1. Ein meh­re­re Jah­re al­ter Ge­braucht­wa­gen ist nicht al­lein des­halb man­gel­haft, weil er (hier: im Dach­be­reich) fach­ge­recht nachla­ckiert wur­de. Der Käu­fer ei­nes sol­chen Fahr­zeugs kann nicht er­war­ten, dass es noch die Ori­gi­nal­la­ckie­rung auf­weist. Denn es ist nicht un­ge­wöhn­lich, dass es im Lau­fe des mehr­jäh­ri­gen Ge­brauchs ei­nes Kraft­fahr­zeugs zu Lack­schä­den kommt, die durch ei­ne mehr oder we­ni­ger um­fang­rei­che Neu­la­ckie­rung be­sei­tigt wer­den.
  2. Ein Ge­braucht­wa­gen­händ­ler ist grund­sätz­lich nur zu ei­ner fach­män­ni­schen äu­ße­ren Be­sich­ti­gung („Sicht­prü­fung“) ei­nes zum Ver­kauf ste­hen­den Fahr­zeugs ver­pflich­tet. Er­ge­ben sich dar­aus kei­ne An­halts­punk­te für ei­nen Un­fall­scha­den, dann be­steht kei­ne Pflicht zu wei­te­ren Nach­for­schun­gen und da­mit auch kei­ne Pflicht, in ei­ner zen­tra­len Da­ten­bank des Fahr­zeug­her­stel­lers die „Re­pa­ra­tur­his­to­rie“ des Fahr­zeugs ein­zu­se­hen. Da­zu ist der Händ­ler al­len­falls ver­pflich­tet, wenn die Sicht­prü­fung An­halts­punk­te für ei­nen Un­fall­scha­den er­ge­ben hat.

LG Es­sen, Ur­teil vom 24.04.2014 – 3 O 289/13
(nach­fol­gend: OLG Hamm, Be­schluss vom 15.12.2014 – 2 U 97/14)

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en strei­ten über die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ei­nen Ge­braucht­wa­gen.

Der Klä­ger kauf­te am 27.04.2010 bei der Be­klag­ten, die ein Au­to­haus be­treibt, ei­nen ge­brauch­ten, am 05.01.2006 erst­zu­ge­las­se­nen Pkw mit ei­ner Lauf­leis­tung von 78.000 Ki­lo­me­tern für ins­ge­samt 13.600 €. In dem Be­stell­for­mu­lar heißt es: „lt. Vor­be­sit­zer un­fall­frei“. Bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags wies die Be­klag­te den Klä­ger nicht auf Män­gel hin.

In der Fol­ge­zeit tra­ten Pro­ble­me mit dem Fahr­zeug auf, die da­zu führ­ten, dass die Be­klag­te auf ih­re Kos­ten die Ki­lo­me­ter­an­zei­ge re­pa­rier­te und der Klä­ger auf ei­ge­ne Kos­ten die Wind­schutz­schei­be aus­tau­schen ließ.

Als der Klä­ger sein Fahr­zeug dann ei­nem Kfz-Händ­ler vor­führ­te, um es zu ver­kau­fen, lehn­te der Händ­ler ei­nen An­kauf mit der Be­grün­dung ab, dass das Fahr­zeug nachla­ckiert wor­den sei. Er, der Händ­ler, kön­ne nicht fest­stel­len, war­um das Fahr­zeug nachla­ckiert wor­den sei, und sei des­halb an ei­nem An­kauf nicht in­ter­es­siert.

Dar­auf­hin lei­te­te der Klä­ger ein selbst­stän­di­ges Be­weis­ver­fah­ren ein. In die­sem Ver­fah­ren stellt der ge­richt­li­che Sach­ver­stän­di­ge ins­be­son­de­re fest, dass das Fahr­zeug an meh­re­ren Stel­len nachla­ckiert wur­de. Dies sei bei ent­spre­chen­der Un­ter­su­chung für ei­nen sach- und fach­kun­di­gen Au­to­mo­bil­ver­käu­fer zu er­ken­nen ge­we­sen. Mit Blick auf die Nachla­ckie­rung sei ei­ne Wert­min­de­rung des Fahr­zeugs von 300 € markt­ge­recht.

