1. Der Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens muss dem Käu­fer ei­nen (Un­fall-)Scha­den, der ihm be­kannt ist oder mit des­sen Vor­han­den­sein er rech­net, grund­sätz­lich un­ge­fragt of­fen­ba­ren, wenn er sich nicht dem Vor­wurf arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens aus­set­zen will. Das gilt nur dann nicht, wenn der (Un­fall-)Scha­den so ge­ring­fü­gig ist, dass er bei ver­nünf­ti­ger Be­trach­tungs­wei­se den Kauf­ent­schluss nicht be­ein­flus­sen kann. Die Gren­ze für der­ar­ti­ge „Ba­ga­tell­schä­den“, über die nicht auf­ge­klärt wer­den muss, ist bei Per­so­nen­kraft­wa­gen eng zu zie­hen. „Ba­ga­tell­schä­den“ sind nur ganz ge­ring­fü­gi­ge, äu­ße­re (Lack-)Schä­den, nicht da­ge­gen an­de­re (Blech-)Schä­den, auch wenn sie kei­ne wei­ter­ge­hen­den Fol­gen hat­ten.
  2. Ein Ver­käu­fer ver­schweigt ei­nen Man­gel nur dann arg­lis­tig, wenn er den Man­gel min­des­tens für mög­lich hält und zu­gleich weiß oder da­mit rech­net und bil­li­gend in Kauf nimmt, dass der Käu­fer den Man­gel nicht kennt und bei Of­fen­ba­rung den Ver­trag nicht oder nicht mit dem ver­ein­bar­ten In­halt ge­schlos­sen hät­te.
  3. Ei­nen Ge­braucht­wa­gen­händ­ler trifft kei­ne ge­ne­rel­le, an­las­s­un­ab­hän­gi­ge Ob­lie­gen­heit, ein Fahr­zeug vor dem Ver­kauf um­fas­send zu un­ter­su­chen. Viel­mehr kann er zu ei­ner Über­prü­fung des Fahr­zeugs nur auf­grund be­son­de­rer Um­stän­de, die für ihn ei­nen kon­kre­ten Ver­dacht auf Män­gel be­grün­den, ge­hal­ten sein. Ab­ge­se­hen von die­sen Fäl­len ist der Händ­ler grund­sätz­lich nur zu ei­ner fach­män­ni­schen äu­ße­ren Be­sich­ti­gung („Sicht­prü­fung“) ver­pflich­tet (im An­schluss an BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VI­II ZR 80/14, ju­ris Rn. 14).
  4. War ein Ge­braucht­wa­gen­händ­ler auf­grund be­son­de­rer Um­stän­de zu ei­ner Über­prü­fung des Fahr­zeugs ge­hal­ten, die über ei­ne „Sicht­prü­fung“ hin­aus­ging, und hat er die­se Über­prü­fung un­ter­las­sen, kann es den Vor­wurf ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung recht­fer­ti­gen, wenn der Händ­ler dem Käu­fer nicht of­fen­bart, dass die ge­bo­te­ne Über­prü­fung des Fahr­zeugs un­ter­blie­ben ist.
  5. Sieht ein Ge­braucht­wa­gen­kauf­ver­trag vor, dass An­sprü­che des Käu­fers we­gen ei­nes Man­gels ein Jahr nach Ab­lie­fe­rung des Fahr­zeugs ver­jäh­ren, so er­fasst die­se – ge­mäß  § 476 II BGB (= § 475 II BGB a.F.) selbst bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf (§ 474 I BGB) grund­sätz­lich zu­läs­si­ge – Ver­kür­zung der ge­setz­li­chen Ver­jäh­rungs­frist re­gel­mä­ßig auch An­sprü­che we­gen ei­nes Man­gels i. S. von § 434 I 1 BGB. Denn ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung (§ 434 I 1 BGB) kann nicht da­hin aus­ge­legt wer­den, dass der Ver­käu­fer für das Feh­len ei­ner ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit zwei Jah­re (§ 438 I Nr. 3, II BGB) haf­ten wol­le.

