1. Stützt der Tatrichter die Feststellung des inneren Tatbestands einer arglistigen Täuschung im Wesentlichen auf die Aussage eines Zeugen, dann müssen die Bekundungen des Zeugen, die eine solche Schlussfolgerung zulassen, dem Aussageprotokoll eindeutig zu entnehmen sein.
  2. Für den Wert eines Oldtimers ist von entscheidender Bedeutung, dass der eingebaute Motor jedenfalls in dem Sinne original ist, dass er aus derselben Zeit wie das übrige Fahrzeug stammt.

BGH, Urteil vom 07.12.1994 – VIII ZR 213/93

Sachverhalt: Der Beklagte hatte in den USA einen Oldtimer (Maserati Ghibli) gekauft, an dem noch umfangreiche Arbeiten vorgenommen werden mussten. Diese ließ der Beklagte überwiegend in der Werkstatt des Zeugen S ausführen.

Durch Vertrag vom 05.04.1990 verkaufte der Beklagte das Fahrzeug unter Ausschluss jeder Gewährleistung an den Geschäftsführer der Klägerin, an dessen Stelle Anfang Juni 1990 die Klägerin selbst in den Vertrag eintrat. Als Jahr der Erstzulassung ist im Vertrag 1970 angegeben. Außerdem enthält der Kaufvertrag den Vermerk, dass der Motor überholt worden sei. Der zunächst vereinbarte Kaufpreis von 220.000 DM wurde bei der Übergabe des Fahrzeugs am 19.06.1990 wegen einiger Mängel auf 208.000 DM ermäßigt und in dieser Höhe von der Klägerin gezahlt.

Mit Anwaltsschreiben vom 31.12.1990 ließen sowohl die Klägerin als auch deren Geschäftsführer den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs in Anspruch genommen. Sie hat behauptet, der Beklagte habe ihr arglistig verschwiegen, dass er die Teile für das Fahrzeug weltweit zusammengekauft habe und Motor, Kupplung und Getriebe nicht zueinander passten, weil sie aus verschiedenen Produktionsjahren stammten. Motor und Kupplung seien nicht authentisch, da sie in der im Fahrzeug eingebauten Ausführung nur bis August 1968 vom Hersteller verwendet worden seien. Der Beklagte hat ein arglistiges Verhalten in Abrede gestellt und geltend gemacht, ihm sei von seinem Verkäufer in den USA zugesichert worden, dass es sich bei dem zusammen mit dem Fahrzeug gekauften Motor und Getriebe, die sich außerhalb des Wagens befunden hätten, weil dieser in den USA zuletzt mit einem Chevrolet-Motor gelaufen sei, um Originalteile handele.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und auf die Anschlussberufung der Klägerin festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde. Die Revision des Beklagten, mit der er weiterhin eine Abweisung der Klage erstrebte, führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte habe der Klägerin bzw. deren Geschäftsführer arglistig verschwiegen, dass der in das Fahrzeug eingebaute Motor nicht original sei, das heißt nicht aus derselben Zeit wie das übrige Fahrzeug stamme.

Er habe im Kaufvertrag als Erstzulassung das Jahr 1970 angegeben. Aller Wahrscheinlichkeit nach sei das Fahrzeug, wie sich aus einem Telefax der Firma Maserati vom 22.04.1991 ergebe, im Jahre 1969 gebaut worden. Sowohl bei einem Baujahr 1969 als auch bei einem Baujahr 1970 hätte eine Einscheibenkupplung in das Fahrzeug gehört, weil die Firma Maserati ab August 1968 von der früher verwendeten Zweischeibenkupplung auf die problemlosere Einscheibenkupplung umgestellt habe. Das streitige Fahrzeug besitze jedoch eine Zweischeibenkupplung, wobei die Schwungscheibe des Motors für diese Zweischeibenkupplung dimensioniert sei.