Mit Schrei­ben vom 05.08.2013 for­der­te der Rechts­an­walt des Klä­gers die Be­klag­te auf, bis zum 14.08.2013 der Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges zu­zu­stim­men. Hier­zu war die Be­klag­te nicht be­reit.

Der Klä­ger meint, der Pkw sei man­gel­haft. Dar­über hin­aus ist er der An­sicht, die Be­klag­te ha­be ihn bei den Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen arg­lis­tig ge­täuscht, weil sie ihn nicht auf die Nachla­ckie­rung auf­merk­sam ge­macht ha­be. Bei den hier er­kenn­ba­ren An­halts­punk­ten für ei­nen Vor­scha­den sei ein ge­werb­li­cher Kfz-Ver­käu­fer zu ei­ner Sicht­prü­fung ver­pflich­tet und müs­se ei­ge­ne Nach­for­schun­gen an­stel­len, um ei­nen Un­fall­scha­den aus­zu­schlie­ßen.

Die im We­sent­li­chen auf Zah­lung von 11.745,57 € ge­rich­te­te Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Der An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags fin­det im kauf­ver­trag­li­chen Ge­währ­leis­tungs­recht kei­ne Stüt­ze …, da das … Fahr­zeug kei­nen Man­gel auf­weist. Ge­mäß § 437 Nr. 2 BGB kann der Käu­fer, ist die Sa­che man­gel­haft, un­ter an­de­rem nach den §§ 440, 323 und 326 V BGB von dem Ver­trag zu­rück­tre­ten.

Der [Pkw] ist nicht man­gel­be­haf­tet. Ge­mäß § 434 I 1 BGB ist die Kauf­sa­che frei von Sach­män­geln, wenn sie bei Ge­fahr­über­gang die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit hat. So­weit die Be­schaf­fen­heit nicht ver­ein­bart ist, ist die Sa­che frei von Sach­män­geln, wenn sie sich für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung eig­net, sonst, wenn sie sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann (§ 434 I 2 BGB).

Ein Sach­man­gel lässt sich nicht dar­an an­knüp­fen, dass in der ver­bind­li­chen Be­stel­lung Un­fall­frei­heit laut Vor­be­sit­zer an­ge­ge­ben ist. Hier­in ist mit der neue­ren Recht­spre­chung des BGH be­reits kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung ge­ge­ben (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517 [1518]; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 12. Aufl. [2014], Rn. 3071), da es sich hier­bei le­dig­lich um ei­ne Wis­sens­er­klä­rung oder Wis­sens­mit­tei­lung han­delt, mit der die Be­klag­te die An­ga­ben des Vor­be­sit­zers wie­der­gibt.

