1. Ein man­gel­be­ding­ter An­spruch des Käu­fers auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung (§ 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 BGB) setzt nach § 280 I 1 BGB grund­sätz­lich vor­aus, dass der Käu­fer dem Ver­käu­fer er­folg­los ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat. Setzt der Käu­fer kei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung, ob­wohl ei­ne Frist­set­zung nicht aus­nahms­wei­se ent­behr­lich ist, und nimmt er dem Ver­käu­fer durch ei­ne vor­ei­li­ge Selbst­vor­nah­me die Mög­lich­keit zur Nach­er­fül­lung, so ver­liert er nach der Grund­kon­zep­ti­on des Bür­ger­li­chen Ge­setz­buchs (BGB) sei­ne Man­gel­rech­te.
  2. Die Frist­set­zung muss im Hin­blick auf die Rechts­fol­ge ei­ne be­stimm­te, ein­deu­ti­ge Auf­for­de­rung zur Nach­er­fül­lung ent­hal­ten; ein höf­li­ches Drän­gen auf Ver­trags­er­fül­lung oder die Auf­for­de­rung an den Ver­käu­fer, sich über sei­ne Leis­tungs­be­reit­schaft zu er­klä­ren, ge­nügt da­her nicht. Es reicht aber aus, wenn der Käu­fer durch das ernst­haf­te Ver­lan­gen ei­ner „so­for­ti­gen“ oder „un­ver­züg­li­chen“ Nach­er­fül­lung oder durch ei­ne ähn­li­che For­mu­lie­rung zu er­ken­nen gibt, dass dem Ver­käu­fer nur ein be­grenz­ter (be­stimm­ba­rer) Zeit­raum für die Nach­er­fül­lung zur Ver­fü­gung steht.
  3. An die An­nah­me ei­ner – ei­ne Frist­set­zung ent­behr­lich ma­chen­de – Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung i. S. des § 281 II Fall 1 BGB sind stren­ge An­for­de­run­gen zu stel­len. Er­for­der­lich ist grund­sätz­lich, dass der Ver­käu­fer die Nach­er­fül­lung ge­gen­über dem Käu­fer un­miss­ver­ständ­lich, end­gül­tig und ernst­haft ab­lehnt, so­dass jen­seits ver­nünf­ti­ger Zwei­fel fest­steht, dass er un­ter kei­nen Um­stän­den mehr zur (frei­wil­li­gen) Nach­er­fül­lung be­reit ist. Die Wei­ge­rung muss als das „letz­te Wort“ des Ver­käu­fers er­schei­nen; wann das der Fall ist, ist ei­ne Fra­ge des Ein­zel­falls. Blei­ben Zwei­fel, ob sich der Ver­käu­fer um­stim­men las­sen wird, so ge­hen die­se zu­las­ten des Käu­fers.
  4. Die An­nah­me ei­ner Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung i. S. des § 281 II Fall 1 BGB ist dann nicht ge­recht­fer­tigt, wenn der zur Nach­er­fül­lung auf­ge­for­der­te Ver­käu­fer vom Käu­fer zwar die Über­nah­me der da­mit ver­bun­de­nen Ma­te­ri­al­kos­ten ver­langt, aber nicht aus­ge­schlos­sen ist, dass die­ser Stand­punkt noch ver­han­del­bar ist.

LG Lü­beck, Ur­teil vom 22.12.2022 – 15 O 60/22

Sach­ver­halt: Der als Ver­brau­cher han­deln­de Klä­ger kauf­te von dem be­klag­ten Kfz-Händ­ler am 25.04.2020 für 10.800 € ei­nen ge­brauch­ten VW T5. Die­ses Fahr­zeug war am 01.06.2011 erst­zu­ge­las­sen wor­den und wies bei Ver­trags­schluss ei­nen Ki­lo­me­ter­stand von 106.000 auf. Ei­ner Haupt­un­ter­su­chung war es zu­letzt An­fang April 2020 un­ter­zo­gen wor­den.

