1. Es spricht zwar viel dafür, dass ein vom VW-Abgasskandal betroffener Gebrauchtwagen, dessen Stickoxid(NOX)-Emissionen softwaregesteuert – nur – reduziert werden, sobald das Fahrzeug einen Emissionstest absolviert, i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft ist. Allerdings hat der Käufer eines solchen Fahrzeugs die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der (angenommene) Mangel durch die – hier bereits erfolgte – Installation eines Softwareupdates nicht vollständig und nachhaltig beseitigt wird.
  2. Vage Befürchtungen des Käufers eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs und die bloße Möglichkeit, dass das Fahrzeug auch nach der Installation des Softwareupdates noch mangelhaft ist oder das Update zu neuen Mängeln (z. B. einem erhöhten Kraftstoffverbrauch) führt, reichen zur Begründung einer Kaufpreisminderung nicht aus. Das gilt erst recht, wenn der Käufer das Softwareupdate bereits hat installiert lassen; in diesem Fall muss er zur Begründung eines Minderungsrechts negative Auswirkungen des Updates (z. B. auf den Kraftstoffverbrauch, die Motorleistung oder die Schadstoffemissionen) konkret darlegen.
  3. Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Dieselfahrzeugs kann eine Minderung des Kaufpreises nicht erfolgreich mit dem allgemeinen Hinweis darauf begründen, dass seinem Fahrzeug – gegebenenfalls trotz der Installation eines Softwareupdates – der zu einem merkantilen Minderwert führende Makel anhafte, vom VW-Abgasskandal betroffen (gewesen) zu sein. Er muss vielmehr konkret aufzeigen, dass sein Fahrzeug gerade wegen des VW-Abgasskandals und nicht etwa lediglich deshalb an Wert verloren hat, weil angesichts drohender Fahrverbote in den Innenstädten die Preise für Dieselfahrzeuge allgemein gefallen sind.

OLG Dresden, Urteil vom 01.03.2018 – 10 U 1561/17

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der Beklagten mit Kaufvertrag vom 18.06.2013 einen gebrauchten Škoda Octavia Scout 2.0 TDI.

Dieses mit einem EA189-Dieselmotor ausgestattete und vom VW-Abgasskandal betroffene Fahrzeug war mit einer Software versehen, die erkannte, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert. In diesem Fall aktivierte die Software einen bestimmten Betriebsmodus („Modus 1“), in dem die Abgasrückführungsrate höher und deshalb der Stickoxid(NOX)-Ausstoß geringer war als im normalen Fahrbetrieb im „Modus 0“.

Am 11.10.2016 wurde das Fahrzeug des Klägers durch einen Škoda-Vertragshändler einem Softwareupdate unterzogen.

Der Kläger meint, er sei berechtigt, den Kaufpreis um 5.500 € zu mindern. Er hat in erster Instanz behauptet, die Installation des Softwareupdates habe nicht zu einer vollständigen Nachbesserung seines Fahrzeugs geführt. Es sei nicht ausgeschlossen, dass mit dem Update Nachteile wie etwa ein höherer Kraftstoffverbrauch, höhere Schadstoffemissionen, ein Leistungsverlust oder erhöhter Verschleiß verbunden seien. Außerdem sei sein – des Klägers – Fahrzeug allein deshalb, weil es vom VW-Abgasskandal betroffen (gewesen) sei, mit einem Makel behaftet, sodass ein merkantiler Minderwert verbleibe.

Das LG Zwickau hat in der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2017 die Sache ausgiebig erörtert und dem Kläger durch Hinweise und Nachfragen Gelegenheit zur Ergänzung seines Sachvortrags gegeben. Der Kläger hat überwiegend auf seine schriftlichen Ausführungen verwiesen und keine weiteren Erklärungen abgegeben.

