1. Der Verkäufer eines Neuwagens ist nicht verpflichtet, den Käufer über die für das Fahrzeug zu entrichtende Kraftfahrzeugsteuer aufzuklären.
  2. Aus der Tatsache, dass ein höherer Kraftstoffverbrauch und höhere CO2-Emissionen angegeben werden müssen, wenn die Verbrauchs- und Emissionswerte nicht auf der Grundlage des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), sondern auf der Grundlage der Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure (WLTP) ermittelt wurden, kann nicht auf einen tatsächlich höheren Kraftstoffverbrauch beziehungsweise höhere CO2-Emissionen eines Neuwagens geschlossen werden.

LG Dessau-Roßlau, Urteil vom 12.08.2022 – 2 O 475/19
(nachfolgend: OLG Naumburg, Urteil vom 27.02.2023 – 12 U 137/22).

Sachverhalt: Der Kläger begehrt als Leasingnehmer die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Pkw Mercedes-Benz V 250 d 4MATIC.

Er war Eigentümer des Vorgängermodells des streitgegenständlichen Fahrzeugs und wollte das Nachfolgemodell erwerben. Zu diesem Zweck suchte der Kläger die Beklagte zu 2 auf, wo ihn der Verkäufer V beriet. V übergab dem Kläger einen Fahrzeugprospekt, in dem die Beklagte zu 1 die CO2-Emissionen mit 177 g/km und den Kraftstoffverbrauch mit 6,2 bis 7,7 l/100 km angegeben hatte. V informierte den Kläger über die für das begehrte Fahrzeug vorgesehenen Motorvarianten und die jeweils vom Hersteller angegebenen Verbrauchs- und Emissionswerte. Er wies im Verkaufsgespräch auch darauf hin, dass nach den ihm (damals) vorliegenden Herstellerangaben der Verbrauch beziehungsweise der Schadstoffausstoß geringer sei als beim Vorgängermodell.

In der Folge leaste der Kläger das von der Beklagten zu 1 hergestellte und verkaufte Fahrzeug von der L-GmbH. Zu diesem Zweck bestellte er den Pkw am 05.07.2018 verbindlich bei der Beklagten zu 2 zu einem Nettokaufpreis von 48.102 €. Die Beklagte zu 2 bestätigte die Bestellung unter dem 25.09.2018 und vermittelte den zwischen der Beklagten zu 1 und der L-GmbH geschlossenen Kaufvertrag sowie den zwischen dem Kläger und der L-GmbH geschlossenen Leasingvertrag über das Fahrzeug.

Die dem Leasingvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der L-GmbH (Leasinggeberin) sehen vor, dass Ansprüche wegen wegen Fahrzeugmängeln gegen die Leasinggeberin ausgeschlossen sind und diese stattdessen sämtliche ihr gegen die Verkäuferin des Fahrzeugs zustehenden Gewährleistungsansprüche einschließlich des Rechts zum Rücktritt vom Kaufvertrag an den Leasingnehmer abtritt.

Das streitgegenständliche Fahrzeug wurde vereinbarungsgemäß am 24.01.2019 ausgeliefert, nachdem die L-GmbH 48.102 € an die Beklagte zu 1 gezahlt hatte.

In der EG-Übereinstimmungsbescheinigung für das streitgegenständliche Fahrzeug wird der Kraftstoffverbrauch mit 10,9 l/100 km (Phase 1), 9,9 l/100 km (Phase 2) und 7,7 l/100 km (Phase 3) angegeben. In dem Kraftfahrzeugsteuerbescheid, den der Kläger für das streitgegenständliche Fahrzeug erhalten hat, wird der CO2-Ausstoß mit 234 g/km angegeben. Der Kläger zahlt für das streitgegenständliche Fahrzeug mehr Kraftfahrzeugsteuer als für sein vorheriges Fahrzeug (Vorgängermodell).

Aus diesem Grund erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1 mit anwaltlichem Schreiben vom 23.04.2019 die Anfechtung seiner Vertragserklärung und den Rücktritt vom Vertrag. Er forderte die Beklagte zu 1 auf, bis zum 10.05.2019 die Gestaltungserklärungen anzuerkennen, das Fahrzeug zurückzunehmen, die Leasingraten sowie eine Sonderzahlung (3.000 €) zu erstatten und vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten zu ersetzen. Die Beklagte zu 1 stellte mit Schreiben vom 11.06.2019 eine Mangelhaftigkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Abrede und wies die geltend gemachten Ansprüche zurück.

Der Kläger hat vorgetragen, die L-GmbH habe ihn mit Schreiben vom 16.08.2019 ermächtigt, die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu verlangen.

Er hat ursprünglich behauptet, dass sowohl der CO2-Ausstoß als auch der Kraftstoffverbrauch des streitgegenständlichen Fahrzeugs erheblich höher seien als angegeben. Tatsächlich betrage der CO2-Ausstoß 234 g/km statt der angegebenen 177 g/km, und der Kraftstoffverbrauch sei um 25 % höher als angegeben. Diese Behauptung hat der Kläger jedoch rechtsverbindlich mit Schriftsatz vom 03.06.2021 fallen gelassen und seine Klage allein auf die Verletzung einer Hinweispflicht durch die Beklagte zu 2 gestützt. Er ist der Auffassung, die Beklagte zu 2 hätte ihn darüber aufklären müssen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mehr Kraftstoff verbraucht als sein bisheriges Fahrzeug und die Steuerlast höher ist. Der Verkäufer V der Beklagten zu 2, so hat der Kläger behauptet, sei mit ihm den Fahrzeugprospekt durchgegangen und habe ihm die verschiedenen Motorvarianten vorgestellt. Dabei habe V ihm – dem Kläger – mitgeteilt, dass das Fahrzeug „sauber“ sei, das heißt weniger weniger CO2 ausstoße und auch weniger Kraftstoff verbrauche als sein bisheriges Fahrzeug, und dass deshalb die Kraftfahrzeugsteuer niedriger sei. Die Beklagte zu 2 habe gewusst, dass er bereits das Vorgängermodell erworben habe, und sie habe zweifelsfrei erkennen können, dass für ihn von Bedeutung sei, ob das Fahrzeug mehr Kraftstoff verbrauche als sein bisheriges Fahrzeug und ob die Steuerlast nunmehr höher sei als bei diesem Fahrzeug. Als Laie habe er bei Abschluss des Kaufvertrags – für die Beklagte zu 2 erkennbar – nicht gewusst, dass die Steuerlast und der tatsächliche Kraftstoffverbrauch höher seien. Insbesondere sei für die Beklagte zu 2 erkennbar gewesen, dass ihm die Umstellung vom Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) auf die Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure (WLTP) unbekannt gewesen sei und er nicht gewusst habe, dass sich dadurch die CO2-Werte erhöht hätten und das Fahrzeug deshalb höher besteuert werde. Die Beklagte zu 2 sei sich also ihrer ihm – dem Kläger – gegenüber bestehenden Aufklärungspflicht bewusst gewesen. Sie habe die gebotene Aufklärung jedoch unterlassen. Er hätte den Pkw nicht gekauft beziehungsweise geleast, wenn er gewusst hätte, dass der Kraftstoffverbrauch und die dafür zu zahlende Kraftfahrzeugsteuer höher seien als bei seinem bisherigen Fahrzeug.

