- Die Beurteilung der Frage, ob die in der Lieferung eines mangelhaften Gebrauchtwagens liegende Pflichtverletzung des Verkäufers unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB, der Mangel also geringfügig ist, erfordert eine umfassende Interessenabwägung anhand der Umstände des Einzelfalls. Bei dieser Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass ein Mangel – hier: eine Fehlfunktion des linken Frontscheinwerfers – sicherheitsrelevant ist und nur sporadisch auftritt, sodass der Mangel nicht ohne Weiteres nachgewiesen werden kann und die Ursache des Mangels nicht ohne Weiteres feststellbar ist.
- Nach einem mangelbedingten Rücktritt des Käufers von einem Kfz-Kaufvertrag hat der Verkäufer das Fahrzeug regelmäßig beim Käufer abzuholen. Denn nach wirksamer Ausübung eines gesetzlichen Rücktrittsrechts sind die Rückgewährpflichten dort zu erfüllen, wo sich die Kaufsache vertragsgemäß befindet, regelmäßig also am Wohnsitz des Käufers. Zur Begründung des Annahmeverzugs des Verkäufers genügt daher in der Regel ein wörtliches Angebot (§ 295 Satz 1 Fall 2 BGB).
LG Flensburg, Urteil vom 03.05.2024 – 2 O 263/20
Sachverhalt: Der Kläger kaufte als Verbraucher von dem Beklagten, einem Gebrauchtwagenhändler, mit Kaufvertrag vom 13.01.2020 einen gebrauchten Pkw BMW 640d (Baujahr 2012) mit einer Laufleistung von 105.000 km. Den Kaufpreis in Höhe von 27.950 € finanzierte der Kläger, indem er einen Darlehensvertrag mit der B-Bank GmbH schloss.
Vor Abschluss des Kaufvertrags hatte der Kläger das Fahrzeug in Begleitung der Zeugen S und Z besichtigt und eine Probefahrt unternommen. Bei der Besichtigung des Pkw hatte der für den Beklagten handelnde Zeuge M dem Kläger mitgeteilt, dass das Abblendlicht vorne links defekt sei, und zugesagt, es bis zur Übergabe des Pkw zu reparieren.
In dem zwischen dem Kläger und dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrag heißt es unter anderem: „GESONDERT VEREINBART: Rücktritt ist von der Finanzierung sowie vom Kaufvertrag ausgeschlossen.“
Das streitgegenständliche Fahrzeug wurde dem Kläger am 28.01.2020 übergeben. Der Kaufpreis ist vollständig gezahlt.
In der Folgezeit rügte der Kläger gegenüber dem Beklagten verschiedene Mängel des Fahrzeugs. Insbesondere beanstandete der Kläger bereits kurz nach der Übergabe des Pkw eine fortbestehende Fehlfunktion des linken vorderen Abblendlichts. Der Beklagte behob am 17.02.2020 mehrere Mängel des Fahrzeugs, konnte aber nach eigenen Angaben keine Fehlfunktion des Abblendlichts feststellen. Nachdem der Kläger das Fahrzeug zurückerhalten hatte, rügte er gegenüber dem Beklagten telefonisch, dass der Scheinwerfer nicht ordnungsgemäß funktioniere. Er holte einen Kostenvoranschlag einer BMW-Vertragswerkstatt ein, den er dem Beklagten am 31.03.2020 mit der Aufforderung übersandte, die darin aufgeführten Mängel – unter anderem einen defekten Scheinwerfer – innerhalb von zwei Wochen zu beseitigen. Der Beklagte holte das streitgegenständliche Fahrzeug am 02.04.2020 erneut bei dem Kläger ab und brachte es am 29.04.2020 zurück, nachdem er diverse Arbeiten daran vorgenommen hatte. Einen Defekt des Scheinwerfers hatte der Beklagte nach seinen Angaben wiederum nicht feststellen können.
