- Angaben eines Fahrzeugverkäufers in einem Inserat zu einer den Wert eines Fahrzeugs maßgeblich bestimmenden Eigenschaft (hier: „matching numbers“) führen grundsätzlich zu einer Beschaffenheitsvereinbarung i. S. des § 35 I CISG.
- Die pauschale Regelung in einem Kfz-Kaufvertrag, dass alle Angaben zum Fahrzeug als bloße Beschreibung zu verstehen sind und keine Beschaffenheitsvereinbarung begründen, ist nicht geeignet, der Zusicherung, das Fahrzeug weise eine bestimmte Beschaffenheit auf (hier: „matching numbers“), die Qualifikation als Beschaffenheitsvereinbarung zu nehmen.
- Ein (vorformulierter) Gewährleistungsausschluss gilt nicht für eine wesentliche Vertragsverletzung i. S. von § 25 I CISG, die darin besteht, dass einem Fahrzeug eine Eigenschaft fehlt, deren Vorhandensein der Verkäufer vorbehaltlos zugesichert hat. Dies gilt umso mehr, als dem Käufer nicht einmal ein minimaler Rechtsschutz (minimum adequate remedy) verbliebe, wenn der Verkäufer trotz seiner Beschaffenheitszusage einen (völlige) Haftungsausschluss berufen könnte.
OLG München, Urteil vom 25.10.2023 – 7 U 1224/21
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine in der Schweiz ansässige Aktiengesellschaft, deren alleiniger Inhaber und gesetzlicher Vertreter der Verwaltungsrat R ist. Sie kaufte von dem Beklagten mit Vertrag vom 27.02.2017 einen Oldtimer Porsche 911 S Targa (Erstzulassung: 1971, Fahrgestellnummer: …105, Fahrzeugbrief-Nummer: WN…788) zum Preis von 250.000 €.
Dieses Fahrzeug hatte der Beklagte seinerseits von der P-GmbH gekauft. In § 4 des diesbezüglichen Kaufvertrags vom 24.04.2015 wird das Fahrzeug wie folgt beschrieben: „Porsche 911 s, Baujahr 1970, VIN Nr: …105 matching number.“
In der – dem Gericht nicht vorgelegten – Verkaufsanzeige des Beklagten, der sowohl bei der bei der Anbahnung als auch beim Abschluss des Kaufvertrags vom 27.02.2017 von der T-GmbH & Co. KG vertreten wurde, heißt es, das Fahrzeug verfüge über „matching numbers“. Auch M, ein Mitarbeiter der T-GmbH & Co. KG, hatte auf Nachfrage des R diesem gegenüber mit E-Mail vom 13.02.2017 erklärt, das Fahrzeug habe – wie in der Anzeige beschrieben – matching numbers.
Für den von den Parteien unterzeichnete Kaufvertrag wurde ein Formular verwendet, in das die Angaben zu den Parteien sowie zu Kaufgegenstand und Kaufpreis handschriftlich eingetragen wurden. In dem Kaufvertrag heißt es unter anderem vorgedruckt:
„Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Das Fahrzeug wird unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung und Sachmängelhaftung, wie vom Käufer besichtigt, verkauft. Handelt es sich bei dem Käufer um einen Verbraucher verjähren die Gewährleistungsansprüche in einem Jahr ab Übergabe. Unberührt von diesem Ausschluss bleibt die Haftung für Schadensersatzansprüche, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung von Pflichten des Verkäufers beruhen. Alle Angaben zum Fahrzeug, insb. zu Unfallfreiheit und Laufleistung sowie Nachlackierungen, verstehen sich laut Vorbesitzer bzw. laut Fahrzeugbrief und sind keine vereinbarten Beschaffenheiten i. S. v. §§ 434 ff. BGB. Das Fahrzeug wurde vom Verkäufer nicht auf Vorschäden/Nachlackierungen überprüft. Die Zeitungsannonce, das Internetinserat oder ein Faxangebot sind nicht Bestandteil des Vertrages und beinhalten somit auch keine Beschaffenheitsvereinbarungen irgendeiner Art. Solche ergeben sich allein aus dem Vertrag und haben schriftlich zu erfolgen.“
Handschriftlich sind in dem Vertrag einzelne Arbeiten aufgelistet, die an dem Pkw noch ausgeführt werden sollten.
Nachdem die Klägerin den Kaufpreis vollständig gezahlt hatte und ihr der Oldtimer am 21.03.2017 übergeben worden war, wandte sie für Reparaturen (Aus- und Einbau des Motors, Abdichtung diverser Bauteile) ausweislich der Rechnung der P-GmbH vom 29.06.2017 insgesamt 6.402,75 € auf. Diese Kosten hat der Beklagte der Klägerin zum Teil – in Höhe von 2.000 € – erstattet.
Mit anwaltlichen Schreiben vom 09.03.2018, das dem Beklagten per Gerichtsvollzieher am 13.03.2018 zugestellt wurde, hat die Klägerin den Rücktritt von dem am 27.02.2017 geschlossenen Kaufvertrag erklärt und den Beklagten aufgefordert, ihr – Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs – den Kaufpreis bis zum 20.03.2018 zurückzuzahlen. Zudem hat die Klägerin ihre auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung angefochten.
Der Beklagte wies den Rücktritt und die Anfechtung mit anwaltlichen Schreiben vom 19.03.2018 zurück.
Die Klägerin behauptet, bei matching numbers handele sich um gleichlautende Identifikationsnummern an Chassis, Motor und Getriebe. Dass der Oldtimer matching numbers aufweise, sei unabdingbare Voraussetzung für ihren Kaufentschluss gewesen. Matching numbers seien für alle „Klassiker-Enthusiasten“ und Sammler enorm wichtig, weil anhand von matching numbers nachvollzogen werden könne, ob sich ein Fahrzeug in Bezug auf die wichtigsten Baugruppen und Bauteile noch in dem Zustand befinde, den es bei der Erstauslieferung aufgewiesen habe. Aus Sicht eines Oldtimerliebhabers und -sammlers sei das Vorhandensein von matching numbers nicht nur ein besonderes Attraktivitätsmerkmal; vielmehr stellten matching numbers einen zentralen wertbildenden Faktor dar, der in den Kaufpreis für ein Fahrzeug einfließe. Der Kaufpreis eines Fahrzeugs, das matching numbers aufweise, übersteige den Kaufpreis eines Oldtimers ohne matching numbers bei einem ansonsten vergleichbaren Zustand der Fahrzeuge regelmäßig erheblich, mindestens um ein Viertel.
Die Klägerin behauptet weiter, unmittelbar vor Unterzeichnung des streitgegenständlichen Vertrags habe sich ihr Verwaltungsrat R nochmals auf die per E-Mail erfolgte Zusage des M bezogen, dass das hier interessierende Fahrzeug matching numbers aufweise, und deren Bedeutung für den Kaufentschluss deutlich gemacht. M habe daraufhin bekräftigt, dass das Fahrzeug matching numbers aufweise. Am Getriebe des Fahrzeugs – so macht die Klägerin geltend – seien jedoch keine matching numbers angebracht, sodass dem Oldtimer die geschuldete Beschaffenheit fehle.
In erster Instanz hat die Klägerin zuletzt beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 250.000 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs, zu verurteilen und den Annahmeverzug des Beklagten festzustellen.
Außerdem hat die Klägerin – jeweils nebst Rechtshängigkeitszinsen – die Zahlung von 59.974 CHF und von 4.402,75 € begehrt. Insoweit hat die Klägerin geltend gemacht, dass sie Reparaturkosten in Höhe von 24.507,15 CHF aufgewandt habe, um den Oldtimer in einen funktionsfähigen, fahrtauglichen Zustand zu versetzen, und zwar noch bevor sie gewusst habe, dass der Oldtimer nicht über matching numbers verfüge. Diese Kosten habe ihr der Beklagte ebenso zu ersetzen wie weitere vergebliche Aufwendungen in Höhe von 35.466,85 CHF (u. a. Transportkosten und Zollgebühren). Im Übrigen hätten sich schon vor der Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs an sie, die Klägerin, Motorprobleme gezeigt. Der Beklagte habe zugesichert, die insoweit angefallenen Reparaturkosten in Höhe von 6.402,75 € zu erstatten, habe davon an sie aber nur 2.000 € gezahlt. Sie, die Klägerin, verlange daher noch 4.402,75 €.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat geltend gemacht, das verkehrsübliche Verständnis von matching numbers sei, dass Motor und Chassis dieselbe Nummer trügen, nicht aber alle Bauteile, zumal beispielsweise das Getriebe eine viel kürzere Lebensdauer als der Motor habe. M sei aufgrund der Angabe der P-GmbH davon ausgegangen, dass der streitgegenständliche Oldtimer matching numbers aufweise. Deren Vorhandensein sei auch keine unabdingbare Voraussetzung für den Kaufentschluss der Klägerin gewesen. Dies ergebe sich schon daraus, dass in dem streitgegenständlichen Kaufvertrag kein einziges Wort zu matching numbers finde. Auf eine mündliche Nebenabrede könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen, weil die Parteien im Kaufvertrag vereinbart hätten, dass mündliche Nebenabreden nicht bestünden. Zudem verstünden sich nach dem Vertrag alle Angaben zum Fahrzeug „laut Vorbesitzer“, und nach der Rechtsprechung des BGH sei eine „laut Vorbesitzer“ getätigte Angabe eine bloße Wissensmitteilung, die nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung führe. Sein – des Beklagten – Inserat sei ausweislich des Kaufvertrags kein Bestandteil dieses Vertrags geworden.
Die Behauptung der Klägerin, es hätten sich schon vor Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs an die Klägerin Mängel am Motor gezeigt, sei falsch. Der Klägerin sei auch niemals zugesichert worden, ihr Aufwendungen in Höhe von 6.402,75 € zu ersetzen.