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben geltend gemacht, das streitgegenständliche Fahrzeug sei nicht mangelhaft sei. Die Beklagte zu 2 habe dem Kläger auch keine falschen Informationen über das Fahrzeug kommuniziert.

Es sei davon auszugehen, dass die nach der Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure (WLTP) ermittelten CO2-Werte im Durchschnitt 20 % höher seien als die nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) ermittelten Werte. Je nach Ausstattung und Technik des jeweiligen Fahrzeugs betrage die Erhöhung zwischen 15 % und 30 %. Bei den Werten, die sich aus dem dem Kläger vorgelegten Prospekt ergäben, handele es sich um NEFZ-Werte; die WLTP-Angabe für den CO2-Ausstoß betrage 234 g/km, die für den Kraftstoffverbrauch 7,7 bis 10,9 l/100 km. Die Fahrzeughersteller seien gesetzlich verpflichtet, in ihren Prospekten und Werbematerialien sowie im Verkaufsraum die Werte „Kraftstoffverbrauch“ und „CO2-Emission“ anzugeben. Bis zu einer Neuregelung der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV)1Verordnung über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch, Stromverbrauch, CO2-Emissionen und Energiekosten neuer Personenkraftwagen (Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung – Pkw-EnVKV) vom 28.05.2004, BGBl. 2004 I S. 1037). seien – wie vorliegend geschehen – NEFZ-Werte anzugeben. Der deutsche Gesetzgeber habe sich jedoch entschieden, die Kraftfahrzeugsteuer auf der Grundlage der WLTP-Werte zu erheben, sodass hier die Kraftfahrzeugsteuer zutreffend auf der Grundlage eines CO2-Ausstoßes von 234 g/km festgesetzt worden sei. Auch bei den Verbrauchswerten in der EG-Übereinstimmungsbescheinigung handele es sich um – zutreffend angegebene – WLTP-Werte. Im Ergebnis sei es daher auch zutreffend, dass das streitgegenständliche Fahrzeug weniger Kraftfstsoff verbrauche als das Vorgängermodell und einen geringeren CO2-Ausstoß aufweise. Die unterschiedlichen Verfahren zur Bestimmung der Abgasemissionen und des Kraftstoffverbrauchs von Kraftfahrzeugen könnten schlicht nicht miteinander verglichen werden.

Die Beklagte zu 2 habe den Kläger gerade nicht über das Emissionsverhalten des Fahrzeugs getäuscht, sondern zutreffende Emissionswerte mitgeteilt. Der Verkäufer V habe sich insoweit auf die Herstellerangaben der Beklagten zu 1 verlassen dürfen. Der Kläger verkenne bei seiner irrigen Annahme, die ihm gegenüber gemachten Angaben zu den Abgasemissionen und zum Kraftstoffverbrauch seien unzutreffend, dass diese Angaben auf Werten beruhten, die im NEFZ-Verfahren ermittelt worden seien, während die Besteuerung des streitgegenständlichen Fahrzeugs auf der Grundlage der WLTP-Werte erfolgt sei. Das von dem Kläger erworbene Fahrzeug verbrauche tatsächlich nicht mehr Kraftstoff, nur weil der Verbrauch nach einem anderen Testzyklus (WLTP statt NEFZ) ermittelt werde. Es habe trotz des geänderten Testzyklus immer noch denselben Motor und dieselben Zusatzaggregate, sodass sich am Kraftstoffverbrauch etc. nichts geändert habe. Der Kraftstoffverbrauch stelle sich lediglich aufgrund des geänderten Testzyklus, also aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen für die Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs, anders dar. hätten bei dem Verkaufsgespräch mit dem Kläger keine WLTP-Werte vorgelegen, sodass er diese dem Kläger auch nicht habe mitteilen können. Die Beklagte zu 2 sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Kläger darüber zu informieren, dass zukünftig – ab dem 01.09.2018 – nicht mehr das NEFZ-Verfahren, sondern das WLTP-Verfahren angewendet werde.

Zu steuerlichen Aspekten habe sich V gegenüber dem Kläger nicht geäußert. Insbesondere habe V dem Kläger nicht gesagt, dass die Kraftfahrzeugsteuer für das streitgegenständliche Fahrzeug niedriger sei als für das bisherige Fahrzeug des Klägers. Der Kläger habe auch nicht danach gefragt. Zudem sei die Beklagte zu 2 nicht verpflichtet, sich gegenüber Käufern zur Höhe der Kraftfahrzeugsteuer zu äußern.

