an­trag ent­hal­te­ne Um­wand­lung der bei­den Kauf­ver­trä­ge in ein Ab­wick­lungs­ver­hält­nis be­trifft ein Rechts­ver­hält­nis i. S. von § 256 I ZPO.

b) So­weit die Klä­ge­rin im Be­ru­fungs­ver­fah­ren ih­re An­trä­ge ge­än­dert hat, lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen ge­mäß § 533 ZPO vor. Die Än­de­rung ist sach­dien­lich, weil über die ge­än­der­ten An­trä­ge oh­ne wei­te­re Auf­klä­rung oder Be­weis­auf­nah­me ent­schie­den wer­den kann. Die Tat­sa­chen, die den ge­än­der­ten An­trä­gen zu­grun­de lie­gen, wa­ren schon bis­her Ge­gen­stand des Ver­fah­rens.

2. Die Kla­ge­an­trä­ge sind je­doch nicht be­grün­det.

a) Für die von der Klä­ge­rin im Haupt­an­trag be­gehr­te Rück­ab­wick­lung der bei­den Ver­trä­ge vom 23.02.2015 gibt es kei­ne recht­li­che Grund­la­ge. Die Klä­ge­rin hat hin­sicht­lich des Neu­wa­gen­kaufs kei­nen Rück­tritt er­klärt; ihr steht auch kein Rück­tritts­grund zu, da der Neu­wa­gen man­gel­frei ist. Die Rück­tritts­er­klä­rung der Be­klag­ten vom 21.10.2015 ist recht­lich für den Kla­ge­an­trag oh­ne Be­deu­tung. Denn die Rück­tritts­er­klä­rung der Be­klag­ten ist un­wirk­sam (s. un­ten). Wenn der von der Be­klag­ten er­klär­te Rück­tritt wirk­sam wä­re, hät­te er Aus­wir­kun­gen zu­dem nur auf die In­zah­lung­nah­me des Ge­braucht­fahr­zeugs, nicht je­doch auf den da­mit ver­knüpf­ten Neu­wa­gen­kauf (vgl. BGH, Urt. v. 18.01.1967 – VI­II ZR 209/64, BGHZ 46, 338, 340 ff. = WM 1967, 228; s. zu den recht­li­chen Kon­se­quen­zen ei­ner Er­set­zungs­be­fug­nis im Üb­ri­gen auch die Aus­füh­run­gen un­ten).

b) Da die Klä­ge­rin ei­ne Rück­ab­wick­lung des Neu­wa­gen­kaufs nicht ver­lan­gen kann, sind auch die Hilfs­an­trä­ge, die auf das glei­che Ziel ge­rich­tet sind, un­be­grün­det. Ein Er­satz vor­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten steht der Klä­ge­rin eben­falls nicht zu; da die Be­klag­te nicht zur Rück­ab­wick­lung des Neu­wa­gen­kaufs ver­pflich­tet war, liegt kei­ne Pflicht­ver­let­zung vor, die ei­nen auf Er­satz von An­walts­kos­ten ge­rich­te­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch (bei­spiels­wei­se gem. § 437 Nr. 3 BGB) nach sich zie­hen könn­te.

3. Die Wi­der­kla­ge ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Land­ge­richts nicht be­grün­det. Der Be­klag­ten steht kein An­spruch auf Zah­lung von 5.000 € nebst Zin­sen ge­gen Rück­ga­be des in Zah­lung ge­nom­me­nen Ge­braucht­fahr­zeugs zu; denn die Be­klag­te war nicht be­rech­tigt, von der In­zah­lung­nah­me des Ge­braucht­wa­gens zu­rück­zu­tre­ten.

a) Die Wi­der­kla­ge ist zu­läs­sig. Der Ge­gen­stand der Wi­der­kla­ge ist – ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Klä­ge­rin – nicht mit dem Ge­gen­stand der Kla­ge­an­trä­ge iden­tisch. Mit der Ab­wei­sung der Kla­ge (kein An­spruch der Klä­ge­rin auf Rück­ab­wick­lung bei­der Ver­trä­ge) ist kei­ne rechts­kräf­ti­ge Ent­schei­dung ver­bun­den über ei­nen mög­li­chen An­spruch der Be­klag­ten auf ei­ne Rück­ab­wick­lung, die sich nur auf die In­zah­lung­nah­me des ge­brauch­ten Fahr­zeugs be­zieht.