Mit Schreiben vom 03.05.2020 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag, weil das Fahrzeug weiterhin verschiedene Mängel – insbesondere einen defekten Scheinwerfer – aufweise. Der Kläger forderte den Beklagten auf, den Kaufpreis bis zum 18.05.2020 an die B-Bank GmbH zurückzuzahlen, und erklärte sich bereit, dem Beklagten das streitgegenständliche Fahrzeug nach vorheriger Terminabsprache zur Abholung zur Verfügung zu stellen. Zudem forderte der Kläger den Beklagten auf, ihm bis zum 18.05.2020 die Kosten für den Kostenvoranschlag in Höhe von 268,75 € zu erstatten.
Der Beklagte wies den Rücktritt mit undatiertem Schreiben zurück.
Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben seines Rechtsanwalts vom 04.06.2020 erneut den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten auf, ihm bis zum 30.06.2020 die Kosten für den Kostenvoranschlag sowie die ihm entstandenen Rechtsanwaltskosten zu erstatten.
Der Kläger behauptet, der streitgegenständliche Pkw leide weithin an Mängeln; insbesondere falle sporadisch das Abblendlicht vorne links aus. Die Reparatur des Scheinwerfers erfordere ausweislich des Kostenvoranschlags der A-GmbH einen Kostenaufwand von 2.218,57 € netto (Materialkosten: 1.951,93 € netto; Aus- und Einbaukosten: 266,64 € netto). Der von ihm zu leistende Nutzungswertersatz – so macht der Kläger geltend – betrage 1.650,42 €. Seiner Berechnung sei eine voraussichtliche Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs von 350.000 km zugrunde zu legen.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die B-Bank GmbH 27.950 € zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs und Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.650,42 € durch den Kläger an den Beklagten. Darüber hinaus hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Verzug ist. Schließlich hat er den Beklagten auf Zahlung von insgesamt (268,75 € + 1.324,60 € =) 1.593,35 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug sei hinsichtlich des Scheinwerfers vor der Übergabe an den Kläger durch Austausch des Scheinwerfers erfolgreich instand gesetzt worden. Sollte das Fahrzeug hinsichtlich des Scheinwerfers mangelhaft sein, so kämen verschiedene Ursachen in Betracht, die jeweils mit geringerem Kostenaufwand als dem vom Kläger behaupteten beseitigt werden könnten. Bei der Berechnung des Nutzungswertersatzes – so hat der Beklagte geltend gemacht – sei von einer voraussichtlichen Gesamtlaufleistung von maximal 250.000 km auszugehen.
Die Klage hatte weitgehend Erfolg.
Aus den Gründen: I. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Herausgabe des streitbefangenen Pkw, aus § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323 I, 346 I BGB zu. Die Parteien verbindet ein wirksamer Kaufvertrag über die Übereignung des streitgegenständlichen Pkw gegen Zahlung des vereinbarten Kaufpreises. Der Kläger ist mit Erklärung vom 03.05.2020 wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.
1. Kein wirksamer Ausschluss des Rücktrittsrechts
Auf die Vereinbarung im Kaufvertrag, wonach der Rücktritt ausgeschlossen wurde, kann sich der Beklagte gemäß § 476 I 1 BGB nicht berufen. Danach kann sich bei Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs der Unternehmer auf eine vor Mitteilung eines Mangels getroffene Vereinbarung, die zum Nachteil des Verbrauchers von den §§ 433 bis 435, 437, 439 bis 441 und 443 BGB abweicht, nicht berufen.
Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag handelt es sich um einen Verbrauchsgüterkauf. Die Parteien haben in Abweichung von § 437 BGB vereinbart, dass der Rücktritt ausgeschlossen ist.
Der Mangel am Abblendlicht wurde dem Beklagten auch nicht i. S. von § 476 I 1 BGB vor Ausschluss des Rücktrittsrechts durch den Kläger „mitgeteilt“. Der Kläger wurde zwar vom den Beklagten vertretenden Zeugen M darüber informiert, dass ein Mangel am Abblendlicht vorlag, gleichzeitig wurde ihm aber zugesagt, dass der Mangel am Abblendlicht vor Übergabe beseitigt werden würde. Der Kläger rechnete also nicht mit dem Vorliegen des Mangels im Zeitpunkt der Übergabe, sodass er sich auch nicht bewusst darüber sein konnte, dass er auf das Rücktrittsrecht im Hinblick auf diesen Mangel verzichtete.