Im Üb­ri­gen trifft die An­ga­be der Un­fall­frei­heit auch in der Sa­che zu. Auf­grund der Be­weis­auf­nah­me ist das Ge­richt im Rah­men der ihm nach § 286 I 1 ZPO zu­ste­hen­den frei­en Be­weis­wür­di­gung nicht zu der Über­zeu­gung ge­langt, dass die strei­ti­gen Be­haup­tun­gen, das Dach sei an ei­ni­gen Stel­len ein­ge­drückt wor­den, wor­auf man sich ent­schlos­sen ha­be, die Del­len zu spach­teln und neu zu la­ckie­ren, mit der Fol­ge der An­nah­me ei­nes Sach­man­gels als be­wie­sen an­zu­se­hen ist. Da­nach ist ein Be­weis dann er­bracht, wenn das Ge­richt un­ter Be­rück­sich­ti­gung des ge­sam­ten Er­geb­nis­ses der Be­weis­auf­nah­me und der sons­ti­gen Wahr­neh­mun­gen in der münd­li­chen Ver­hand­lung von der Rich­tig­keit ei­ner Tat­sa­chen­be­haup­tung über­zeugt ist und al­le ver­nünf­ti­gen Zwei­fel aus­ge­räumt sind. Nicht er­for­der­lich ist hier­für ei­ne na­tur­wis­sen­schaft­li­che Ge­wiss­heit, maß­geb­lich ist ein rich­ter­li­cher Grad an Über­zeu­gung, der ver­nünf­ti­gen Zwei­feln Schwei­gen ge­bie­tet. Die­ser Grad ist vor­lie­gend nicht er­reicht. Nach der in je­der Hin­sicht über­zeu­gen­den Aus­sa­ge der Zeu­gin N, der Vor­ei­gen­tü­me­rin, in de­ren Be­sitz­zeit es zu der Nachla­ckie­rung ge­kom­men ist, gab es nach der Rück­kehr des Fahr­zeugs von der Her­stel­ler­rück­ruf­ak­ti­on klei­ne Del­len am Dach, bei de­nen es sich um fla­che Un­eben­hei­ten in et­wa von der Grö­ße der Fin­ger­kup­pe der Zeu­gin ge­han­delt hat. Nach ih­rer Er­in­ne­rung wa­ren es zwei klei­ne Be­fun­de an der rech­ten wie an der lin­ken Dach­sei­te in in et­wa sym­me­tri­scher An­ord­nung. Die Be­fun­de wa­ren so ge­ring, dass sie der Zeu­gin zu­nächst über­haupt nicht auf­ge­fal­len sind, son­dern erst ih­rem Mann bei des­sen Ein­stei­gen in das Fahr­zeug … auf­ge­fal­len sind. Sicht­bar wa­ren die Be­fun­de, wenn das Licht auf­traf. Die An­ga­ben der Zeu­gin wa­ren für den Tatrich­ter über­zeu­gend, da sie ein plas­ti­sches Bild von dem Her­gang der Rück­ruf­ak­ti­on und dem Rück­erhalt des Fahr­zeugs nach die­ser ge­zeich­net hat. Die An­ga­ben wa­ren an­schau­lich, ge­ra­de in der Be­schrei­bung des Be­fun­des im Dach­be­reich des Fahr­zeugs, die die Zeu­gin nach Grö­ße – Ver­gleich mit Fin­ger­kup­pe – und Sicht­bar­keit über­zeu­gend be­schrie­ben hat. Wei­ter wa­ren die An­ga­ben über­zeu­gend, da sie nicht le­dig­lich den Be­fund be­schrie­ben hat, son­dern ei­ne Ein­bet­tung in den Kon­text un­ter kon­kre­ter Be­nen­nung wei­te­rer Per­so­nen, wie ih­rem Ehe­mann und der Fir­ma X, die dann die Nachla­ckie­rung ver­an­lasst hat, vor­ge­nom­men hat.

Ei­nem Un­fall­ver­dacht muss­te die Be­klag­te in An­se­hung der Nachla­ckie­rung eben­falls nicht nach­ge­hen.

Nach stän­di­ger Recht­spre­chung trifft den Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens oh­ne Vor­lie­gen be­son­de­rer An­halts­punk­te für ei­nen Un­fall­scha­den nicht die Ob­lie­gen­heit, das zum Ver­kauf an­ge­bo­te­ne Fahr­zeug auf Un­fall­schä­den zu un­ter­su­chen. Der Händ­ler ist grund­sätz­lich nur zu ei­ner fach­män­ni­schen äu­ße­ren Be­sich­ti­gung – „Sicht­prü­fung“ – ver­pflich­tet. Wenn sich dar­aus kei­ne An­halts­punk­te für ei­nen Vor­scha­den er­ge­ben, dann be­steht kei­ne Pflicht zu wei­te­ren Nach­for­schun­gen und da­mit auch nicht et­wa zu ei­ner Ab­fra­ge bei et­wai­gen zen­tra­len Da­ten­ban­ken des Her­stel­lers be­tref­fend ei­ne dort et­wa vor­han­de­ne „Re­pa­ra­tur­his­to­rie“ des Fahr­zeugs über bei an­de­ren Ver­trags­händ­lern/-werk­stät­ten in den ver­gan­ge­nen Jah­ren durch­ge­führ­te Re­pa­ra­tu­ren. Nur wenn die Erst­un­ter­su­chung des Händ­lers zu an­de­ren Er­kennt­nis­sen führt, kann die­ser zu wei­te­ren Nach­for­schun­gen ver­pflich­tet sein, et­wa zu ge­ziel­ten Rück­fra­gen oder auch zur Ein­sicht­nah­me in ihm zu­gäng­li­che Da­tei­en bzw. et­wa vor­han­de­ne On­line-Da­ten­ban­ken des Her­stel­lers (auch in­so­weit le­sens­wert BGH, Urt. v. 19.06.2013 – VI­II ZR 183/12, NJW 2014, 211 [212]).