b) Ein An­spruch der Be­klag­ten auf Zah­lung von 5.000 € nebst Zin­sen – ge­gen Rück­ga­be des Ge­braucht­wa­gens – wä­re dann be­grün­det, wenn die Be­klag­te vom An­kauf des Ge­braucht­fahr­zeugs be­rech­tigt ge­mäß § 437 Nr. 2 Fall 1 BGB zu­rück­ge­tre­ten wä­re.

aa) Wenn der An­kauf ei­nes Neu­fahr­zeugs mit der In­zah­lung­nah­me ei­nes Ge­braucht­wa­gens ver­knüpft wird, ist dies in der Re­gel als so­ge­nann­te Er­set­zungs­be­fug­nis zu be­wer­ten (st. Rspr. des BGH, vgl. BGH, Urt. v. 18.01.1967 – VI­II ZR 209/64, BGHZ 46, 338, 340 ff. = WM 1967, 228; Urt. v. 30.11.1983 – VI­II ZR 190/82, BGHZ 89, 126, 128 ff. = NJW 1984, 429; Urt. v. 20.02.2008 – VI­II ZR 334/06, BGHZ 175, 286 = NJW 2008, 2028 Rn. 12 f.; eben­so OLG Cel­le, Urt. v. 26.01.1996 – 4 U 204/94, OLGR 1996, 182). Die ab­wei­chen­de Ent­schei­dung des OLG Ol­den­burg (Urt. v. 28.07.1994 – 14 U 63/93, NJW-RR 1995, 689) hat nicht zu ei­ner Än­de­rung der Recht­spre­chung des BGH ge­führt. Der Se­nat schließt sich der Recht­spre­chung des BGH zur In­zah­lung­nah­me von Ge­braucht­fahr­zeu­gen beim Neu­wa­gen­kauf an.

Die Ver­knüp­fung des Neu­wa­gen­kaufs mit ei­nem Ver­trag über die In­zah­lung­nah­me ei­nes Ge­braucht­wa­gens durch ei­ne Er­set­zungs­be­fug­nis führt bei Män­geln des Ge­braucht­wa­gens zu ei­ner An­wen­dung von § 365 BGB. Der Be­klag­ten ste­hen bei Män­geln des Ge­braucht­fahr­zeugs Ge­währ­leis­tungs­rech­te ge­mäß § 437 BGB ge­gen die Klä­ge­rin zu, die sich auf ei­ne Rück­ab­wick­lung der In­zah­lung­nah­me des Ge­braucht­wa­gens be­schrän­ken und den Neu­wa­gen­kauf­ver­trag nicht be­rüh­ren. Im Fal­le ei­nes wirk­sa­men Rück­tritts ge­mäß §§ 365, 437 Nr. 2 Fall 1 BGB könn­te die Be­klag­te – ge­gen Rück­ga­be des Ge­braucht­wa­gens – von der Klä­ge­rin Zah­lung des Rest­kauf­prei­ses für den Neu­wa­gen in Hö­he von 5.000 € ver­lan­gen (vgl. BGH, Urt. v. 18.01.1967 – VI­II ZR 209/64, BGHZ 46, 338, 341 ff. = WM 1967, 228).

bb) Die Kri­tik von Rein­king/Eg­gert an die­ser Recht­spre­chung des BGH (Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 13. Aufl. [2017], Rn. 1493 ff.) hält der Se­nat nicht für über­zeu­gend. Zwar ent­spricht ei­ne iso­lier­te Rück­ab­wick­lung der In­zah­lung­nah­me des Ge­braucht­wa­gens nicht den In­ter­es­sen des Neu­wa­gen­käu­fers, der nun – ent­ge­gen sei­nen ur­sprüng­li­chen Vor­stel­lun­gen – den ge­sam­ten Kauf­preis be­zah­len muss, oh­ne we­gen ei­nes Teils auf die Hin­ga­be des Ge­braucht­wa­gens ver­wei­sen zu kön­nen. Die da­durch für den Neu­wa­gen­käu­fer ent­ste­hen­den Ri­si­ken sind je­doch be­grenzt. Sei­ne In­ter­es­sen wer­den da­durch aus­rei­chend ge­wahrt, dass bei der In­zah­lung­nah­me ei­nes Ge­braucht­wa­gens re­gel­mä­ßig von ei­nem weit­ge­hen­den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss aus­zu­ge­hen ist (vgl. BGH, Urt. v. 21.04.1982 – VI­II ZR 26/81, BGHZ 83, 334, 338 ff. = NJW 1982, 1700; s. im Üb­ri­gen un­ten). Im Re­gel­fall kommt we­gen des an­zu­neh­men­den Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses ei­ne Haf­tung des Neu­wa­gen­käu­fers we­gen Män­geln des Ge­braucht­wa­gens nur bei ei­nem arg­lis­ti­gen Ver­hal­ten in Be­tracht (s. un­ten). Wenn der Neu­wa­gen­käu­fer bei der Hin­ga­be sei­nes Ge­braucht­fahr­zeugs arg­lis­tig han­delt, ist es ihm zu­zu­mu­ten, dass er bei ei­nem Rück­tritt des Neu­wa­gen­ver­käu­fers vom An­kauf des Ge­braucht­wa­gens die Vor­tei­le der Er­set­zungs­be­fug­nis ver­liert und nun den vol­len Kauf­preis in bar be­zah­len muss.

