1. Die Be­ur­tei­lung der Fra­ge, ob die in der Lie­fe­rung ei­nes man­gel­haf­ten Ge­braucht­wa­gens lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung des Ver­käu­fers un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB, der Man­gel al­so ge­ring­fü­gig ist, er­for­dert ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­ab­wä­gung an­hand der Um­stän­de des Ein­zel­falls. Bei die­ser In­ter­es­sen­ab­wä­gung ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass ein Man­gel – hier: ei­ne Fehl­funk­ti­on des lin­ken Front­schein­wer­fers – si­cher­heits­re­le­vant ist und nur spo­ra­disch auf­tritt, so­dass der Man­gel nicht oh­ne Wei­te­res nach­ge­wie­sen wer­den kann und die Ur­sa­che des Man­gels nicht oh­ne Wei­te­res fest­stell­bar ist.
  2. Nach ei­nem man­gel­be­ding­ten Rück­tritt des Käu­fers von ei­nem Kfz-Kauf­ver­trag hat der Ver­käu­fer das Fahr­zeug re­gel­mä­ßig beim Käu­fer ab­zu­ho­len. Denn nach wirk­sa­mer Aus­übung ei­nes ge­setz­li­chen Rück­tritts­rechts sind die Rück­ge­währ­pflich­ten dort zu er­fül­len, wo sich die Kauf­sa­che ver­trags­ge­mäß be­fin­det, re­gel­mä­ßig al­so am Wohn­sitz des Käu­fers. Zur Be­grün­dung des An­nah­me­ver­zugs des Ver­käu­fers ge­nügt da­her in der Re­gel ein wört­li­ches An­ge­bot (§ 295 Satz 1 Fall 2 BGB).

LG Flens­burg, Ur­teil vom 03.05.2024 – 2 O 263/20

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te als Ver­brau­cher von dem Be­klag­ten, ei­nem Ge­braucht­wa­gen­händ­ler, mit Kauf­ver­trag vom 13.01.2020 ei­nen ge­brauch­ten Pkw BMW 640d (Bau­jahr 2012) mit ei­ner Lauf­leis­tung von 105.000 km. Den Kauf­preis in Hö­he von 27.950 € fi­nan­zier­te der Klä­ger, in­dem er ei­nen Dar­le­hens­ver­trag mit der B-Bank GmbH schloss.

Vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags hat­te der Klä­ger das Fahr­zeug in Be­glei­tung der Zeu­gen S und Z be­sich­tigt und ei­ne Pro­be­fahrt un­ter­nom­men. Bei der Be­sich­ti­gung des Pkw hat­te der für den Be­klag­ten han­deln­de Zeu­ge M dem Klä­ger mit­ge­teilt, dass das Ab­blend­licht vor­ne links de­fekt sei, und zu­ge­sagt, es bis zur Über­ga­be des Pkw zu re­pa­rie­ren.

In dem zwi­schen dem Klä­ger und dem Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag heißt es un­ter an­de­rem: „GE­SON­DERT VER­EIN­BART: Rück­tritt ist von der Fi­nan­zie­rung so­wie vom Kauf­ver­trag aus­ge­schlos­sen.“

Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger am 28.01.2020 über­ge­ben. Der Kauf­preis ist voll­stän­dig ge­zahlt.

In der Fol­ge­zeit rüg­te der Klä­ger ge­gen­über dem Be­klag­ten ver­schie­de­ne Män­gel des Fahr­zeugs. Ins­be­son­de­re be­an­stan­de­te der Klä­ger be­reits kurz nach der Über­ga­be des Pkw ei­ne fort­be­ste­hen­de Fehl­funk­ti­on des lin­ken vor­de­ren Ab­blend­lichts. Der Be­klag­te be­hob am 17.02.2020 meh­re­re Män­gel des Fahr­zeugs, konn­te aber nach ei­ge­nen An­ga­ben kei­ne Fehl­funk­ti­on des Ab­blend­lichts fest­stel­len. Nach­dem der Klä­ger das Fahr­zeug zu­rück­er­hal­ten hat­te, rüg­te er ge­gen­über dem Be­klag­ten te­le­fo­nisch, dass der Schein­wer­fer nicht ord­nungs­ge­mäß funk­tio­nie­re. Er hol­te ei­nen Kos­ten­vor­an­schlag ei­ner BMW-Ver­trags­werk­statt ein, den er dem Be­klag­ten am 31.03.2020 mit der Auf­for­de­rung über­sand­te, die dar­in auf­ge­führ­ten Män­gel – un­ter an­de­rem ei­nen de­fek­ten Schein­wer­fer – in­ner­halb von zwei Wo­chen zu be­sei­ti­gen. Der Be­klag­te hol­te das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug am 02.04.2020 er­neut bei dem Klä­ger ab und brach­te es am 29.04.2020 zu­rück, nach­dem er di­ver­se Ar­bei­ten dar­an vor­ge­nom­men hat­te. Ei­nen De­fekt des Schein­wer­fers hat­te der Be­klag­te nach sei­nen An­ga­ben wie­der­um nicht fest­stel­len kön­nen.