LG Nürn­berg-Fürth, Ur­teil vom 24.05.2018 – 6 O 6812/17

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en strei­ten um die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kfz-Kauf­ver­trags.

Der Klä­ger kauf­te als Ver­brau­cher von dem be­klag­ten Kfz-Händ­ler am 19.04.2016 ei­nen Ge­braucht­wa­gen (VW Golf IV Va­ri­ant 2.0 TDI, Bau­jahr 2012) zum Preis von 12.500 €. Im schrift­li­chen Kauf­ver­trag heißt es un­ter der Über­schrift „Be­son­de­re Ver­ein­ba­run­gen/An­ga­ben laut Vor­be­sit­zer“: „Ge­brauchs­spu­ren, Del­len, Krat­zer, Stein­schlä­ge. Ab­wei­chun­gen vom In­se­rat. Di­ver­se Nachla­ckie­run­gen, sie­he Gut­ach­ten“.

Be­stand­teil des Kauf­ver­trags sind auch die All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen des Be­klag­ten, die un­ter an­de­rem fol­gen­den In­halt ha­ben:

VI. Sach­man­gel
1. An­sprü­che des Käu­fers we­gen Sach­män­geln ver­jäh­ren in ei­nem Jahr ab Ab­lie­fe­rung des Kauf­ge­gen­stan­des an den Kun­den. Dies gilt nicht für Scha­dens­er­satz­an­sprü­che des Käu­fers we­gen der Ver­let­zung des Le­bens, des Kör­pers oder der Ge­sund­heit so­wie für An­sprü­che, die auf vor­sätz­li­chem oder fahr­läs­si­gem Ver­hal­ten des Ver­wen­ders, ei­nes ge­setz­li­chen Ver­tre­ters oder Er­fül­lungs­ge­hil­fen des Ver­wen­ders be­ru­hen. … Bei arg­lis­ti­gem Ver­schwei­gen von Män­geln oder der Über­nah­me ei­ner Ga­ran­tie für die Be­schaf­fen­heit blei­ben wei­ter­ge­hen­de An­sprü­che un­be­rührt.“

Bei dem im Kauf­ver­trag in Be­zug ge­nom­me­nen Gut­ach­ten han­del­te es sich um ei­ne als „KÜS­Plus-Ge­braucht­wa­gen­Check“ be­zeich­ne­te Sicht- und Funk­ti­ons­prü­fung des Fahr­zeugs, die S am 20.04.2016 im Auf­trag des Be­klag­ten durch­ge­führt hat­te. Im schrift­li­chen Be­richt des S, den der Be­klag­te dem Klä­ger aus­ge­hän­digt hat, heißt es un­ter an­de­rem, es sei­en „[k]ei­ne er­kenn­ba­ren Un­fall­schä­den“ und „[k]ei­ne er­kenn­ba­ren in­stand ge­setz­ten Vor­schä­den vor­han­den“.

Zu­dem hat­te der Be­klag­te vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags die Re­pa­ra­tur­his­to­rie des Fahr­zeugs im her­stell­er­ei­ge­nen EDV-Sys­tem „El­sa­Win“ ein­ge­se­hen und aus­ge­druckt.

Im Üb­ri­gen war das Fahr­zeug be­reits am 16.12.2015 im Auf­trag der Volks­wa­gen Lea­sing GmbH im Rah­men ei­ner Fahr­zeug­be­wer­tung be­gut­ach­tet wor­den. In dem dar­auf­hin ge­fer­tig­ten Gut­ach­ten der X ist fest­ge­hal­ten, dass das Fahr­zeug „au­gen­schein­lich we­der re­pa­rier­te noch un­re­pa­rier­te Vor­schä­den“ ha­be.

Nach­dem der VW Golf IV Va­ri­ant dem Klä­ger noch im April 2016 über­ge­ben wor­den war, er­klär­te der Klä­ger mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 24.08.2017 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und zu­dem die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung.