In § 5 des schrift­li­chen Kauf­ver­trags hieß es un­ter an­de­rem:

„1. …
2. Ist der Käu­fer ein Ver­brau­cher, ver­jäh­ren die An­sprü­che des Käu­fers we­gen Sach­män­geln in ei­nem Jahr ab Lie­fer­da­tum (§ 475 II BGB).
3. Un­fall­frei­heit be­rührt nur gra­vie­ren­de Rah­menschä­den. Für frü­he­re Park- oder Blech­schä­den kann kei­ne Haf­tung über­nom­men wer­den.“

Der Be­klag­te über­gab dem Klä­ger den VW T5 am 30.04.2020.

Am 22.06.2020 be­merk­te der Klä­ger das Auf­leuch­ten ei­ner Kon­troll­leuch­te. Der in ei­ner Fach­werk­statt aus­ge­le­se­ne Feh­ler­spei­cher des Fahr­zeugs wies auf ein de­fek­tes AGR-Ven­til hin. Am 23.06.2020 te­le­fo­nier­te die Ehe­frau des Klä­gers dies­be­züg­lich mit dem Be­klag­ten. Am 09.07.2020 ließ der Klä­ger das AGR-Ven­til erst­mals aus­wech­seln, wo­bei kein VW-Ori­gi­na­ler­satz­teil ver­baut wur­de. Im Ju­li 2020 wur­de das AGR-Ven­til noch­mals an­ge­lernt. Am 18.07.2020 woll­te der Klä­ger mit sei­ner Fa­mi­lie mit dem VW T5 in den Ur­laub fah­ren. In der Fol­ge­zeit kam es zu wei­te­ren Feh­ler­mel­dun­gen. Die­se wie­sen auf ein de­fek­tes AGR-Ven­til hin, wes­halb die­ses am 06.08.2020 ein zwei­tes Mal aus­ge­wech­selt wur­de. Schließ­lich gab der Klä­ger ein Gut­ach­ten der DE­KRA Au­to­mo­bil GmbH in Auf­trag, die hin­sicht­lich der Feh­ler­mel­dun­gen kei­ne Dia­gno­se stel­len konn­te.

Der Klä­ger be­haup­tet, das Fahr­zeug der VW T5 sei nur ge­ring­fü­gig be­wegt wor­den. Die Kon­troll­leuch­te ha­be „in­ner­halb der ers­ten Tank­fül­lung“, nach cir­ca 600 km, auf­ge­leuch­tet. Dass die Kon­troll­leuch­te bei der Fahr­zeug­über­ga­be noch nicht ge­leuch­tet ha­be, kön­ne – so mut­maßt der Klä­ger – dar­an lie­gen, dass der Be­klag­te sie ma­ni­pu­liert ha­be. Sei­nes Wis­sens wür­den ein­schlä­gi­ge Ge­rä­te schon für cir­ca 20 € im In­ter­net zum Kauf an­ge­bo­ten. Da­mit kön­ne ei­ne Kon­troll­leuch­te für ei­ne ge­wis­se Zeit de­ak­ti­viert wer­den, um den Ein­druck ei­nes scha­den­frei­en Fahr­zeugs zu ver­mit­teln.

Er – der Klä­ger – ha­be den Be­klag­ten über das de­fek­te AGR-Ven­til te­le­fo­nisch und per SMS in­for­miert. In dem Te­le­fo­nat mit sei­ner – des Klä­gers – Ehe­frau ha­be der Be­klag­te an­ge­bo­ten, dass der Klä­ger die (Ma­te­ri­al-)Kos­ten für ein neu­es AGR-Ven­til – al­ler­dings kein VW-Ori­gi­na­ler­satz­teil – über­neh­me und der Sohn des Be­klag­ten das Ven­til aus­tau­sche. Ein Aus­tausch hät­te al­ler­dings erst ei­ni­ge Wo­chen spä­ter statt­fin­den kön­nen, und er – der Klä­ger – hät­te den VW T5 da­für zu dem Be­klag­ten brin­gen müs­sen.