cc) Ei­ne Rück­tritts­er­klä­rung der Be­klag­ten, wel­che auf die Rück­ab­wick­lung des Ge­braucht­wa­gen­an­kaufs ge­rich­tet war, liegt vor. Sie hat den Rück­tritt mit Schrei­ben vom 21.10.2015 er­klärt. Ein mög­li­cher Rück­tritt war nicht da­durch aus­ge­schlos­sen, dass die Be­klag­te be­reits vor­her ei­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses wirk­sam aus­ge­übt hät­te (vgl. da­zu BGH, Urt. v. 09.05.2018 – VI­II ZR 26/17, MDR 2018, 852 Rn. 42). Die vor­aus­ge­gan­ge­ne Rech­nung vom 14.09.2015 über ei­nen Be­trag von 3.000 € ent­hielt kei­ne Min­de­rungs­er­klä­rung. Denn die­se Rech­nung stellt kei­ne ein­sei­ti­ge Wil­lens­er­klä­rung der Be­klag­ten (zur Min­de­rung) dar, son­dern sie soll­te nach dem Vor­brin­gen der Be­klag­ten das Er­geb­nis ei­ner (an­geb­li­chen) bei­der­sei­ti­gen Ver­ein­ba­rung do­ku­men­tie­ren. Ei­ne ver­trag­li­che Min­de­rungs­ver­ein­ba­rung gab es tat­säch­lich je­doch nicht, wie das Land­ge­richt zu­tref­fend fest­ge­stellt hat.

c) Die Wi­der­kla­ge hat kei­nen Er­folg, weil die Be­klag­te am 21.10.2015 nicht zum Rück­tritt be­rech­tigt war; denn die Par­tei­en ha­ben für den in Zah­lung ge­ge­be­nen Ge­braucht­wa­gen wirk­sam ei­nen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ver­ein­bart. Der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss um­fasst al­le Män­gel, die mög­li­cher­wei­se in Be­tracht kom­men.

aa) Wird beim Kauf ei­nes Neu­wa­gens ein Ge­braucht­fahr­zeug in Zah­lung ge­ge­ben, so ist für den Ge­braucht­wa­gen – auch oh­ne aus­drück­li­che Re­ge­lung im Ver­trag – von ei­nem still­schwei­gend ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss aus­zu­ge­hen. Dies er­gibt sich aus den bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen bei der In­zah­lung­nah­me. Für den Neu­wa­gen­käu­fer ist die In­zah­lung­ga­be sei­nes Ge­braucht­wa­gens ein Fi­nan­zie­rungs­bei­trag zum Er­werb des neu­en Fahr­zeugs, weil er nicht den ge­sam­ten Kauf­preis in bar auf­brin­gen kann oder will. Der Neu­wa­gen­käu­fer be­nö­tigt da­her schon beim Ab­schluss des Ver­trags ei­nen fes­ten Preis, da­mit er weiß, wie sein al­tes Fahr­zeug an­ge­rech­net wird; er wür­de den Ver­trag kaum ab­schlie­ßen, wenn er nach Ver­trags­ab­schluss kom­pli­zier­te Ver­hand­lun­gen we­gen des Zu­stands sei­nes Ge­braucht­wa­gens be­fürch­ten müss­te.