Mit Schrei­ben vom 03.05.2020 er­klär­te der Klä­ger ge­gen­über dem Be­klag­ten den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag, weil das Fahr­zeug wei­ter­hin ver­schie­de­ne Män­gel – ins­be­son­de­re ei­nen de­fek­ten Schein­wer­fer – auf­wei­se. Der Klä­ger for­der­te den Be­klag­ten auf, den Kauf­preis bis zum 18.05.2020 an die B-Bank GmbH zu­rück­zu­zah­len, und er­klär­te sich be­reit, dem Be­klag­ten das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug nach vor­he­ri­ger Ter­min­ab­spra­che zur Ab­ho­lung zur Ver­fü­gung zu stel­len. Zu­dem for­der­te der Klä­ger den Be­klag­ten auf, ihm bis zum 18.05.2020 die Kos­ten für den Kos­ten­vor­an­schlag in Hö­he von 268,75 € zu er­stat­ten.

Der Be­klag­te wies den Rück­tritt mit un­da­tier­tem Schrei­ben zu­rück.

Dar­auf­hin er­klär­te der Klä­ger mit Schrei­ben sei­nes Rechts­an­walts vom 04.06.2020 er­neut den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te den Be­klag­ten auf, ihm bis zum 30.06.2020 die Kos­ten für den Kos­ten­vor­an­schlag so­wie die ihm ent­stan­de­nen Rechts­an­walts­kos­ten zu er­stat­ten.

Der Klä­ger be­haup­tet, der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw lei­de weit­hin an Män­geln; ins­be­son­de­re fal­le spo­ra­disch das Ab­blend­licht vor­ne links aus. Die Re­pa­ra­tur des Schein­wer­fers er­for­de­re aus­weis­lich des Kos­ten­vor­an­schlags der A-GmbH ei­nen Kos­ten­auf­wand von 2.218,57 € net­to (Ma­te­ri­al­kos­ten: 1.951,93 € net­to; Aus- und Ein­bau­kos­ten: 266,64 € net­to). Der von ihm zu leis­ten­de Nut­zungs­wert­er­satz – so macht der Klä­ger gel­tend – be­tra­ge 1.650,42 €. Sei­ner Be­rech­nung sei ei­ne vor­aus­sicht­li­che Ge­samt­lauf­leis­tung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs von 350.000 km zu­grun­de zu le­gen.

Der Klä­ger hat be­an­tragt, den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die B-Bank GmbH 27.950 € zu zah­len, Zug um Zug ge­gen Her­aus­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs und Zah­lung ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 1.650,42 € durch den Klä­ger an den Be­klag­ten. Dar­über hin­aus hat der Klä­ger die Fest­stel­lung be­gehrt, dass der Be­klag­te mit der Rück­nah­me des Fahr­zeugs in Ver­zug ist. Schließ­lich hat er den Be­klag­ten auf Zah­lung von ins­ge­samt (268,75 € + 1.324,60 € =) 1.593,35 € nebst Zin­sen in An­spruch ge­nom­men.

Der Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen, und be­haup­tet, das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug sei hin­sicht­lich des Schein­wer­fers vor der Über­ga­be an den Klä­ger durch Aus­tausch des Schein­wer­fers er­folg­reich in­stand ge­setzt wor­den. Soll­te das Fahr­zeug hin­sicht­lich des Schein­wer­fers man­gel­haft sein, so kä­men ver­schie­de­ne Ur­sa­chen in Be­tracht, die je­weils mit ge­rin­ge­rem Kos­ten­auf­wand als dem vom Klä­ger be­haup­te­ten be­sei­tigt wer­den könn­ten. Bei der Be­rech­nung des Nut­zungs­wert­er­sat­zes – so hat der Be­klag­te gel­tend ge­macht – sei von ei­ner vor­aus­sicht­li­chen Ge­samt­lauf­leis­tung von ma­xi­mal 250.000 km aus­zu­ge­hen.

