1. Nimmt ein Kfz-Händler bei der Veräußerung eines Neuwagens einen Gebrauchtwagen des Erwerbers für einen Teil des Kaufpreises in Zahlung, so liegt im Regelfall kein Tauschvertrag, sondern ein Kaufvertrag vor, bei dem der Käufer das Recht hat, einen vertraglich festgelegten Teil des Kaufpreises durch Hingabe des Gebrauchtwagens zu tilgen.
  2. Ist der vom Käufer in Zahlung gegebene Gebrauchtwagen mangelhaft, so kann der Verkäufer grundsätzlich gegen Rückgabe des Gebrauchtwagens die Zahlung des Kaufpreises auch insoweit verlangen, als er durch die Inzahlungnahme des Gebrauchtwagens getilgt werden sollte.

BGH, Urteil vom 18.01.1967 – VIII ZR 209/64

Diese Entscheidung ist zum „alten“ Schuldrecht und vor Inkrafttreten der ZPO-Reform 2002 ergangen. Sie kann nicht ohne Weiteres auf das seit dem 01.01.2002 geltende Recht übertragen werden (so ist z. B. an die Stelle der Wandelung der Rücktritt vom Kaufvertrag getreten). Die genannten Vorschriften existieren heute möglicherweise nicht mehr oder haben einen anderen Inhalt.

Sachverhalt: Der Kläger betreibt in D. seit 01.02.1962 in den Bäumen des früheren Autohauses B den Handel mit Kraftfahrzeugen und eine Kfz-Reparaturwerkstatt. Der Beklagte bestellte mit schriftlichem „Kaufantrag“ vom 30.11.1962 beim Kläger einen Pkw Citroën ID 119/Export (Bj. 1963) zum Gesamtpreis von 10.410 DM. In den „Zahlungsbedingungen“ heißt es:

„Citroën ID 19, Bj. 1960, km 87.000 (Motor ca. 50.000 km) unfallfrei wird mit 4.800 DM in Zahlung genommen. Rest per Scheck bei Übernahme.“

Dieses Fahrzeug hatte der Beklagte am 08.12.1960 beim Autohaus B für 5.800 DM gebraucht gekauft. Die nach dem 01.02.1962 erforderlichen Instandsetzungen an diesem Wagen hatte er in der Werkstatt des Klägers ausführen lassen.

Am 13.12.1962 erhielt der Beklagte den neuen Wagen und übergab gleichzeitig sein altes Fahrzeug dem Kläger. Dieser schrieb am 15.12.1962, der in Zahlung genommene Pkw habe, wie er inzwischen vom Lieferwerk erfahren habe, im August 1960 einen Totalschaden gehabt und sei anschließend zum Schrottpreis verkauft worden; er könne das Fahrzeug nicht in Zahlung nehmen. Durch Schreiben seines Rechtsanwalts erklärte der Kläger am 10.01.1963 die Wandelung hinsichtlich des Gebrauchtwagens und verlangte binnen einer Woche Zahlung von 4.800 DM Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs. Der Beklagte hat die Zahlung abgelehnt.

Die Zahlungsklage wurde vom Landgericht abgewiesen; das Berufungsgericht gab ihr statt. Auf die Revision des Beklagten, der die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebte, wurde das Berufungsurteil aufgehoben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Aus den Gründen: I. 1. Das Berufungsgericht stellt fest, aus dem Wortlaut und dem Zweck des von den Parteien geschlossenen Rechtsgeschäfts ergebe sich, dass sie keinen auf den Austausch zweier Kraftfahrzeuge gerichteten Vertrag mit Aufzahlung des Wertunterschiedes, also nicht einen Tauschvertrag geschlossen hätten. Vielmehr liege ein Kaufvertrag über ein neues, vom Kläger zu einem Preise von 10.410 DM zu lieferndes Kraftfahrzeug vor, wobei der Beklagte 5.610 DM in bar entrichten, den Rest durch die Hingabe seines gebrauchten Wagens an Erfüllungs statt tilgen sollte.