Der Neu­wa­gen­händ­ler ist in der­ar­ti­gen Fäl­len be­reit, bei der In­zah­lung­nah­me des Ge­braucht­wa­gens ge­wis­se Ri­si­ken ein­zu­ge­hen, um sei­nen Ver­trags­part­ner als Kun­den für den Neu­wa­gen zu ge­win­nen (vgl. BGH, Urt. v. 21.04.1982 – VI­II ZR 26/81, BGHZ 83, 334, 339 ff. = NJW 1982, 1700; ähn­lich zum kon­klu­den­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss bei der In­zah­lung­nah­me ei­nes Ge­braucht­wa­gens OLG Köln, Urt. v. 16.05.1972 – 15 U 16/72, MDR 1973, 672; OLG Frank­furt, Urt. v. 28.05.1974 – 5 U 62/73, NJW 1974, 1823; aus­führ­lich zum still­schwei­gen­den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss in der­ar­ti­gen Fäl­len Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 4043 ff.). Ent­schei­dend für die An­nah­me ei­nes Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses ist die Er­wä­gung, dass der Neu­wa­gen­händ­ler es in der Hand hat, sich vor Ver­trags­ab­schluss über den Zu­stand des Ge­braucht­wa­gens durch ei­ne Be­sich­ti­gung und/oder Un­ter­su­chung zu ver­ge­wis­sern (vgl. die glei­chen Er­wä­gun­gen des BGH bei der Kün­di­gung ei­nes Agen­tur­ver­trags: BGH, Urt. v. 31.03.1982 – VI­II ZR 65/81, NJW 1982, 1699, 1700) und dass der Neu­wa­gen­händ­ler sich durch be­stimm­te An­ga­ben des Kun­den zur Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs im Ver­trag ab­si­chern kann (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VI­II ZR 117/12, NJW 2013, 1733 Rn. 15). Wenn der Neu­fahr­zeug­händ­ler auf sol­che Ge­stal­tungs­mög­lich­kei­ten ver­zich­tet, muss der Ver­trags­part­ner da­von aus­ge­hen, dass er bei even­tu­el­len Män­geln des Ge­braucht­wa­gens nicht in An­spruch ge­nom­men wird.

bb) Die vor­ste­hen­den Er­wä­gun­gen zum Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­ru­hen al­lein auf der üb­li­chen In­ter­es­sen­la­ge der Ver­trags­part­ner, wenn beim Kauf ei­nes Neu­fahr­zeugs ein Ge­braucht­wa­gen in Zah­lung ge­ge­ben wird. Er­wä­gun­gen des Ver­brau­cher­schut­zes spie­len da­bei kei­ne Rol­le (vgl. ins­be­son­de­re die Be­grün­dung des BGH, Urt. v. 31.03.1982 – VI­II ZR 65/81, NJW 1982, 1699, 1700). Der Um­stand, dass die Klä­ge­rin als Bau­un­ter­neh­me­rin selbst ge­werb­lich tä­tig ist, steht dem Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss da­her nicht ent­ge­gen.

cc) Die Um­stän­de des Ver­trags­ab­schlus­ses im vor­lie­gen­den Fall be­stä­ti­gen den still­schwei­gen­den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss. Die Be­klag­te hat den Ver­trag über den An­kauf des Ge­braucht­fahr­zeugs am 23.02.2015 mit ei­nem fes­ten Kauf­preis von 5.000 € ab­ge­schlos­sen, oh­ne dass ei­ner ih­rer Mit­ar­bei­ter das Fahr­zeug ge­se­hen hat­te. Hin­zu kommt, dass die Klä­ge­rin im schrift­li­chen Ver­trag an­ge­ge­ben hat, dass das Fahr­zeug ei­nen Un­fall hat­te, der re­pa­riert wor­den sei. Die Be­klag­te hat im Pro­zess ein­ge­räumt, dass die für die Klä­ge­rin han­deln­de Zeu­gin L vor Un­ter­zeich­nung des Ver­trags von ei­nem „grö­ße­ren re­pa­rier­ten Un­fall­scha­den“ ge­spro­chen hat. Die Be­klag­te hat sich vor der Ver­ein­ba­rung des An­kaufs für die­sen Un­fall­scha­den nicht in­ter­es­siert und ließ sich ins­be­son­de­re die Re­pa­ra­tur­rech­nung aus dem Jahr 2013, die ei­nen Be­trag von 9.987,18 € aus­wies, nicht vor­le­gen. Dies spricht da­für, dass es – ab­ge­se­hen von den An­ga­ben der Klä­ge­rin zum Fahr­zeug im Ver­trag – nach dem Wil­len der Be­klag­ten auf mög­li­che Män­gel des Ge­braucht­wa­gens nicht an­kom­men soll­te.