Die Kla­ge hat­te weit­ge­hend Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Dem Klä­ger steht ge­gen den Be­klag­ten ein An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Her­aus­ga­be des streit­be­fan­ge­nen Pkw, aus § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323 I, 346 I BGB zu. Die Par­tei­en ver­bin­det ein wirk­sa­mer Kauf­ver­trag über die Über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw ge­gen Zah­lung des ver­ein­bar­ten Kauf­prei­ses. Der Klä­ger ist mit Er­klä­rung vom 03.05.2020 wirk­sam vom Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten.

1. Kein wirk­sa­mer Aus­schluss des Rück­tritts­rechts

Auf die Ver­ein­ba­rung im Kauf­ver­trag, wo­nach der Rück­tritt aus­ge­schlos­sen wur­de, kann sich der Be­klag­te ge­mäß § 476 I 1 BGB nicht be­ru­fen. Da­nach kann sich bei Vor­lie­gen ei­nes Ver­brauchs­gü­ter­kaufs der Un­ter­neh­mer auf ei­ne vor Mit­tei­lung ei­nes Man­gels ge­trof­fe­ne Ver­ein­ba­rung, die zum Nach­teil des Ver­brau­chers von den §§ 433 bis 435, 437, 439 bis 441 und 443 BGB ab­weicht, nicht be­ru­fen.

Bei dem zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag han­delt es sich um ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf. Die Par­tei­en ha­ben in Ab­wei­chung von § 437 BGB ver­ein­bart, dass der Rück­tritt aus­ge­schlos­sen ist.

Der Man­gel am Ab­blend­licht wur­de dem Be­klag­ten auch nicht i. S. von § 476 I 1 BGB vor Aus­schluss des Rück­tritts­rechts durch den Klä­ger „mit­ge­teilt“. Der Klä­ger wur­de zwar vom den Be­klag­ten ver­tre­ten­den Zeu­gen M dar­über in­for­miert, dass ein Man­gel am Ab­blend­licht vor­lag, gleich­zei­tig wur­de ihm aber zu­ge­sagt, dass der Man­gel am Ab­blend­licht vor Über­ga­be be­sei­tigt wer­den wür­de. Der Klä­ger rech­ne­te al­so nicht mit dem Vor­lie­gen des Man­gels im Zeit­punkt der Über­ga­be, so­dass er sich auch nicht be­wusst dar­über sein konn­te, dass er auf das Rück­tritts­recht im Hin­blick auf die­sen Man­gel ver­zich­te­te.

Zu­dem wur­de der Aus­schluss des Rück­tritts auch nicht auf die im Rah­men der Be­sich­ti­gung des Fahr­zeugs dem Klä­ger mit­ge­teil­ten Män­gel be­schränkt. Auch aus die­sem Grund kann sich der Be­klag­te auf den Aus­schluss des Rück­tritts­rechts nicht be­ru­fen. Denn § 476 I 1 BGB er­laubt nur den Aus­schluss von Rech­ten in Be­zug auf den kon­kret mit­ge­teil­ten Man­gel (Be­ckOK-BGB/​Faust, Stand: 01.02.2024, § 476 Rn. 17).

2. Man­gel bei Ge­fahr­über­gang

Das Ge­richt ist nach der Be­weis­auf­nah­me da­von über­zeugt, dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw im Zeit­punkt der Über­ga­be am 28.01.2020 an ei­nem De­fekt am Schein­wer­fer vor­ne links litt und dass die­ser Man­gel auch im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung vom 03.05.2020 fort­be­stand.

