Ein Ge­braucht­wa­gen ist nicht man­gel­haft, weil er fach­ge­recht nachla­ckiert wur­de, um ei­nen mi­ni­ma­len, nicht von ei­nem Un­fall her­rüh­ren­den Scha­den zu be­he­ben.

OLG Hamm, Be­schluss vom 15.12.2014 – 2 U 97/14
(vor­her­ge­hend: LG Es­sen, Ur­teil vom 24.04.2014 – 3 O 289/13)

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­gehrt Rück­ab­wick­lung ei­nes Pkw-Kauf­ver­tra­ges. Er hat be­haup­tet, die be­klag­te Ver­käu­fe­rin ha­be ihm ei­nen – re­pa­rier­ten – Scha­den arg­lis­tig ver­schwie­gen. Das Land­ge­richt hat sei­ne Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Da­ge­gen rich­tet sich die Be­ru­fung des Klä­gers. Er macht im We­sent­li­chen gel­tend, die Be­klag­te ha­be ge­wusst bzw. wis­sen müs­sen, dass das Fahr­zeug nachla­ckiert wur­de, und ihn nicht dar­auf hin­ge­wie­sen. Weil die Be­klag­te von den Nachla­ckie­run­gen ge­wusst ha­be, sei sie ver­pflich­tet ge­we­sen nach­zu­prü­fen, wel­chen Scha­den das Fahr­zeug er­lit­ten ha­be. Das sei nicht ge­sche­hen. Ei­nen sich aus den Nachla­ckie­run­gen er­ge­ben­den Ver­dacht ei­nes Un­fall­scha­dens ha­be die Be­klag­te mit­tei­len müs­sen. Dass sie das un­ter­las­sen ha­be, be­grün­de den Vor­wurf der Arg­list.

Das Be­ru­fungs­ge­richt hat auf sei­ne Ab­sicht hin­ge­wie­sen, die Be­ru­fung durch Be­schluss (§ 522 II ZPO) zu­rück­zu­wei­sen, weil sie kei­ne Aus­sicht auf Er­folg ha­be.

Aus den Grün­den: II. 1. Der Rück­tritt des Klä­gers ist un­be­rech­tigt. Es fehlt, wo­von das Land­ge­richt zu­tref­fend aus­ge­gan­gen ist, an ei­nem zum Rück­tritt be­rech­ti­gen­den Man­gel.

a) Ei­ne Nachla­ckie­rung be­deu­tet, so­weit sie fach­ge­recht durch­ge­führt wor­den ist, kei­nen Man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB (BGH, Urt. v. 20.05.2009 – VI­II ZR 191/07). Für die Fra­ge, ob ei­ne Nachla­ckie­rung an sich ei­nen Man­gel be­deu­tet, macht es, an­ders als die Be­ru­fung mög­li­cher­wei­se meint, kei­nen Un­ter­schied, ob dem Ver­käu­fer die Nachla­ckie­rung be­kannt war oder nicht. Da­für, dass die Nachla­ckie­rung nicht fach­ge­recht durch­ge­führt wor­den wä­re, ist nichts vor­ge­tra­gen oder sonst er­sicht­lich.

b) Der Wa­gen ist auch kein Un­fall­wa­gen. Viel­mehr ist es – an­de­res ist je­den­falls nicht fest­stell­bar – zu ei­ner Be­schä­di­gung durch ei­nen Trans­port ge­kom­men. Ob ei­ne der­ar­ti­ge – re­pa­rier­te – Be­schä­di­gung eben­so wie Un­fall­wa­gen­ei­gen­schaft zur An­nah­me ei­nes Man­gels führt, mag da­hin­ste­hen. Ein Man­gel ist – wie bei der Fra­ge der Un­fall­wa­gen­ei­gen­schaft (Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 12. Aufl., Rn. 3097) – je­den­falls nur dann ge­ge­ben, wenn die – re­pa­rier­te – Be­schä­di­gung als er­heb­lich an­zu­se­hen ist. Da­von kann bei den von der Zeu­gin N ge­schil­der­ten mi­ni­ma­len Del­len nicht die Re­de sein.