Der Klä­ger be­haup­tet, das Fahr­zeug wei­se im Front­be­reich ei­nen mas­si­ven re­pa­rier­ten Un­fall­scha­den auf. Dies sei erst im Au­gust 2017 fest­ge­stellt wor­den, als we­gen ei­nes klei­nen Blech­scha­dens der – nicht ord­nungs­ge­mäß mon­tier­te – vor­de­re Stoß­fän­ger de­mon­tiert wor­den sei. Nach der De­mon­ta­ge ha­be sich ge­zeigt, dass der hin­ter dem Stoß­fän­ger lie­gen­de Trä­ger rechts deut­lich ver­formt sei und ei­ne er­heb­li­che Del­le auf­wei­se und dass die obers­te Stoß­stan­gen­auf­nah­me ge­bro­chen sei. Au­ßer­dem sei fest­ge­stellt wor­den, dass die Mo­tor­hau­be er­heb­lich nachla­ckiert wor­den sei. Dies – so macht der Klä­ger gel­tend – wei­se dar­auf hin, dass das Fahr­zeug ei­nen Un­fall er­lit­ten ha­be, wo­bei der Un­fall­scha­den schon vor sei­ner – des Klä­gers – Be­sitz­zeit ent­stan­den sein müs­se. Denn wäh­rend sei­ner Be­sitz­zeit ha­be das Fahr­zeug ab­ge­se­hen von dem klei­nen Blech­scha­den kei­ne Schä­den er­lit­ten, und we­der sei die Mo­tor­hau­be la­ckiert noch der vor­de­re Stoß­fän­ger aus­ge­baut wor­den.

Der Klä­ger meint, in­dem der Be­klag­te ihm das Er­geb­nis des „KÜS­Plus-Ge­braucht­wa­gen­Checks“ mit­ge­teilt ha­be, sei ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung (§ 434 I 1 BGB) des In­halts zu­stan­de ge­kom­men, dass das Fahr­zeug un­fall­frei sei. Die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit ha­be der Pkw in­des bei der Über­ga­be an ihn – den Klä­ger – nicht ge­habt, so­dass das Fahr­zeug man­gel­haft sei.

Der Un­fall­scha­den – so macht der Klä­ger wei­ter gel­tend – sei für ei­nen Fach­mann wie den Be­klag­ten leicht zu er­ken­nen ge­we­sen, und der Be­klag­te ha­be ihm – dem Klä­ger – die­sen Scha­den arg­lis­tig ver­schwie­gen.

Der Be­klag­te müs­se ihm da­her den Kauf­preis ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 3.574,96 € Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be und Rück­über­eig­nung des Fahr­zeugs zu­rück­zu­zah­len. Au­ßer­dem müs­se ihm der Be­klag­te au­ßer­ge­richt­li­che An­walts­kos­ten in Hö­he von 808,13 € er­set­zen, und es sei fest­zu­stel­len, dass sich der Be­klag­te mit der Rück­nah­me des Pkw in Ver­zug be­fin­de.

Der Be­klag­te hat un­ter Ver­weis auf sei­ne All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen die Ein­re­de der Ver­jäh­rung er­ho­ben. Er be­strei­tet, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug bei der Über­ga­be an den Klä­ger ei­nen re­pa­rier­ten Un­fall­scha­den auf­ge­wie­sen ha­be, den er – der Be­klag­te – ge­kannt ha­be oder hät­te ken­nen müs­sen. Er ha­be da­her nicht arg­lis­tig ge­han­delt. Die von dem Klä­ger be­haup­te­ten Be­schä­di­gun­gen sei­en, falls sie über­haupt vor­lä­gen, nicht of­fen­sicht­lich; nach dem ei­ge­nen Vor­trag des Klä­gers sei­en sie erst nach ei­ner De­mon­ta­ge des Stoß­fän­gers ent­deckt wor­den. Er – der Be­klag­te – sei in­des nicht zu ei­ner ge­ne­rel­len Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs ver­pflich­tet ge­we­sen. Zu­dem ha­be er das Fahr­zeug ei­nem „KÜS­Plus-Ge­braucht­wa­gen­Check“ un­ter­zie­hen las­sen, bei dem kei­ne Schä­den fest­ge­stellt wor­den sei­en. Auch aus der Re­pa­ra­tur­his­to­rie des Pkw und dem für die Volks­wa­gen Lea­sing GmbH er­stell­ten X-Gut­ach­ten hät­ten sich kei­ne An­halts­punk­te für Schä­den er­ge­ben.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: A. I. Dem Klä­ger ste­hen kei­ne be­rei­che­rungs­recht­li­chen An­sprü­che ge­mäß § 812 I 1 Fall 1 BGB i. V. mit §§ 123 I Fall 1, 142 I BGB zu. Zwar schlie­ßen die kauf­recht­li­chen Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che die An­wen­dung des § 123 BGB nicht aus; auch hat der Klä­ger die An­fech­tung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags er­klärt. Es liegt je­doch kein An­fech­tungs­grund vor.