Zwar konn­te der ge­richt­li­che Sach­ver­stän­di­ge in sei­nen Gut­ach­ten den vom Klä­ger be­schrie­be­nen Man­gel am Ab­blend­licht nicht be­stä­ti­gen. Dies liegt je­doch zur Über­zeu­gung des Ge­richts dar­an, dass es sich um ei­nen spo­ra­disch auf­tre­ten­den Man­gel han­delt und der Man­gel zu­fäl­lig bei den vom Sach­ver­stän­di­gen durch­ge­führ­ten Un­ter­su­chun­gen nicht auf­ge­tre­ten ist. Die­ser Über­zeu­gung steht auch nicht ent­ge­gen, dass der strei­ti­ge Feh­ler nicht im Feh­ler­spei­cher des Fahr­zeugs hin­ter­legt war. Der Sach­ver­stän­di­ge hat in sei­ner An­hö­rung vom 07.12.2023 hier­zu an­ge­ge­ben, dass es mög­lich sei, dass der Aus­fall des lin­ken Ab­blend­lichts im Feh­ler­sys­tem nicht ge­spei­chert wer­de, wenn es sich um ei­nen spo­ra­di­schen Feh­ler han­de­le. Sol­che spo­ra­di­schen Feh­ler wür­den nach dem Aus- und Wie­der­ein­schal­ten der Zün­dung vom Sys­tem ge­löscht, so­weit der Feh­ler nicht beim Ein­schal­ten der Zün­dung er­neut auf­tre­te. Aus dem Um­stand, dass der Sach­ver­stän­di­ge kei­ne Feh­ler­mel­dung im Spei­cher des Fahr­zeugs be­züg­lich des Aus­falls des Ab­blend­lichts fest­stel­len konn­te, kön­ne dem­nach nicht ge­schlos­sen wer­den, dass der Feh­ler in der Ver­gan­gen­heit nicht (spo­ra­disch) auf­ge­tre­ten sei.

Die dar­auf­hin er­folg­te Zeu­gen­ver­neh­mung im Ter­min vom 01.03.2024 hat das Ge­richt da­von über­zeugt, dass be­reits kurz nach Über­ga­be des Fahr­zeugs und so­mit in­ner­halb des Zeit­raums, in­ner­halb des­sen ge­mäß § 477 BGB a.F. ver­mu­tet wird, dass der Man­gel be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­lag, ein Man­gel am vor­de­ren lin­ken Schein­wer­fer auf­trat. Die Über­zeu­gung des Ge­richts fußt auf den An­ga­ben des Klä­gers in sei­ner per­sön­li­chen An­hö­rung, den An­ga­ben der Zeu­ge S, Z, T, N und C so­wie auf den vom Klä­ger ein­ge­reich­ten Licht­bil­dern.

Der Klä­ger so­wie die Zeu­gen S und Z schil­der­ten über­ein­stim­mend, dass je­den­falls bin­nen we­ni­ger Wo­chen nach Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger ein Feh­ler am vor­de­ren lin­ken Schein­wer­fer in der Form auf­ge­tre­ten sei, dass der streit­be­fan­ge­ne Pkw ei­ne Feh­ler­mel­dung samt Warn­ge­räusch aus­ge­wor­fen ha­be und ei­ne Be­ein­träch­ti­gung der Be­leuch­tung des vor­de­ren lin­ken Schein­wer­fers mit blo­ßem Au­ge von au­ßen fest­zu­stel­len ge­we­sen sei. Von al­len drei­en wur­de der Feh­ler als spo­ra­disch< auf­tre­tend be­schrie­ben. Die Zeu­gen S und Z hat­ten ei­ne gu­te Wahr­neh­mungs­mög­lich­keit, da sie als da­ma­li­ge Ka­me­ra­den des Klä­gers im Rah­men ei­ner ver­ein­bar­ten Fahr­ge­mein­schaft re­gel­mä­ßig im streit­be­fan­ge­nen Pkw mit­ge­fah­ren sind. Die bei­den Zeu­gen konn­ten sich über­ein­stim­mend an ei­nen Vor­fall er­in­nern, an dem sie zu dritt im Pkw un­ter­wegs wa­ren und so­dann das be­schrie­be­ne Warn­ge­räusch auf­trat. Sie schil­der­ten über­ein­stim­mend, aus dem Pkw aus­ge­stie­gen zu sein und den Schein­wer­fer ge­mein­sam in Au­gen­schein ge­nom­men zu ha­ben. Der Zeu­ge S konn­te kon­kret er­in­nern, dass sich die Ka­me­ra­den bei die­sem Vor­fall auf dem Weg zum Chi­ne­sen be­fan­den. Bei­de Zeu­gen be­stä­tig­ten, dass der Feh­ler mehr­fach auf­ge­tre­ten sei. Der Zeu­ge Z konn­te zu­dem das Auf­tre­ten des Feh­lers von au­ßen dem Er­schei­nungs­bild nach kon­kret schil­dern. Zu­dem konn­te er er­in­nern, dass die Feh­ler­mel­dung nicht nur im Cock­pit son­dern auch in dem im Me­nü ver­füg­ba­ren Feh­ler­spei­cher auf­tauch­te, was wie­der­um mit der Schil­de­rung des Klä­gers so­wie den von ihm ein­ge­reich­ten Licht­bil­dern über­ein­stimmt. Bei­de Zeu­gen schil­der­ten zu­dem, mit­be­kom­men zu ha­ben, dass der Feh­ler auch noch nach dem ers­ten Man­gel­be­sei­ti­gungs­ver­such durch den Be­klag­ten auf­ge­tre­ten sei.