Allein der Umstand, dass fahrzeugspezifische Werte nicht mehr nach dem NEFZ-Testzyklus, sondern nach WLTP-Zyklus zu ermitteln seien, begründe keinen Mangel des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Gleiches gelte für den Umstand, dass die Umstellung des Testzyklus mit einer deutlichen Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer zum 01.09.2018 einhergehe. Die tatsächlichen Emissions- beziehungsweise Verbrauchswerte des Fahrzeugs seien gleich geblieben, lediglich das Messverfahren sei nun ein anderes, sodass sich die ermittelten Werte anders darstellten.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Die Klage … ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.

I. Die Klage ist zunächst zulässig.

1. Soweit der Kläger mit der Klage Ansprüche aus einem Kaufvertrag-Rückgewährschuldverhältnis verfolgt, liegt ein zulässiger Fall gewillkürter Prozessstandschaft vor.

Aufgrund Abschnitt XIII Ziffer 2 AGB ist der Kläger ermächtigt i. S. von § 185 I BGB analog, den behaupteten Anspruch der Leasinggeberin gegen die Verkäuferin auf Rückzahlung des Kaufpreises gemäß § 346 I BGB im eigenen Namen geltend zu machen. Insoweit handelt es sich bei der Begriffswahl „Abtretung“ rechtstechnisch um eine falsche Bezeichnung, die unschädlich ist. Da die Übertragung des Anspruchs auf Erfüllung des Kaufvertrags (gemäß „§ 433 I 2 BGB“) nach Satz 3 der AGB-Bestimmung ausdrücklich ausgenommen ist, hat auch die Rückabwicklung des Kaufvertrags ausschließlich zwischen dem Leasinggeber und dem Lieferanten zu erfolgen (BGH, Urt. v. 24.06.1992 – VIII ZR 188/91, juris Rn. 27). Dem trägt die Regelung in Satz 4 der vorbezeichneten AGB-Bestimmung Rechnung, wonach sich der Leasingnehmer verpflichtet, die ihm „abgetretenen“ Ansprüche im eigenen Namen mit der Maßgabe geltend zu machen, dass beim Rücktritt vom Kaufvertrag oder bei der Herabsetzung des Kaufpreises (Minderung) etwaige Zahlungen des Verkäufers oder Garantieverpflichteten direkt an den Leasinggeber zu leisten sind (so auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 04.09.2020 – 16 U 89/20, juris Rn. 6 mit Verweis auf OLG Köln, Urt. v. 27.03.2008 – 15 U 175/07, juris Rn. 45). Dies wird nochmals durch das Schreiben der L-GmbH vom 16.08.2019 bestätigt.

Der Kläger hat auch ein eigenes schutzwürdiges Interesse daran, das fremde Recht geltend zu machen, als seine rechtlichen Interessen wegen etwaiger Mängel an dem geleasten Pkw maßgeblich durch die „abgetretenen“ Gewährleistungsrechte gewahrt werden.

2. Das für den Klageantrag zu 2 gemäß § 256  I ZPO erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers ergibt sich aus den Vorschriften über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer Zug-um-Zug-Verurteilung gemäß § 756 I, § 765 Nr. 1 ZPO.

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu.

1. Der Kläger kann von der Beklagten zu 1 nicht die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Mercedes-Benz V 250 d 4MATIC gemäß § 346 I BGB verlangen, denn der Kläger war gemäß § 433 I 2 BGB, § 434 I BGB a.F., § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323, 440 BGB nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.

Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des OLG Hamm (Urt. v. 07.02.2013 – I-28 U 94/12, juris) stützt, ist diese auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. In dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall ergab sich das gesetzliche Rücktrittsrecht daraus, dass dem vom Käufer gekauften Fahrzeug i. S. des § 434 I 2 Nr. 2, Satz 3 BGB a.F. eine Beschaffenheit fehlte, die er nach dem Verkaufsprospekt des Herstellers erwarten durfte. Der Käufer kann insoweit erwarten, dass die im Prospekt angegebenen Werte unter Testbedingungen reproduzierbar sind. Das war in dem Fall des OLG Hamm nicht der Fall. Das OLG Hamm ist nach der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gekommen, dass die Auslieferung des Klägerfahrzeugs mit den erhöhten Verbrauchswerten auch als erhebliche Pflichtverletzung i. S. des § 323 V 2 BGB anzusehen ist, die den Kläger zum Rücktritt berechtigt, weil der im Verkaufsprospekt angegebene (kombinierte) Verbrauchswert um mehr als 10 % (dort 10,35 %) überschritten wurde.

Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Soweit der Kläger ursprünglich mit der Klage auch hier behauptet hat, dass sowohl die CO2-Emissionen als auch der Verbrauch des Fahrzeugs Mercedes-Benz V 250 d 4MATIC erheblich höher als angegeben seien, so liege die tatsächliche CO2-Emission bei 234 g/km statt der angegebenen 177 g/km und es ergebe sich ein 25 % höherer Verbrauch als angegeben, hat er diese ursprünglich unter Beweis gestellte Behauptung rechtsverbindlich mit Schriftsatz vom 03.06.2021 aufgegeben.

Auch die weiteren umfangreichen Ausführungen des Klägers, mit denen er durch einen Vergleich der Angaben im Prospekt mit den Angaben in dem Kraftfahrzeugsteuerbescheid sowie in der EG-Übereinstimmungsbescheinigung einen erhöhten Verbrauch beziehungsweise einen erhöhten CO2-Ausstoß darlegen möchte, verfangen nicht. Insoweit vergleicht der Kläger „Äpfel mit Birnen“. Dabei verkennt er, dass die Werte aus dem Prospekt auf dem NEFZ beruhen und die Werte aus dem Kraftfahrzeugsteuerbescheid und der EG-Übereinstimmungsbescheinigung auf dem WLTP.

Soweit der Kläger den dahin gehenden Vortrag der Beklagten pauschal bestreitet, geht dies ins Leere.