Mit Urteil vom 16.10.2017 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Minderung des Kaufpreises gemäß § 441 I 1 BGB zu. Zwar sei das Fahrzeug des Klägers ursprünglich mangelhaft gewesen, weil es mit einer Manipulationssoftware ausgestattet gewesen sei. Durch die Installation des Softwareupdates sei die Pflicht zur der Beklagten zur Nacherfüllung aber erfüllt. Aufgrund dessen bestehe für den Kläger nicht mehr die Gefahr, dass wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften der Euro-5-Abgasnorm die EG-Typgenehmigung entzogen werde. Das Vorbringen des Klägers, negative Folgen des Updates (Kraftstoffmehrverbrauch, Leistungsverlust etc.) seien nicht auszuschließen, stelle eine unsubstanziierte Mutmaßung dar. Insoweit habe sich der anwaltlich vertretene Kläger trotz entsprechender Hinweise nicht weiter positioniert. Auch die Besorgnis des Klägers, dass trotz des Softwareupdates ein merkantiler Minderwert verbleibe, sei durch keinerlei Tatsachen gestützt. Die Rechtsprechung zum merkantilen Minderwert bei Unfallfahrzeugen sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Der darlegungsbelastete Kläger sei dem substanziierten und durch Unterlagen untermauerten Beklagtenvortrag, dass auf dem Markt kein Minderwert der vom sogenannten Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge zu verzeichnen sei, nicht hinreichend entgegengetreten.

Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Kläger Berufung eingelegt, weil das Landgericht die Klage seiner Ansicht nach zu Unrecht abgewiesen hat. Das Softwareupdate, so macht der Kläger geltend, sei zur vollständigen Beseitigung des seinem Fahrzeug anhaftenden Mangels nicht geeignet; dies habe er – der Kläger – bereits erstinstanzlich unter Sachverständigenbeweis gestellt. Unabhängig davon, ob nach dem Softwareupdate technische Nachteile zu verzeichnen seien, sei das Fahrzeug bereits deshalb mit einem Makel behaftet, weil es vom VW-Abgasskandal betroffen (gewesen) sei. Wegen dieses Makels sei der Wert des Fahrzeugs in den Augen der Marktteilnehmer gemindert, sodass eine nach § 287 ZPO zu schätzende Minderung des Kaufpreises um 20 % angemessen sei. Er – der Kläger – habe das Update im Übrigen nicht freiwillig installieren lassen; vielmehr sei die Installation nur deshalb erfolgt, weil er den Entzug der grünen Umweltplakette befürchtet habe. Die insoweit beweisbelastete Beklagte habe nicht bewiesen, dass die Installation des Updates zu einer vollständigen Mangelbeseitigung geführt habe.

Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: B. … Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung von 5.500 € gegen den Beklagten zu.

I. Der Kläger hält an dem Kaufvertrag fest, den die Parteien am 18.06.2013 über den Pkw … abgeschlossen haben, und begehrt Minderung des Kaufpreises von 26.770 € um 20 %. Dem Fahrzeug haftet jedoch kein Mangel an, der diese Minderung gemäß §§ 434 I 2 Nr. 2, 437 Nr. 2 Fall 2, 441 BGB und damit einen Anspruch des Klägers auf teilweise Rückzahlung des Kaufpreises rechtfertigen könnte.

1 Es kann dahinstehen, ob das Fahrzeug bei der Übergabe an den Kläger deshalb mangelhaft war, weil es mit einer Manipulationssoftware ausgestattet war, die unter Prüfbedingungen die Anzeige geringerer Abgaswerte als im Fahrbetrieb bewirkte.

1.1 Es spricht zwar viel dafür, dies als Mangel nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB anzusehen, da diese Manipulation eine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit darstellt. Unabhängig davon, ob für die Einhaltung von Abgaswerten lediglich die unter Prüfbedingungen und nicht die unter Fahrbedingungen erzielten Werte maßgeblich sind, darf ein durchschnittlicher Käufer damit rechnen, dass diese Werte zumindest in einer gewissen Korrelation zueinander stehen und aus den bei Prüfbedingungen gemessenen Abgas- und Verbrauchswerten auch Aussagen über den realen Fahrbetrieb und den Vergleich mit anderen Fahrzeugen ermöglicht werden. Aus objektiver Sicht ist zu erwarten, dass die gesetzlich vorgegebenen Abgaswerte nicht nur deshalb eingehalten und entsprechend attestiert werden, weil eine Software installiert ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandlauf erkannt und insbesondere der Stickoxidausstoß reduziert wird (OLG München, Beschl. v. 23.03.2017 – 3 U 4316/16; OLG Köln, Beschl. v. 20.12.2017 – 18 U 112/17, juris Rn. 40; LG Hagen (Westfalen), Urt. v. 16.06.2017 – 8 O 218/16, juris Rn. 175; LG Dresden, Urt. v. 08.11.2017 – 7 O 1047/16, juris Rn. 38; Oechsler, NJW 2017, 2865 ff. m. w. Nachw. [unter dem Gesichtspunkt der Täuschung]; Witt, NJW 2017, 3681 [3682] m. w. Nachw.).