Das Ge­richt hält die An­ga­ben der Zeu­gen so­wie des Klä­gers auf­grund der über­ein­stim­men­den und de­tail­rei­chen Schil­de­run­gen so­wie der die An­ga­ben be­stä­ti­gen­den Licht­bil­der für glaub­haft. Das Ge­richt ver­kennt da­bei nicht, dass die bei­den Zeu­gen aus dem La­ger des Klä­gers stam­men. Im Er­geb­nis über­wie­gen die dar­ge­leg­ten Wahr­heits­kri­te­ri­en.

Dass der Man­gel be­reits im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­lag wird nach § 477 BGB a.F. ver­mu­tet und ist vor­lie­gend auch des­halb be­son­ders wahr­schein­lich, weil un­strei­tig im Zeit­punkt der Fahr­zeug­be­sich­ti­gung ein Man­gel am vor­de­ren lin­ken Schein­wer­fer ge­ge­ben war.

Die Wahr­neh­mungs­mög­lich­kei­ten der Zeu­gen en­de­ten im März oder April 2020, was bei­de Zeu­gen oh­ne Um­schwei­fe ein­räum­ten, da sie ab die­sem Zeit­punkt nicht mehr im Fahr­zeug des Klä­gers mit­ge­fah­ren sind.

Die Über­zeu­gung des Ge­richts hin­sicht­lich des Vor­lie­gens des Man­gels auch noch im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung am 03.05.2020 fußt auf den An­ga­ben des Klä­gers so­wie den An­ga­ben der Zeu­gen T und N. Nach den An­ga­ben des Klä­gers trat der Feh­ler wie von Be­ginn an auch nach den bei­den Man­gel­be­sei­ti­gungs­ver­su­chen wie be­schrie­ben auf. Die Zeu­gen T und N schil­der­ten eben­falls – über­ein­stim­mend –, Vor­fäl­le nach dem zwei­ten Man­gel­be­sei­ti­gungs­ver­such, bei de­nen der Feh­ler am Ab­blend­licht er­neut auf­trat. Bei­de Zeu­gen schil­der­ten zum ei­nen, dass der Feh­ler am Ab­blend­licht un­mit­tel­bar nach der Rück­ga­be des Fahr­zeugs nach dem zwei­ten Man­gel­be­sei­ti­gungs­ver­such auf­ge­tre­ten sei. Sie schil­der­ten über­ein­stim­mend, dass der Be­klag­te den Pkw am Haus des Zeu­gen N, in dem der Klä­ger da­mals wohn­te, in der Ein­fahrt ab­ge­stellt ha­be und der Klä­ger die­sen nur ein klei­nes Stück­chen um­par­ken muss­te. In die­sem Zeit­punkt sei der Feh­ler er­neut auf­ge­tre­ten. Der Klä­ger sei hier­über em­pört ge­we­sen und ha­be bei­de Zeu­gen da­zu­ge­holt, wel­che dann den Feh­ler am Schein­wer­fer in Au­gen­schein ge­nom­men hät­ten. Die Zeu­gin T er­in­ner­te sich zu­dem dar­an, auch die Feh­ler­mel­dung im Cock­pit ge­se­hen zu ha­ben, wäh­rend der Zeu­ge N ein­räum­te, sich hier­an nicht er­in­nern zu kön­nen.