1. Der Be­klag­te hat ei­nen Vor­scha­den des Fahr­zeugs – un­ter­stellt, er liegt vor – nicht arg­lis­tig ver­schwie­gen.

a) Grund­sätz­lich muss der Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens ei­nen Scha­den oder Un­fall, der ihm be­kannt ist oder mit des­sen Vor­han­den­sein er rech­net, auch un­ge­fragt dem Käu­fer mit­tei­len, wenn er sich nicht dem Vor­wurf arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens aus­set­zen will, es sei denn, der Scha­den oder Un­fall war so ge­ring­fü­gig, dass er bei ver­nünf­ti­ger Be­trach­tungs­wei­se den Kauf­ent­schluss nicht be­ein­flus­sen kann (Ba­ga­tell­scha­den). Die Gren­ze für nicht mit­tei­lungs­pflich­ti­ge Ba­ga­tell­schä­den ist bei Per­so­nen­kraft­wa­gen eng zu zie­hen. Als Ba­ga­tell­schä­den kön­nen bei Per­so­nen­kraft­wa­gen nur ganz ge­ring­fü­gi­ge, äu­ße­re (Lack-)Schä­den an­ge­spro­chen wer­den, nicht da­ge­gen an­de­re (Blech-)Schä­den, auch wenn sie kei­ne wei­ter­ge­hen­den Fol­gen hat­ten und sie re­pa­riert sind (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, ju­ris Rn. 20).

Vor­lie­gend liegt – den Vor­trag des Klä­gers zu den Be­schä­di­gun­gen des Fahr­zeugs als rich­tig un­ter­stellt – ein Ba­ga­tell­scha­den si­cher nicht vor, so­dass der Be­klag­te grund­sätz­lich ver­pflich­tet war, über den Vor­scha­den zu in­for­mie­ren. Dies hat der Be­klag­te un­strei­tig nicht ge­tan.

b) Arg­lis­tig han­delt der Ver­käu­fer in­des nur, wenn er den Scha­den kennt oder ihn zu­min­dest für mög­lich hält und zu­gleich weiß oder doch da­mit rech­net und bil­li­gend in Kauf nimmt, dass der Käu­fer den Feh­ler nicht kennt und bei Of­fen­ba­rung den Ver­trag nicht oder nicht mit dem ver­ein­bar­ten In­halt ge­schlos­sen hät­te (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 10.06.1983 – V ZR 292/81, ju­ris Rn. 9; Urt. v. 20.03.1987 – V ZR 27/86, ju­ris Rn. 11; Urt. v. 07.07.1989 – V ZR 21/88, ju­ris Rn. 12).

Da­zu, dass der Be­klag­te den Scha­den kann­te oder er ihn zwar nicht kann­te, aber sein Vor­han­den­sein für mög­lich hielt, hat der Klä­ger in­des nichts dar­ge­legt. Sein Vor­brin­gen er­schöpft sich in der Be­haup­tung, dass der Scha­den oh­ne Wei­te­res er­kenn­bar ge­we­sen wä­re, hät­te der Be­klag­te den vor­de­ren Stoß­fän­ger aus­ge­baut. Dies ge­nügt je­doch nicht, um dem Be­klag­ten Arg­list vor­zu­wer­fen.