1.2 Der allein durch diese Manipulation begründete Mangel wurde aber durch das am 11.10.2016 vom Autohaus Z-GmbH in X. durchgeführte Softwareupdate beseitigt.

Es handelt sich um ein vom Hersteller zur Verfügung gestelltes Update, das die Beklagte in gleicher Weise vorgenommen hätte. Der Kläger behauptet nicht, dass danach noch die Software den Prüfstandlauf erkennt und den Stickoxidausstoß im Prüfmodus im Vergleich zu dem im normalen Fahrbetrieb deutlich reduziert. Ebenso wenig behauptet er, dass nach dem Aufspielen des Softwareupdates noch die Gefahr bestehe, dem Fahrzeug könnte aufgrund eines Verstoßes gegen die Vorschriften der Euro-5-Norm die EG Typgenehmigung entzogen werden.

2 Ohne Erfolg behauptet der Kläger, dass das Aufspielen des Softwareupdates nicht geeignet sei, den Mangel vollständig zu beseitigen. Seine allgemeine Behauptung, das Softwareupdate könne nachteilige Auswirkungen haben, zum Beispiel hinsichtlich der Abgaswerte, des Kraftstoffverbrauchs, der Leistung oder der Lebensdauer des Fahrzeugs, ist nicht hinreichend substanziiert.

2.1 Der Kläger ist für das Vorliegen des Mangels darlegungs- und beweispflichtig.

Auch wenn der 8. Zivilsenat des OLG München in der vom Kläger vorgelegten Verfügung vom 20.06.2017 – 8 U 1710/17 – von einer Beweislast der Volkswagen AG ausgegangen ist, ist nach der Rechtsprechung des BGH – der sich der Senat anschließt – der Käufer beweisbelastet dafür, dass ein Mangel bei Übergabe der Kaufsache vorlag und dieser trotz Nachbesserungsversuchen des Verkäufers weiter vorhanden ist. Die aus § 363 BGB folgende Beweislastverteilung gilt gleichermaßen, wenn der Käufer die Kaufsache nach einer erfolglosen Nachbesserung wieder entgegengenommen hat. In diesem Fall muss der Käufer das Fortbestehen des Mangels, mithin die Erfolglosigkeit des Nachbesserungsversuchs beweisen (BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VIII ZR 266/09, NJW 2011, 1664 Rn. 11; OLG Koblenz, Beschl. v. 27.09.2017 – 2 U 4/17, juris Rn. 26).

Der Kläger hat die näheren Umstände, die den 8. Zivilsenat des OLG München zur Annahme dieser Beweislastverteilung veranlasst haben, nicht dargelegt. Im Übrigen handelt es sich dabei jedenfalls nicht um die allgemeine Rechtsprechung des OLG München, wie das Urteil des 21. Zivilsenates des OLG München vom 03.07.2017 zeigt (OLG München, Urt. v. 03.07.2017 – 21 U 4818/16, NJW-RR 2017, 1238 = juris Rn. 25).

2.2 Wie das LG Zwickau auf Seite 7 f. des angegriffenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, ist der Kläger seiner Darlegungslast trotz erteilter Hinweise und eingehender Erörterung der Problematik nicht hinreichend nachgekommen.

2.2.1 Es ist bereits nicht ersichtlich, welcher Vergleichsmaßstab für die Beurteilung heranzuziehen ist, ob Abgas- oder Kraftstoffverbrauchswerte erhöht sind bzw. die Leistung oder die zu erwartende Lebensdauer des Fahrzeugs verringert ist.

Die üblicherweise zu erwartende Lebensdauer wird bei Pkw in der Regel relativ grob geschätzt und dürfte bei einer Gesamtfahrstrecke von 200.000 bis 300.000 km liegen (s. die Rechtsprechungsnachweise zu Dieselfahrzeugen bei Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl., Rn. 3574). Leichte Veränderungen stellen angesichts dieser – großen – Spanne keinen Mangel dar. Eine konkrete Verkürzung der zu erwartenden Lebensdauer hat der Kläger nicht dargelegt.