Die Rück­ga­be des Pkw er­folg­te am 29.04.2020 und so­mit we­ni­ge Ta­ge vor der Rück­tritts­er­klä­rung. Dem­nach lag der Man­gel zur Über­zeu­gung des Ge­richts im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung vor. Dar­auf, dass die Zeu­gen T und N über­zeu­gend ei­nen wei­te­ren Vor­fall im Herbst 2020 schil­dern konn­ten, bei dem wie­der­um das lin­ke Ab­blend­licht aus­ge­fal­len sei, so­wie dar­auf, dass der Zeu­ge C das Auf­tre­ten des­sel­ben Feh­lers am 19.05.2023 ent­spre­chend der von ihm an die­sem Tag an­ge­fer­tig­ten Licht­bil­der schil­dern konn­te, kommt es im Er­geb­nis nicht an. Er­heb­lich ist das Vor­lie­gen des Man­gels im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung (BGH, Urt. v. 27.05.2020 – VI­II ZR 315/18, BGHZ 226, 1 Rn. 43).

Auch die An­ga­ben der Zeu­gen T und N hält das Ge­richt für glaub­haft. Die An­ga­ben de­cken sich in den we­sent­li­chen Punk­ten in­halt­lich und wei­sen De­tails auf. Die Zeu­gen ha­ben zu­dem Wis­sens­lü­cken of­fen ein­ge­räumt, was eben­falls für die Glaub­haf­tig­keit der An­ga­ben spricht. Auch hier über­wie­gen die Wahr­heits­kri­te­ri­en ge­gen­über dem Um­stand, dass die Zeu­gen auf­grund ih­rer fa­mi­liä­ren Ver­bin­dung zum Klä­ger mög­li­cher­wei­se ein In­ter­es­se am Aus­gang des Rechts­streits ha­ben.

Die Be­haup­tung des Be­klag­ten, der Man­gel am Schein­wer­fer sei durch ei­ne Ma­ni­pu­la­ti­on des Klä­gers ver­ur­sacht wor­den, er­folgt ins Blaue hin­ein. Es gibt kei­ner­lei An­halts­punk­te für das Ge­richt, dass der Klä­ger den Man­gel mut­wil­lig ver­ur­sacht hat.

3. Er­heb­lich­keit

Der Man­gel ist auch er­heb­lich i. S. von § 323 V 2 BGB.

Die Er­heb­lich­keits­prü­fung er­for­dert ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­ab­wä­gung. Zu be­rück­sich­ti­gen sind vor al­lem die In­ten­si­tät des Man­gels und der für die Män­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­che Auf­wand. Maß­geb­li­cher Zeit­punkt für die Er­heb­lich­keit ist der Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung. Die Er­heb­lich­keit wird in der Re­gel in­di­ziert durch die Si­cher­heits­re­le­vanz ei­nes Man­gels. Von der Er­heb­lich­keit kann zu­dem dann re­gel­mä­ßig aus­ge­gan­gen wer­den, wenn die Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten min­des­tens fünf Pro­zent der ver­ein­bar­ten Ge­gen­leis­tung be­tra­gen (ins­ge­samt Grü­ne­berg/​Grü­ne­berg, BGB, 83. Aufl. [2024], § 323 Rn. 32).

Un­ter An­wen­dung die­ses Maß­sta­bes hält das Ge­richt den Man­gel am vor­de­ren lin­ken Schein­wer­fer für er­heb­lich.