Über den In­for­ma­ti­ons­er­halt durch die Zeu­gin N hin­aus­ge­hen­de Er­mitt­lungs­pflich­ten tra­fen die Be­klag­te nicht. Nach der auch in­so­weit in je­der Hin­sicht über­zeu­gen­den Aus­sa­ge der Zeu­gin N hat sie den Be­fund am Dach so­wie die Nachla­ckie­rung nach der Rück­ruf­ak­ti­on dem Mit­ar­bei­ter M der Be­klag­ten bei der Fahr­zeug­über­nah­me durch die Be­klag­te zu­tref­fend mit­ge­teilt. Ih­re dies­be­züg­li­chen An­ga­ben wa­ren für den Tatrich­ter über­zeu­gend, denn die Zeu­gin hat den Ge­sprächs­part­ner bei der Be­klag­ten be­nannt und wei­ter, dass das Ver­kaufs­ge­spräch ak­tiv von ih­rem Ehe­mann ge­führt wur­de. Der Über­zeu­gungs­kraft steht nicht ent­ge­gen, dass sich die Zeu­gin rund vier Jah­re nach dem Ge­spräch nicht mehr an den ge­nau­en Ab­lauf des Ge­sprächs er­in­nern konn­te …

Auch über § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­gibt sich kein Man­gel des Fahr­zeugs, da sich das Fahr­zeug für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung, näm­lich die ver­kehrs­si­che­re Teil­nah­me am mo­to­ri­sier­ten Stra­ßen­ver­kehr, eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art (Pkw mit Bau­jahr 2006) üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann. Mit ei­ner Nachla­ckie­rung, die sich hier auf den Be­reich des Da­ches er­streckt, ist bei dem Kauf ei­nes Fahr­zeugs, wel­ches zur Zeit des Kaufs be­reits über vier Jah­re zu­ge­las­sen ge­we­sen ist und wel­ches meh­re­re tau­send Ki­lo­me­ter ge­lau­fen ist, zu rech­nen. Bei der­ar­ti­gen Ge­braucht­fahr­zeu­gen ge­hört es nicht zur üb­li­chen Be­schaf­fen­heit, dass sich al­le Fahr­zeug­tei­le noch im Ori­gi­nal­zu­stand be­fin­den. Die üb­li­che Be­schaf­fen­heit gleich­ar­ti­ger Sa­chen ist viel­mehr auch dann noch ge­ge­ben, wenn ein­zel­ne (we­sent­li­che) Fahr­zeug­tei­le in tech­nisch ein­wand­frei­er Wei­se er­neu­ert wur­den. Das gilt in glei­cher Wei­se, wenn das Fahr­zeug mit ei­ner neu­en La­ckie­rung ver­se­hen wor­den ist, um es tech­nisch und op­tisch wie­der in ei­nen ta­del­lo­sen Zu­stand zu ver­set­zen. Zu Recht wird des­halb an­ge­nom­men, dass der Um­stand ei­ner tech­nisch ein­wand­frei­en Neu­la­ckie­rung für sich al­lein kei­nen Man­gel des Fahr­zeugs be­grün­det (vgl. BGH, Urt. v. 20.05.2009 – VI­II ZR 191/07, NJW 2009, 2807 [2808] m. w. Nachw.).