dd) Von ei­nem Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss wä­re nur dann nicht aus­zu­ge­hen, wenn die Par­tei­en im Ver­trag in ei­ner ein­deu­ti­gen Wei­se ei­ne vom Nor­mal­fall ab­wei­chen­de Re­ge­lung ver­ein­bart hät­ten (so aus­drück­lich BGH, Urt. v. 21.04.1982 – VI­II ZR 26/81, BGHZ 83, 334, 339 f. = NJW 1982, 1700). Ei­ne ab­wei­chen­de Ver­ein­ba­rung fehlt im An­kauf­ver­trag vom 23.02.2015; ins­be­son­de­re er­gibt sich ei­ne Ge­währ­leis­tungs­pflicht der Klä­ge­rin nicht aus der hand­schrift­li­chen Ein­tra­gung „Op­ti­sche und tech­ni­sche Prü­fung vor­be­hal­ten!“

Bei der In­zah­lung­nah­me ei­nes Ge­braucht­wa­gens ver­ein­ba­ren die Par­tei­en in der Re­gel der Sa­che nach ei­nen ver­deck­ten Preis­nach­lass für das Neu­fahr­zeug. Mit dem Zu­satz „op­ti­sche und tech­ni­sche Prü­fung vor­be­hal­ten“ kann da­her nicht ge­meint sein, dass der Neu­wa­gen­händ­ler zu ei­nem spä­te­ren Zeit­punkt ei­ne üb­li­che Fahr­zeug­be­wer­tung des Ge­braucht­wa­gens – un­ter Be­rück­sich­ti­gung vor­han­de­ner Män­gel – durch­füh­ren will; denn dies wür­de dem Zweck der In­zah­lung­nah­me (ver­deck­ter Preis­nach­lass beim Kauf des Neu­fahr­zeugs) wi­der­spre­chen. Der hand­schrift­li­che Zu­satz kann nur da­hin ge­hend ver­stan­den wer­den, dass die Be­klag­te sich vor­be­hal­ten woll­te, die An­ga­ben der Klä­ge­rin, wel­che die­se im Ver­trag aus­drück­lich zur Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs ge­macht hat­te, zu über­prü­fen. Die Be­klag­te hat sich mit­hin Rech­te vor­be­hal­ten für den Fall, dass der an­ge­ge­be­ne Ki­lo­me­ter­stand (130.000) un­zu­tref­fend ge­we­sen wä­re oder dass der an­ge­ge­be­ne Un­fall­scha­den ent­ge­gen den An­ga­ben der Klä­ge­rin nie re­pa­riert wor­den wä­re.

Es kann im Üb­ri­gen da­hin­ste­hen, ob sich der Vor­be­halt ei­ner „op­ti­schen und tech­ni­schen Prü­fung“ auch auf even­tu­el­le Ver­än­de­run­gen des Fahr­zeug­zu­stands zwi­schen dem Ab­schluss des Ver­trags und der spä­te­ren Über­ga­be im Au­gust 2015 be­zie­hen soll­te. Denn sol­che Ver­än­de­run­gen (bei­spiels­wei­se bei ei­nem neu­en – nicht re­pa­rier­ten – Un­fall­scha­den) spie­len vor­lie­gend kei­ne Rol­le.

ee) Der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­schränkt sich nicht auf „Ver­schleiß“-Er­schei­nun­gen, wenn man den Be­griff „Ver­schleiß“ im Sin­ne von „Ab­nut­zung“ ver­steht. Viel­mehr schei­det ei­ne Haf­tung auch für klei­ne „Schä­den“ aus. Aus der Ent­schei­dung des BGB vom 21.04.1982 – VI­II ZR 26/81, BGHZ 83, 334 = NJW 1982, 1700 – er­gibt sich nichts An­de­res. Denn der Be­griff „Ver­schleiß“ wird in die­ser Ent­schei­dung in ei­nem un­tech­ni­schen Sin­ne ge­braucht. Letzt­lich geht es in der Ent­schei­dung le­dig­lich um ei­ne Ab­gren­zung zu er­heb­li­chen Un­fall­schä­den (für wel­che ei­ne Haf­tung in Be­tracht kom­men kann). Denn es ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass beim Kauf ei­nes fünf Jah­re al­ten Ge­braucht­wa­gens ge­ne­rell auch mit klei­nen Schä­den (Beu­len, Krat­zer etc.) zu rech­nen ist.

d) Al­ler­dings kann sich ein Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss – auch bei der In­zah­lung­nah­me ei­nes Ge­braucht­wa­gens – nicht auf sol­che Er­klä­run­gen der Par­tei­en be­zie­hen, wel­che die­se zum Ge­gen­stand ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. von § 434 I 1 BGB ge­macht ha­ben (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VI­II ZR 117/12, NJW 2013, 1733 Rn. 15). Die Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung hat Vor­rang ge­gen­über ei­nem Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss.