Das Landgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 05.02.2021 in Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuchs verurteilt, an die Klägerin 250.000 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs, zu erstatten, und den Annahmeverzug des Beklagten festgestellt. Außerdem hat es dem Kläger – jeweils nebst Zinsen – einen Anspruch auf Zahlung von 59.975 CHF sowie einen Anspruch auf Zahlung von 4.402,75 € zuerkannt. Abgewiesen hat das Landgericht die Klage nur insoweit, als der Kläger ursprünglich nicht die Zahlung von lediglich 4.402,75 €, sondern von 6.402,75 € verlangt hatte und insoweit die Klage nicht wirksam zurückgenommen worden war.
Das Landgericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass M auf Nachfrage des Verwaltungsrats R der Klägerin noch vor Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags erklärt habe, das hier interessierende Fahrzeug verfüge über matching numbers. Darin hat das Landgericht eine Beschaffenheitsvereinbarung gesehen, die Vorrang vor dem formularvertraglich Vereinbarten habe und die – wovon sich das Landgericht sachverständig beraten überzeugt hat – nicht erfüllt sei, weil das Getriebe nicht dieselbe matching number aufweise wie Chassis und Motor. Nach Auffassung des Landgericht ist die Klägerin folglich wirksam von dem mit dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten, sodass ihr der Beklagte den für den Oldtimer gezahlten Kaufpreis zurückzahlen müsse. Die von der Klägerin aufgewendeten Reparaturkosten seien vergebliche Aufwendungen, die der Beklagte der Klägerin zu ersetzen habe.
Mit seiner dagegen gerichteten Berufung hat der Beklagte weiter die Abweisung der Klage erreichen wollen. Er hat die Beweiswürdigung des Landgerichts angegriffen und geltend gemacht, die Angaben zu matching numbers hätten keine Beschaffenheitsvereinbarung begründet, sondern es sei lediglich eine technische Information weitergegeben worden. In dem von den Parteien geschlossenen Kaufvertrag sei ausdrücklich geregelt, dass keine Beschaffenheitsvereinbarungen getroffen worden seien. Für die Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung sei daher kein Raum, zumal der Kaufvertrag zum – angeblich für die Klägerin wesentlichen – Vorhandensein von matching numbers schweige, wohl aber Lappalien regele.
Die Klägerin hat das erstinstanzliche Urteil verteidigt, die Klage aber in der Berufungsinstanz teilweise – hinsichtlich eines Betrages von 22.549,70 CHF (schweizerische Mehrwertsteuer) – mit Zustimmung des Beklagten zurückgenommen.
Das Berufungsgericht hat die Parteien am 13.01.2023 darauf hingewiesen, dass auf den streitgegenständlichen Kaufvertrag das UN-Kaufrecht (CISG1Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11.04.1980, BGBI. 1989 II 588; englisch: United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods, CISG) anzuwenden sein könnte. Dieser Auffassung haben sich beide Parteien angeschlossen. Der Beklagte meint, dass die Klägerin ihrer Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nicht rechtzeitig nachgekommen sei. Eine solche habe die Klägerin getroffen, weil eine Untersuchung des Kaufgegenstands den Gepflogenheiten des Handelsverkehrs entspreche.
Die Berufung des Beklagten wurde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass er der Klägerin infolge der wirksamen Teilklagerücknahme nur Aufwendungen in Höhe von (59.975 CHF − 22.549,70 CHF =) 37.424,30 CHF ersetzen muss.
Aus den Gründen: II. Die Berufung des Beklagten bleibt mit Ausnahme eines Betrags in Höhe von 22.549,70 CHF, hinsichtlich dessen die Klägerin die Klage wirksam zurückgenommen hat, ohne Erfolg. Die Klägerin hat auch bei Anwendung des CISG einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des erworbenen Fahrzeugs, sowie auf Ersatz der übrigen von ihr getätigten Aufwendungen.
Im Einzelnen ist auszuführen:
1. Zur Anwendung kommt UN-Kaufrecht (CISG).
a) Zu Recht führt das Landgericht zwar aus, dass mangels einer Rechtswahl im Vertrag nach Art. 4 I lit a Rom-I-VO wegen des Sitzes des Verkäufers in Deutschland deutsches Recht zur Anwendung berufen ist. Es hat jedoch übersehen, dass auch das kraft Ratifikation in deutsches Recht inkorporierte UN-Kaufrecht insoweit zum deutschen Recht zählt. Das UN-Kaufrecht ist vorliegend mit Vorrang gegenüber dem Kaufrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs anwendbar, weil es sich um einen Vertrag über den Kauf einer Ware handelt, Verkäufer und Käuferin ihren Sitz in verschiedenen Staaten haben und sowohl die Schweizerische Eidgenossenschaft als auch die Bundesrepublik Deutschland Vertragsstaaten des CISG sind (Art. 1 I CISG). Die Bereichsausnahme des Art. 2 lit. a CISG ist vorliegend nicht einschlägig, da die Käuferin eine schweizerische Aktiengesellschaft ist, die folglich das Fahrzeug nicht für den persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt kauft. Nicht relevant ist, ob der beklagte Verkäufer gewerblich oder als Verbraucher handelt (Spohnheimer, in: Kröll/Mistelis/Perales/Viscasillas, CISG, 2. Aufl., Art. 2 Rn. 8; Ferrari, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, UN-Kaufrecht, 7. Aufl., Art. 2 Rn. 11).
b) Eine konkludent mögliche Abbedingung des UN-Kaufrechts (Art. 6 CISG) ist nicht erfolgt. Die bei Vertragsschluss nicht anwaltlich beratenen Parteien haben sich keine Gedanken zur Frage des anwendbaren Rechts gemacht. Dass die standardmäßig vorformulierten Vertragsbedingungen gleichsam negativ auf das Bürgerliche Gesetzbuch Bezug nehmen, indem sie statuieren, dass die Angaben zum Fahrzeug „keine vereinbarten Beschaffenheiten i. S. v. §§ 434 ff. BGB“ darstellen, genügt für eine Abbedingung nicht. Denn zum einen fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass sich die Parteien der Möglichkeit der Anwendbarkeit von UN-Kaufrecht bewusst waren; zum anderen kann aus dem Ausschluss eines bestimmten Tatbestandsmerkmals des nationalen Rechts nicht ohne weitere Umstände eine Rechtswahl zulasten des UN-Kaufrechts hergeleitet werden. Dies gilt umso mehr, als auch das UN-Kaufrecht seinerseits Beschaffenheitsvereinbarungen kennt (vgl. Art. 35 I CISG: „Ware […], die in Menge, Qualität und Art […] den Anforderungen des Vertrages entspricht“).
Eine nachträgliche konkludente Rechtswahl liegt sodann auch nicht in der ausschließlich das Kaufrecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch thematisierenden Prozessführung der Parteien in erster Instanz. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, dass den Parteien die mögliche Anwendung des UN-Kaufrechts bei der Prozessführung vor dem Landgericht bewusst war. Für das zuvor fehlende Bewusstsein streitet insbesondere, dass die Parteien nach dem Hinweis des Senats übereinstimmend der Auffassung sind, dass UN-Kaufrecht zur Anwendung gelange.
2. Der Beklagte schuldet dem Grunde nach die Rückzahlung des Kaufpreises aus Art. 81 II CISG, da der Kaufvertrag wirksam geschlossen wurde, er auch nicht angefochten wurde, aber der Beklagte wirksam die Vertragsaufhebung erklärt hat (Art. 26 i. V. mit Art. 45 I lit. a, Art. 49 I lit. a, II lit. b und i, Art. 25, 35 I CISG).
a) Dass ein Kaufvertrag über den streitgegenständlichen Oldtimer geschlossen wurde, ist zwischen den Parteien unstreitig und begegnet – auch in Anwendung des CISG – keinen Bedenken. Der Vertrag wurde seitens der Klägerin auch nicht wirksam angefochten. Ausweislich Art. 4 lit. a CISG bestimmt das nationale Recht die Gültigkeit des Vertrags oder einzelner Vertragsbestimmungen. Dazu zählt die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, die sich folglich nach § 123 BGB richtet. Diese greift jedoch nicht durch, da dem Beklagten keine Arglist zur Last fällt, erst recht eine solche nicht nachgewiesen wurde. Ausweislich des Kaufvertrags zwischen ihm und seinem Verkäufer, der P-GmbH, hat das streitgegenständliche Fahrzeug matching numbers. Wenn der Beklagte hierauf vertraut, handelt er nicht wider besseres Wissen, somit nicht arglistig. Für die Frage ist unerheblich, ob ihn eine Untersuchungsobliegenheit traf. War er beim Kauf Verbraucher, traf ihn schon keine Untersuchungsobliegenheit nach § 377 HGB; sollte dies nicht der Fall gewesen sein, begründete ein Verstoß gegen diese Obliegenheit jedenfalls keine positive Kenntnis vom Fehlen der matching numbers, somit ebenfalls keine Arglist. Auch „ins Blaue hinein“ erfolgte die Angabe nicht, wenn sich der Beklagte auf die Vertragsregelung zwischen ihm und seinem Verkäufer verließ.
b) Dem Kläger fällt als Verkäufer objektiv – ohne dass es auf Verschulden ankäme – eine wesentliche Pflichtverletzung zur Last, weil dem streitgegenständlichen Fahrzeug im maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs (Art. 36 I CISG) matching numbers fehlten.
aa) Davon, dass die Angabe „matching numbers“ in der Oldtimer-Szene eine Übereinstimmung der am Fahrzeug vorhandenen Identifizierungsnummern von Fahrgestell (FIN), Motor und Getriebe in unverfälschtem Zustand originär mit den beim Hersteller registrierten Daten und folglich die Übereinstimmung der Identifizierungsnummern von Chassis, Motor und Getriebe mit den Auslieferungsdaten bedeutet, hat sich das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, das seine Ergebnisse stringent und plausibel herleitet, zutreffend überzeugt. Dies wird von den Parteien auch nicht angegriffen.
bb) Bei dem Fahrzeug bestehen keine matching numbers. Wie der Sachverständige feststellte, war die Nummer am Getriebe unkenntlich gemacht worden. Nach nahezu vollständiger Wiederherstellung dieser Nummer teilte der Fahrzeughersteller mit, dass die Getriebenummer nicht der Nummer entspricht, die das Getriebe im Auslieferungszustand des Fahrzeugs aufwies.
cc) Matching numbers waren vorliegend seitens des beklagten Verkäufers jedoch geschuldet. Es obliegt nach dem CISG zuvörderst den Parteien, die Eigenschaften zu definieren, die die verkaufte Ware als vertragsgerecht qualifizieren (Art. 35 I CISG).