c) Ein blo­ßer Man­gel­ver­dacht, der sich nach dem Vor­brin­gen des Klä­gers im Hin­blick auf ei­nen re­le­van­ten Vor­scha­den aus der Nachla­ckie­rung er­ge­ben soll, be­deu­tet im Grund­satz kei­nen Man­gel (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 3287). Ein Man­gel­ver­dacht ver­mag nur in be­son­de­ren Fäl­len ei­nen Man­gel be­grün­den. Vor­aus­set­zung da­für ist je­den­falls, dass der Man­gel­ver­dacht nicht aus­ge­räumt wer­den kann. So liegt die Sa­che hier nicht. Der Ver­dacht ei­nes re­le­van­ten Vor­scha­dens war durch Un­ter­su­chung der Nachla­ckie­rungs­be­rei­che aus­zu­räu­men. Ent­spre­chend hat der Sach­ver­stän­di­ge im Be­weis­si­che­rungs­ver­fah­ren auch nichts ge­fun­den, was auf ei­nen re­le­van­ten Vor­scha­den hin­deu­tet. Viel­mehr hat er in sei­nem zwei­ten Er­gän­zungs­gut­ach­ten vom 08.07.2013 im Be­weis­si­che­rungs­ver­fah­ren aus­ge­führt: Er­satz von An­bau­tei­len sei nicht er­folgt, Richt­ar­bei­ten sei­en nicht vor­ge­nom­men wor­den; An­halts­punk­te für den vor­ge­tra­ge­nen Un­fall­scha­den im Dach­be­reich sei­en den zur Ver­fü­gung ste­hen­den An­knüp­fungs­tat­sa­chen nicht zu ent­neh­men; fest­zu­stel­len sei le­dig­lich, dass das Fahr­zeug nachla­ckiert ge­we­sen sei.

d) Da ein Man­gel nicht fest­zu­stel­len ist, kann es nicht um des­sen Ver­schwei­gen (durch Täu­schung, was den Ver­jäh­rungs­ein­wand der Be­klag­ten über­win­den könn­te) ge­hen. Dar­auf hat die Be­klag­te be­reits in ers­ter In­stanz zu­tref­fend hin­ge­wie­sen.

2. Un­ab­hän­gig von der Fra­ge ei­nes Man­gels kann ei­ne Täu­schung über re­le­van­te Um­stän­de ei­ne An­fech­tung der auf den Ver­trags­schluss ge­rich­te­ten Wil­lens­er­klä­rung des Käu­fers be­grün­den (§ 123 BGB), bei de­ren Be­rech­ti­gung nach Be­rei­che­rungs­recht rück­ab­zu­wi­ckeln ist. Da­bei wird ei­ne Täu­schung über re­le­van­te Um­stän­de mög­li­cher­wei­se be­reits dann an­ge­nom­men wer­den kön­nen, wenn der Ver­käu­fer An­halts­punk­te für ei­nen mög­li­cher­wei­se re­le­van­ten Scha­den oh­ne Prü­fung ver­schweigt.

a) Um zu ei­ner Rück­ab­wick­lung nach Be­rei­che­rungs­recht zu kom­men, be­darf es zu­nächst ei­ner An­fech­tungs­er­klä­rung. Ei­ne sol­che lässt sich dem Klä­ger­vor­trag nicht ent­neh­men.

b) Um zu ei­ner Rück­ab­wick­lung nach Be­rei­che­rungs­recht zu kom­men, be­darf es zu­dem ei­nes An­fech­tungs­grun­des. Der Klä­ger führt mit sei­ner Be­ru­fung da­für an, die Be­klag­te ha­be ihn über den sich aus der Nachla­ckie­rung er­ge­ben­den Man­gel­ver­dacht re­le­van­ter Vor­schä­den nicht in­for­miert. Dem ist nicht zu fol­gen. Un­zu­rei­chen­de In­for­ma­ti­on – wo­bei die wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Täu­schung da­hin­ge­stellt sein mö­gen – ist der Be­klag­ten nur vor­zu­wer­fen, wenn sie den Ver­dacht hat­te, der Nachla­ckie­rung lä­gen re­le­van­te Schä­den zu­grun­de. Das ist nicht fest­zu­stel­len. Nach den An­ga­ben der Zeu­gin N hat die­se der Be­klag­ten – was von die­ser auch nicht mehr in Ab­re­de ge­stellt wird – be­rich­tet, mit der La­ckie­rung sei­en klei­ne­re Be­schä­di­gun­gen beim Trans­port be­sei­tigt wor­den. Ein Man­gel­ver­dacht da­hin ge­hend, dass der Wa­gen wei­te­re Be­schä­di­gun­gen er­lit­ten hat­te, er­gab sich für die Be­klag­te dem­nach ge­ra­de nicht.

Hin­weis: Die Be­ru­fung wur­de mit Be­schluss vom 29.01.2015 un­ter Be­zug­nah­me auf die­sen Hin­weis­be­schluss zu­rück­ge­wie­sen.

PDF er­stel­len