2. Diese Ausführungen greift die Revision ohne Erfolg an. Es handelt sich um die Auslegung eines Individualvertrages, die im Revisionsrechtszug nur beschränkt nachprüfbar ist. Verfahrensrügen sind insoweit nicht erhoben worden. Eine Verletzung wesentlicher Auslegungsgrundsätze ist nicht erkennbar. Auch Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze liegen nicht vor. Die Auslegung des Berufungsgerichts erscheint nicht nur möglich, sie liegt nach Sachlage sehr nahe. Der Senat wäre, wenn er selbst auszulegen hätte, zu keinem anderen Ergebnis gekommen.

Mit Recht hat das Berufungsgericht zunächst auf den Wortlaut des vom Beklagten unterzeichneten Antrags abgestellt, der ausdrücklich einen Kauf zum Gegenstand hat und der die Leistung des vereinbarten Preises als „Zahlungsbedingungen“ regelt. Aber auch die vom Berufungsgericht in Betracht gezogene Interessenlage gebietet, entgegen der Auffassung der Revision, nicht, nach §157 BGB einen Tauschvertrag anzunehmen. Das Interesse des Kraftfahrzeughändlers ist – dem Erwerber erkennbar – auf Veräußerung gegen Geld gerichtet und nicht auf den Erwerb eines gebrauchten Wagens. Er lässt sich auf die Hereinnahme des Altwagens nur ein, um das von ihm erstrebte Geschäft abschließen zu können. Dieses Entgegenkommen des Veräußerers, das seinem Partner den Erwerb des Neuwagens erleichtert, unter Umständen sogar erst möglich macht, hat aber, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, nicht zur Folge, dass die Beteiligten sich auf eine Gegenleistung des Erwerbers einigen, die zum Teil in Geld, zum Teil in der Hingabe eines gebrauchten Fahrzeugs bestehen soll. Vielmehr bleibt, wenn, wie hier, für etwas Abweichendes keine Anhaltspunkte gegeben sind, die vom Erwerber des Neuwagens geschuldete Gegenleistung in voller Höhe eine Geldschuld. Es liegt deshalb bei solcher Fallgestaltung regelmäßig ein Kaufvertrag vor. Jedoch hat der Erwerber kraft der Parteivereinbarungen die Möglichkeit, anstelle der ausbedungenen Geldschuld zum Zwecke der Erfüllung seinen gebrauchten Wagen in Zahlung zu geben. Mit dieser sogenannten Ersetzungsbefugnis des Käufers (vgl. BGH, Urt. v. 20.05.1960 – I ZR 93/59, LM UWG § 1 Nr. 95) ist – jedenfalls für den Regelfall – den Interessen beider Beteiligten ausreichend genügt. Ein Bedürfnis, den Anspruch des Veräußerers teilweise auf eine Forderung auf Hingabe eines gebrauchten Kraftfahrzeugs zu beschränken, ist nicht ersichtlich. Da die Ersetzungsbefugnis des Käufers den Bestand der Hauptschuld als einer Geldschuld unberührt lässt, würde ein vom Käufer nicht zu vertretender Untergang des Altwagens ihn nicht nach § 323 I BGB davon befreien, den Kaufpreis in voller Höhe in Geld zu entrichten (Soergel/Siebert, BGB, 9. Aufl., § 265 Anm. 3). Umgekehrt würde der Verkäufer, wenn der Käufer seine Schuld in Geld tilgen wollte, das nicht zurückweisen und stattdessen die Hingabe des gebrauchten Wagens verlangen können.