(1) Vorliegend hat der Verkäufer im Inserat (das dem Senat nicht vorliegt, auf das aber der E-Mail-Verkehr zwischen der Klägerin und dem für den Verkäufer handelnden Zeugen M Bezug nimmt) die Eigenschaft matching numbers angegeben. Im Kaufvertrag selbst ist allerdings die Klausel vorhanden, dass alle Angaben zum Kaufvertrag, insbesondere zu Laufleistung sowie Nachlackierungen, sich als „laut Vorbesitzer bzw. laut Fahrzeugbrief“ verstünden und keine vereinbarte Beschaffenheit i. S. von §§ 434 ff. BGB darstellten.
(2) Es kommt hinzu, dass sich der Verkäufer, vertreten durch den Zeugen M., nicht auf die Angabe im Inserat beschränkt hat. Die Klägerin hat vielmehr im Vorfeld des Vertragsschlusses ausdrücklich per E-Mail nachgefragt, ob das Fahrzeug matching numbers aufweise. Dies hat der Zeuge M per E-Mail wie folgt bestätigt: „Wie in der Anzeige beschriebe [sic!], hat das Fahrzeug matching numbers.“ Es gibt somit auf eine explizite Frage des Kunden – der damit zugleich zum Ausdruck bringt, dass ihm die Eigenschaft wichtig ist – eine ausdrückliche Angabe der Verkäuferseite, die keinerlei Vorbehalt oder Einschränkung erkennen lässt – etwa dahin, dass es sich um die bloße Weitergabe einer dem Verkäufer seinerseits erteilten, ungeprüften Information handelt. Wenn ein Verkäufer eine Käuferfrage – noch dazu eine, die von wesentlicher Bedeutung für den Wert ist (dazu unter 2.3.2.5) – ohne Vorbehalt beantwortet, macht er sich für das Vorhandensein der Angabe stark und gibt damit zugleich zu erkennen, dass er für die Richtigkeit der Angabe grundsätzlich einsteht (wobei offenbleiben kann, ob im Rahmen einer echten Garantie oder nur im Rahmen eines – je nach anwendbarer Rechtsordnung unterschiedlich ausgestalteten – gesetzlichen Gewährleistungsregimes).
(3) Dem Senat wurde das den Kaufverhandlungen vorangegangene Internetinserat nicht vorgelegt. Er sieht sich vorsorglich zu folgender Bemerkung veranlasst: Sollte das Inserat ebenfalls den pauschalen Vorbehalt enthalten, dass sich alle Angaben auf Angaben des Vorbesitzers beziehen (vgl. die Aussage des Zeugen M vor dem Landgericht), änderte sich an der Einschätzung nichts, denn die E-Mail-Antwort des Zeugen M nimmt diesen pauschalen Vorbehalt aus Sicht eines Empfängers, der eine Antwort auf die Frage, ob matching numbers vorhanden sind, erwartet, nicht – erst recht nicht hinreichend erkennbar – in Bezug. Aus der objektiven Sicht eines solchen Empfängers erschöpft sich der Zusatz „wie in der Anzeige beschrieben“ darin, dass die Angabe bereits in der Anzeige erfolgt ist. Ein Distanzierung dergestalt, dass es sich um die bloße Weitergabe einer Information handelt, für die gerade keine Haftung übernommen wird, ist dem Zusatz nicht zu entnehmen. Dass das Inserat einen konkreten Vorbehalt gerade bezüglich matching numbers enthielt, wurde nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.
(4) Derselbe Befund ergibt sich – sogar unabhängig von den Ausführungen unter (2) – aus dem der Vertragsunterzeichnung unmittelbar vorausgehenden Verkaufsgespräch. Das Landgericht hat sich anhand der von ihm für glaubhaft befundenen Aussage der Ehefrau des Verwaltungsrats der Klägerin davon überzeugt, dass der Zeuge M auf Frage des Verwaltungsrats bestätigt habe, dass das Fahrzeug über matching numbers verfüge.
An dieser Feststellung hegt der Senat keine Zweifel i. S. von § 529 I ZPO, die eine erneute Feststellung durch ihn gebieten würden. Das Erstgericht ist unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben aufgrund freier Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO zu seinen Tatsachenfeststellungen gelangt. § 286 ZPO fordert den Richter auf, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Das bedeutet, dass er lediglich an Denk- und Naturgesetze, an Erfahrungssätze sowie ausnahmsweise an gesetzliche Beweisregeln gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf. Im Rahmen dieser Grenzen kann das Gericht einem Zeugen glauben, obwohl objektive Umstände gegen dessen Glaubwürdigkeit sprechen mögen. Auch kann das Gericht, anders als der Beklagte in dem Berufungsvorbringen darlegt, trotz widersprüchlicher Zeugenaussagen eine Beweisbehauptung als bewiesen beziehungsweise als nicht hinreichend nachgewiesen erachten (s. zu alldem Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 286 Rn. 13). Daran gemessen ergeben sich für den Senat keine Anhaltspunkte und werden von der Berufung auch keine solchen aufgezeigt, die besorgen ließen, dass bei einer Wiederholung der Beweisaufnahme mit einer gewissen – nicht notwendig überwiegenden – Wahrscheinlichkeit die Feststellungen keinen Bestand hätten.
Die Ehefrau des Verwaltungsrats hat vor dem Landgericht bestätigt, dass ihr Ehemann beim Verkaufsgespräch nach matching numbers gefragt und der Zeuge M das Vorliegen bestätigt habe. Sie konnte ihre Aussage detailreich und widerspruchsfrei untermauern. So hat sie ausgeführt, dass ihr Mann sich zunächst aus dem Urlaub heraus nach den matching numbers erkundigt habe und ihr, die wegen des Preises Bedenken hatte, erläutert habe, dass der Preis im Hinblick auf die matching numbers gerechtfertigt sei. Im Rahmen des Verkaufsgesprächs sei ihr der Preis immer noch sehr hoch vorgekommen. Ihr Mann habe M nach den matching numbers gefragt; dieser habe die Frage bejaht. Daraufhin hätten ihr die Argumente gegen den Kauf gefehlt. Sie schilderte auch weitere Details des Gesprächs, etwa die Unterbrechung des Gesprächs durch ein Telefonat des Zeugen M, die anschließende Frage nach den matching numbers sowie den Umstand, dass dort der Name des Käufers (ursprünglich war der Ehemann persönlich eingetragen) und die Fahrgestellnummer nicht gestimmt hätten. Die zwei letztgenannten Aspekte finden in dem schriftlichen Kaufvertrag ihre Bestätigung (vgl. Anlage K 1, in der die R-AG über dem Namen des Ehemanns eingetragen ist und aus der die geänderte Fahrgestellnummer ersichtlich ist). Die Aussage ist – obwohl Nachfragen unterzogen – in sich stimmig und widerspruchsfrei.
Dass die Zeugin im Lager der Klagepartei steht, hat das Landgericht gesehen. Anders als der Beklagte meint, nimmt der Umstand, dass sich die Zeugin, wie sie freimütig einräumte, von Anfang an für den Prozess interessierte, sie sich den Ablauf des Besuchstermins notierte und auch die Schriftsätze des Verfahrens gelesen hat, nicht die Glaubwürdigkeit. Das – überdies offen eingeräumte – Verhalten ist vielmehr naheliegend.
Der Senat merkt an, dass die Aussage auch deshalb authentisch erscheint, weil die Zeugin gerade nicht die (ihr aus der Akte sogar bekannte) Beweisbehauptung „nachgebetet“ hat, der Ehemann der Zeugin habe unmittelbar vor Vertragsschluss sich nochmals auf die E-Mail-Zusage des M und deren Bedeutung für die Kaufentscheidung bezogen und dieser habe daraufhin das Vorliegen der matching numbers nochmals bekräftigt (Klageschrift, S. 5). Die Zeugin schildert dagegen das Gespräch gleichsam schnörkellos als Frage und Antwort (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 03.09.2019, S. 3: „Im Hinblick auf matching numbers war es eine Frage und eine kurze Antwort.“). Glaubhaft ist auch, wenn die Zeugin unumwunden einräumt, sie erinnere sich an den Wortlaut des Gesprächs nicht mehr.
Demgegenüber weist das Landgericht zutreffend darauf hin, dass die Aussage des Zeugen M durchgreifenden Bedenken begegnet. Er hat zwar zunächst ausgesagt, dass über matching numbers gar nicht gesprochen worden sei. Er musste schließlich jedoch einräumen, dass er sich nicht erinnere und er auch nicht ausschließen könne, dass doch über matching numbers gesprochen wurde. Auch an seine E-Mail (Anlage K 2) – deren Authentizität er nicht anzweifelte – hatte er keine Erinnerung. Es mag verständlich sein, dass der Zeuge keine belastbare Erinnerung an einen für ihn nicht wesentlichen Verkaufsvorgang hat; dies ändert aber nichts daran, dass die Aussage, wie das Landgericht zu Recht annimmt, dann auch nicht belastbar ist. Letztlich handelte es sich bei der Aussage des Zeugen um die Schlussfolgerung aus seiner These, dass ein wichtiger Umstand Aufnahme in den Kaufvertrag hätte finden müssen.