Ausweislich der Fußnote 3 des Prospekts wurden die angegebenen Werte zum Kraftstoffverbrauch und zur CO2-Emmission nach dem vorgeschriebenen Messverfahren (§ 2 Nr. 5, 6, 6a Pkw-EnVKV in der jeweils geltenden Fassung) ermittelt. Ausweislich der Anlage K 1 war der Redaktionsschluss für diese Druckschrift/​diesen Prospekt der 15.03.2017. Mit der Verordnung (EU) 2017/11512Verordnung (EU) 2017/1151 der Kommission vom 01.06.2017 zur Ergänzung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Fahrzeugreparatur- und -wartungsinformationen, zur Änderung der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission sowie der Verordnung (EU) Nr. 1230/2012 der Kommission und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission, ABl. 2017 L 175, 1. der Kommission vom 01.06.2017 unter anderem mit Ergänzungen und Aufhebungen zu früheren Verordnungen über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) erfolgte die verbindliche Einführung des neuen WLTC/​WLTP für die Typprüfung neuer Modelle und neuer Motorvarianten ab dem 01.09.2017 und ab dem 01.09.2018 für neu zugelassene Fahrzeuge. Die neue Verordnung wurde am 07.07.2017 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und trat am 27.07.2017 in Kraft.

Dies vorangestellt handelt es sich bei den Werten des Prospekts um solche, die auf der Grundlage des NEFZ ermittelt worden sind. Hingegen basieren die Werte in der EG-Übereinstimmungsbescheinigung und im Kraftfahrzeugsteuerbescheid auf den Werten des WLTP. In Bezug auf die EG-Übereinstimmungsbescheinigung ergibt sich dies aus der Bescheinigung selbst. Dort wird ausdrücklich ausgeführt: „gemäß Verordnung (EU) 2017/1151 WLTP-Werte“.

Im Rahmen der Umstellung von NEFZ auf WLTP wurde auch das Kraftfahrzeugsteuergesetz angepasst. Seit September 2018 ist der CO2-Wert nach WLTP ausschlaggebend für die Besteuerung, vorher war das der CO2-Wert nach NEFZ. Mit Blick auf das Datum der Erstzulassung des streitgegenständlichen Fahrzeugs (24.01.2019) handelt es sich bei dem im Bescheid angegebenen Wert bezüglich des CO2-Ausstoßes um einen Wert nach WLTP.

Da der WLTP strengere und detailliertere Bedingungen für die Durchführung der Emissionsprüfungen und die Typgenehmigung umfasst (vgl. Erwägungsgrund 3 der Verordnung (EU) 2018/18323Verordnung (EU) 2018/1832 der Kommission vom 05.11.2018 zur Änderung der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission und der Verordnung (EU) 2017/1151 der Kommission im Hinblick auf die Verbesserung der emissionsbezogenen Typgenehmigungsprüfungen und -verfahren für leichte Personenkraftwagen und Nutzfahrzeuge, unter anderem in Bezug auf die Übereinstimmung in Betrieb befindlicher Fahrzeuge und auf Emissionen im praktischen Fahrbetrieb und zur Einführung von Einrichtungen zur Überwachung des Kraftstoff- und des Stromverbrauchs, ABl. 2018 L 301, 1., ABl. 2018 L 301, 1), fallen die offiziellen Verbrauchsangaben seither realistischer und damit höher aus; es steigen in der Regel auch die Verbrauchs- und CO2-Werte. Vor diesem Hintergrund sind – was dem Gericht aus zahlreichen Verfahren im Zusammenhang mit dem sogenannten Abgasskandal bekannt ist – die Werte des NEFZ mit den Werten des WLTP auch nicht vergleichbar. Insbesondere kann aus einem im Vergleich zum NEFZ-Wert höheren WLTP-Wert – entgegen der Auffassung des Klägers – kein höherer Verbrauch beziehungsweise CO2-Ausstoß eines Fahrzeugs hergeleitet werden.

Sonstige zum Rücktritt berechtigende Mängel an dem Fahrzeug hat der Kläger weder dargelegt noch sind solche sonst ersichtlich.

2. Dem Kläger steht auch kein Rückabwicklungsanspruch aus § 812 I 1 Fall 1, §§ 142 I, § 123 I Fall 1 BGB zu.

a) Zwar ist eine Anfechtungserklärung gemäß § 143 BGB im Rahmen des Schreibens vom 23.04.2019 durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1 form- und – innerhalb eines Jahres (§ 124 I, II 1 BGB) – fristgerecht erfolgt.

b) Der Anfechtungsgrund einer arglistigen Täuschung i. S. des § 123 I Fall 1 BGB ist jedoch nicht gegeben.

Erforderlich für das Vorliegen einer Täuschung ist die Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums durch Vorspiegelung falscher oder durch Unterdrückung wahrer Tatsachen. Grundsätzlich hat sich derjenige, der einen Vertrag schließt, selbst darüber zu vergewissern, ob das Geschäft für ihn von Vorteil ist oder nicht; darauf darf sich der andere Teil einstellen und braucht deshalb nicht auf Umstände hinzuweisen, von denen er annehmen darf, dass nach ihnen gefragt wird, wenn sein Vertragspartner Wert auf sie legt. Das Verschweigen von Tatsachen stellt deshalb nur dann eine Täuschungshandlung i. S. des § 123 I Fall 1 BGB dar, wenn eine entsprechende Offenbarungspflicht besteht; entscheidend ist, ob der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung im Einzelfall redlicherweise eine Aufklärung über den verschwiegenen Umstand erwarten durfte. Insbesondere ist über solche Umstände aufzuklären, die nur der eine Vertragsteil kennt und von denen er weiß oder wissen muss, dass sie für den anderen Teil von wesentlicher Bedeutung sind, etwa weil sie den Vertragszweck vereiteln oder erheblich gefährden können. Auch müssen Fragen des anderen Teils vollständig und richtig beantwortet werden (vgl. Grüneberg/​Ellenberger, BGB, 81. Aufl., § 123 Rn. 2 ff. m. w. Nachw.). Arglist im Sinne der Vorschrift ist gleichbedeutend mit Vorsatz, wobei bedingter Vorsatz genügt, grobe Fahrlässigkeit jedoch nicht ausreicht. Im Fall einer Offenbarungspflicht muss der Aufklärungspflichtige wissen oder zumindest damit rechnen und billigend in Kauf nehmen, dass der andere Teil von den verschwiegenen Umständen keine Kenntnis hat. Allerdings handelt nicht arglistig, wer gutgläubig unrichtige Angaben macht, mag auch der gute Glaube selbst auf Leichtfertigkeit oder grober Fahrlässigkeit beruhen.