Zudem wurde der Ausschluss des Rücktritts auch nicht auf die im Rahmen der Besichtigung des Fahrzeugs dem Kläger mitgeteilten Mängel beschränkt. Auch aus diesem Grund kann sich der Beklagte auf den Ausschluss des Rücktrittsrechts nicht berufen. Denn § 476 I 1 BGB erlaubt nur den Ausschluss von Rechten in Bezug auf den konkret mitgeteilten Mangel (BeckOK-BGB/Faust, Stand: 01.02.2024, § 476 Rn. 17).
2. Mangel bei Gefahrübergang
Das Gericht ist nach der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der streitgegenständliche Pkw im Zeitpunkt der Übergabe am 28.01.2020 an einem Defekt am Scheinwerfer vorne links litt und dass dieser Mangel auch im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vom 03.05.2020 fortbestand.
Zwar konnte der gerichtliche Sachverständige in seinen Gutachten den vom Kläger beschriebenen Mangel am Abblendlicht nicht bestätigen. Dies liegt jedoch zur Überzeugung des Gerichts daran, dass es sich um einen sporadisch auftretenden Mangel handelt und der Mangel zufällig bei den vom Sachverständigen durchgeführten Untersuchungen nicht aufgetreten ist. Dieser Überzeugung steht auch nicht entgegen, dass der streitige Fehler nicht im Fehlerspeicher des Fahrzeugs hinterlegt war. Der Sachverständige hat in seiner Anhörung vom 07.12.2023 hierzu angegeben, dass es möglich sei, dass der Ausfall des linken Abblendlichts im Fehlersystem nicht gespeichert werde, wenn es sich um einen sporadischen Fehler handele. Solche sporadischen Fehler würden nach dem Aus- und Wiedereinschalten der Zündung vom System gelöscht, soweit der Fehler nicht beim Einschalten der Zündung erneut auftrete. Aus dem Umstand, dass der Sachverständige keine Fehlermeldung im Speicher des Fahrzeugs bezüglich des Ausfalls des Abblendlichts feststellen konnte, könne demnach nicht geschlossen werden, dass der Fehler in der Vergangenheit nicht (sporadisch) aufgetreten sei.
Die daraufhin erfolgte Zeugenvernehmung im Termin vom 01.03.2024 hat das Gericht davon überzeugt, dass bereits kurz nach Übergabe des Fahrzeugs und somit innerhalb des Zeitraums, innerhalb dessen gemäß § 477 BGB a.F. vermutet wird, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag, ein Mangel am vorderen linken Scheinwerfer auftrat. Die Überzeugung des Gerichts fußt auf den Angaben des Klägers in seiner persönlichen Anhörung, den Angaben der Zeuge S, Z, T, N und C sowie auf den vom Kläger eingereichten Lichtbildern.
Der Kläger sowie die Zeugen S und Z schilderten übereinstimmend, dass jedenfalls binnen weniger Wochen nach Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger ein Fehler am vorderen linken Scheinwerfer in der Form aufgetreten sei, dass der streitbefangene Pkw eine Fehlermeldung samt Warngeräusch ausgeworfen habe und eine Beeinträchtigung der Beleuchtung des vorderen linken Scheinwerfers mit bloßem Auge von außen festzustellen gewesen sei. Von allen dreien wurde der Fehler als sporadisch< auftretend beschrieben. Die Zeugen S und Z hatten eine gute Wahrnehmungsmöglichkeit, da sie als damalige Kameraden des Klägers im Rahmen einer vereinbarten Fahrgemeinschaft regelmäßig im streitbefangenen Pkw mitgefahren sind. Die beiden Zeugen konnten sich übereinstimmend an einen Vorfall erinnern, an dem sie zu dritt im Pkw unterwegs waren und sodann das beschriebene Warngeräusch auftrat. Sie schilderten übereinstimmend, aus dem Pkw ausgestiegen zu sein und den Scheinwerfer gemeinsam in Augenschein genommen zu haben. Der Zeuge S konnte konkret erinnern, dass sich die Kameraden bei diesem Vorfall auf dem Weg zum Chinesen befanden. Beide Zeugen bestätigten, dass der Fehler mehrfach aufgetreten sei. Der Zeuge Z konnte zudem das Auftreten des Fehlers von außen dem Erscheinungsbild nach konkret schildern. Zudem konnte er erinnern, dass die Fehlermeldung nicht nur im Cockpit sondern auch in dem im Menü verfügbaren Fehlerspeicher auftauchte, was wiederum mit der Schilderung des Klägers sowie den von ihm eingereichten Lichtbildern übereinstimmt. Beide Zeugen schilderten zudem, mitbekommen zu haben, dass der Fehler auch noch nach dem ersten Mangelbeseitigungsversuch durch den Beklagten aufgetreten sei.