Der Revision ist zuzugeben, dass bei entsprechender Interessenlage auch eine abweichende Regelung möglich ist, etwa dann, wenn es dem Erwerber darauf ankommt, das gesamte Geschäft davon abhängig zu machen, dass er seine Gegenleistung gerade durch die Hingabe seines Gebrauchtwagens erbringen kann. Es darf dabei aber nicht außer Acht bleiben, dass der Erwerb eines neuen Kraftfahrzeugs mit Inzahlungnahme eines Wagens des Erwerbers ein typisches Geschäft des Alltags ist, das nach der Verkehrsauffassung, wie sich schon aus seiner Bezeichnung ergibt, als Kauf, das heißt als ein Rechtsgeschäft angesehen wird, bei dem eine Sache, das neue Kraftfahrzeug, gegen Geld geliefert wird. Eine abweichende Regelung muss deshalb klar, wenn auch nicht notwendig ausdrücklich, vereinbart sein. Die Annahme einer solchen Vereinbarung könnte insbesondere dann naheliegen, wenn das in Zahlung gegebene Fahrzeug den größten Teil des „Kaufpreises“ ausmacht oder wenn sich der Austausch von Kraftfahrzeugen unter Nichthändlern vollzieht. Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien im vorliegenden Rechtsstreit eine vom typischen Fall abweichende Regelung treffen wollten, sind nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Im Gegenteil spricht der Umstand, dass der Beklagte den neuen Wagen dem Kläger nicht zur Verfügung gestellt sondern weiterbenutzt hat, eher dagegen, dass das gesamte Rechtsgeschäft von der Inzahlungnahme des Gebrauchtwagens abhängig sein sollte.

3. Aus der danach rechtsirrtumsfreien Auslegung des Vertrages vom 30.11.1962 als eines Kaufvertrages mit fest vereinbartem Kaufpreis, aber der Befugnis des Beklagten, einen Teil seiner Geldschuld durch Hingabe seines gebrauchten Fahrzeugs zu tilgen, ergibt sich die Antwort auf die Frage, ob der Verkäufer den gesamten Kaufpreis in Geld verlangen kann, wenn der in Zahlung genommene Wagen mangelhaft ist oder wenn ihm eine zugesicherte Eigenschaft fehlt.

Die Vereinbarung der Ersetzungsbefugnis führt, wenn der Schuldner von ihr Gebrauch macht und auf diese Weise seine Verbindlichkeit zum Erlöschen bringt, zu einer Leistung an Erfüllungs statt … Der abweichenden Meinung, es liege Erfüllung vor …, vermag der Senat nicht zu folgen. Es ist kein innerer Grund ersichtlich, warum die Hingabe einer anderen als der eigentlich geschuldeten Leistung rechtlich verschieden beurteilt werden soll, je nach dem, ob die Parteien sich über die Befugnis des Schuldners hierzu von vornherein oder erst bei der Erfüllung selbst geeinigt haben.

In der Leistung an Erfüllungs statt liegt ein entgeltlicher Austauschvertrag. Der Gläubiger erwirbt den an Erfüllungs statt gegebenen Gegenstand im Austausch gegen seine Forderung, also in einer der Rechtslage beim Kauf ähnlichen Weise … Es ist deshalb gerechtfertigt, dass der Schuldner für den an Erfüllungs statt gegebenen Gegenstand in gleicher Weise wie ein Verkäufer Gewähr leistet. Dem trägt § 365 BGB Rechnung. Ist die an Erfüllungs statt gegebene Sache mangelhaft oder fehlt ihr eine zugesicherte Eigenschaft, so kann der Gläubiger nach dieser Vorschrift die Rechte eines Käufers geltend machen: §§ 459 ff. BGB. Insbesondere kann er, wie es hier geschehen ist, Wandelung erklären. Das führt allerdings nicht dazu, dass die durch die Leistung an Erfüllungs statt erloschene Kaufpreisforderung von selbst wieder auflebt. Vielmehr hat der Gläubiger an sich nur Anspruch auf Wiederbegründung seiner Forderung (… Soergel/Siebert, a. a. O., § 365 Anm. 2; Palandt, BGB, 25. Aufl., § 365 Anm. 1). Gleichwohl kann er im Rechtsstreit unmittelbar Erfüllung dieses neu zu begründenden Anspruchs, also Zahlung verlangen; denn es wäre ein nicht gerechtfertigter Formalismus, einem Gläubiger, der Anspruch auf Einwilligung in weitere Rechtsfolgen hat, nicht sogleich das Klagerecht auf die Rechtsfolgen selbst zu geben (Erman, BGB, 3. Aufl., § 365 Anm. 2).