Gemessen daran kann ein Anfechtungsgrund nicht angenommen werden.

aa) Eine Täuschung hinsichtlich eines erhöhten Verbrauchs beziehungsweise einer erhöhten CO2-Emission liegt nicht vor. Soweit der Kläger ursprünglich mit der Klage noch behauptet hat, dass sowohl die CO2-Emissionen als auch der Verbrauch des Fahrzeugs Mercedes-Benz V 250 d 4MATIC erheblich höher als angegeben seien, hat er diese Behauptung rechtsverbindlich aufgegeben. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

Der vom Kläger auch in diesem Zusammenhang vorgenommene Vergleich der Werte aus dem Prospekt mit den Werten aus der EG-Übereinstimmungsbescheinigung und des Kraftfahrzeugsteuerbescheids geht ins Leere, da die Werte auf unterschiedlichen Prüfzyklen basieren. Auch insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.

(2) Soweit der Kläger in der Angabe des Verkäufers der Beklagten zu 2, das streitgegenständliche Fahrzeug verbrauche weniger und stoße weniger CO2 aus als das Vorgängermodell, eine Täuschung sieht, geht diese Auffassung fehl.

Selbst nach dem Vortrag des Klägers liegt ein Vorspiegeln falscher Tatsachen nicht vor. Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 30.06.2022 selbst angegeben, dass ihm der Verkäufer V im Zusammenhang mit dieser Aussage den Prospekt vorgehalten habe, anhand dessen er in den Spalten dann den Verbrauch habe vergleichen können. Der Kläger konnte die Werte anhand des Prospekts – nach eigenen Ausführungen – nachvollziehen. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger an seiner Behauptung, das streitgegenständliche Fahrzeug verbrauche 25 % mehr, rechtsverbindlich nicht weiter festhält, ist daher von diesen Werten auszugehen. Dass die Werte im Prospekt (basierend auf dem NEFZ) für das streitgegenständliche Fahrzeug höher waren als die des Vorgängermodells, behauptet der Kläger nicht einmal. In diesem Fall könnte eine Täuschung auch nicht angenommen werden, da der Fehler offensichtlich gewesen wäre.

Die Annahme einer Täuschung durch den Kläger basiert wohl auf dem fehlerhaften Vergleich der WLTP-Werte aus der EG-Übereinstimmungsbescheinigung und dem Kraftfahrzeugsteuerbescheid mit den NEFZ-Werten des Vorgängermodells. Dass die WLTP-Werte des streitgegenständlichen Fahrzeugs hinsichtlich des Verbrauchs und der CO2-Emission höher sind als die WLTP-Werte des Vorgängermodells hat der Kläger weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich.

cc) Soweit der Kläger ursprünglich eine arglistige Täuschung dahin gehend vorgetragen hat, dass der Verkäufer ihm mitgeteilt habe, die Kraftfahrzeugsteuer falle geringer aus als beim Vorgängermodell, verfängt dies nicht. Er hat seinen (fehlerhaften) Vortrag im Rahmen des Verfahrens korrigiert und nochmals im Rahmen seiner Anhörung im Termin bestätigt, dass er lediglich aus den Angaben des V zu einem geringeren Verbrauch und einer geringeren CO2-Emission geschlussfolgert habe, auch weniger Kraftfahrzeugsteuern zahlen zu müssen. Da es eine dahin gehende Äußerung des Verkäufers bereits nicht gegeben hat, scheidet auch eine arglistige Täuschung aus.

dd) Entgegen der Auffassung des Klägers bestand insoweit auch keine Offenbarungspflicht. Es ist nicht Aufgabe des Verkäufers eines Kraftfahrzeugs, den Käufer über die Höhe der Steuerlast aufzuklären. Da die Steuerlast – nach dem Vortrag des Klägers – kein Thema des Verkaufsgesprächs gewesen ist, lassen sich auch aus dem Verkaufsgespräch selbst keine sonstigen Aufklärungspflichten herleiten.

Unabhängig davon wäre es dem Kläger ohne Weiteres möglich gewesen, die Steuerlast bei der zuständigen Behörde zu erfragen. Demzufolge handelte es sich bei der Steuerlast auch nicht um solche Umstände, die nur ein Vertragsteil kannte. Bereits vor diesem Hintergrund scheidet eine Offenbarungspflicht aus.

ee) Auch sonst liegt – entgegen der Auffassung des Klägers – keine Offenbarungspflicht seitens des Verkäufers vor, gegen die er verstoßen haben könnte und die einen Anfechtungsgrund begründet.

Soweit der Kläger moniert, dass die Beklagte zu 2 ihm nicht mitgeteilt habe, dass von NEFZ auf WLTP umgestellt worden sei, die CO2-Werte hierdurch angestiegen seien und demzufolge das Fahrzeug höher besteuert werde, verfängt dies nicht. Besteht seitens des Verkäufers – wie bereits ausgeführt – bereits keine Aufklärungspflicht in Bezug auf die Steuerlast des Fahrzeugs, muss er auch nicht darüber aufklären, dass sich das der Bemessung der Steuer zugrundeliegende Prüfverfahren ändert.

Auch im Übrigen bestand seitens des Verkäufers keine Aufklärungspflicht in Bezug auf die Ablösung des NEFZ-Prüfzyklus durch das WLTP-Verfahren.