Das Gericht hält die Angaben der Zeugen sowie des Klägers aufgrund der übereinstimmenden und detailreichen Schilderungen sowie der die Angaben bestätigenden Lichtbilder für glaubhaft. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die beiden Zeugen aus dem Lager des Klägers stammen. Im Ergebnis überwiegen die dargelegten Wahrheitskriterien.
Dass der Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag wird nach § 477 BGB a.F. vermutet und ist vorliegend auch deshalb besonders wahrscheinlich, weil unstreitig im Zeitpunkt der Fahrzeugbesichtigung ein Mangel am vorderen linken Scheinwerfer gegeben war.
Die Wahrnehmungsmöglichkeiten der Zeugen endeten im März oder April 2020, was beide Zeugen ohne Umschweife einräumten, da sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr im Fahrzeug des Klägers mitgefahren sind.
Die Überzeugung des Gerichts hinsichtlich des Vorliegens des Mangels auch noch im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 03.05.2020 fußt auf den Angaben des Klägers sowie den Angaben der Zeugen T und N. Nach den Angaben des Klägers trat der Fehler wie von Beginn an auch nach den beiden Mangelbeseitigungsversuchen wie beschrieben auf. Die Zeugen T und N schilderten ebenfalls – übereinstimmend –, Vorfälle nach dem zweiten Mangelbeseitigungsversuch, bei denen der Fehler am Abblendlicht erneut auftrat. Beide Zeugen schilderten zum einen, dass der Fehler am Abblendlicht unmittelbar nach der Rückgabe des Fahrzeugs nach dem zweiten Mangelbeseitigungsversuch aufgetreten sei. Sie schilderten übereinstimmend, dass der Beklagte den Pkw am Haus des Zeugen N, in dem der Kläger damals wohnte, in der Einfahrt abgestellt habe und der Kläger diesen nur ein kleines Stückchen umparken musste. In diesem Zeitpunkt sei der Fehler erneut aufgetreten. Der Kläger sei hierüber empört gewesen und habe beide Zeugen dazugeholt, welche dann den Fehler am Scheinwerfer in Augenschein genommen hätten. Die Zeugin T erinnerte sich zudem daran, auch die Fehlermeldung im Cockpit gesehen zu haben, während der Zeuge N einräumte, sich hieran nicht erinnern zu können.
Die Rückgabe des Pkw erfolgte am 29.04.2020 und somit wenige Tage vor der Rücktrittserklärung. Demnach lag der Mangel zur Überzeugung des Gerichts im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vor. Darauf, dass die Zeugen T und N überzeugend einen weiteren Vorfall im Herbst 2020 schildern konnten, bei dem wiederum das linke Abblendlicht ausgefallen sei, sowie darauf, dass der Zeuge C das Auftreten desselben Fehlers am 19.05.2023 entsprechend der von ihm an diesem Tag angefertigten Lichtbilder schildern konnte, kommt es im Ergebnis nicht an. Erheblich ist das Vorliegen des Mangels im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung (BGH, Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 315/18, BGHZ 226, 1 Rn. 43).
Auch die Angaben der Zeugen T und N hält das Gericht für glaubhaft. Die Angaben decken sich in den wesentlichen Punkten inhaltlich und weisen Details auf. Die Zeugen haben zudem Wissenslücken offen eingeräumt, was ebenfalls für die Glaubhaftigkeit der Angaben spricht. Auch hier überwiegen die Wahrheitskriterien gegenüber dem Umstand, dass die Zeugen aufgrund ihrer familiären Verbindung zum Kläger möglicherweise ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben.
