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Es gehört regelmäßig zu den Mindesterfordernissen für einen gutgläubigen Erwerb eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, dass sich der Erwerber die Zulassungsbescheinigung Teil II (früher: Kraftfahrzeugbrief) vorlegen lässt, um die Berechtigung des Veräußerers zu prüfen. Kommt der Erwerber dieser Obliegenheit nach und wird ihm eine gefälschte Bescheinigung vorgelegt, treffen ihn, sofern er die Fälschung nicht erkennen musste und für ihn auch keine anderen Verdachtsmomente vorlagen, keine weiteren Nachforschungspflichten (im Anschluss an BGH, Urt. v. 01.03.2013 – V ZR 92/12, NJW 2013, 1946 Rn. 13 f.; ebenso BGH, Urt. v. 23.09.2022 – V ZR 148/21, juris Rn. 16).
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Der Verkauf eines gebrauchten Fahrzeugs „auf der Straße“ gebietet für den Käufer besondere Vorsicht, weil er – für den Käufer erkennbar – erfahrungsgemäß das Risiko der Entdeckung eines gestohlenen Fahrzeugs mindert. Ein Straßenverkauf führt aber als solcher noch nicht zu weitergehenden Nachforschungspflichten des Käufers, wenn er sich für ihn als nicht weiter auffällig darstellt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 01.03.2013 – V ZR 92/12, NJW 2013, 1946 Rn. 15 m. w. Nachw.).
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Die Darlegungs- und Beweislast für den fehlenden guten Glauben des Erwerbers trägt derjenige, der den Eigentumserwerb bestreitet. Der Gesetzgeber hat die fehlende Gutgläubigkeit im Verkehrsinteresse bewusst als Ausschließungsgrund ausgestaltet. Deshalb muss derjenige, der sich auf einen gutgläubigen Erwerb beruft, die Erwerbsvoraussetzungen des § 929 BGB beweisen, nicht aber seine Gutgläubigkeit (im Anschluss an BGH, Urt. v. 23.09.2022 – V ZR 148/21, juris Rn. 14).
OLG Oldenburg, Urteil vom 27.03.2023 – 9 U 52/22
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Setzt der Käufer dem Verkäufer bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 474 I 1 BGB) eine Frist zur Nacherfüllung, obwohl es einer Fristsetzung nach § 475d I Nr. 1 BGB nicht bedarf, sondern der Käufer lediglich den Ablauf einer angemessenen Frist abwarten muss, gilt nur die dem Verkäufer aktiv gesetzte Frist. Diese ist auch dann allein maßgeblich, wenn sie dem Verkäufer erst gesetzt wird, nachdem eine angemessene Frist i. S. von § 475d I Nr. 1 BGB bereits zu laufen begonnen hat.
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Ist eine dem Verkäufer trotz § 475d I Nr. 1 BGB aktiv gesetzte Frist unangemessen kurz, wird durch die Fristsetzung zwar eine angemessene Frist i. S. von § 475d I Nr. 1, § 323 I BGB in Lauf gesetzt. Ein Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag, der erst nach dem Ablauf der aktiv gesetzten Frist, aber noch vor dem Ablauf einer angemessenen Frist erklärt wird, ist jedoch unwirksam.
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Ob eine Frist zur Nacherfüllung „angemessen“ ist, ist eine Frage des Einzelfalls, die nur bejaht werden kann, wenn – realistisch betrachtet – dem Verkäufer innerhalb der Frist eine eine Nacherfüllung überhaupt möglich ist. Bei einer Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) kommt es deshalb auf die Art des zu beseitigenden Mangels, die Komplexität der Kaufsache, etwaige die Nachbesserung erschwerende Umstände sowie auf das Leistungsinteresse des Käufers an. Gemessen daran ist eine Frist von wenigen Tagen, in denen ein Austauschmotor beschafft und in ein Fahrzeug eingebaut werden muss, insbesondere dann unangemessen kurz, wenn der Verkäufer keine eigene Werkstatt unterhält. Angemessen ist in einem solchen Fall eine Frist von mindestens zwei Wochen.
LG Düsseldorf, Urteil vom 22.03.2023 – 9 O 167/22
(nachfolgend: OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.09.2023 – 23 U 55/23)
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- Art. 18 I, 26 I und 46 der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.09.2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 385/2009 der Kommission vom 07.05.2009 geänderten Fassung in Verbindung mit Art. 5 II der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge sind dahin auszulegen, dass sie neben allgemeinen Rechtsgütern die Einzelinteressen des individuellen Käufers eines Kraftfahrzeugs gegenüber dessen Hersteller schützen, wenn dieses Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 II dieser Verordnung ausgestattet ist.
- Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass es in Ermangelung einschlägiger unionsrechtlicher Vorschriften Sache des Rechts des betreffenden Mitgliedstaats ist, die Vorschriften über den Ersatz des Schadens festzulegen, der dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 II der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgestatteten Fahrzeug tatsächlich entstanden ist, vorausgesetzt, dass dieser Ersatz in einem angemessenen Verhältnis zum entstandenen Schaden steht.
EuGH (Große Kammer), Urteil vom 21.03.2023 – C-100/21 (QB/Mercedes-Benz Group AG, vormals Daimler AG)
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- Bereits die Eintragung eines Kraftfahrzeugs in das Schengener Informationssystem (SIS) ist als Rechtsmangel i. S. von § 435 BGB zu qualifizieren. Denn die damit für den Käufer verbundenen Nachteile erschöpfen sich keineswegs in einem vorübergehenden Zulassungshindernis. Vielmehr besteht die durch die SIS-Eintragung begründeten Zugriffsmöglichkeiten der staatlichen Strafverfolgungsbehörden des Schengenraums auf das Fahrzeug fort, bis die SIS-Eintragung beseitigt ist. Der Käufer kann deshalb mit dem Fahrzeug selbst dann, wenn er dessen Eigentümer geworden sein sollte, gerade nicht i. S. von § 903 Satz 1 unbelastet von (Zugriffs-)Rechten Dritter nach Belieben verfahren (im Anschluss an BGH, Urt. v. 18.01.2017 – VIII ZR 234/15, NJW 2017, 1666 Rn. 22 ff.; Urt. v. 26.04.2017 – VIII ZR 233/15, NJW 2017, 3292 Rn. 10, 13).
- Ein Rechtsmangel (§ 435 BGB) liegt grundsätzlich auch bei einer unberechtigten SIS-Eintragung vor, da auch sie Zugriffsmöglichkeiten der staatlichen Strafverfolgungsbehörden des Schengenraums auf das Kraftfahrzeug begründet. Ein Rechtsmangel könnte allenfalls zu verneinen sein, wenn es dem Käufer mit vertretbarem Aufwand und kurzfristig möglich ist, die SIS-Eintragung zu beseitigen (vgl. OLG Köln, Urt. v. 25.03.2014 – 3 U 185/13, juris Leitsatz 1).
OLG Brandenburg, Urteil vom 16.03.2023 – 10 U 120/22
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- Ein gewerblicher Kraftfahrzeugverkäufer ist nicht verpflichtet, den Käufer auf eine bevorstehende Gesetzesänderung und deren Auswirkungen auf die vom Käufer künftig zu entrichtende Kraftfahrzeugsteuer hinzuweisen.
- Ein verständiger Fahrzeugkäufer weiß, dass der tatsächliche Kraftstoffverbrauch von zahlreichen Einflüssen und der individuellen Fahrweise abhängt und daher nicht mit den auf einem standardisierten Messverfahren beruhenden Herstellerangaben gleichgesetzt werden kann. Der Käufer kann aber erwarten, dass die vom Hersteller mitgeteilten Verbrauchswerte unter Testbedingungen reproduzierbar sind (im Anschluss an OLG Hamm, Urt. v. 07.02.2013 – I-28 U 94/12, NJW-RR 2013, 1146).
OLG Naumburg, Urteil vom 27.02.2023 – 12 U 137/22
(vorangehend: LG Dessau-Roßlau, Urteil vom 12.08.2022 – 2 O 475/19)
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Bei einem mit einem im stationären Handel geschlossenen Fahrzeugkaufvertrag verbundenen und vom Darlehensnehmer widerrufenen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag entfällt das Leistungsverweigerungsrecht des Darlehensgebers nach § 357 IV 1 BGB nicht dadurch, dass der Darlehensnehmer das Fahrzeug an einen weder an dem Darlehensvertrag noch an dem damit verbundenen Kaufvertrag beteiligten Dritten veräußert hat.
BGH, Urteil vom 14.02.2023 – XI ZR 152/22
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- Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass bei zwischen Unternehmern (§ 14 BGB) geschlossenen Gebrauchtwagenkaufverträgen stets ein umfassender Ausschluss der Haftung des Verkäufers für Sachmängel (Gewährleistungsausschluss) vereinbart wird.
- Allgemeine Geschäftsbedingungen eines Kfz-Händlers können zwar auch dann Bestandteil eines mit einem unternehmerisch handelnden Käufer geschlossenen Kaufvertrags werden, wenn die in § 305 II und III BGB genannten Einbeziehungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind (§ 310 I 1 BGB). Erforderlich ist aber, dass der Verkäufer zum Ausdruck bringt, dass neben dem individualvertraglich Vereinbarten auch bestimmte Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vertragsinhalt werden sollen. Es genügt weder, dass diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen branchenüblich sind, noch reicht für eine wirksame Einbeziehung die schlichte Kenntnis des Käufers, dass der Verkäufer seinen Verträgen grundsätzlich Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde legt.
OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 27.01.2023 – 26 U 29/22
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