In der Autowerbung, ob gedruckt oder im Internet, müssen die Verkäufer die spezifischen Verbrauchswerte und CO2-Emissionen angeben (§ 1 Pkw-EnVKV i. d. F. vom 22.08.2011). Seit 2021 sind die Angaben zum Verbrauch gemäß den WLTP-Richtlinien zwar verpflichtend, allerdings hat das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Pkw-Energieverbrauchs-Kennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) noch nicht angepasst (vgl. https://​www.bmwk.de/​Redaktion/​DE/​Artikel/​Energie/​energieverbrauchskennzeichnung-von-pkw.html), sodass Händler gezwungen waren – wie vorliegend geschehen – Verbrauchs- und Emissionswerte von Neuwagen (zumindest bis Dezember 2020) gegenüber ihren Kunden nach dem NEFZ-Verfahren auszuweisen. Auch zum Zeitpunkt der verbindlichen Bestellung des Fahrzeugs bestand lediglich eine Pflicht, die Verbrauchs- und Emissionswerte nach dem NEFZ-Verfahren anzugeben. Vor diesem Hintergrund kann eine Aufklärungspflicht in Bezug auf den Wechsel des Prüfstandesverfahrens von NEFZ auf WLTP bereits nicht angenommen werden.

3. Schließlich folgt ein Anspruch – entgegen der Auffassung des Klägers – auch nicht aus §§ 280 I, 241 II, 311 III BGB. Es fehlt bereits an einer Pflichtverletzung. Wahrheitswidrige Angaben – wie sie der Kläger hier behauptet – hat der Verkäufer V nicht getätigt. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen Bezug genommen, die hier entsprechend gelten.

4. Da die Beklagte zu 1 schon nicht die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs schulden, ist sie mit dessen Rücknahme nicht in Annahmeverzug. Fehlt es an einem Anspruch hinsichtlich der Hauptforderung, kann der Kläger auch keine Nebenforderungen (Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten) beanspruchen. …

Hinweis: Nachdem der Kläger das Fahrzeug nach dem Ende des Leasingvertrags am 20.09.2022 zurückgegeben hat, hat er seine ursprüngliche Klage hinsichtlich der Klageanträge zu 1 (Rückabwicklung des Kaufvertrags) und zu 2 (Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten zu 1) für erledigt erklärt. Die Beklagten haben sich dieser Teilerledigungserklärung nicht angeschlossen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger daher zuletzt die Feststellung begehrt, dass sich die Klage hinsichtlich der ursprünglichen Klageanträge zu 1 und zu 2 erledigt habe, und und beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihn von außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.590,91 € freizustellen. Die Berufung hatte keinen Erfolg; das OLG Naumburg hat sie mit Urteil vom 27.02.2023 – 12 U 137/22 – zurückgewiesen und ausgeführt:

„B. … Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Urteil beruht auf keiner Rechtsverletzung i. S. von § 546 ZPO (§ 513 I Fall 1 ZPO), insbesondere rechtfertigen die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten und nach § 529 ZPO von dem Senat bei seiner Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen keine abweichende Beurteilung (§ 513 I Fall 2 ZPO).

I. Es ist nicht festzustellen, dass sich die Klage hinsichtlich der Klageanträge zu 1 und zu 2 erledigt hat. Die Feststellung der Erledigung setzt voraus, dass die ursprünglichen Anträge zulässig und begründet waren und durch das behauptete erledigende Ereignis unzulässig oder unbegründet wurden (BGH, Urt. v. 27.01.2010 – VIII ZR 58/09, BGHZ 184, 128 = NJW 2010, 2422 Rn. 18 m. w. Nachw.). Dies ist nicht der Fall. Die ursprünglichen Anträge waren zulässig, aber unbegründet.

Der Kläger hatte ursprünglich gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags über das Fahrzeug nach Erklärung des Rücktritts gemäß § 433 I BGB, § 434 I BGB a.F., § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 440, 323, 346 I BGB. Das Fahrzeug war nicht mangelbehaftet i. S. des § 434 I BGB a.F., wobei wegen des Vertragsschlusses vor dem 01.01.2022 das BGB in der alten Fassung anzuwenden ist (Art. 229 § 58 EGBGB).

Ein Mangel lag zunächst nicht darin, dass das Fahrzeug mehr verbraucht hat als im Prospekt angegeben. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach der Erklärung des Klägers mit Schriftsatz vom 03.06.2021 die Behauptung nicht mehr aufrechterhalten wurde, dass das Fahrzeug 25 % mehr verbrauche als im Prospekt angegeben.

Mit dem Landgericht ist auch davon auszugehen, dass initial die Behauptung bereits darauf beruhte, dass der Kläger die nach dem NEFZ gemessenen Werte und die nach dem WLTP gemessenen Werte verglichen hat und insofern ein Fehlverständnis vorlag. Beide Werte treffen allerdings keine Aussagekraft darüber, welchen tatsächlichen Verbrauch ein Fahrzeug hat. Ein verständiger Käufer weiß, dass die tatsächlichen Verbrauchswerte von zahlreichen Einflüssen und der individuellen Fahrweise des Nutzers abhängen und deshalb nicht mit den Prospektangaben gleichgesetzt werden dürfen, die auf einem standardisierten Messverfahren beruhen (OLG Hamm, Urt. v. 07.02.2013 – I-28 U 94/12, NJW-RR 2013, 1146). Der Käufer kann nur erwarten, dass die im Prospekt angegebenen Werte unter Testbedingungen reproduzierbar sind (OLG Hamm, Urt. v. 07.02.2013 – I-28 U 94/12, NJW-RR 2013, 1146). Dass der Verbrauch des Fahrzeugs im Messverfahren nicht reproduzierbar sei und höher ausfalle, behauptet der Kläger nicht (mehr). Hierüber war auch kein Beweis (mehr) zu erheben.