aa) Die An­ga­ben zur Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs (130.000 km am 23.02.2015) und zur Fra­ge von Un­fall­schä­den (re­pa­rier­ter Scha­den) sind als Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. von § 434 I 1 BGB an­zu­se­hen. Die Be­klag­te kann aus die­sen An­ga­ben ei­ne Haf­tung der Klä­ge­rin nicht her­lei­ten. Denn die An­ga­ben der Klä­ge­rin im Kauf­ver­trags­for­mu­lar wa­ren zu­tref­fend. Über die Fra­ge, ob die Re­pa­ra­tur im Jahr 2013 ord­nungs­ge­mäß durch­ge­führt wur­de, ist kei­ne Ver­ein­ba­rung ge­trof­fen wor­den.

bb) Die An­ga­be „Fahr­zeug­zu­stand: nor­mal“ ent­hält kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. von § 434 I 1 BGB. Denn die Be­schrei­bung „nor­mal“ hat bei ei­nem fünf Jah­re al­ten Pkw, der 130.000 km ge­lau­fen ist, aus der Sicht des Er­klä­rungs­emp­fän­gers kei­nen nach­voll­zieh­ba­ren ob­jek­ti­ven In­halt. Was ein Fahr­zeug­be­sit­zer, der sein Fahr­zeug täg­lich nutzt, als „nor­mal“ an­sieht, ist er­fah­rungs­ge­mäß sehr un­ter­schied­lich. Es gibt Fahr­zeug­be­sit­zer, die ihr Fahr­zeug auf­wen­dig pfle­gen; eben­so gibt es Be­sit­zer, die ein Fahr­zeug vie­le Jah­re lang nut­zen, aber je­weils nur im al­ler­not­wen­digs­ten Um­fang Schä­den be­sei­ti­gen. Ins­be­son­de­re beim Ver­kauf des Ge­braucht­wa­gens an ein Au­to­haus kann die Ver­käu­fe­rin da­von aus­ge­hen, dass die Käu­fe­rin selbst ent­schei­det, wel­che Über­prü­fun­gen des Fahr­zeug­zu­stands sie vor Ab­schluss des Ver­trags vor­neh­men will. Die Be­zeich­nung „Fahr­zeug­zu­stand: nor­mal“ kann un­ter die­sen Um­stän­den nur be­deu­ten, dass die Klä­ge­rin kei­ne nä­he­ren und kon­kre­ten An­ga­ben zum Zu­stand ma­chen woll­te, im Hin­blick auf die Mög­lich­keit ei­ner ei­ge­nen Prü­fung durch die Be­klag­te vor Ver­trags­ab­schluss.

Bei der Aus­le­gung des Be­griffs „nor­mal“ kommt es nicht dar­auf an, wel­chen Zu­stand ein Kfz-Sach­ver­stän­di­ger bei dem fünf Jah­re al­ten Fahr­zeug als „nor­mal“ oder „dem Al­ter ent­spre­chend“ an­se­hen wür­de. Ent­schei­dend sind viel­mehr die Er­war­tun­gen auf dem Ge­braucht­wa­gen­markt. Je­der Fahr­zeug­käu­fer weiß, dass ein „nor­ma­ler Fahr­zeug­zu­stand“ sich nicht ob­jek­ti­vie­ren lässt. Ein Käu­fer wird dem Be­griff „nor­mal“ da­her ge­ne­rell kei­ne ver­bind­li­che Be­schrei­bung des Ge­braucht­wa­gens ent­neh­men. Wenn die Be­klag­te auf ei­nen be­stimm­ten Fahr­zeug­zu­stand Wert leg­te, hät­te sie für ei­ne Kon­kre­ti­sie­rung der Be­schrei­bung des Zu­stands im Ver­trag sor­gen müs­sen.

e) Die Be­klag­te wä­re je­doch zum Rück­tritt be­rech­tigt ge­we­sen, wenn die Klä­ge­rin Män­gel des Ge­braucht­wa­gens arg­lis­tig ver­schwie­gen hät­te. Denn dann wä­re der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss in Be­zug auf die arg­lis­tig ver­schwie­ge­nen Män­gel un­wirk­sam ge­we­sen (§ 444 Fall 1 BGB). Von die­ser recht­li­chen Grund­la­ge ist auch das Land­ge­richt aus­ge­gan­gen. Al­ler­dings kann der Se­nat – ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Land­ge­richts – ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten der Klä­ge­rin bei Ab­schluss des Ver­trags am 23.02.2015 nicht fest­stel­len.