Ebenso wenig hat er eine Vereinbarung über bestimmte Abgas-, Verbrauchs- und/oder Leistungswerte dargetan beziehungsweise, welche Werte von einem Käufer eines Škoda Octavia Scout 2.0 TDI üblicherweise erwartet werden können.

2.2.2 Unabhängig von der fehlenden Darlegung der Soll-Beschaffenheit des Fahrzeugs hat der Kläger auch keine signifikanten negativen Auswirkungen des Softwareupdates vorgetragen. Er hätte den substanziierten Vortrag der Beklagten, dass durch das Softwareupdate die Abgasgrenzwerte sowie die Kraftstoffverbrauchs-, Motorleistungs- und Geräuschemissionswerte eingehalten werden bzw. unverändert bleiben, wie die britische Vehicle Certification Agency (VCA) bescheinigt hat, substanziiert widerlegen müssen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in dem angegriffenen Urteil wird verwiesen.

Vage Befürchtungen des Käufers und die hypothetische Möglichkeit, dass auch nach der Nachbesserung Mängel verbleiben oder neue Mängel entstehen, sind nicht ausreichend (OLG München, Urt. v. 03.07.2017 – 21 U 4818/16; LG Dresden, Urt. v. 08.11.2017 – 7 O 1047/16, juris Rn. 51, unter Verweis auf Veröffentlichungen des ADAC, die nach durchgeführten Tests zeigen, dass das Update wirksam ist und namentlich die Stickoxidemissionen auf gesetzeskonforme Werte zurückgehen, während Verbrauch und Motorleistung durch die Umrüstung kaum beeinträchtigt werden; LG Braunschweig, Urt. v. 14.07.2017 – 11 O 3826/16, juris Rn. 28; alle m. w. Nachw.).

Der Kläger hat keine konkreten Anknüpfungstatsachen dargelegt, aus denen sich eine technische Abweichung des Fahrzeugs von der Soll-Beschaffenheit ergeben würde. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die zitierten Urteile überwiegend Fälle betreffen, in denen die Nachbesserung durch das Softwareupdate noch nicht vorgenommen wurde, sodass über deren mögliche Folgen nur Mutmaßungen angestellt werden konnten. Im vorliegenden Fall hingegen ist das Softwareupdate bereits aufgespielt, sodass der Kläger die Auswirkungen auf sein Fahrzeug hätte beobachten und konkret darlegen können und müssen. Er hat jedoch nicht einmal behauptet, dass an seinem Fahrzeug im Vergleich zu den üblicherweise zu erwartenden Werten ein erhöhter Kraftstoffverbrauch, eine verringerte Leistung oder ein erhöhter Abgasausstoß zu verzeichnen wäre, obwohl diese Werte an seinem Fahrzeug problemlos hätten erfasst werden können.

Auch zur Lebensdauer des Pkw fehlt jeglicher konkreter Vortrag. Es ist bereits nicht ersichtlich, ob der Kläger eine verringerte Lebensdauer des gesamten Fahrzeugs oder einzelner Teile behaupten möchte.

3 Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, das Fahrzeug sei – unabhängig davon, ob nach dem Softwareupdate in technischer Hinsicht Nachteile zu verzeichnen sind – jedenfalls deshalb mangelhaft, weil es von dem Abgasskandal betroffen und deshalb mit einem Makel behaftet sei, der zu einem merkantilen Minderwert führe. Der dafür angebotene Sachverständigenbeweis ist nicht einzuholen. Der Sachvortrag des Klägers ist bereits nicht ausreichend.

3.1 Der Kläger ist für das Vorliegen des Mangels darlegungs- und beweispflichtig (zur Beweislast vgl. oben B I 2.1). Indem er behauptet, allein aufgrund der Tatsache, dass das Fahrzeug von dem sogenannten Abgasskandal betroffen sei, sei bei dessen Verkauf auf dem Markt nur noch ein geringerer Preis zu erzielen, macht er einen anfänglichen Mangel geltend, dessen Beseitigung unmöglich ist. Diesen Mangel hat er darzulegen und zu beweisen.