Da sich das Fahrzeug zweifellos für seine übliche und vom Vertrag vorausgesetzte Verwendung des Fahrens geeignet hat und vom Kläger auch hierfür genutzt wurde – er fuhr mehr als 130.000 km –, kommt allein ein Mangel wegen einer Beschaffenheitsvereinbarung in Betracht (§ 434 I 1 BGB a.F.). Diese soll nach der Behauptung des Klägers in der Vereinbarung über eine geringere, jedenfalls nicht höhere Steuerlast als beim Vorgängermodell gelegen haben.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Steuerlast überhaupt eine Beschaffenheit des Fahrzeuges sein kann. Der Begriff der Beschaffenheit ist weit zu verstehen und umfasst jegliche Merkmale der Sache, die der Sache selbst anhaften oder sich aus ihrer Beziehung zur Umwelt ergeben (BT-Drs. 19/27424, S. 23). Den Verwendungszweck einer Kaufsache können auch und gerade solche Umstände bestimmen, die nicht in der reinen physischen Beschaffenheit liegen. Allerdings müssen die Vorstellungen hiervon zum Gegenstand einer Vereinbarung geworden sein, die also den Anwendungsbereich der kaufrechtlichen Gewährleistung über die der üblichen und der gewöhnlichen Verwendung entsprechenden Merkmale der Sache hinaus erweitert (MünchKomm-BGB/​Westermann, 8. Aufl. [2019], § 434 Rn. 10). Hieran fehlte es.

Selbst die Behauptung des Klägers unterstellt, dass er mit dem Verkäufer der Beklagten zu 2 den Prospekt durchgegangen sei und V ihn auf den geringeren Verbrauch und den geringeren CO2-Ausstoß des neuen Fahrzeugs im Vergleich zum Vorgängermodell hingewiesen habe, folgt hieraus keine Beschaffenheitsvereinbarung dahin gehend, dass das neue Fahrzeug eine geringere oder jedenfalls nicht höhere Steuerlast haben sollte. Dies ist schon deshalb nicht der Fall, weil unstreitig über die anfallenden Steuern für das Fahrzeug überhaupt nicht gesprochen wurde. Der Kläger hat – worauf auch das Landgericht zutreffend hingewiesen hat – lediglich geschlussfolgert, dass das Fahrzeug eine geringere Steuer verursachen würde. Dies hat er weder ausgesprochen noch sonst gegenüber dem Verkäufer zu erkennen gegeben. Dass Steuern des Fahrzeugs überhaupt Thema gewesen sein sollen, behauptet der Kläger auch nicht. Für eine Erweiterung der Mängelgewährleistung über die übliche Verwendung hinaus bedarf es aber einer beiderseitigen Willenserklärung in diese Richtung in Form einer vertraglichen Vereinbarung i. S. der §§ 145 ff. BGB. Da der Kläger keine für den Verkäufer erkennbare Erklärung dahin gehend abgegeben hat, dass er von einer geringeren Steuerlast ausgeht, sondern dies nur für sich geschlussfolgert hat, hat er bereits kein Angebot über den Abschluss einer derartigen Vereinbarung abgegeben.

Eine Beweiserhebung durch Vernehmung des angebotenen Zeugen V war aus diesem Grund nicht erforderlich, da die Behauptung des Klägers als wahr unterstellt werden kann, ohne dass hieraus eine andere rechtliche Beurteilung folgt.

Eine Beschaffenheitsvereinbarung kam allenfalls dahin gehend zustande, dass das streitgegenständliche Fahrzeug einen geringeren Verbrauch und einen geringeren CO2-Ausstoß als das Vorgängermodell haben sollte. Dass das nicht der Fall sei, behauptet der Kläger nicht.

Ein ursprünglicher Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus einer vorvertraglichen Pflichtverletzung gemäß §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB wegen einer fehlerhaften Angabe zum Verbrauch des Fahrzeugs. Eine solche hat es nicht gegeben. Der Kläger ist nach eigener Angabe mit dem Verkäufer den Prospekt durchgegangen und hat die einzelnen Verbrauchsangaben nachvollziehen können. Dass die Prospektangaben objektiv falsch gewesen seien, behauptet der Kläger nicht (mehr). Insbesondere hat er auch nie behauptet, dass sein Fahrzeug nicht weniger verbrauche und nicht weniger CO2 ausstoße als das Vorgängermodell. Da über die steuerlichen Aspekte überhaupt nicht gesprochen wurde, kommen fehlerhafte Auskünfte hierüber nicht in Betracht.

Ein Schadensersatzanspruch aus einer vorvertraglichen Pflichtverletzung folgt auch nicht aus der unterlassenen Aufklärung über die anstehende Gesetzesänderung und die neue Berechnungsgrundlage der Kraftfahrzeugsteuer. Ein Schadenersatzanspruch, der auch in der Rückabwicklung des Kaufvertrags bestehen kann, setzt bei einer unterlassenen Aufklärung voraus, dass insoweit eine Hinweis- und Offenbarungspflicht bestand, wobei entscheidend ist, ob eine Aufklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung im Einzelfall erwartet werden darf (BGH, Urt. v. 12.11.1969 – I ZR 93/67, NJW 1970, 653, 655; Urt. v. 11.11.2011 – V ZR 245/10, NJW 2012, 846, 847 m. w. Nachw.). Die Haftung beruht auf dem Gedanken, dass der Schuldner – insbesondere aufgrund seiner überlegenen Fachkunde – zur Aufklärung verpflichtet ist, wenn Gefahren für das Leistungs- oder Integritätsinteresse des Gläubigers bestehen, von denen dieser keine Kenntnis hat (BGH, Urt. v. 19.02.1975 – VIII ZR 144/73, BGHZ 64, 46 = NJW 1975, 824 f.). Keineswegs besteht eine uneingeschränkte Aufklärungspflicht des Verkäufers über alle für den Käufer erheblichen Umstände, die schon mit Rücksicht auf die stets widerstreitenden Interessen zwischen Käufer und Verkäufer nicht verlangt werden könnte (BGH, Urt. v. 12.11.1969 – I ZR 93/67, NJW 1970, 653, 655). Keine Aufklärungspflicht besteht dagegen hinsichtlich solcher Umstände, über die sich der Käufer ohne Weiteres selbst informieren kann oder nach denen er fragen kann, wenn es ihm darauf ankommt (BGH, Urt. v. 06.04.2001 – V ZR 402/99, NJW 2001, 2021; MüKomm-BGB/​Emmerich, 9. Aufl. [2022], § 311 Rn. 81).