Nicht wirklich plausibel ist, wenn der Zeuge zu Protokoll gibt, es sei in dem Verkaufsgespräch nicht so erschienen, dass R die matching numbers wichtig gewesen seien; was möglicherweise vorher in Thailand – dem Urlaubsland, aus dem die E-Mail vom 13.02.2017 verschickt wurde – der Fall gewesen sei, könne davon ja abweichen. Das Aussageverhalten verdeutlicht, dass sich der Zeuge in Spekulationen ergeht.
Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen Bedenken, wenn das Landgericht der Zeugin E – und nicht dem Zeugen M – folgt. Anders als die Beklagte meint, besteht kein Grundsatz, dass ein Gericht bei diametral entgegengesetztem Aussageverhalten von zwei Beteiligten über ein Vier-Augen-Gespräch nicht der Aussage eines Zeugen folgen dürfe. Das Gericht muss seine Überzeugungsbildung lediglich nachvollziehbar begründen. Das hat das Landgericht getan. Vorliegend besteht im Übrigen schon kein sich im Kern widersprechendes Aussageverhalten. Der Zeuge M musste vielmehr einräumen, dass er sich nicht daran erinnere, ob die Frage nach matching numbers gestellt wurde.
Gegen das Beweisergebnis spricht auch nicht, dass das Gespräch keinen Niederschlag im Vertrag gefunden hat. Es entspricht – bedauerlicherweise – einer häufigen Erfahrung, dass auf das gesprochene Wort vertraut und der Vertragstext nicht angepasst wird. Dies gilt umso mehr, wenn die Eigenschaft im Inserat schon benannt wurde.
Im Übrigen trifft nicht zu, dass die Vertragsparteien im Vertrag Petitessen geregelt hätten, nicht aber die wesentliche Eigenschaft der matching numbers. Die handschriftlichen Ergänzungen betrafen vielmehr ausschließlich noch auszuführende Arbeiten. Es mag zutreffen, dass es sich insoweit um untergeordnete Tätigkeiten handelte. Die Aufnahme noch auszuführender Arbeiten betrifft jedoch eine gänzlich andere Kategorie von Vertragsklausel als die Fixierung vorhandener Eigenschaften, sodass aus der ausdrücklichen Aufnahme noch auszuführender Arbeiten in den Vertrag kein Gegenschlusses dahin möglich ist, dass eine Vereinbarung über matching numbers nicht getroffen worden sei.
(5) Die somit zur Überzeugung des Senats von den Parteien getroffene Vereinbarung stellt inhaltlich eine Beschaffenheitsvereinbarung dar.
Gemäß Art. 35 I CISG obliegt es vorrangig den Parteien, die geschuldete Eigenschaft des Kaufobjekts festzulegen.
Der Senat hegt keine Zweifel, dass im Grundsatz die Angabe in einem Inserat durch den Verkäufer zu einer den Wert der Kaufsache maßgeblich prägenden, gegenüber sonstigen Oldtimern herausstechenden Eigenschaft zu einer entsprechenden Beschaffenheitsvereinbarung führt (OLG Hamm, Urt. v. 21.07.2016 – 28 U 2/16, juris Rn. 48; für das Recht des BGB: BT-Drs. 14/6040, S. 214 – danach hat § 434 I 2 Nr. 2 i. V. mit I 3 BGB a.F. vor allem eigenständige Bedeutung bei Angaben Dritter wie etwa des Herstellers; für das CISG: Schwenzer, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, UN-Kaufrecht, 7. Aufl., Art. 35 Rn. 7: „Werbung des Verkäufers, in der er z. B. auf bestimmte Eigenschaften der Ware hinweist“; BeckOGK/Hachem, Stand: 01.03.2021, Art. 35 CISG Rn. 8).
Zu Unrecht beruft sich der Beklagte auf die zum nationalen Recht, nicht zum CISG ergangenen Rechtsprechung des BGH, wonach mit Rücksicht auf den Ausschluss einer Freizeichnung im Verbrauchsgüterkauf die Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung nicht mehr „im Zweifel“, sondern nur in eindeutigen Fällen in Betracht komme (so BGH, Urt. v. 29.06.2016 – VIII ZR 191/15, juris Rn. 35 m. w. Nachw.; ebenso BGH, Urt. v. 20.03.2019 – VIII ZR 213/18, juris Rn. 22). Nach dieser Rechtsprechung sind einschränkende Zusätze wie „laut Vorbesitzer“ als Wissenserklärungen ohne rechtsgeschäftlichen Erklärungsgehalt auszulegen. Denn wer sich auf eine bestimmte Quelle beziehe, bringe zum Ausdruck, dass er lediglich fremdes Wissen mitteile. Hinzu komme, dass ein Käufer bei technischen Daten, die der Händler in aller Regel nicht überprüfen kann, nicht erwarten könne, dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für die Richtigkeit der Angabe übernehme (BGH, Urt. v. 29.06.2016 – VIII ZR 191/15, juris Rn. 33 f.).
Diese Prämissen treffen auf die hier streitgegenständliche Konstellation indes gerade nicht zu: Zum einen handelt es sich bei matching numbers um ein herausstechendes Merkmal des Fahrzeugs. Zum anderen hat vorliegend der Käufer vor Vertragsschluss hierzu zweimal nachgefragt. Wenn in diesem Zusammenhang eine Eigenschaft vorbehaltlos bestätigt wird, liegt in diesen konkreten Umständen des Einzelfalls nicht mehr nur eine bloße Beschreibung des Kaufobjekts, sondern eine auf Bindung angelegte Aussage über dessen Eigenschaften und damit zugleich eine Festlegung auf eine diesen Eigenschaften entsprechende Beschaffenheit (BGH, Urt. v. 29.06.2016 – VIII ZR 191/15, juris Rn. 18; vgl. auch BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 26, dort sogar zu einer Garantie.). Ob anderes gegolten hätte, wenn der Zeuge M bei seiner Aussage Bezug auf den Kaufvertrag zwischen dem beklagten Verkäufer und dessen Verkäufer genommen hätte, bedarf keiner Entscheidung; denn aus der Aussage der Zeugin E ergibt sich, dass dieser Vertrag erst nach dem Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags vorgelegt wurde (Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 03.09.2019, S. 3: „Dieser Vertrag lag vor […], aber erst nach der Vertragsunterzeichnung.“). Die Beschaffenheitsangabe des Zeugen erfolgte somit unbedingt.
c) Die Haftung des Beklagten ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der schriftliche Vertrag die pauschale Klausel enthält, dass mündliche Abreden nicht bestünden, ferner, dass alle Angaben nur solche laut Vorbesitzer beziehungsweise laut Fahrzeugbrief seien.
aa) Die Angaben des Zeugen M erfolgten, wie oben ausgeführt, ohne jeden Vorbehalt und damit unbedingt. Wie dort ebenfalls bereits ausgeführt, gibt der Verkäufer mit vorbehaltlosen Antworten auf konkrete Fragen des (potenziellen) Käufers zu Eigenschaften des Kaufobjekts – und damit zu Eigenschaften, die dem Käufer offenbar besonders wichtig erscheinen – nach dessen Empfängerhorizont zu verstehen, dass er hierfür einstehen will.
Die pauschale Bestimmung im Vertrag, alle Angaben verstünden sich als bloße Beschreibungen ohne den Charakter einer Beschaffenheitsvereinbarung, ist daher nicht geeignet, die Aussage des Zeugen M gleichsam umzuqualifizieren und nachträglich unter Vorbehalt zu stellen. Dies folgt aus Sicht des Senats bereits aus allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung: Der pauschalen Bestimmung, jedwede Angabe – auch über die explizit aufgezählten Angaben zu Unfallfreiheit, Laufleistung und Nachlackierung (bei denen solche Vorbehalte üblich sind) hinaus – stelle keine Beschaffenheitsvereinbarung dar, kann nicht die Wirkung beigemessen werden, der (hier sogar mehrfach) ausgesprochenen Versicherung, das Fahrzeug habe matching numbers, die Qualifikation als Beschaffenheitsvereinbarung zu nehmen. Die konkret getätigte Aussage zu matching numbers ist nämlich speziell. Eine Vertragsauslegung, die letztlich bewirkt und bewirken soll, dass sämtliche Angaben sowohl im Inserat als auch in den konkreten Gesprächen völlig losgelöst von den Umständen und im Zweifel bis zur Grenze der Arglist Schall und Rauch sein sollen, ist nicht interessengerecht. Im Übrigen zielt eine solche Klausel ersichtlich darauf ab, der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung (allerdings zum BGB) zu entgehen, die einen Ausschluss der Gewährleistung für echte Beschaffenheitsvereinbarungen als unwirksam ansieht.
bb) Nichts anderes gilt für die Vertragsbestimmung, es bestünden keine mündlichen Nebenabreden. Diese erschöpft sich im Ergebnis in einer auf Beweisebene relevanten Vermutung, die vorliegend widerlegt ist.
cc) Jedenfalls stehen die unter Ziffer 6 des Vertrags getroffenen Abreden der konkret getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung deshalb nicht entgegen, weil es sich bei der Regelung in Ziffer 6 – wie sich aus dem formularmäßigen Ausdruck ersehen lässt und wovon auch das Landgericht in seiner Argumentation auf Seite 9 des Urteils unangegriffen ausgegangen ist – um vorformulierte, von Verkäuferseite gestellte (vgl. auch Aussage der Zeugin E in der mündlichen Verhandlung vom 03.09.2019, Protokoll S. 4 unten) Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von geschäftlichen Vorfällen handelt und damit, mag auch der Verkäufer sie nur einmal verwendet haben, um Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH, Urt. v. 04.02.2015 – VIII ZR 26/14, juris Rn. 15). Ihnen gegenüber ist die Individualabrede speziell und vorrangig (vgl. im nationalen Recht § 305b BGB). Dieser Vorrang der Individualabrede vor einer AGB-mäßigen Bestimmung ist auch im CISG anzuerkennen und anerkannt (vgl. Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, UN-Kaufrecht, 7. Aufl., Art. 8 Rn. 58; BeckOGK/Buchwitz, Stand: 01.11.2022, Art. 14 CISG Rn. 87]; Graf von Westphalen, ZIP 2019, 2281, 2287 f.). Auf die Frage, ob § 305b BGB eine vom CISG verdrängte Regel der Vertragsauslegung enthält oder die Frage der Gültigkeit einer vertraglichen Bestimmung betrifft, die gemäß Art. 4 Satz 2 lit. a CISG nach nationalem Recht zu prüfen ist, kommt es daher nicht an.
d) Der Mangel des Fehlens von matching numbers stellt einen wesentlichen Pflichtenverstoß i. S. von Art. 25 CISG dar. Ein wesentlicher Pflichtenverstoß besteht, wenn einer Partei im Wesentlichen entgeht, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen. Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben.