4. Die Revision meint, nach dem Inhalt und Zweck der getroffenen Vereinbarung habe der Bestand des gesamten Rechtsgeschäfts von der Möglichkeit der Erfüllung der Käuferschuld durch Hingabe des Gebrauchtwagens abhängen sollen. Deshalb sei allenfalls eine Wandelung des gesamten Kaufvertrags möglich gewesen.

Ob eine Abmachung dieses Inhalts überhaupt mit der Ersetzungsbefugnis des Käufers hinsichtlich der Kaufpreisschuld vereinbar wäre, braucht hier nicht entschieden zu werden. Das Berufungsgericht hat Anhaltspunkte für einen derartigen Vertragsinhalt nicht festgestellt. Auch die Revision hat außer den bereits behandelten Erwägungen hinsichtlich der Interessenlage der Beteiligten keine Umstände aufgezeigt, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten.

II. Trotz seines zutreffenden rechtlichen Ausgangspunktes kann das Berufungsurteil nicht bestehen bleiben. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt zunächst davon ab, ob der in Zahlung gegebene Wagen entgegen der Zusicherung des Beklagten nicht unfallfrei war, sondern einen sogenannten Totalschaden hatte. Insoweit fehlt es, wie die Revision mit Recht rügt, an einer rechtlich einwandfreien Feststellung des Berufungsgerichts. Der Beklagte hatte einen Totalschaden bestritten. Der Kläger hatte für seine Behauptung Beweis angetreten. Das Berufungsgericht durfte deshalb nicht, ohne diese Beweise, gegebenenfalls auch die vom Beklagten angebotenen Gegenbeweise zu erheben, einen Totalschaden des in Zahlung gegebenen Fahrzeugs unterstellen.

III. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. In der notwendig werdenden neuen mündlichen Verhandlung wird der Beklagte Gelegenheit haben, seine in der Revisionsinstanz geltend gemachte Auffassung vorzutragen, die Zusicherung im Kaufvertrag, der Gebrauchtwagen sei unfallfrei, habe sich nur auf seine Besitzzeit, nicht aber auf die Zeit davor bezogen. Insoweit könnte es darauf ankommen, dass der Beklagte den Wagen beim Autohaus B gekauft hatte, in dessen Räumen der Kläger seinen Betrieb hat und dessen Personal er nach der Behauptung des Beklagten jedenfalls im Wesentlichen übernommen hat. Bei einer solchen Sachlage konnte es für den Beklagten in der Tat naheliegen, davon auszugehen, der Kläger erwarte von ihm nur eine Zusicherung, dass während seiner, des Beklagten, Besitzzeit das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hatte, weil der Kläger oder jedenfalls die in Betracht kommenden maßgebenden Mitglieder seiner Belegschaft das Schicksal des Wagens in der davor liegenden Zeit weit besser kannten als der Beklagte. Ob hierfür die tatsächlichen Voraussetzungen gegeben waren und ob Derartiges bei den Verhandlungen, die zum Abschluss des Kaufvertrags vom 30.11.1962 führten, hinlänglich klar zum Ausdruck gekommen ist, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben.

Sollte erneut ein Recht des Klägers, hinsichtlich des in Zahlung genommenen Wagens zu wandeln, zu bejahen sein, so wäre weiter zu prüfen, ob die Klage nicht an § 242 BGB scheitert. Hierfür könnte von Bedeutung sein, dass nach dem Vortrag des Beklagten der Kläger die Firma des Autohauses B übernommen haben und deshalb für die Verbindlichkeiten des früheren Inhabers dieser Firma haften soll. Hatte der Beklagte gegen diesen wegen des ihm nicht mitgeteilten früheren Totalschadens Ansprüche, für die der Kläger als Rechtsnachfolger einzustehen hat, so könnte die jetzt auf diesen Schaden gestützte Geltendmachung der Wandelung und das Verlangen auf Zahlung von 4.800 DM unter Umständen gegen Treu und Glauben verstoßen …

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