Nach diesen Maßstäben musste der Verkäufer nicht über die anstehende Gesetzesänderung und eine womöglich höhere Steuer aufklären. Dass die Steuerlast des Fahrzeugs für den Kläger überhaupt erheblich ist, musste der Verkäufer mangels einer Äußerung des Klägers in diese Richtung nicht erkennen. Es bestand kein Anlass, über die Steuerfrage zu sprechen.

Der Auffassung der Berufung, dass ein Käufer offensichtlich aus einem geringeren Verbrauch schlussfolgere, dass weniger Kraftfahrzeugsteuer zu zahlen sei, folgt der Senat nicht. Offensichtlich ist es nur, daraus zu schlussfolgern, dass bei gleichbleibender Fahrstrecke weniger häufig getankt werden müsse. Für den durchschnittlichen Autokäufer ist die zu zahlende Kraftfahrzeugsteuer nachrangig und insbesondere kein entscheidendes Kaufkriterium bei Erwerb eines Fahrzeugs. Hier spielen regelmäßig Technik, Design und der Kaufpreis und womöglich auch der Verbrauch die entscheidende Rolle. Sicher ist auch der CO2-Ausstoß durch den weithin bekannten Abgasskandal in den Vordergrund gerückt. Allerdings führt dies nicht dazu, dass die zu zahlende Kraftfahrzeugsteuer, deren Berechnung und Gesetzesänderungen in diesem Bereich zu verpflichtenden Aufklärungsinhalten eines Verkaufsgespräches werden. Die für ein Fahrzeug zu zahlende Steuer macht nur einen geringen Anteil an den Unterhaltskosten eines Fahrzeugs aus, die sich aus Versicherung, Spritkosten, Steuer, Reparaturen etc. zusammensetzen. Würde man fordern, dass über sämtliche regulatorische Änderungen in diesen Bereichen aufgeklärt werden müsse, egal ob der Käufer hierauf Wert legt, könnte kein Autohaus mehr ein Fahrzeug rechtssicher verkaufen, da ausufernde Informationspflichten bestünden.

Zu berücksichtigen ist auch, dass der Verkäufer kein überlegenes Wissen hinsichtlich der Gesetzesänderung und der Auswirkungen auf die Kraftfahrzeugsteuer hatte. Dies war insgesamt eine frei zugängliche Information. Der Kläger hätte auch eine entsprechende Anfrage bei der zuständigen Behörde stellen können oder im Internet die Höhe der Steuer recherchieren können. Zuvorderst hätte er auch den Verkäufer danach fragen können.

Die Höhe der Kraftfahrzeugsteuer ist auch kein wesentliches Merkmal eines Fahrzeugs. Als verkehrswesentliche Sacheigenschaft kommen alle wertbildenden Faktoren in Betracht, die die Sache unmittelbar kennzeichnen (BeckOK-BGB/​Wendtland, Stand: 01.11.2022, § 119 Rn. 44). Die für ein Fahrzeug zu zahlende Steuer bildet nicht seinen Wert ab, sondern ist lediglich eine gesetzliche Folge des Haltens eines Fahrzeugs. Ein höherer oder niedriger Wert des Fahrzeugs ergibt sich hierdurch nicht. Die Steuer eines Fahrzeugs macht regelmäßig weniger als ein Prozent des Kaufpreises eines Neufahrzeugs aus. Im Fall des Klägers war es auch nach der dann höheren Steuer ziemlich exakt 1 % des Nettokaufpreises jährlich. Allein dies schließt die Annahme eines wesentlichen Merkmals, eines wertbildenden Faktors, aus.

Es bestand in diesem Zusammenhang auch keine Informationspflicht über die Änderungen in der Berechnungsweise der Kraftfahrzeugsteuer und über die Umstellung der Messverfahren. Eine solche hätte sich ergeben können, hätte der Kläger die von ihm geschlussfolgerte geringere Steuerbelastung zum Thema gemacht. Da dies nicht der Fall war und insgesamt die Höhe der Kraftfahrzeugsteuer kein anlasslos offenbarungspflichtiger Inhalt ist, muss schon gar nicht über die (geänderten) Berechnungsgrundlagen der Kraftfahrzeugsteuer aufgeklärt werden.

Dass die Beklagte zu 1 nunmehr über die möglichen Auswirkungen der neuen Testverfahren aufklärt, führt nicht zu der Annahme einer bestehenden Aufklärungspflicht. Selbstverständlich kann ein Verkäufer über seine bestehende Aufklärungspflicht hinaus überobligatorische Angaben machen und Hinweise erteilen. Dies ist auch nicht als Eingeständnis zu werten, dass bereits früher darauf hätte hingewiesen werden müssen, selbst wenn Kundenbeschwerden zu dem Hinweis geführt haben. Aus Rechtsgründen müsste die Beklagte zu 1 nicht aufklären.

Der Kläger hat gegen die Beklagten auch keinen Anspruch gemäß § 812 I 1 Fall 1, §§ 142 I, 123 I Fall 1 BGB nach erklärter Anfechtung des Kaufvertrags. Ein Anfechtungsgrund gemäß § 123 1 Fall 1 BGB bestand nicht, da der Kläger nicht getäuscht wurde. Da kein Gespräch über die Kraftfahrzeugsteuer geführt wurde im Rahmen des Verkaufsgesprächs und der Kläger selbst nicht (mehr) behauptet, dass die Verbrauchsangaben objektiv falsch gewesen seien, kommt auch hier allenfalls eine Täuschung durch Unterlassung in Betracht. Voraussetzung ist allerdings auch dann, worauf auch das Gericht erster Instanz zutreffend abgestellt hat, dass eine Offenbarungspflicht bestand. Dies ist – wie bereits festgestellt – nicht der Fall gewesen. Es kann insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

Mangels Anspruchs auf die Feststellung der Erledigung der ursprünglichen Anträge zu 1 und zu 2 besteht auch kein Anspruch auf die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.“

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