Es sind auch kei­ne An­halts­punk­te da­für vor­han­den, dass der Be­klag­te den Vor­scha­den kann­te oder er ihn für mög­lich hielt. Denn aus den un­strei­tig dem Be­klag­ten bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags vor­lie­gen­den Fest­stel­lun­gen der X vom 16.12.2015 und des S und aus der Re­pa­ra­tur­his­to­rie des Fahr­zeugs aus „El­sa­Win“ er­gibt sich nichts zu ei­nem Un­fall­vor­scha­den.

2. Der Be­klag­te hat auch nicht arg­lis­tig ver­schwie­gen, dass er ei­ne Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs, zu der er ver­pflich­tet war, nicht vor­ge­nom­men hat.

a) Be­zugs­punkt für ein an­fech­tungs­recht­lich re­le­van­tes Ver­schwei­gen kann bei ei­nem Ge­braucht­wa­gen­kauf nicht nur ein of­fen­ba­rungs­pflich­ti­ger Man­gel des Fahr­zeugs, son­dern auch ei­ne von dem Ver­käu­fer recht­lich ge­bo­te­ne Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs sein. Ist der Ver­käu­fer zu ei­ner der­ar­ti­gen Un­ter­su­chung ver­pflich­tet, un­ter­lässt er sie und weist er den Käu­fer hier­auf nicht hin, kann auch dar­in ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen lie­gen (vgl. BGH, Urt. v. 19.06.2013 – VI­II ZR 183/12, ju­ris Rn. 22; OLG Karls­ru­he, Beschl. v. 25.10.2010 – 4 U 71/09, ju­ris Rn. 35 f.).

b) Ei­nen Ge­braucht­wa­gen­händ­ler trifft kei­ne ge­ne­rel­le, an­las­s­un­ab­hän­gi­ge Ob­lie­gen­heit, das Fahr­zeug vor dem Ver­kauf um­fas­send zu un­ter­su­chen. Viel­mehr ist er zu ei­ner Über­prü­fung des Fahr­zeugs nur auf­grund be­son­de­rer Um­stän­de, die für ihn ei­nen kon­kre­ten Ver­dacht auf Män­gel be­grün­den, ge­hal­ten. Im Üb­ri­gen ist der Händ­ler grund­sätz­lich nur zu ei­ner fach­män­ni­schen äu­ße­ren Be­sich­ti­gung („Sicht­prü­fung“) ver­pflich­tet (vgl. BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VI­II ZR 80/14, ju­ris Rn. 14).

Ei­ne der­ar­ti­ge Sicht­prü­fung hat Be­klag­te je­doch vor­ge­nom­men, in­dem er den „KÜS­Plus Ge­braucht­wa­gen­Check“ vor­neh­men ließ. Dass die­se Un­ter­su­chung tat­säch­lich nicht vor­ge­nom­men wor­den ist oder dass sie den An­for­de­run­gen an ei­ne fach­män­ni­sche äu­ße­re Be­sich­ti­gung (zu den Vor­aus­set­zun­gen in­so­weit vgl. Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 13. Aufl. [2017], Rn. 3664) nicht ge­nüg­te, hat der Klä­ger nicht be­haup­tet. Es lie­gen auch kei­ne An­halts­punk­te da­für vor.

c) An­lass zu ei­ner wei­ter­ge­hen­den Un­ter­su­chung hat­te der Be­klag­te nicht. Un­strei­tig war das Fahr­zeugs am 16.12.2015 durch die X be­gut­ach­te­tet wor­den, wo­bei Hin­wei­se auf re­pa­rier­te oder un­re­pa­rier­te Vor­schä­den nicht fest­ge­stellt wor­den wa­ren. Un­strei­tig er­ge­ben sich der­ar­ti­ge Hin­wei­se auch nicht aus den Ein­trä­gen des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs in die her­stell­er­ei­ge­ne elek­tro­ni­sche Re­pa­ra­tur­his­to­rie „El­sa­Win“. Schließ­lich gab auch der am 20.​04.​201.​6 im Auf­trag des Be­klag­ten er­stell­te „KÜS­Plus-Ge­braucht­wa­gen­Check“ kei­nen· An­lass für wei­ter­ge­hen­de Un­ter­su­chun­gen.