3.2 Mit einem sogenannten Montagsauto ist das streitgegenständliche Fahrzeug nicht zu vergleichen. Dabei handelt sich um ein Fahrzeug, das aufgrund seiner auf herstellungsbedingten Qualitätsmängeln – namentlich schlechter Verarbeitung – beruhenden Fehleranfälligkeit insgesamt mängelbehaftet ist und das auch zukünftig nicht über längere Zeit frei von herstellungsbedingten Mängeln sein wird (BGH, Urt. v. 23.01.2013 – VIII ZR 140/12, NJW 2013, 1523 Rn. 26; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 984 m. w. Nachw.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das Fahrzeug ist nicht insgesamt mit Qualitätsmängeln behaftet. Es gab „lediglich“ eine Manipulation, die inzwischen beseitigt ist.

3.3 Zwar kann grundsätzlich ein aufgrund eines zunächst vorhandenen, aber aus technischer Sicht bereits beseitigten Fehlers bestehender Minderwert einen Mangel der Kaufsache darstellen. Für Unfallfahrzeuge ist dies anerkannt. Trotz einwandfreier Instandsetzung kann eine Vorschädigung eine Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit bedeuten (BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 20).

Dies ist aber nicht ohne Weiteres auf den vorliegenden Fall übertragbar. Bei Unfallfahrzeugen spricht eine aufgrund von Erfahrungswerten bekannte Wahrscheinlichkeit dafür, dass trotz Instandsetzung verborgene Schäden vorhanden sein können, die erst später zutage treten. Dies führt dazu, dass geringere Preise für derartige Fahrzeuge gezahlt werden. Entsprechende Erfahrungswerte sind für das Softwareupdate nach Manipulation der Abgasmessung nicht gegeben. Im Gegenteil, indem der Kläger den Minderwert unabhängig von verbleibenden technischen Mängeln geltend macht, legt er selbst seiner Argumentation keine derartigen Risiken zugrunde.

In der bislang hierzu ergangenen Rechtsprechung ist umstritten, ob ein solcher Minderwert und dessen Verursachung durch die Softwaremanipulation anzunehmen ist und welches Maß an Substanziierung für den Vortrag des Käufers im Prozess zu verlangen ist.

(1) Teilweise wird in der Rechtsprechung der Landgerichte die Auffassung vertreten, der allgemeine Vortrag zu einer Wertminderung reiche aus. Aufgrund der öffentlichen Diskussion sei ein Weiterverkauf der von dem Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge nur unter Inkaufnahme eines nicht unerheblichen Preisnachlasses möglich, auch bei etwaiger Durchführung des Softwareupdates (LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 23.10.2017 – 9 O 8283/16, juris Rn. 39; LG Hagen (Westfalen), Urt. v. 16.06.2017 – 8 O 218/16, juris Rn. 186 f.; LG Kempten, Urt. v. 29.03.2017 – 13 O 808/16, juris Rn. 78 ff.). Die Reichweite des Abgasskandals und die hieraus resultierende allgemeine negative Stimmung, bezogen auf die unter Verwendung einer manipulativen Software produzierten Fahrzeuge, sei hinlänglich allgemein bekannt. Dies wirke sich spürbar negativ auf den erzielbaren Preis aus (LG Kempten, Urt. v. 29.03.2017 – 13 O 808/16, juris Rn. 89). Eine Vielzahl von Käufern habe die Absicht, sich vorzeitig von ihrem Fahrzeug zu trennen, auch wenn dieses zusätzliche Angebot derzeit noch nicht auf dem Markt sei und die Käufer zunächst den Ausgang ihrer Prozesse abwarteten (LG Hagen (Westfalen), Urt. v. 16.06.2017 – 8 O 218/16, juris Rn. 186). Das Risiko eines verbleibenden merkantilen Minderwerts sei ausreichend. Der sogenannte Abgasskandal sei Gegenstand breiter öffentlicher Wahrnehmung und Diskussion, sodass nicht absehbar sei, ob und in welchem Umfang er sich negativ auf die erzielbaren Preise auswirken werde (LG München I, Urt. v. 14.04.2016 – 23 O 23033/15, DAR 2016, 389 = juris Rn. 46).