Der Klä­ger konn­te nach der Art der Sa­che – ei­nes rund vier Jah­re al­ten Ge­braucht­wa­gens – nicht er­war­ten, dass das Fahr­zeug mit der ur­sprüng­lich vor­han­de­nen Ori­gi­nal­la­ckie­rung ver­se­hen war. Dies be­stimmt sich nach dem Emp­fän­ger­ho­ri­zont ei­nes Durch­schnitts­käu­fers, und zwar da­nach, wel­che Be­schaf­fen­heit er an­hand der Art der Sa­che er­war­ten kann, wo­bei die be­rech­tig­ten Er­war­tun­gen des Käu­fers bei ei­nem Ge­braucht­wa­gen na­ment­lich durch des­sen Al­ter und des­sen Lauf­leis­tung be­stimmt wer­den. Es kommt mit­hin auf die ob­jek­tiv be­rech­tig­te Käu­fe­rer­war­tung an, die sich in Er­man­ge­lung ab­wei­chen­der An­halts­punk­te je­den­falls im Re­gel­fall an der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit gleich­ar­ti­ger Sa­chen ori­en­tiert. Da­ge­gen ist nicht ent­schei­dend, wel­che Be­schaf­fen­heit der Käu­fer tat­säch­lich er­war­tet und wie er auf ei­ne hier­von ab­wei­chen­de Be­schaf­fen­heit re­agiert. Hat er des­halb in der Kauf­si­tua­ti­on hö­he­re Er­war­tun­gen, muss er ei­ne ent­spre­chen­de Be­schaf­fen­heit i. S. von § 434 I 1 BGB in­di­vi­du­ell ver­ein­ba­ren, da­mit sie die Soll­be­schaf­fen­heit mit be­stim­men (vgl. BGH, Urt. v. 20.05.2009 – VI­II ZR 191/07, NJW 2009, 2807 [2808] m. w. Nachw.).

Bei ei­nem meh­re­re Jah­re al­ten Ge­braucht­wa­gen kann ein durch­schnitt­li­cher Käu­fer nicht er­war­ten, dass das Fahr­zeug noch die Ori­gi­nal­la­ckie­rung auf­weist. Denn es ist nicht un­ge­wöhn­lich, dass es im Lau­fe des mehr­jäh­ri­gen Ge­brauchs ei­nes Kraft­fahr­zeugs zu Lack­schä­den kommt, die durch ei­ne mehr oder we­ni­ger um­fang­rei­che Neu­la­ckie­rung be­sei­tigt wer­den. Be­stimm­te Äu­ße­run­gen der Be­klag­ten, die bei ei­nem durch­schnitt­li­chen Käu­fer wei­ter­ge­hen­de Er­war­tun­gen hät­ten we­cken kön­nen, sind nicht er­sicht­lich, so­dass der Klä­ger nicht er­war­ten konn­te, das Fahr­zeug mit der ur­sprüng­lich vor­han­de­nen Ori­gi­nal­la­ckie­rung aus­ge­lie­fert zu er­hal­ten (vgl. BGH, Urt. v. 20.05.2009 – VI­II ZR 191/07, NJW 2009, 2807 [2808]).

Ein Man­gel er­gibt sich auch nicht aus ei­ner un­sach­ge­mäß aus­ge­führ­ten La­ckie­rung des Fahr­zeugs, da ei­ne sol­che nicht be­haup­tet wird.

Die klä­ger­sei­tig ver­folg­ten An­sprü­che sind auch nicht aus dem Ge­sichts­punkt der An­fech­tung bzw. des Ver­schul­dens bei Ver­trags­ab­schluss aus § 812 I 1 Fall 1 BGB bzw. §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB be­rech­tigt.

Zu­nächst wer­den An­sprü­che nach Arg­listan­fech­tung (§ 123 I BGB) nach all­ge­mei­ner An­sicht nicht durch die ge­währ­leis­tungs­recht­li­chen Be­stim­mun­gen ver­drängt, in­des fehlt es an ei­nem arg­lis­ti­gen Ver­hal­ten der Be­klag­ten, mit­hin ei­nem An­fech­tungs­grund bzw. ei­ner haf­tungs­aus­lö­sen­den Pflicht­ver­let­zung.

Wie bei den kauf­recht­li­chen Arg­list­nor­men ist zwi­schen ei­ner Täu­schung durch arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen und dem Fall der Täu­schung durch po­si­ti­ves Tun zu tren­nen. Wird – wie vor­lie­gend – die An­fech­tung mit ei­nem Ver­schwei­gen be­grün­det, hat der Klä­ger le­dig­lich vor­zu­tra­gen, dass der Ver­käu­fer von dem frag­li­chen Um­stand Kennt­nis hat­te und trotz die­ser Kennt­nis ge­schwie­gen hat. Dann wie­der­um ist es Sa­che des Ver­käu­fers, sub­stan­zi­iert vor­zu­tra­gen, dass er von der frag­li­chen Tat­sa­che kei­ne Kennt­nis ge­habt hat.