Die Behauptung des Beklagten, der Mangel am Scheinwerfer sei durch eine Manipulation des Klägers verursacht worden, erfolgt ins Blaue hinein. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für das Gericht, dass der Kläger den Mangel mutwillig verursacht hat.
3. Erheblichkeit
Der Mangel ist auch erheblich i. S. von § 323 V 2 BGB.
Die Erheblichkeitsprüfung erfordert eine umfassende Interessenabwägung. Zu berücksichtigen sind vor allem die Intensität des Mangels und der für die Mängelbeseitigung erforderliche Aufwand. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Erheblichkeit ist der Zeitpunkt der Rücktrittserklärung. Die Erheblichkeit wird in der Regel indiziert durch die Sicherheitsrelevanz eines Mangels. Von der Erheblichkeit kann zudem dann regelmäßig ausgegangen werden, wenn die Mangelbeseitigungskosten mindestens fünf Prozent der vereinbarten Gegenleistung betragen (insgesamt Grüneberg/Grüneberg, BGB, 83. Aufl. [2024], § 323 Rn. 32).
Unter Anwendung dieses Maßstabes hält das Gericht den Mangel am vorderen linken Scheinwerfer für erheblich.
Bezüglich der Mangelbeseitigungskosten hat der gerichtliche Sachverständige keine Feststellungen getroffen, da er den Mangel nicht bestätigen konnte. Es ist jedoch eine gerichtliche Schätzung nach § 287 I ZPO unter Heranziehung der vom Kläger vorgelegten Kostenvoranschläge möglich. Deren Inhalt ist vom Beklagten nicht substanziiert angegriffen worden. Ausweislich des Kostenvoranschlags Anlage K 2 beliefen sich die Kosten auf 875 € brutto, also drei Prozent des Kaufpreises. Grundlage war hier der Quertausch der Scheinwerfer. Nachdem dieser vom Beklagten erfolglos vorgenommen worden ist, geht der Kläger davon aus, dass der Scheinwerfer ausgetauscht werden muss. Hierfür würden Materialkosten für einen neuen Scheinwerfer in Höhe von 1.951,93 € netto anfallen zuzüglich der Kosten für den Ein- und Ausbau, welche das Gericht anhand der Anlage K 2 auf 267 € netto schätzt. Es ergeben sich somit Kosten in Höhe von circa 2.640 € brutto, was 9,5 % des Kaufpreises entspricht. Soweit der Beklagte behauptet, es seien andere Ursachen möglich, die günstiger beseitigt werden könnten, fehlt es an einem substanziierten Vortrag zu den hierfür zu erwartenden Kosten. Entgegen der Ansicht des Beklagten sind zudem auch die Kosten für die Ursachenforschung im Rahmen der Mangelbeseitigungskosten zu berücksichtigen. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass die Kosten für die Beseitigung des Mangels die 5 %-Grenzen überschreiten.
Hinzu kommen weitere Umstände, die im Ergebnis ausschlaggebend sind für die Erheblichkeit des Mangels. Zum einen tritt der Mangel sporadisch auf und ist somit, wie der vorliegende Rechtsstreit eindrücklich gezeigt hat, sehr schwer nachzuweisen. Auch die Ursachenforschung wird dadurch erschwert. Die damit für den Kläger verbundene Unsicherheit ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Zum anderen ist der Mangel auch sicherheitsrelevant. Ein funktionierendes Abblendlicht ist wesentliche Voraussetzung für die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs. Dies spiegelt sich auch im Gesetz wider. Nach § 17 IIa 2, III 1 StVO ist bei Dämmerung, Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst erfordern, das Einschalten des Abblendlichts vorgeschrieben. Die unzureichende Beleuchtung ist gemäß § 49 I Nr. 17 StVO i. V. mit § 24 StVG zudem bußgeldbewehrt.
In einer Gesamtschau ist der Mangel somit als erheblich zu bewerten.
Auf das Vorliegen der weiteren vom Kläger behaupteten Mängel kommt es daher im Ergebnis nicht an.