Es sei davon auszugehen, dass der Beklagte zumindest damit gerechnet habe, die an dem eingebauten Motor befindliche Schwungscheibe und die Kupplung gehörten nicht zu dem Fahrzeug, da es sich um ein solches des Baujahrs 1969 „bzw. nach Vertrag 1970“ gehandelt habe. Denn der mit dem Einbau des Motors beauftragte Zeuge S habe dem Beklagten zunächst erklärt, die von ihm gestellten Teile passten nicht zusammen. Der Beklagte habe dem Zeugen allerdings geantwortet, er könne durch den schriftlichen Vertrag mit seinem Verkäufer aus den USA beweisen, dass alle gekauften Teile zusammenpassten. Diesen Vertrag mit der entsprechenden Erklärung des Verkäufers habe der Beklagte nicht vorzulegen vermocht. Eine solche Zusicherung enthielten auch die Verträge nicht, die der Beklagte in einem gegen ihn wegen Zollvergehens geführten Strafverfahren vorgelegt habe.

Nicht zuletzt spreche für eine Arglist des Beklagten, dass er in dem Vertrag vom 05.04.1990 „das Baujahr 1970“ angegeben habe, obwohl es sich nach „den von ihm vorgelegten Unterlagen“ um ein Fahrzeug des Baujahrs 1968 gehandelt haben müsste.

Dass möglicherweise der eingebaute Motor nicht zu dem Fahrzeug passe, habe der Beklagte dem Geschäftsführer der Klägerin nicht offenbart; er trage nämlich vor, selbst gutgläubig gewesen zu sein. Von Letzterem könne andererseits aufgrund der dargestellten Umstände nicht ausgegangen werden. Vielmehr habe der Beklagte zumindest Zweifel daran gehabt, dass die Teile zusammenpassten. Er sei deshalb verpflichtet gewesen, die „ihm bekannten Verdachtsmomente“ an die Klägerin weiterzugeben, weil es – was auch der Beklagte gewusst habe – für den Wert eines Oldtimer-Fahrzeugs und damit auch für die Kaufentscheidung des Käufers von entscheidender Bedeutung sei, ob der Motor original sei. Bei entsprechender Aufklärung durch den Beklagten hätte die Klägerin das Fahrzeug jedenfalls nicht zu dem vereinbarten Preis erworben.

Da die Klägerin schon aus den dargelegten Gründen den Kaufvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe, komme es nicht mehr darauf an, ob auch das eingebaute Getriebe nicht original sei und der Beklagte insoweit arglistig gehandelt habe. Ebenso könne dahinstehen, ob eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ferner deshalb gerechtfertigt wäre, weil der Beklagte verschwiegen habe, dass die Kardanwelle bis auf die Flanschen neu hergestellt worden sei, und weil der Beklagte, sofern das Fahrzeug tatsächlich 1969 gebaut worden sei, ein falsches Baujahr, nämlich 1970, angegeben habe.

II. 1. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich das angefochtene Urteil nicht halten. Die Feststellung, der Beklagte habe den Geschäftsführer der Klägerin beim Kauf des Maserati arglistig getäuscht, beruht – was die Revision zu Recht rügt – auf einer verfahrensfehlerhaften Würdigung der erhobenen Beweise und der tatsächlichen Umstände.

a) Gefolgt werden kann dem Berufungsgericht zwar darin, für den Wert eines Oldtimers sei von entscheidender Bedeutung, dass der eingebaute Motor jedenfalls in dem Sinne original sei, dass er aus derselben Zeit wie das übrige Fahrzeug stamme. In nicht zu beanstandender Weise ist das Berufungsgericht ferner aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Auskunft der Firma Maserati vom 22.04.1991 davon ausgegangen, dass das Baujahr des Maserati nach 1968 – höchstwahrscheinlich in 1969 („Manufacture sett. 1969“) – liegt. Diese Feststellung hält sich im Rahmen der dem Tatrichter zustehenden freien Beweiswürdigung. Soweit das Berufungsgericht alternativ ein Baujahr 1970 „nach Vertrag“ zugrunde gelegt hat, verkennt es indessen, dass der Beklagte mit der im Vertrag genannten Jahreszahl 1970 nicht das Baujahr, sondern – wie es eingangs des Tatbestands und der Entscheidungsgründe selbst festgestellt hat – das Jahr der Erstzulassung angegeben hat und beides sich nicht decken muss.