Nach ent­spre­chen­der Auf­la­ge hat die Be­klag­te zu dem Er­werb durch sie von der Vor­ei­gen­tü­me­rin wei­ter vor­ge­tra­gen und dar­ge­stellt, wie üb­li­cher­wei­se in [ih­rem] Au­to­haus … An­käu­fe von­stat­ten­ge­hen. Dies ge­nügt im Fall, da nach dem gut nach­voll­zieh­ba­ren Vor­brin­gen der Be­klag­ten die­se rund 400 Kraft­fahr­zeu­ge in Zah­lung nimmt und mit Blick auf die seit dem Ver­kauf ver­stri­che­ne Zeit kei­ne kon­kre­ten Er­in­ne­run­gen an den Ver­kauf mehr vor­han­den sind. Hier­nach ist es wie­der­um Sa­che des Käu­fers, die Kennt­nis des Ver­käu­fers nach­zu­wei­sen (vgl. Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 4506 ff. m. w. Nachw.). Nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me, zeu­gen­schaft­li­che Ver­neh­mung der N, ist ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen des Be­fun­des am Dach nicht ge­ge­ben. Die Zeu­gin hat aus­ge­führt, den Be­fund am Dach so­wie des­sen ra­sches und un­bü­ro­kra­ti­sches Ab­stel­len durch die Fir­ma X nicht als er­wäh­nens­wer­ten Scha­den an­ge­se­hen zu ha­ben und von da­her auch die Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs schrift­lich be­stä­tigt zu ha­ben. Die Ein­schät­zung der Zeu­gin war für den Tatrich­ter zu­tref­fend, die fin­ger­kup­pen­gro­ßen, im Ge­gen­licht sicht­ba­ren nicht tie­fen Del­len in der Dach­ober­flä­che des Fahr­zeugs wa­ren nach der über­zeu­gen­den Schil­de­rung der Zeu­gin der­art ge­ring­fü­gig, dass sie ei­nen of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Vor­scha­den nicht dar­zu­stel­len ver­mö­gen. An­ge­sichts des­sen war die Be­klag­te auch nicht ge­hal­ten, ge­son­dert auf die Nachla­ckie­rung hin­zu­wei­sen. Mit der schrift­li­chen Be­stä­ti­gung der Un­fall­frei­heit durch die Vor­be­sit­ze­rin ge­gen­über der Be­klag­ten, wie sie die Zeu­gin über­zeu­gend ge­schil­dert hat, schei­det im Fall die An­nah­me von Arg­list bei dem Wei­ter­ver­kauf durch die Be­klag­te aus.

Die Kla­ge ist auch nicht hin­sicht­lich ei­nes Teil­be­trags für die Re­pa­ra­tur der Wind­schutz­schei­be be­grün­det. So dies­be­züg­lich Män­gel­rech­te gel­tend ge­macht wer­den soll­ten, stün­de der Be­klag­ten ein Recht zur Nach­bes­se­rung zu. Dem kla­gen­den Käu­fer ist es ver­wehrt, selbst ei­ne Re­pa­ra­tur vor­zu­neh­men, das Recht des Ver­käu­fers zur zwei­ten An­die­nung zu un­ter­lau­fen und dann die Kos­ten ge­gen­über die­sem zu li­qui­die­ren, da Arg­list im Fall nicht vor­liegt. Da­für, dass der Scha­den an der Wind­schutz­schei­be in ei­nem Zu­sam­men­hang mit den ge­ring­fü­gi­gen, fin­ger­kup­pen­gro­ßen Del­len an dem Dach in ei­nem Zu­sam­men­hang steht, ist nichts vor­ge­tra­gen oder er­sicht­lich.

Man­gels … Haupt­for­de­rung be­steht auch kein An­spruch auf Ver­zin­sung und Er­satz vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­ge­büh­ren. An­nah­me­ver­zug ist nicht fest­zu­stel­len, da der Klä­ger kei­nen An­spruch auf Rück­ab­wick­lung hat …

Hin­weis: Die Be­ru­fung des Klä­gers hat das OLG Hamm mit Be­schluss vom 29.01.2015 ge­mäß § 522 II ZPO zu­rück­ge­wie­sen, nach­dem es auf die­se Ab­sicht mit Be­schluss vom 15.12.2014 – 2 U 97/14 – hin­ge­wie­sen hat­te.

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