4. Fristsetzung
Der Kläger hat den Beklagten mit Schreiben vom 31.03.2020 (Anlage K 4) wirksam zur Beseitigung des Mangels am Scheinwerfer binnen zwei Wochen aufgefordert. Der Mangelbeseitigungsversuch des Beklagten im April 2020 war insoweit nicht erfolgreich. Zudem war die Mangelbeseitigung hinsichtlich dieses Mangels nach Durchführung zweier vergeblicher Mangelbeseitigungsversuche auch fehlgeschlagen i. S. von § 440 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB.
5. Rechtsfolge
Durch den wirksam erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag wandelte sich dieser nach § 346 I BGB in ein Rückgewährschuldverhältnis. Der Kläger kann die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw und Herausgabe der gezogenen Nutzungen verlangen, wobei es dem Kläger freisteht, die Zahlung nicht an sich, sondern an die B-Bank GmbH zu verlangen.
Bezüglich der gezogenen Nutzungen ist der Beklagte beweisbelastet. Der Beklagte hat keine eigene Berechnung der gezogenen Nutzungen vorgenommen, sondern sich die Berechnung des Klägers zu eigen gemacht mit Ausnahme der zugrunde gelegten durchschnittlichen Laufleistung, die er mit 250.000 km (statt 350.000 km) beziffert.
Die unterschiedlichen zugrunde gelegten Laufleistungen führen zu einer Differenz der Nutzungsentschädigung in Höhe von circa 1.000 €. Das Gericht sieht gemäß § 287 I 2 ZPO insoweit von der Einholung eines Sachverständigengutachtens ab und schätzt die Gesamtlaufleistung auf 300.000 km. Daraus errechnet sich eine Nutzungsausentschädigung in Höhe von \(\left(\frac{\text{27.950 €}\times\text{14.467 km}}{\text{195.000 km}}=\right)\) 2.073,60 €.
II. Das Feststellungsinteress des Klägers bezüglich des Antrags zu 2 ergibt sich aus § 756 I ZPO.
Der Beklagte befindet sich hinsichtlich der Rücknahme des streitbefangenen Pkw im Annahmeverzug (§ 293 BGB). Der Kläger hat dem Beklagten die Rückgabe des Pkw mit Schreiben vom 18.05.2020 sowie erneut mit rechtsanwaltlichem Schreiben vom 04.06.2020 wie geschuldet – nämlich durch Abholung Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises, angeboten. Das wörtliche Angebot war nach § 295 Satz 1 Fall 2 BGB ausreichend, da der Beklagte nach Erklärung des Rücktritts zur Abholung des Pkw verpflichtet war. Der Erfüllungsort der Rückgewährpflichten eines Kaufvertrages nach Ausübung eines gesetzlichen Rücktrittsrechts liegt dort, wo sich die Sache dem Vertrag entsprechend befindet (NK-BGB/Hager, 4. Aufl. [2021], § 346 Rn. 27), vorliegend somit am Wohnort des Klägers.
III. Nebenforderungen
Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Zahlung der ihm durch Einholung des Kostenvoranschlags der Firma F entstandenen Kosten aus § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 I BGB. Die Kosten für die Einholung eines Kostenvoranschlags zur Feststellung der Höhe von Mängelbeseitigungskosten sind Kosten, die ein Kläger zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs für erforderlich halten darf.
Aus derselben Rechtsgrundlage steht dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten in geltend gemachter Höhe zu.
Der Zinsanspruch hinsichtlich der Nebenforderungen folgt aus § 286 I 1, § 288 I BGB. Der Kläger hat den Beklagten mit Schreiben vom 03.05.2024 hinsichtlich der Kosten für den Kostenvoranschlag wirksam in Verzug gesetzt zum 19.05.2020. Soweit Zinsen bereits ab dem 15.05.2020 beantragt werden, ist die Klage abzuweisen. Hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wurde der Beklagte mit anwaltlichen Schreiben vom 04.06.2020 zum 01.07.2020 in Verzug gesetzt. Die beantragten Zinsen ab dem 25.08.2020 sind zuzusprechen.
IV. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 II Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.