aa) Ge­mäß § 166 I BGB ist für die Fra­ge der Arg­list auf das Ver­hal­ten der Zeu­gin L ab­zu­stel­len. Denn die­se hat für die Klä­ge­rin die maß­geb­li­chen Ver­hand­lun­gen ge­führt.

bb) Die An­ga­ben im schrift­li­chen Kauf­ver­trag vom 23.02.2015, die auf den te­le­fo­ni­schen Er­klä­run­gen der Zeu­gin L ge­gen­über dem Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten, dem Zeu­gen M, be­ruh­ten, sind zu­tref­fend. Die Zeu­gin hat un­strei­tig den er­heb­li­chen Un­fall­scha­den an­ge­ge­ben; es ist zu­tref­fend, dass die­ser Scha­den – ent­spre­chend der Rech­nung vom 26.09.2013 – in ei­ner Fach­werk­statt re­pa­riert wur­de. Dass die Re­pa­ra­tur voll­stän­dig ord­nungs­ge­mäß ge­we­sen sei, hat die Zeu­gin L un­strei­tig nicht er­klärt. Ob die Zeu­gin – bei ent­spre­chen­der Kennt­nis – auf we­sent­li­che Män­gel der Un­fall­re­pa­ra­tur im Jahr 2013 hät­te hin­wei­sen müs­sen, kann da­hin­ste­hen. Denn es ist nicht be­wie­sen, dass die Zeu­gin Kennt­nis von der Un­zu­läng­lich­keit der Re­pa­ra­tur hat­te. Für ei­ne Kennt­nis ha­ben sich aus dem Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. S kei­ne An­halts­punk­te er­ge­ben.

cc) Die vom Land­ge­richt fest­ge­stell­ten Män­gel recht­fer­ti­gen kei­nen Rück­tritt der Be­klag­ten we­gen arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens. Die ver­schie­de­nen Krat­zer am Fahr­zeug (vgl. die Licht­bil­der 25, 28, 29 und 40 in der Do­ku­men­ta­ti­on des Sach­ver­stän­di­gen), der un­zu­läng­lich re­pa­rier­te Ha­gel­scha­den und der Stein­schlag in der Wind­schutz­schei­be sind Män­gel, die auf der Grund­la­ge der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung un­ter den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss fal­len (s. oben). Die Klä­ge­rin bzw. die Zeu­gin L war da­her nicht ver­pflich­tet, zu die­sen Punk­ten von sich aus vor Ver­trags­ab­schluss An­ga­ben zu ma­chen.

Es han­delt sich je­weils um ver­hält­nis­mä­ßig un­be­deu­ten­de Be­ein­träch­ti­gun­gen des Fahr­zeug­zu­stands. Die Zeu­gin L hat­te kei­nen An­lass für die An­nah­me, klei­ne Krat­zer, ein re­pa­rier­ter Ha­gel­scha­den oder ein Stein­schlag in der Wind­schutz­schei­be könn­ten für die An­kaufs­ent­schei­dung der Be­klag­ten we­sent­lich sein, nach­dem die Be­klag­te bei der Fest­le­gung des An­kaufs­prei­ses auf ei­ne Be­sich­ti­gung des Fahr­zeugs ver­zich­tet hat­te. Ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten der Zeu­gin schei­det un­ter die­sen Um­stän­den aus. Es kommt hin­zu, dass die Zeu­gin nach ih­ren – nicht wi­der­leg­ten – An­ga­ben nicht wuss­te, dass die Re­pa­ra­tur des Ha­gel­scha­dens nicht fach­män­nisch er­folgt war. Aus den gut­acht­li­chen Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen S er­gibt sich, dass die Zeu­gin bei der Be­nut­zung des Fahr­zeugs die un­zu­läng­li­che In­stand­set­zung des Ha­gel­scha­dens nicht oh­ne Wei­te­res er­ken­nen konn­te. Beim Stein­schlag schei­det ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten der Zeu­gin zu­dem auch des­halb aus, weil un­be­kannt ist, zu wel­chem Zeit­punkt die Wind­schutz­schei­be be­schä­digt wur­de. Ein Stein­schlag nach Ver­trags­ab­schluss – aber vor der Über­ga­be im Au­gust 2015 – könn­te kein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten zum Zeit­punkt des Ver­trags­ab­schlus­ses im Fe­bru­ar 2015 be­grün­den.

dd) Ob die Zeu­gin auf ei­ne aus­drück­li­che Fra­ge des Zeu­gen M ei­nen (nach ih­rer Mei­nung ord­nungs­ge­mäß re­pa­rier­ten) Ha­gel­scha­den hät­te of­fen­ba­ren müs­sen, kann da­hin­ste­hen. Denn nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me im Be­ru­fungs­ver­fah­ren ist nicht fest­zu­stel­len, dass der Zeu­ge M ei­ne sol­che Fra­ge an die Zeu­gin L ge­rich­tet hat.