Da­mit hat der Be­klag­te schon des­halb nicht arg­lis­tig ver­schwie­gen, über den „KÜS­Plus-Ge­braucht­wa­gen­Check“ hin­aus kei­ne Un­ter­su­chun­gen des Fahr­zeugs vor­ge­nom­men zu ha­ben, weil er zu der­ar­ti­gen Un­ter­su­chun­gen nicht ver­pflich­tet war.

II. An­sprü­che ge­mäß §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 440, 323, 326 V BGB hat der Klä­ger nicht. Die Rück­tritts­er­klä­rung des Klä­gers war un­wirk­sam ge­mäß §§ 438 IV 1 BGB i. V. mit § 218 I 1 BGB. Denn die An­sprü­che des Klä­gers auf Er­fül­lung des Kauf­ver­trags oder auf Nach­bes­se­rung wa­ren be­reits ver­jährt, als der Klä­ger am 24.08.2017 den Rück­tritt er­klär­te. Hier­auf hat sich der Be­klag­te be­ru­fen.

1. Ge­mäß § 438 IV 1 BGB i. V. mit § 218 I 1 BGB ist der Rück­tritt we­gen ei­nes Sach­man­gels un­wirk­sam, wenn der An­spruch auf die Leis­tung oder der Nach­er­fül­lungs­an­spruch ver­jährt ist und der Schuld­ner sich hier­auf be­ruft.

2. Kauf­recht­li­che Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che ver­jäh­ren, so­fern nicht die Son­der­fäl­le des § 438 I Nr. 1 und Nr. 2 BGB be­trof­fen sind, ge­mäß § 438 I Nr. 3 BGB in zwei Jah­ren. Die re­gel­mä­ßi­ge Ver­jäh­rungs­frist des § 195 BGB kommt nur zur An­wen­dung, wenn der Ver­käu­fer ei­nen Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat.

Ge­mäß § 476 II BGB, der dem § 475 II BGB in der Fas­sung bis 31.12.2017 ent­spricht, kann der Ver­käu­fer die zwei­jäh­ri­ge Ver­jäh­rungs­frist des § 438 I Nr. 3 BGB für Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che auch ge­gen­über ei­nem Ver­brau­cher und auch in All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen bei dem Kauf ge­brauch­ter Sa­chen im Vor­aus auf ein Jahr ver­kür­zen.

Kei­ne Wir­kung ent­fal­tet ein Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss, wenn der Käu­fer ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung nach­wei­sen kann (§ 444 Fall 1 BGB), wenn der Ver­käu­fer ei­ne Be­schaf­fen­heit der Kauf­sa­che ga­ran­tiert hat (§ 444 Fall 2 BGB), oder die Par­tei­en ei­ne be­stimm­te Be­schaf­fen­heit ver­ein­bart ha­ben (zu Letz­te­rem vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, ju­ris Rn. 30 f.; Urt. v. 19.12.2012 – VI­II ZR 117/12, ju­ris Rn. 15). Wäh­rend es al­ler­dings im Fal­le des § 444 Fall 2 BGB stets bei der zwei­jäh­ri­gen Ver­jäh­rungs­frist ver­bleibt, al­so nicht nur der Aus­schluss der Ge­währ­leis­tung, son­dern auch ei­ne Ver­kür­zung der Ver­jäh­rungs­frist un­wirk­sam ist, greift im Fal­le der Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. des § 434 I 1 BGB die Ver­kür­zung durch. Denn ei­ne der­ar­ti­ge Ver­ein­ba­rung lässt sich nicht da­hin aus­le­gen, dass der Ver­käu­fer für die Be­schaf­fen­heit zwei Jah­re haf­ten will, wie sich auch ei­ne Aus­le­gung der Klau­sel da­hin, dass ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung aus­ge­nom­men sein soll, ver­bie­tet. Zu­dem ver­hält sich ein Ver­käu­fer, der kein Ga­ran­tie­ge­ber i. S. des § 444 Fall 2 BGB ist, nicht wi­der­sprüch­lich, wenn er sich auf die kur­ze Ver­jäh­rung be­ruft (vgl. Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 4096).