Wie der Sachverständige ausgeführt hat, stellt das Vorliegen von matching numbers in der Oldtimer-Szene ein wesentliches und wesentlich wertbildendes Merkmal dar. Der Sachverständige führt – zur Überzeugung des Senats nachvollziehbar – aus (vgl. Sachverständigengutachten, S. 10), dass es sich bei Oldtimern um historische Luxusartikel handelt, deren Vita möglichst viele, bevorzugt ausschließlich positive Eigenschaften besitzen sollte. Das Vorhandensein von matching numbers sei bei Oldtimern gerade wegen des Alters keine Selbstverständlichkeit und daher nicht selten von kaufentscheidender Bedeutung. Allein dies begründet die wesentliche Pflichtverletzung, da der Käufer ein Fahrzeug enthält, das eine (in Sammlerkreisen, aber auch für ihn, wie seine Rückfragen belegen) wesentliche Eigenschaft nicht aufweist. Ohne dass es hierauf noch streitentscheidend ankäme, kommt im konkreten Fall hinzu, dass die Nummer am Getriebe manipuliert wurde.
Der Sachverständige hat überdies bestätigt, dass die Wertminderung mindestens ein Viertel beträgt. Auch dieser Betrag spricht für eine wesentliche Vertragsverletzung.
e) Der Gewährleistungsausschluss ist unwirksam.
Das UN-Kaufrecht regelt die Frage der Freizeichnung nicht. Die Gültigkeit von vertraglichen Bestimmungen bemisst sich gemäß Art. 4 Satz 2 lit. a CISG im Ausgangspunkt nach dem gemäß IPR anwendbaren nationalen deutschen Recht.
aa) Wendet man das Recht des Bürgerlichen Gesetzbuchs uneingeschränkt an, hält die Haftungsfreizeichnung der Prüfung nicht stand. Zum einen entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass im Falle einer konkreten Beschaffenheitsvereinbarung wie hier ein Gewährleistungsausschluss nicht greift, denn eine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung und ein hierauf bezogener (vollständiger) Gewährleistungsausschluss schließen sich wechselseitig aus.
Der Gewährleistungsausschluss hielte einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle aus weiteren Gründen nicht stand. Zwar greift der Gewährleistungsausschluss nicht, wenn dem Verkäufer Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt (vgl. den auch im unternehmerischen Verkehr seiner Wertung nach Anwendung findenden § 309 Nr. 7 lit. b BGB i. V. mit § 310 I 1 und I 2 BGB). Die Rechtsprechung sieht jedoch – auch im unternehmerischen Verkehr – eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners schon dann, wenn die Haftung für einfaches Verschulden bei (bei Pkw-Mängeln nicht fernliegenden) Schäden für Leben, Körper und Gesundheit ausgeschlossen wird (Wertung des § 309 Nr. 7 lit. a BGB; BGH, Urt. v. 19.09.2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1 Rn. 14; Urt. v. 04.02.2015 – VIII ZR 26/14, juris Rn. 16). Dieser Anforderung genügt die Klausel nicht.
bb) Nichts anderes ergibt sich, wenn man bei der Anwendung des nationalen Rechts den internationalen Charakter des Abkommens und die allgemeinen, dem CISG zugrunde liegenden Prinzipien – dazu zählt die Vertragsfreiheit – beachten möchte und daher eine Modifikation der nationalen Rechtsprechung nicht ausschließt. Für das AGB-Recht lässt sich dies im unternehmerischen Verkehr auch damit begründen, dass Leitbild des § 307 BGB bei Anwendbarkeit des CISG nicht das BGB, sondern eben das CISG ist (vgl. Ferrari, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, a. a. O., Art. 4 Rn. 20). Auch in diesem Fall hält der Gewährleistungsausschluss einer Prüfung nicht stand. Dabei kann offenbleiben, ob im Rahmen des CISG die Annahme pauschal zutrifft, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung per se mit einem Gewährleistungsausschluss unvereinbar ist.
Jedenfalls dann, wenn zu einer objektiv verkehrswesentlichen Eigenschaft Gespräche geführt werden und verkäuferseits die Eigenschaft auf Frage des Käufers, der damit auch subjektiv die Wesentlichkeit dieser Eigenschaft für seine Kaufentscheidung dokumentiert, vorbehaltlos bestätigt wird, macht sich der Verkäufer mit dieser Aussage für das Vorliegen der Eigenschaft stark (vgl. Schwenzer, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, a. a. O., Art. 35 Rn. 41 f.; BeckOGK/Hachem, a. a. O., Art. 35 Rn. 62). Eine Eigenschaftszusicherung im Sinne einer uneingeschränkten Garantiehaftung muss damit nicht zwingend einhergehen; es ist jedoch mit Grundgedanken auch im internationalen Recht nicht vereinbar, wenn der Verkäufer trotz seiner eigenen Bekräftigung der Eigenschaft bei Fehlen dieser Eigenschaft eine (vollständige) Freizeichnung in Anspruch nehmen will. Erst recht gilt dies, wenn die Freizeichnung formularmäßig erfolgt. In einem solchen Gewährleistungsausschluss liegt des Weiteren ein Verstoß gegen den Grundsatz, dass dem Käufer bei fehlender Vertragsgemäßheit wenigstens ein Minimalrechtsschutz (minimum adequate remedy) verbleiben muss (Schwenzer, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, a. a. O., Art. 35 Rn. 41 f.).
Ob der Verstoß gegen die Wertung von § 309 Nr. 7 lit. a BGB im Anwendungsbereich des CISG ebenfalls zur Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses führen würde, bedarf vor diesem Hintergrund keiner Entscheidung.
f) Einer vorrangigen Nacherfüllung bedurfte es nicht. Eine solche sieht Art. 49 I lit. a CISG – anders als Art. 49 I lit. b CISG im hier nicht einschlägigen Fall einer Nichtlieferung – nicht vor. Ob gleichwohl mit Blick auf Recht des Verkäufers, eine Nacherfüllung zu erbringen, Einschränkungen denkbar sind, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung (dazu Müller-Chen, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, UN-Kaufrecht, 7. Aufl., Art. 48 Rn. 14 ff.). Denn vorliegend scheidet eine Nacherfüllung aus. Es handelt es um einen Stückkauf, bei dem dem Kaufobjekt die matching numbers unwiederbringlich fehlen.
3. Die Klägerin hat das Recht, sich auf die Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, auch nicht nachträglich verloren, denn sie hat den Mangel innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Zeitpunkt, zu dem sie den Mangel festgestellt hat, angezeigt (Art. 39 I CISG). Dass sie den Mangel früher hätte feststellen müssen, weil sie die Obliegenheit getroffen hätte, das Fahrzeug untersuchen zu lassen, trifft entgegen der Ansicht des Beklagten nicht zu.
a) Der Senat ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Klägerin erst mit der Mitteilung des Zeugen N. am 23.02.2018 Kenntnis vom Fehlen der matching numbers erlangt hat. Der zwischenzeitlich nicht mehr für die Porsche-Werkstatt tätige Zeuge erklärte schlüssig und nachvollziehbar, dass es sich bei dem durch die Werkstattmitarbeiter festgestellten Ausschleifen der Getriebenummer um einen speziellen Fall handelte und dass er als zuständiger Ansprechpartner von der Werkstatt bei speziellen und problematischen Fällen hinzugezogen wurde. Der Zeuge konnte deshalb für den Senat überzeugend ausschließen, dass der Verwaltungsrat der Kägerin bereits zeitlich vor der Mitteilung durch den Zeugen direkt von der Werkstatt oder einem Servicemitarbeiter auf das Fehlen der matching numbers aufmerksam gemacht worden sein könnte. Darüber hinaus hat der Zeuge glaubhaft angegeben, dass er an dem Tag, an dem er über die ausgeschliffene Getriebenummer informiert wurde, den Verwaltungsrat der Klägerin angerufen und an dem gleichen Tag auch das Schreiben vom 23.02.2018 verfasst habe (s. Anlage K 20). Für die Richtigkeit dieser Erinnerung des Zeugen streitet schließlich auch der Inhalt des Schreibens Anlage K 20, denn dort wird eingangs ausgeführt: “wie wir heute besprochen haben“.
b) Nicht relevant ist, wann die beauftragte Reparaturwerkstatt in W. den Wagen tatsächlich untersucht und das Fehlen der matching numbers bemerkt hat. Denn die Werkstatt war vorliegend nicht mit der Untersuchung des Fahrzeugs auf Mängel im Zusammenhang mit Rügeobliegenheiten beauftragt. Nur dann könnte überhaupt in Betracht gezogen werden, dass die Werkstatt als Erfüllungsgehilfin der Klägerin tätig gewesen wäre und ihre Kenntnis – jedenfalls bei Verzögerung der Mitteilung – der Klägerin zuzurechnen wäre (vgl. § 278 BGB). So lag der Fall aber nicht. Das Fehlen der matching numbers war gleichsam Zufallsprodukt einer – fast ein Jahr nach dem Kauf – beauftragten Reparatur.
c) Die Geltendmachung des Mangels erfolgte durch Schreiben vom 09.03.2018 (Anlage K 5), zugegangen am 13.03.2018. In diesem Schreiben wurde das Fehlen der identischen originalen Fahrgestellnummer auf dem Getriebe konkret gerügt.