Be­züg­lich der Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten hat der ge­richt­li­che Sach­ver­stän­di­ge kei­ne Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen, da er den Man­gel nicht be­stä­ti­gen konn­te. Es ist je­doch ei­ne ge­richt­li­che Schät­zung nach § 287 I ZPO un­ter Her­an­zie­hung der vom Klä­ger vor­ge­leg­ten Kos­ten­vor­an­schlä­ge mög­lich. De­ren In­halt ist vom Be­klag­ten nicht sub­stan­zi­iert an­ge­grif­fen wor­den. Aus­weis­lich des Kos­ten­vor­an­schlags An­la­ge K 2 be­lie­fen sich die Kos­ten auf 875 € brut­to, al­so drei Pro­zent des Kauf­prei­ses. Grund­la­ge war hier der Quer­tausch der Schein­wer­fer. Nach­dem die­ser vom Be­klag­ten er­folg­los vor­ge­nom­men wor­den ist, geht der Klä­ger da­von aus, dass der Schein­wer­fer aus­ge­tauscht wer­den muss. Hier­für wür­den Ma­te­ri­al­kos­ten für ei­nen neu­en Schein­wer­fer in Hö­he von 1.951,93 € net­to an­fal­len zu­züg­lich der Kos­ten für den Ein- und Aus­bau, wel­che das Ge­richt an­hand der An­la­ge K 2 auf 267 € net­to schätzt. Es er­ge­ben sich so­mit Kos­ten in Hö­he von cir­ca 2.640 € brut­to, was 9,5 % des Kauf­prei­ses ent­spricht. So­weit der Be­klag­te be­haup­tet, es sei­en an­de­re Ur­sa­chen mög­lich, die güns­ti­ger be­sei­tigt wer­den könn­ten, fehlt es an ei­nem sub­stan­zi­ier­ten Vor­trag zu den hier­für zu er­war­ten­den Kos­ten. Ent­ge­gen der An­sicht des Be­klag­ten sind zu­dem auch die Kos­ten für die Ur­sa­chen­for­schung im Rah­men der Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten zu be­rück­sich­ti­gen. Das Ge­richt ist da­her da­von über­zeugt, dass die Kos­ten für die Be­sei­ti­gung des Man­gels die 5 %-Gren­zen über­schrei­ten.

Hin­zu kom­men wei­te­re Um­stän­de, die im Er­geb­nis aus­schlag­ge­bend sind für die Er­heb­lich­keit des Man­gels. Zum ei­nen tritt der Man­gel spo­ra­disch auf und ist so­mit, wie der vor­lie­gen­de Rechts­streit ein­drück­lich ge­zeigt hat, sehr schwer nach­zu­wei­sen. Auch die Ur­sa­chen­for­schung wird da­durch er­schwert. Die da­mit für den Klä­ger ver­bun­de­ne Un­si­cher­heit ist im Rah­men der In­ter­es­sen­ab­wä­gung zu be­rück­sich­ti­gen. Zum an­de­ren ist der Man­gel auch si­cher­heits­re­le­vant. Ein funk­tio­nie­ren­des Ab­blend­licht ist we­sent­li­che Vor­aus­set­zung für die Ver­kehrs­si­cher­heit des Fahr­zeugs. Dies spie­gelt sich auch im Ge­setz wi­der. Nach § 17 IIa 2, III 1 StVO ist bei Däm­me­rung, Dun­kel­heit oder wenn die Sicht­ver­hält­nis­se es sonst er­for­dern, das Ein­schal­ten des Ab­blend­lichts vor­ge­schrie­ben. Die un­zu­rei­chen­de Be­leuch­tung ist ge­mäß § 49 I Nr. 17 StVO i. V. mit § 24 StVG zu­dem buß­geld­be­wehrt.

In ei­ner Ge­samt­schau ist der Man­gel so­mit als er­heb­lich zu be­wer­ten.

Auf das Vor­lie­gen der wei­te­ren vom Klä­ger be­haup­te­ten Män­gel kommt es da­her im Er­geb­nis nicht an.

4. Frist­set­zung

Der Klä­ger hat den Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 31.03.2020 (An­la­ge K 4) wirk­sam zur Be­sei­ti­gung des Man­gels am Schein­wer­fer bin­nen zwei Wo­chen auf­ge­for­dert. Der Man­gel­be­sei­ti­gungs­ver­such des Be­klag­ten im April 2020 war in­so­weit nicht er­folg­reich. Zu­dem war die Man­gel­be­sei­ti­gung hin­sicht­lich die­ses Man­gels nach Durch­füh­rung zwei­er ver­geb­li­cher Man­gel­be­sei­ti­gungs­ver­su­che auch fehl­ge­schla­gen i. S. von § 440 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB.

5. Rechts­fol­ge

Durch den wirk­sam er­klär­ten Rück­tritt vom Kauf­ver­trag wan­del­te sich die­ser nach § 346 I BGB in ein Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis. Der Klä­ger kann die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Pkw und Her­aus­ga­be der ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen ver­lan­gen, wo­bei es dem Klä­ger frei­steht, die Zah­lung nicht an sich, son­dern an die B-Bank GmbH zu ver­lan­gen.