3. Bei An­wen­dung die­ser Grund­sät­ze wa­ren all­fäl­li­ge An­sprü­che des Klä­gers auf Er­fül­lung oder Nach­bes­se­rung am 24.08.2017 ver­jährt.

a) Vor­lie­gend ver­jäh­ren die An­sprü­che des Klä­gers ge­mäß § 438 I Nr. 3 BGB grund­sätz­lich in zwei Jah­ren. Dass der Be­klag­te ei­nen Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat, konn­te das Ge­richt nicht fest­stel­len. In­so­weit wird auf die Aus­füh­run­gen oben un­ter I 1 ver­wie­sen.

b) In den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen des Be­klag­ten, die un­strei­tig in den Kauf­ver­trag zwi­schen den Par­tei­en ein­be­zo­gen wor­den sind, ist in Ab­schnitt VI Nr. 1 die Ver­jäh­rungs­frist für An­sprü­che des Käu­fers we­gen Sach­män­geln auf ein Jahr ab Ab­lie­fe­rung des Kauf­ge­gen­stan­des an den Kun­den ver­kürzt.

Es sind kei­ne Ge­sichts­punk­te er­sicht­lich, nach de­nen die Klau­sel un­wirk­sam wä­re. Ins­be­son­de­re ge­nügt die For­mu­lie­rung den Klau­sel­ver­bo­ten in § 309 Nr. 7 lit. a und lit. b BGB, weil die Ver­schul­dens­haf­tung des Ver­käu­fers für Kör­per- und Ge­sund­heits­schä­den und für sons­ti­ge Schä­den nur für den Fall ein­fa­cher Fahr­läs­sig­keit der kur­zen Ver­jäh­rung un­ter­liegt.

Es kann sich der Be­klag­te auf die­se Ver­kür­zung auch be­ru­fen. Dass der Be­klag­te den Un­fall­scha­den – un­ter­stellt, er liegt vor – arg­lis­tig ver­schwie­gen hat, hat der Klä­ger nicht hin­rei­chend dar­ge­legt. In­so­weit wird auf die Aus­füh­run­gen oben un­ter I 1 ver­wie­sen.

c) Da­hin­ste­hen kann, ob die Par­tei­en durch Be­zug­nah­me auf den „KÜS­Plus-Ge­braucht­wa­gen­Check“ ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. des § 434 I 1 BGB da­hin ge­trof­fen ha­ben, dass das Fahr­zeug kei­ne (re­pa­rier­ten) Un­fall­schä­den über der Ba­ga­tell­gren­ze auf­weist. Denn auch im Fal­le die­ser Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung hät­te die Ver­kür­zung der Ver­jäh­rungs­frist Be­stand.

d) Nach dem Vor­trag des Be­klag­ten, dem der Klä­ger nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten ist, ist das Fahr­zeug „im April 2016“ an den Klä­ger über­ge­ben wor­den. Die ein­jäh­ri­ge Ver­jäh­rungs­frist hat da­mit spä­tes­tens mit Ab­lauf des 30.04.2016 zu lau­fen be­gon­nen und war lan­ge ab­ge­lau­fen, als der Klä­ger am 24.08.2017 den Rück­tritt von dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag er­klär­te. …

Hin­weis: § 476 II BGB (= § 475 II BGB a.F.) dürf­te mit der „Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie“ (Richt­li­nie 1999/44/EG, ABl. 1999 L 171, 12) nicht in Ein­klang ste­hen. Der EuGH (Urt. v. 13.07.2017 – C-133/16 – Fe­ren­schild) hat ent­schie­den, dass die Richt­li­nie der Re­ge­lung ei­nes Mit­glieds­staats ent­ge­gen­steht, die bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf ei­ne Ver­kür­zung der Ver­jäh­rungs­frist auf we­ni­ger als zwei Jah­re ab Lie­fe­rung der Kauf­sa­che zu­lässt.

PDF er­stel­len