Die Rüge erfolgte somit innerhalb angemessener Frist ab Kenntnis. Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des BGH an, wonach die angemessene Rügefrist regelmäßig und so auch hier einen Monat beträgt (BGH, Urt. v. 03.11.1999 – VIII ZR 287/98, juris Rn. 14; ähnlich [„grober Mittelwert“]: BGH, Urt. v. 08.03.1995 – VIII ZR 159/94, BGHZ 129, 75, 85 f. = juris Rn. 23; ebenso Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2018, Art. 39 CISG Rn. 41). Diese Länge der Frist trägt zum einen dem Interesse an einer baldigen Klärung der Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien Rechnung, nimmt überdies die unterschiedlichen nationalen Rechtsprechungen zur Länge der Rügefrist angemessen in den Blick. Sie bedarf auch vorliegend keiner Modifikation, da es sich um einen Mangel an einem langlebigen Kaufobjekt handelt, bei dem keine Beweisverschlechterung drohte. Die Absendung, auf die es nach Art. 27 CISG maßgeblich ankommt, erfolgte am 09.03.2018 und somit ebenso innerhalb der Monatsfrist, wie der Zugang am 13.3.2018.
d) Die Anzeige des Mangels war vorliegend auch nicht deshalb verfristet, weil die Klägerin den Mangel durch eigene Untersuchung i. S. von Art. 38 CISG früher hätte entdecken müssen. Anders als der Beklagte meint, traf die Klägerin keine Untersuchungsobliegenheit hinsichtlich des Vorliegens von matching numbers.
aa) Grundsätzlich verlangt Art. 38 I CISG vom Käufer, die Ware innerhalb so kurzer Frist zu untersuchen oder untersuchen zu lassen, wie es die Umstände erlauben. Den Umfang der Untersuchung regelt das CISG nicht; der subsidiäre Verweis auf das Recht des Untersuchungsortes in Art. 38 IV EKG wurde in das CISG nicht übernommen. Nicht anders als im nationalen Recht zu § 377 HGB hat eine Untersuchung zu erfolgen, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist. Welche Anforderungen an die Art und Weise der Untersuchung zu stellen sind, lässt sich jedoch nicht allgemein festlegen. Es ist vielmehr darauf abzustellen, welche in den Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs fallenden Maßnahmen einem ordentlichen Kaufmann im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung auch der schutzwürdigen Interessen des Verkäufers zur Erhaltung seiner Gewährleistungsrechte zugemutet werden können. Dabei kommt es auf die objektive Sachlage und auf die allgemeine Verkehrsanschauung an, wie sie sich hinsichtlich eines Betriebs vergleichbarer Art herausgebildet hat. Die Anforderungen an eine Untersuchung sind letztlich durch eine Interessenabwägung zu ermitteln, die in erster Linie dem Tatrichter obliegt. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Vorschriften über die Mängelrüge in erster Linie den Interessen des Verkäufers oder Werklieferanten dienen. Er soll, was auch dem allgemeinen Interesse an einer raschen Abwicklung der Geschäfte im Handelsverkehr entspricht, nach Möglichkeit davor geschützt werden, sich längere Zeit nach der Lieferung oder nach der Abnahme der Sache etwaigen, dann nur schwer feststellbaren Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt zu sehen. Ein schutzwürdiges Interesse des Verkäufers an einer alsbaldigen Untersuchung durch den Käufer kann dann besonders groß sein, wenn er bei bestimmungsgemäßer Weiterverarbeitung der Kaufsache zu wertvollen Objekten mit hohen Mangelfolgeschäden rechnen muss und nur der Käufer das Ausmaß der drohenden Schäden übersehen kann. Andererseits dürfen im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zwischen Verkäufer/Werklieferanten und Käufer die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Untersuchung nicht überspannt werden. Denn ansonsten könnte der Verkäufer, aus dessen Einflussbereich der Mangel kommt, in die Lage versetzt werden, das aus seinen eigenen fehlerhaften Leistungen herrührende Risiko auf dem Wege über die Mängelrüge auf den Käufer abzuwälzen. Anhaltspunkte für die Grenzen der Zumutbarkeit bilden vor allem der für eine Überprüfung erforderliche Kosten- und Zeitaufwand, die dem Käufer zur Verfügung stehenden technischen Prüfungsmöglichkeiten, das Erfordernis eigener technischer Kenntnisse für die Durchführung der Untersuchung beziehungsweise die Notwendigkeit, die Prüfung von Dritten vornehmen zu lassen (BGH, Urt. v. 24.02.2016 – VIII ZR 38/15, juris Rn. 20–22).
bb) Daran gemessen besteht eine Untersuchungsobliegenheit auf das Vorliegen von matching numbers nicht:
Unstreitig ist zwischen den Parteien – wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 08.02.2023 mit den Parteien erörtert –, dass das Fehlen der entsprechenden matching number am Getriebe nur festgestellt werden kann, wenn das Fahrzeug auf eine Hebebühne gestellt wird; eines Ausbaus des Getriebes oder des Motors bedarf es nicht (das ist auch aus dem Sachverständigengutachten vom 31.08.2020 ersichtlich, bei dem ebenfalls kein Ausbau von Motorteilen erfolgte). Zumutbar und erforderlich ist bei einem Fahrzeugkauf eine äußere Sichtprüfung, wie sie auch im Rahmen des Gebrauchtwagenkaufs von einem vermittelnden Händler verlangt wird (vgl. dazu BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, juris-Rn. 14); auch dort werden keine weiteren eigenen Untersuchungen gefordert. Mittels einer solchen äußeren Sichtprüfung kann das Fehlen der matching numbers jedoch nicht festgestellt werden, da es hierzu des Hilfsmittels einer Hebebühne bedarf.
Ferner kann man – nicht anders als bei komplexen Maschinen (dazu Schwenzer, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, a. a. O., Art. 38 Rn. 14) – erwarten, dass das Fahrzeug in Betrieb genommen und dabei auf Auffälligkeiten im Fahrverhalten untersucht wird. Auch eine Fahrt mit dem Fahrzeug führt jedoch nicht zu einer Entdeckung der matching numbers.
Weitere Untersuchungsobliegenheiten treffen einen Käufer eines Gebrauchtwagens, auch wenn es sich um einen Oldtimer handelt, nicht. Andernfalls würde im Ergebnis verlangt, dass der Käufer den Kaufgegenstand bei einer Werkstatt vorführen lässt, denn der durchschnittliche Käufer eines Fahrzeugs – insoweit gilt für Oldtimer nichts anderes – ist nicht in der Lage, eine weitergehende Untersuchung vorzunehmen, weil ihm sowohl Equipment (Hebebühne) als auch technisches Wissen regelmäßig fehlen. Eine anlasslose Untersuchung durch einen Dritten, hier eine Werkstatt, ist jedoch nicht zu verlangen, sondern überspannt die Anforderungen an einen Käufer, jedenfalls an einen solchen, der das Fahrzeug – wie vorliegend; die Klägerin vertreibt Perücken – nicht zwecks gewerblicher Weiterveräußerung in seinem regelmäßigen Geschäftsverkehr erwirbt (zu diesem Kriterium auch öOGH, Urt. v. 16.12.2015 – 3 Ob 194/15y, IHR 2016, 58 unter 2.6; für Berücksichtigung der Sachkunde des Käufers MünchKomm-BGB/Gruber, 8. Aufl., Art. 38 CISG Rn. 23, und Schwenzer, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, a. a. O., Art. 38 Rn. 13). Weitergehende Untersuchungspflichten könnten möglicherweise angenommen werden, wenn der Käufer eine Vielzahl von Produkten in einer Lieferkette erwirbt. Dann mag es unter bestimmten Umständen, insbesondere bei drohenden Folgeschäden, angehen zu verlangen, dass – regelmäßig stichprobenartig – das Produkt nicht nur einer eigenen Untersuchung, sondern einer Untersuchung unter Beiziehung eines Sachverständigen, etwa zwecks einer chemischen Analyse, unterzogen wird. Bei einem einzelnen technisch komplexen Stückkauf wie dem vorliegenden – auch wenn es sich vorliegend um ein sehr wertvolles Stück handelt – ist dies anders. Der Verkäufer weiß, dass er an einen Käufer ohne besonderen eigenen Sachverstand, vorliegend auch ohne Weiterveräußerungsabsicht in der Lieferkette, verkauft; hier kann er nicht erwarten, dass der Käufer mehr vornimmt als eine Sichtprüfung und eine Testung durch Inbetriebnahme. Der Aufwand für eine Prüfung ist gerade bei Oldtimern auch nicht unbeträchtlich; ein Oldtimer wird regelmäßig spezialisierten, oft ortsnah nicht verfügbaren Fachwerkstätten vorgeführt. Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass für einen Laien im Vorfeld nicht bekannt ist, ob die matching numbers problemlos – das heißt ohne Ausbau von Bauteilen – ablesbar sind; auch hierzu müsste der Oldtimerkäufer Erkundigungen einziehen. Selbst der Zeuge M, obwohl gewerbsmäßig mit dem Verkauf befasst, wusste nicht, wie man das Vorliegen von matching numbers überprüft (vgl. Protokoll seiner Einvernahme am 03.09.2019, S. 6 unten).