Den erst­in­stanz­li­chen An­ga­ben des Zeu­gen M steht die ge­gen­sätz­li­che Dar­stel­lung der Zeu­gin L ge­gen­über. Sie hat an­ge­ge­ben, sie sei nicht aus­drück­lich nach ei­nem Ha­gel­scha­den ge­fragt wor­den. Es er­scheint er­staun­lich, dass der Zeu­ge M aus­drück­lich nach ei­nem Ha­gel­scha­den ge­fragt ha­ben will, ob­wohl er sich an­sons­ten vor Ab­schluss des Ver­trags (ins­be­son­de­re im Hin­blick auf den schwe­ren Un­fall­scha­den) nur we­nig für den Fahr­zeug­zu­stand in­ter­es­siert hat. Schließ­lich ist bei den An­ga­ben des Zeu­gen auch zu be­rück­sich­ti­gen, dass für sei­ne Dar­stel­lung in­ter­ne Pro­ble­me im Hau­se der Be­klag­ten ei­ne Rol­le ge­spielt ha­ben kön­nen. Denn sein da­ma­li­ger Chef, der Zeu­ge T, hat ihm nach­träg­lich Vor­wür­fe we­gen des Zu­stands des an­ge­kauf­ten Fahr­zeugs ge­macht. Die An­ga­ben des Zeu­gen M kön­nen mög­li­cher­wei­se da­durch be­ein­flusst sein, dass er sich ge­gen­über Vor­wür­fen sei­nes Vor­ge­setz­ten recht­fer­ti­gen muss­te. Die Par­tei­en ha­ben im Be­ru­fungs­ver­fah­ren auf ei­ne er­neu­te Ver­neh­mung des Zeu­gen M ver­zich­tet. Ein Be­weis, dass der Zeu­ge die Zeu­gin L aus­drück­lich nach ei­nem Ha­gel­scha­den ge­fragt ha­be, ist da­mit nicht ge­führt.

ee) Im Üb­ri­gen er­ge­ben sich auch aus den gut­acht­li­chen An­ga­ben des Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. S kei­ne an­de­ren Um­stän­de, auf die sich der Vor­wurf ei­nes arg­lis­ti­gen Han­delns der Zeu­gin L stüt­zen könn­te. Denn das Fahr­zeug wies zwar ins­ge­samt nicht un­er­heb­li­che Män­gel auf (vgl. die Auf­stel­lung des Sach­ver­stän­di­gen in der An­la­ge zum Pro­to­koll des Land­ge­richts vom 06.10.2016). Es wä­re je­doch nach der Ein­schät­zung des Sach­ver­stän­di­gen in dem da­ma­li­gen Zu­stand je­den­falls auf dem pri­va­ten Ge­braucht­wa­gen­markt durch­aus zu ei­nem Preis von 2.000 € ver­käuf­lich ge­we­sen. Es han­del­te sich al­so kei­nes­wegs um ein „Schrott­fahr­zeug“. Die Zeu­gin L war (oder wä­re) da­her selbst dann nicht da­zu ver­pflich­tet ge­we­sen, von sich aus vor Ab­schluss des Ver­trags auf Män­gel hin­zu­wei­sen, wenn ihr die­se voll­stän­dig be­kannt ge­we­sen wä­ren, was nach dem Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen bei ei­nem er­heb­li­chen Teil der Män­gel zwei­fel­haft ist. Denn aus der Per­spek­ti­ve der Zeu­gin spiel­te der Fahr­zeug­zu­stand für die An­kaufs­ent­schei­dung der Be­klag­ten kei­ne we­sent­li­che Rol­le.

4. Da die Be­klag­te nicht zum Rück­tritt vom An­kauf des Ge­braucht­wa­gens be­rech­tigt war, steht ihr we­gen ei­nes Man­gels die­ses Fahr­zeugs auch kein Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­mäß § 437 Nr. 3 BGB zu. Sie kann da­her von der Klä­ge­rin kei­nen Er­satz der Kos­ten für das au­ßer­ge­richt­li­che Scha­dens­gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen O in Hö­he von 722,50 € ver­lan­gen. …

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