Be­züg­lich der ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen ist der Be­klag­te be­weis­be­las­tet. Der Be­klag­te hat kei­ne ei­ge­ne Be­rech­nung der ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen vor­ge­nom­men, son­dern sich die Be­rech­nung des Klä­gers zu ei­gen ge­macht mit Aus­nah­me der zu­grun­de ge­leg­ten durch­schnitt­li­chen Lauf­leis­tung, die er mit 250.000 km (statt 350.000 km) be­zif­fert.

Die un­ter­schied­li­chen zu­grun­de ge­leg­ten Lauf­leis­tun­gen füh­ren zu ei­ner Dif­fe­renz der Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von cir­ca 1.000 €. Das Ge­richt sieht ge­mäß § 287 I 2 ZPO in­so­weit von der Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens ab und schätzt die Ge­samt­lauf­leis­tung auf 300.000 km. Dar­aus er­rech­net sich ei­ne Nut­zungsaus­ent­schä­di­gung in Hö­he von \left(\frac{\text{27.950 €}\times\text{14.467 km}}{\text{195.000 km}}=\right) 2.073,60 €.

II. Das Fest­stel­lungs­in­ter­ess des Klä­gers be­züg­lich des An­trags zu 2 er­gibt sich aus § 756 I ZPO.

Der Be­klag­te be­fin­det sich hin­sicht­lich der Rück­nah­me des streit­be­fan­ge­nen Pkw im An­nah­me­ver­zug (§ 293 BGB). Der Klä­ger hat dem Be­klag­ten die Rück­ga­be des Pkw mit Schrei­ben vom 18.05.2020 so­wie er­neut mit rechts­an­walt­li­chem Schrei­ben vom 04.06.2020 wie ge­schul­det – näm­lich durch Ab­ho­lung Zug um Zug ge­gen Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, an­ge­bo­ten. Das wört­li­che An­ge­bot war nach § 295 Satz 1 Fall 2 BGB aus­rei­chend, da der Be­klag­te nach Er­klä­rung des Rück­tritts zur Ab­ho­lung des Pkw ver­pflich­tet war. Der Er­fül­lungs­ort der Rück­ge­währ­pflich­ten ei­nes Kauf­ver­tra­ges nach Aus­übung ei­nes ge­setz­li­chen Rück­tritts­rechts liegt dort, wo sich die Sa­che dem Ver­trag ent­spre­chend be­fin­det (NK-BGB/​Ha­ger, 4. Aufl. [2021], § 346 Rn. 27), vor­lie­gend so­mit am Wohn­ort des Klä­gers.

III. Ne­ben­for­de­run­gen

Der Klä­ger hat zu­dem ei­nen An­spruch auf Zah­lung der ihm durch Ein­ho­lung des Kos­ten­vor­an­schlags der Fir­ma F ent­stan­de­nen Kos­ten aus § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 I BGB. Die Kos­ten für die Ein­ho­lung ei­nes Kos­ten­vor­an­schlags zur Fest­stel­lung der Hö­he von Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten sind Kos­ten, die ein Klä­ger zur Vor­be­rei­tung ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs für er­for­der­lich hal­ten darf.

Aus der­sel­ben Rechts­grund­la­ge steht dem Klä­ger ein An­spruch auf Er­stat­tung der Rechts­an­walts­kos­ten in gel­tend ge­mach­ter Hö­he zu.

Der Zins­an­spruch hin­sicht­lich der Ne­ben­for­de­run­gen folgt aus § 286 I 1, § 288 I BGB. Der Klä­ger hat den Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 03.05.2024 hin­sicht­lich der Kos­ten für den Kos­ten­vor­an­schlag wirk­sam in Ver­zug ge­setzt zum 19.05.2020. So­weit Zin­sen be­reits ab dem 15.05.2020 be­an­tragt wer­den, ist die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Hin­sicht­lich der vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten wur­de der Be­klag­te mit an­walt­li­chen Schrei­ben vom 04.06.2020 zum 01.07.2020 in Ver­zug ge­setzt. Die be­an­trag­ten Zin­sen ab dem 25.08.2020 sind zu­zu­spre­chen.

IV. Ne­ben­ent­schei­dun­gen

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 92 II Nr. 1 ZPO, die Ent­schei­dung über die vor­läu­fi­ge Voll­streck­bar­keit auf § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

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