Vor allem ginge mit einer solchen Untersuchungsobliegenheit eine ungebührliche und damit abzulehnende Überwälzung des Risikos des grundsätzlich für die Mangelfreiheit einstandspflichtigen Verkäufers auf den Käufer einher. Die Untersuchungsobliegenheit soll zwar der Rechtssicherheit dienen, nicht aber dazu, den Verkäufer aus seiner Verantwortung für von ihm zugesagte Eigenschaften unbillig zu entlassen. Genau das würde beim Gebrauchtwagenkauf geschehen: es handelt sich beim Gebrauchtwagenkauf um einen Stückkauf, bei dem Fahrzeuge individuell beschrieben zum Verkauf angeboten werden, so auch hier. Hier wurde für einen konkreten Oldtimer die Eigenschaft matching numbers zugesagt. Auf eine solche – hier mehrfach bestätigte – Angabe darf sich ein Käufer prima facie verlassen, ohne sie bei Strafe des Rechtsverlusts nachprüfen zu müssen. Erneut fällt der Unterschied zum Massengeschäft ins Auge. Hier werden pauschale Beschreibungen gemacht; bei der Erfüllung, ebenfalls ein Massengeschäft, kommt es nicht selten zu Fehlern (z. B. der Lieferung von Produkten einer anderen Güteklasse, verdorbener Ware o. ä.). Die Untersuchungsobliegenheit dient dazu, diese – im Massengeschäft typischerweise vorkommenden – Fehler durch eine Untersuchung von Stichproben, durch eine Sichtkontrolle oder durch ähnliche Maßnahmen zu entdecken. Dies kann auf den Verkauf eines individuell beschriebenen Produkts nicht ohne Weiteres übertragen werden. Folgte man der Sichtweise des Beklagten, könnte der Verkäufer bis an die Grenze der Arglist oder der Behauptung „ins Blaue hinein“ beliebige Versprechungen machen und darauf hoffen, dass der Käufer die unverzügliche Überprüfung – hier durch eine Fachwerkstatt – unterlässt. Hinzu kommt, dass keine Beweisverschlechterung durch Zeitablauf – wie bei verderblichen Waren – droht, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt kein schutzwürdiges Bedürfnis des Verkäufers nach einer sofortigen Untersuchung auf das Vorliegen der versprochenen matching numbers erkennbar ist.
cc) Nichts anderes ergibt sich aus der Behauptung des Beklagten, es bestehe ein Handelsbrauch beim Kauf von Oldtimern mit matching numbers, das Vorliegen überprüfen zu lassen.
(1) Es bestehen schon erhebliche Zweifel, ob der Beklagte in tatsächlicher Hinsicht einen Brauch hinreichend vorgetragen hat. Der Privatsachverständige bestätigt in seinem Schreiben vom 01.03.2023 (Anlage BK 3), dass es „den weithin bekannten Gebräuchen beim nationalen und internationalen Handel mit Oldtimern“ entspreche, dass nach Erhalt des Fahrzeugs die Eigenschaft matching numbers überprüft werde. Er fährt fort, dass „eine Mehrheit“ der Verkehrsteilnehmer dies kenne und beachte. Dass eine bloße Mehrheit der Verkehrsteilnehmer dies – was sich im Eigeninteresse aufdrängt – beachtet, genügt nicht für die Annahme eines Handelsbrauchs. Entscheidend wäre vielmehr, dass die betreffende Regel – als konsensuale Regel – weithin bekannt ist und eingehalten wird. Es darf keine erhebliche Gruppe von Nichtkennern geben; eine nur gelegentliche Abweichung wäre allerdings unschädlich (vgl. Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, a. a. O., Art. 9 Rn. 16, der allerdings auch von „Mehrheit“ spricht). Eine ausreichend einheitliche, auf Konsens der beteiligten Kreise hindeutende Verkehrsübung (BGH, Urt. v. 06.12.2017 – VIII ZR 246/16, BGHZ 217, 72 Rn. 30) ist mit den Ausführungen des Privatsachverständigen nicht dargelegt, der, bei Lichte betrachtet, lediglich eine Praxis beschreibt; auch fehlt es an einem Vortrag hinreichender Anknüpfungstatsachen in räumlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht (vgl. BGH, Urt. v. 06.12.2017 – VIII ZR 246/16, BGHZ 217, 72 Rn. 30).
(2) Darauf kommt es jedoch nicht an. Der Beklagte verkennt nämlich den Bezugsrahmen für die einen Käufer treffenden Prüfungsobliegenheiten. Maßstab ist ein Oldtimerkauf. Es wäre für den Handelsbrauch zu fragen, ob hierbei die Obliegenheit besteht, das gekaufte Fahrzeug einer (Fach-)Werkstatt vorzuführen und anschließend eine Datenbankanfrage beim Hersteller vorzunehmen. Dies ist zu verneinen. Gesonderte Handelsbräuche für Oldtimer mit matching numbers sind demgegenüber nicht anzuerkennen. Insoweit handelt es sich um keinen relevanten Teilmarkt, der gesonderte Handelsbräuche begründen könnte. Anderenfalls müssten die Untersuchungsobliegenheiten je nach konkreter Beschaffenheit des Oldtimers variieren. Eine solche Annahme wäre mit den Erfordernissen der Rechtssicherheit im Rechtsverkehr nicht zu vereinbaren. Es wäre auch nicht vermittelbar, wollte man annehmen, dass das Merkmal der matching numbers durch eine (Fach-)Werkstatt zu untersuchen sei, sonstige Eigenschaften dann aber nicht. Diesbezüglich kommt hinzu, dass durch ein Anheben des Fahrzeugs ohnehin nur die Motornummer und die Getriebenummer als solche festgestellt werden können, nicht aber, ob es sich bei den so festgestellten Nummern um die bei Auslieferung, also im Originalzustand des Fahrzeugs verbauten Nummern und damit um matching numbers handelt. Dies kann erst durch eine nachfolgende Datenbankabfrage beim Hersteller verifiziert werden. Einen auf eine Datenbankabfrage gerichteten Handelsbrauch trägt aber auch der Beklagte nicht vor.
(3) Letztlich kommt dem Einwand auch deshalb keine Bedeutung zu, weil die Behauptung verkennt, dass die Untersuchungsobliegenheiten – auch die des CISG – nicht allein auf tatsächlichen Gepflogenheiten basieren, sondern überdies eine normative Komponente aufweisen. Jedenfalls diese Komponente führt vorliegend dazu, eine Untersuchungsobliegenheit mit der Folge eines Rechtsverlusts abzulehnen, da die unverzügliche Vorführung vor eine Fachwerkstatt und eine anschließende Datenbankanfrage bei dem Hersteller unzumutbar erscheint.
(4) Der Senat hält überdies dafür, dass – falls man, wie nicht, eine Untersuchungsobliegenheit bejahen wollte – jedenfalls im vorliegenden Einzelfall die Berufung auf die Untersuchungsobliegenheit durch den Verkäufer rechtsmissbräuchlich wäre. Dieser im deutschen Recht in § 242 BGB kodifizierte Rechtsgrundsatz ist als international gültiger Grundsatz auch im Rahmen der Auslegung des CISG zu beachten (vgl. etwa Art. 7 I CISG: „Wahrung des guten Glaubens im internationalen Handel“/„observance of good faith in international trade“; Art. 29 II 2 CISG; Art. 40 CISG).
Der Verkäufer, der sich eines professionellen Vermittlers, hier des Zeugen M der Firma T-GmbH & Co. KG bedient, würde mit zweierlei Maß messen, wenn er die Klägerin an einer unterbliebenen Untersuchung festhalten wollte, obwohl er selbst eine solche Untersuchung nicht vorgenommen hat und gleichwohl – ohne das Fehlen einer entsprechenden eigenen Untersuchung beim Kauf offenzulegen – eine Zusage für das Vorliegen von matching numbers gemacht hat. Dass ihn selbst – bei Unterstellung seines Vortrags, er habe das Fahrzeug als Verbraucher gekauft – keine Untersuchungspflicht traf (§ 377 HGB setzt einen beidseitigen Handelskauf voraus), bewahrt ihn zwar vor der Annahme von Vorsatz wegen einer Zusicherung „ins Blaue hinein“ (Art. 40 CISG), ändert aber nichts daran, dass sein Verhalten im konkreten Fall treuwidrig ist. Schaltet der nicht in Erscheinung tretende Verkäufer beim Verkauf einen Profi ein, verhandeln zwei Unternehmer miteinander. Gerade wenn man der – für die hypothetische Annahme einer Untersuchungsobliegenheit die Voraussetzung bildende – Aussage des Beklagten folgt, dass es keinen großen Aufwand darstelle, eine so wichtige Eigenschaft wie matching numbers nachzuprüfen, überdies, dass die Untersuchung den Gepflogenheiten im Oldtimer-Geschäft entspreche, dann darf der Käufer (vorbehaltlich einer hier nicht erfolgten anderweitigen Aufklärung) erwarten und darauf vertrauen, dass auch sein Verkäufer eine Untersuchung vorgenommen hat, bevor er eine entsprechende Zusage hinsichtlich des konkret zu verkaufenden Oldtimers macht. Genau das ist aber unterblieben. Dann aber ist es treuwidrig, wenn der Verkäufer vom Käufer eine Untersuchung erwartet, die er selbst auch nicht vorgenommen hat, bevor er seinerseits Versprechungen gemacht hat.
dd) Es ist keineswegs unplausibel, dass die Klägerin das Vorliegen von matching numbers nicht vorher überprüft hat. Es ist vielmehr naheliegend, dass sie den Angaben des Verkäufers – belegt durch den Kaufvertrag des Verkäufers mit seinem Verkäufer – vertraute und daher keinen Anlass für eine Überprüfung sah. Die Reparatur im Juni 2017 erfolgte in der Werkstatt P-GmbH, von der der Verkäufer das Fahrzeug erworben und die das Vorliegen der matching numbers im genannten Kaufvertrag attestiert hatte. Umgekehrt erschiene es dem Senat unverständlich, warum die Klägerin trotz – unterstellter – Kenntnis des Fehlens der matching numbers mit der Rüge hätte zuwarten, dann aber eine spätere Reparatur zum Anlass für eine Rüge hätte nehmen sollen.