(2) Nach der Gegenansicht ist eine lediglich allgemeine Behauptung zum merkantilen Minderwert nicht ausreichend. Der Kläufer habe jedenfalls für die Verursachung des Preisrückgangs konkrete Anknüpfungstatsachen vorzutragen. Andernfalls würde die Einholung eines Sachverständigengutachtens im Zivilprozess einen nicht zulässigen Ausforschungsbeweis bedeuten (LG Braunschweig, Urt. v. 15.11.2017 – 3 O 719/17, juris Rn. 34 ff.). Aus der Medienberichterstattung sei bekannt, dass erst seit Beginn des Jahres 2017 ein fühlbarer Rückgang der Preise für Gebrauchtfahrzeuge mit einem Dieselmotor der Euro-5-Norm festzustellen sei, wobei sich der Rückgang aber gerade nicht spezifisch auf die vom Abgasskandal betroffenen Dieselfahrzeuge der VW-Fahrzeugflotte beschränke, sondern die Dieselfahrzeuge aller Fahrzeughersteller gleichermaßen betreffe. Pkw-Käufer seien verunsichert, weil sie aufgrund von Fahrverboten der Großstädte befürchten müssten, bestimmte Innenstädte nicht mehr befahren zu dürfen. Dies ziehe einen starken Rückgang des Anteils von Dieselfahrzeugen am Gesamtverkauf von Neufahrzeugen und sinkende Preise nach sich. Die Verunsicherung der Käufer von Dieselfahrzeugen sei aber nicht Folge des VW-Abgasskandals. Aufgrund dessen sei die Kausalität zu verneinen (LG Dresden, Urt. v. 08.11.2017 – 7 O 1047/16, juris Rn. 52).

(3) Die zweitgenannte Auffassung überzeugt. Der Senat verkennt nicht, dass die Preise für Dieselfahrzeuge tatsächlich gefallen sein mögen. Der Verweis auf eine allgemeine negative Stimmung ersetzt im Zivilprozess jedoch nicht den konkreten Vortrag zur Kausalität.

Der Kläger hätte zumindest konkrete Anknüpfungstatsachen für eine Verursachung durch die streitgegenständliche Manipulation vortragen müssen. Dem ist er nicht nachgekommen. So hat er nicht dargelegt und behauptet, dass speziell der Wert der Fahrzeuge der Marken Volkswagen und Škoda seit Bekanntwerden des Abgasskandals im Jahr 2015 wesentlich stärker gesunken sei als der von Dieselfahrzeugen anderer Hersteller. Soweit er sich auf den allgemeinen Preisverfall von Dieselfahrzeugen aller Marken stützt, hat er nicht hinreichend dargelegt, dass dieser auf die Manipulationen von Volkswagen bzw. Škoda zurückzuführen ist.

Wenn die Medienberichterstattung eine Verunsicherung der Pkw-Eigentümer und -Käufer wegen drohender Fahrverbote für Dieselfahrzeuge herausstellt, ist dies nicht Folge des VW-Abgasskandals. Zwar mag das Bekanntwerden der Manipulationen von VW auch einen Anstoß zu dieser Diskussion gegeben haben. Die Verunsicherung auf dem Markt ist jedoch insbesondere durch die Befürchtung verursacht, von Fahrverboten in den Innenstädten betroffen und dadurch in der Nutzung des eigenen Fahrzeugs eingeschränkt zu sein. Diese Bedenken beruhen jedoch nicht auf der Manipulation der Fahrzeughersteller, sondern auf der Verpflichtung der Städte, die europarechtlich vorgegebene Grenze der Feinstaubbelastung einzuhalten, wozu sie aufgrund verwaltungsgerichtlicher Urteile gezwungen sind (vgl. nunmehr zur grundsätzlichen Rechtmäßigkeit von Fahrverboten BVerwG, Urt. v. 27.02.2018 – 7 C 26/16). Von den drohenden Fahrverboten sind aufgrund ihres hohen Stickoxidausstoßes insbesondere Dieselfahrzeuge betroffen (LG Dresden, Urt. v. 08.11.2017 – 7 O 1047/16, juris Rn. 52).

Nähere Anknüpfungstatsachen dafür, warum dennoch für einen Preisverfall bei Dieselfahrzeugen vor allem die Softwaremanipulation des Herstellers Škoda ausschlaggebend sein soll, hat der Kläger nicht dargelegt.

II. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten gemäß §§ 280 I, III, 281 BGB, § 823 I oder II BGB oder § 826 BGB. Die kaufrechtliche Minderung schließt Schadensersatzansprüche aufgrund derselben Vermögenseinbuße aus (BGH, Urt. v. 27.05.2011 – V ZR 122/10, juris Rn. 16; Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl., § 441 Rn. 8). Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob sich die Beklagte Kenntnisse des Fahrzeugherstellers von der Softwaremanipulation zurechnen lassen muss, kommt es aufgrund dessen nicht an.

III. Auch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB ergibt sich kein Anspruch. Die Zahlung des Klägers erfolgte aufgrund des Kaufvertrags vom 18.06.2013. Er hat den Kaufvertrag nicht angefochten.

IV. Mangels Hauptforderung besteht kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen oder vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (§§ 280 I, II, 286 BGB).

C. … Der Senat lässt die Revision gemäß § 543 II Nr. 1 ZPO aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zu. Diese ist gegeben, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und die deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschl. v. 27.03.2003 – V ZR 291/02, NJW 2003, 1943 = juris Rn. 5 m. w. Nachw.). Dies ist vorliegend aufgrund der Vielzahl von ähnlich gelagerten Fällen im Rahmen des VW-Abgasskandals der Fall, insbesondere hinsichtlich der Frage, inwieweit der Käufer seinen Vortrag zu den Auswirkungen der – durch das Update beseitigten – Softwaremanipulation auf den Marktwert des Fahrzeuges substanziieren muss. …

Hinweis: Die genannte Verfügung des OLG München vom 20.06.2017 – 8 U 1710/17 – lautet:

„Der Senat ist derzeit nicht davon überzeugt, dass das angebotene Softwareupdate eine ausreichende Nacherfüllung darstellt. Mangels eigener ausreichender Sachkunde ist der Senat geneigt, gemäß §§ 144 I 1, 525 ZPO die Anfertigung eines Sachverständigengutachtens zu folgenden Fragen einzuholen:

  • Erfolgt durch das von der Volkswagen AG angebotene Softwareupdate eine ausreichende Reduzierung des Schadstoffausstoßes, insbesondere des Ausstoßes von Stickoxiden?
  • Hat das von der Volkswagen AG angebotene Softwareupdate eine Minderung der Motorleistung und/oder eine Erhöhung des Kraftstoffverbrauchs und/oder eine Erhöhung des Motorverschleißes zur Folge?
  • Wie steht es mit dem Wiederverkaufswert der Fahrzeuge des VW-Konzerns mit Motoren, an denen ein Softwareupdate durchgeführt werden soll? Gibt es bereits Erfahrungen zu Wiederverkaufswerten von Fahrzeugen aus dem VW-Konzern, an denen bereits das Softwareupdate durchgeführt worden ist? Falls ja, wie hat sich das Softwareupdate auf den Wiederverkaufspreis ausgewirkt?

Der Kfz-Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) R … hat auf telefonische Anfrage des Senats erklärt, dass er zumindest zu den Fragen ein Gutachten erstatten kann, ob das von der Volkswagen AG angebotene Softwareupdate aus technischer Sicht eine ausreichende Reduzierung des Schadstoffausstoßes bewirken kann und ob damit eine Reduzierung der Motorleistung, eine Erhöhung des Kraftstoffverbrauchs und eine Erhöhung des Motorverschleißes verbunden ist. Nach seinen Angaben hat er die Möglichkeit, geeignete Labore bzw. Prüfstände zu nutzen. Die Kosten eines Gutachtens belaufen sich nach seinen Angaben vorsichtig geschätzt auf 40.000 €.

Der Senat sieht derzeit die Beklagtenseite als beweispflichtig für die Behauptung an, dass das von der Volkswagen AG angebotene Softwareupdate eine ausreichende Nacherfüllung darstellt Wegen der hohen Gutachtenkosten stellt sich die Frage, ob man für alle beim 8. Zivilsenat des OLG München rechtshängigen Berufungsverfahren ein Gutachten anfertigt und die Kosten aufteilt, die letztlich die Seite zu tragen hat, die im Berufungsverfahren unterliegt.“

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