Zutreffend hat das Berufungsgericht auch dem von der Klägerin vorgelegten Ersatzteilverzeichnis der Firma Maserati entnommen, dass Zweischeibenkupplungen nur bis zum 12.08.1968 eingebaut wurden und danach die – besseren – Einscheibenkupplungen, sodass der Motor des streitigen Fahrzeugs, um original zu sein, statt der eingebauten Zweischeibenkupplung eine Einscheibenkupplung aufweisen müsste.

b) Die weiteren Annahmen des Berufungsgerichts, der Beklagte habe zumindest damit gerechnet, dass die eingebaute Zweischeibenkupplung mit der dazugehörenden Schwungscheibe angesichts des Baujahrs des Fahrzeugs (1969 bzw. 1970) nicht zu diesem gehörten, und er habe diesen Umstand der Klägerin pflichtwidrig und arglistig nicht offenbart, werden durch die hierfür gegebene Begründung aber nicht getragen.

aa) Den Schluss, der Beklagte habe damit gerechnet, die eingebaute Zweischeibenkupplung – und demzufolge der Motor – stamme aus einer früheren Zeit als das Fahrzeug im Übrigen, hat das Berufungsgericht daraus abgeleitet, dass der Zeuge S, der den Motor in das Fahrzeug eingebaut hat, dem Beklagten zunächst erklärt habe, die von diesem gestellten Teile passten nicht zusammen. Aus der protokollierten Aussage des Zeugen ergibt sich jedoch nicht, dass sich diese Erklärung auf die Kupplung, auf die das Berufungsgericht ausschließlich abgestellt hat, bezog. Dass der Zeuge einen solchen Bezug über seine protokollierte Aussage hinaus bekundet habe, hat das Berufungsgericht nicht dargelegt. Was konkret nicht zusammenpasste, waren nach dem Inhalt des Vernehmungsprotokolls die Motoraufhängung und darüber hinaus die Kardanwelle, die etwas zu kurz war, was offensichtlich damit zusammenhing, dass Motoraufhängung und Kardanwelle geändert worden waren, als von einem Vorbesitzer in den USA ein Chevrolet-Motor in das Fahrzeug eingebaut wurde. Soweit der Zeuge ausweislich einer anderen Stelle des Protokolls angab, er habe dem Beklagten vorgehalten, „die Teile würden nicht zueinander passen“, ist nicht ersichtlich, um welche Teile es sich dabei handelte. Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen.

Lässt sich damit die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe zumindest damit gerechnet, dass die zu dem eingebauten Motor gehörenden Schwungscheibe und Kupplung vom Baujahr her nicht zu dem Fahrzeug gehörten, nicht auf die Erklärung des Zeugen S stützen, die Teile passten nicht zusammen, so kann dem Beklagten auch keine entsprechende Offenbarungspflicht und erst recht kein arglistiges Verschweigen angelastet werden.

bb) Auch das weitere, vom Berufungsgericht als gewichtig angesehene Argument, „nicht zuletzt“ deute auf eine Arglist des Beklagten hin, dass er im Kaufvertrag „das Baujahr“ 1970 angegeben habe, „obwohl nach den von ihm vorgelegten Unterlagen es sich um ein Fahrzeug des Baujahrs 1968 gehandelt haben müsste“, ist nicht tragfähig. Dabei kann dahinstehen, um welche Unterlagen es sich – was dem Berufungsurteil nicht zweifelsfrei entnommen werden kann – hierbei handelt. Wenn der Beklagte nämlich auf der Grundlage dieser Unterlagen von einem Baujahr 1968 ausgegangen ist, dann mussten sich ihm jedenfalls schon deshalb keine Zweifel an der „Originalität“ der Zweischeibenkupplung aufdrängen, weil diese immerhin bis zum 12.08.1968 bei Maserati ausschließlich eingebaut wurde.

2. Das Berufungsurteil lässt sich auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten. Ob aus dem Verschweigen der in dem angefochtenen Urteil außerdem angeführten Umstände eventuell eine arglistige Täuschung durch den Beklagten abgeleitet werden könnte, hat das Berufungsgericht ausdrücklich offengelassen. Der Senat vermag dies mangels tatsächlicher Feststellungen nicht selbst zu entscheiden. Das Berufungsgericht wird diese erforderlichenfalls nachzuholen haben.

Soweit das Berufungsgericht allerdings eine arglistige Täuschung durch „die Angabe des falschen Baujahrs 1970“ in Erwägung gezogen hat, wird es bei der erneuten Entscheidung zu beachten haben, dass der Beklagte kein „Baujahr“ 1970 angegeben hat (vgl. oben II 1 a).

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