4. Die Käuferin hat mit Schreiben vom 09.03.2018 (Anlage K 5) den Rücktritt erklärt. Dies stellt das Verlangen der – dem Rücktritt funktionsgleichen – Vertragaufhebung nach Art. 26 CISG dar. Die Ausübung des Mängelrechts erfolgte innerhalb von drei Wochen nach Kenntnis des Mangels und damit innerhalb angemessener Frist, wie von Art. 49 II lit. b CISG vorgeschrieben. Ein früherer Anlauf der Frist wegen Kennenmüssens des Mangels kommt nicht in Betracht, denn die Frist kann nicht aufgelaufen sein, wenn die Rügefrist – wie dargelegt – noch nicht abgelaufen war. Rechtsfolge ist der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs.
Der Kaufpreisanspruch ist, wie vom Landgericht zuerkannt, zu verzinsen, weil der Rückzahlungsanspruch spätestens mit dem Verlangen im Schreiben vom 09.03.2018 – in dem zugleich die Rückgabe des Fahrzeugs angeboten wurde – fällig ist (Art. 79 CISG). Die Zinshöhe bemisst sich mangels Regelung im CISG nach dem aufgrund IPR anwendbaren nationalen Recht (vgl. Bacher, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, UN-Kaufrecht, Art. 79 Rn. 27 m. zahlreichen w. Nachw. und Rn. 32; Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2018, Art. 78 CISG Rn. 12, 16; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 18.01.1994 – 5 U 15/93, juris Rn. 13), hier dem deutschen Recht; der Versuch eines Rückgriffs auf einen Einheitszinssatz ist mit zu großer Rechtsunsicherheit hinsichtlich seiner Bestimmung behaftet. Die Zinshöhe beträgt somit fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 I 2 BGB).
5. Der Beklagte schuldet des Weiteren die Erstattung der frustrierten Aufwendungen in Form von Transportkosten, Zoll und Reparaturen. Diese Rechtsfolge ergibt sich (jedenfalls) aus der Pflicht zur Zahlung von Schadensersatz (Art. 74 CISG). Anders ist nach Klagerücknahme hinsichtlich der Mehrwertsteuer zu entscheiden.
a) Der Beklagte kann gemäß Art. 45 I lit. b, Art. 74 CISG im Falle von Pflichtverletzungen des Beklagten – auch neben der Rückabwicklung (Art. 45 II CISG) – Schadensersatz verlangen. Im Einzelnen ist auszuführen:
aa) Art. 74 I CISG verlangt eine Pflichtverletzung des Beklagten, die hier in der Lieferung eines mangelhaften Fahrzeugs liegt.
bb) Ein Verschulden verlangt Art. 74 I CISG nicht. Es kommt also nicht darauf an, ob der Beklagte auf die Angaben im Vertrag mit seinem Verkäufer vertraut hat und vertrauen durfte.
Eine Ausnahme gilt nach Art. 79 CISG nur dann, wenn die Nichterfüllung auf einem außerhalb seines Einflussbereichs liegenden Hinderungsgrund beruht und von ihm vernünftigerweise nicht erwartet werden konnte, den Hinderungsgrund bei Vertragsschluss in Betracht zu ziehen oder den Hinderungsgrund oder seine Folgen zu vermeiden oder zu überwinden. Ein solcher Fall – der den Fällen der höheren Gewalt im nationalen Recht angenähert ist – liegt aber nicht vor. Hier wurde die Verkäuferseite explizit nach matching numbers gefragt und hat objektiv falsch eine Eigenschaft des Fahrzeugs behauptet, die nicht existent war. Dies wäre ohne Weiteres vermeidbar gewesen, wenn der Beklagte seinerseits vor Abgabe der Erklärung das Fahrzeug untersucht hätte oder hätte untersuchen lassen, er sich also vor Abgabe der Erklärung überzeugt hätte, ob die Eigenschaft vorliegt oder nicht (oder er einen Vorbehalt erklärt hätte). Auch nach dem CISG muss der Beklagte für das Verhalten des Zeugen M, dessen er sich bei den Vertragsverhandlungen bedient hat, einstehen (Art. 79 II CISG).
cc) Rechtsfolge ist Schadensersatz, der vorliegend in infolge der Vertragsaufhebung frustrierten Aufwendungen auf das Fahrzeug besteht (vgl. Schwenzer, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, a. a. O., Art. 74 Rn. 27 und 38). Dieser Schaden ist im Falle der Entdeckung des Mangels auch vorhersehbar gewesen (Art. 74 Satz 2 CISG).
b) Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Klägerin die geltend gemachten Aufwendungen getätigt hat.
aa) Für die Reparatur bei der P-GmbH im Juni 2017 – unter anderem Motorausbau und -einbau, Behebung diverser Lackschäden, Fahrzeugaufbereitung (vgl. Anlage K 8) und damit für notwendige, jedenfalls vertretbare nützliche Aufwendungen – hat der Kläger einen Betrag von 6.402,75 € aufgewandt. Dies hat das Landgericht im unstreitigen Tatbestand festgestellt, ohne dass Tatbestandsberichtigung beantragt wurde; diese Feststellung bindet das Berufungsgericht (§ 314 ZPO). Hiervon werden allerdings nur 4.402,75 € geltend gemacht, weil der Beklagte 2.000 € an die Klägerin gezahlt hat. Überdies hält der Senat die Aufwendungen durch die Vorlage der Rechnung für belegt, zumal Fahrzeuge nach Reparatur üblicherweise nur gegen Bezahlung herausgegeben werden.
bb) Für den Transport des streitgegenständlichen Fahrzeugs in die Schweiz sind – wie sich aus K 11 ergibt – Nettobeträge von 1.534 € und 140 €, gesamt: 1.674 €, angefallen.
cc) Für die Zollformalitäten hat die Klägerin die B-GmbH eingeschaltet, die ihr Beträge in Höhe von 130,60 CHF und 133,55 CHF in Rechnung gestellt hat (Anlage K 11).
dd) Die Klägerin hat außerdem zur Überzeugung des Senats dargetan, dass sie mit 10.979 CHF Zollgebühren belegt wurde (Anlage K 11). Sie hat – unwidersprochen – unter Darlegung des schweizerischen Rechts (insbesondere Art. 11 Satz 1 ZG2Zollgesetz vom 18.03.2005, SR 631.0.) vorgetragen, dass eine Erstattung nach Ablauf von drei Jahren auch im Falle der Rückabwicklung des Kaufvertrags nicht in Betracht kommt (Schriftsatz vom 26.01.2023, S. 8).
ee) Schließlich hat sie auch Reparaturkosten durch die Reparatur beim Porsche-Zentrum in Höhe von (jedenfalls) 24.507,15 CHF nachgewiesen. Sie hat hierzu die zunächst erteilte Rechnung vorgelegt, in der dieser Betrag ausgewiesen ist (Anlage K 10). Sie hat in der Berufungsinstanz des Weiteren vorgetragen, dass diese Rechnung in Wirklichkeit storniert wurde (Anlage K 21) und durch eine höhere Rechnung vom 21.11.2018 mit einem Rechnungsbetrag von netto 32.372,15 CHF netto (34.864,80 CHF; Anlage K 22) ersetzt wurde. Diesen Betrag hat die Klägerin in zwei Tranchen – 25.000 CHF am 08.02.2018 (Anlage K 18) und 9.864,80 CHF am 06.12.2018 (Anlagen K 23 f.) – bezahlt. Daraus ergibt sich zugleich zur Überzeugung des Senats, dass die Reparaturen durchgeführt wurden.
Dass es sich um Reparaturen und damit um notwendige, jedenfalls vertretbare Aufwendungen auf den Kaufgegenstand handelt, ergibt sich aus den Rechnungen des Porsche-Zentrums. Auf eine Wertsteigerung durch die Reparaturen kommt es nicht an.
c) Soweit die Klägerin Beträge in Schweizer Franken verauslagt hat, steht ihr eine Erstattung in Schweizer Franken zu, da der Schaden am bestimmungsgemäßen Gebrauchsort in der Landeswährung der Schweiz eingetreten ist (MünchKomm-BGB/Huber, 8. Aufl., Art. 74 CISG Rn. 54 m. w. Nachw.; Schwenzer, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, a. a. O., Art. 74 Rn. 63).
6. Ab Rechtshängigkeit beantragte Zinsen sind entweder geschuldet, weil der geltend gemachte Betrag bei Klageerhebung fällig (Art. 78 CISG) war und er mit der Klageerhebung qualifiziert geltend gemacht wurde (falls man eine qualifizierte Geltendmachung verlangt, vgl. Bacher, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, a. a. O., Art. 78 Rn. 18), oder weil auf Prozesszinsen nationales Recht anzuwenden ist (zu dem Streit hierüber: Bacher, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, a. a. O., Art. 78 Rn. 45). In beiden Fällen bestimmt sich die Zinshöhe nach nationalem Recht (s. oben). Keiner abschließenden Entscheidung bedarf, ob sich derselbe Anspruch auch aus einem Aufwendungserstattungsanspruch der Käuferin gegen den Verkäufer herleiten ließe. Hierfür spricht der Rechtsgedanken der Art. 84 II, 85 Satz 2, Art. 86 I 2 CISG, denen sich die Wertung entnehmen lässt, dass im Rahmen der Rückabwicklung bei den Parteien keine ungerechtfertigte Bereicherung verbleiben soll. Dementsprechend schuldet der Verkäufer Wertersatz für „angemessene Aufwendungen“, worunter jedenfalls notwendige Aufwendungen fallen (ähnlich im nationalen Recht § 347 II BGB; vgl. Fountoulakis, in: Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter, UN-Kaufrecht, 7. Aufl., Art. 84 Rn. 29, 31; BeckOGK/Sonnentag, Stand: 01.01.2023, Art. 84 CISG Rn. 40 ff.). Reparaturkosten, die der Erhaltung des Oldtimers dienen, wie vorliegend, würden hierunter fallen.