Der Klä­ger macht gel­tend, dass der ers­te Aus­tausch des AGR-Ven­tils ha­be nicht zu ei­ner Be­sei­ti­gung des Man­gels ge­führt ha­be; es kön­ne da­her auch ein Steu­er­ge­rät oder ein Ka­bel­baum de­fekt sein. Auch nach dem zwei­ten Aus­tausch des AGR-Ven­tils ha­be sich der in Re­de ste­hen­de Feh­ler (er­neut) ge­zeigt. Dar­über ha­be er – der Klä­ger – den Be­klag­ten wie­der­um un­ter­rich­tet.

Die Kos­ten für die Er­neue­rung des AGR-Ven­tils be­zif­fert der Klä­ger mit 580,38 €.

Der Klä­ger meint, die tech­ni­sche Ur­sa­che, die dem Auf­leuch­ten der Kon­troll­leuch­te zu­grun­de lie­ge, sei ein Man­gel. Zwar sei noch nicht hin­rei­chend ge­klärt, ob die­ser Man­gel auf das AGR-Ven­til selbst oder et­wa auf ein de­fek­tes Steu­er­ge­rät zu­rück­zu­füh­ren sei. Die tech­ni­sche Ur­sa­che sei aber je­den­falls ein Man­gel im Rechts­sin­ne, der be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den ge­we­sen sei.

Der Klä­ger be­haup­tet wei­ter, und zwar ge­stützt auf das ein­ge­hol­te DE­KRA-Gut­ach­ten, dass der VW T5 ei­nen nicht fach­ge­recht be­ho­be­nen Un­fall­scha­den auf­wei­se. Auf der lin­ken Fahr­zeug­sei­te sei ein er­höh­ter Spach­tel­auf­trag fest­zu­stel­len. Auf den Un­fall­scha­den ha­be der – arg­lis­tig täu­schen­de – Be­klag­te bei der Be­sich­ti­gung des Fahr­zeugs und bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht hin­ge­wie­sen; der Un­fall­scha­den sei auch nicht er­kenn­bar ge­we­sen. § 5 Nr. 3 des Kauf­ver­trags, ins­be­son­de­re die dor­ti­ge Un­ter­schei­dung zwi­schen Park- und Un­fall­schä­den, ha­be nur da­zu ge­dient, den von bei­den Par­tei­en bei der Be­sich­ti­gung des Fahr­zeugs wahr­ge­nom­me­nen Zu­stand als „in Ord­nung“ festzuhalten.​Die In­stand­set­zung der lin­ken Sei­ten­wand des Fahr­zeugs ein­schließ­lich der not­wen­di­gen La­ckie­rung er­for­de­re ei­nen Kos­ten­auf­wand in Hö­he von 1.659,94 €.

Für das Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten sei­en ihm – dem Klä­ger – Kos­ten in Hö­he von 2.816,05 € ent­stan­den. Dar­über hin­aus ha­be er Ta­xi­kos­ten in Hö­he von 96,80 € auf­wen­den müs­sen, da der VW T5 wäh­rend der DE­KRA-Be­gut­ach­tung nicht für den Trans­port be­hin­der­ter Kin­der zur Ver­fü­gung ge­stan­den ha­be.

Mit sei­ner Kla­ge hat der Klä­ger – je­weils nebst Zin­sen – die Zah­lung von 2.839,88 € so­wie den Er­satz der für das DE­KRA-Gut­ach­ten auf­ge­wen­de­ten Kos­ten (2.816,05 €) ver­langt. Dar­über hin­aus hat er die Fest­stel­lung be­gehrt, dass ihm der Be­klag­te den zu­künf­ti­gen Scha­den er­set­zen müs­se, der sich aus ei­ner dem DE­KRA-Gut­ach­ten ent­spre­chen­den Män­gel­be­sei­ti­gung er­ge­be, ins­be­son­de­re die dann an­fal­len­de Um­satz­steu­er, die Kos­ten für die mög­li­cher­wei­se er­for­der­li­che Er­neue­rung des Mo­tor­steu­er­ge­räts (2.071,59 €) so­wie den Nut­zungs­aus­fall­scha­den. Schließ­lich hat der Klä­ger vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­ne Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 337,07 € nebst Zin­sen er­setzt ver­langt.

Der Be­klag­te ist der Kla­ge mit der Be­haup­tung ent­ge­gen­ge­tre­ten, der Klä­ger ha­be ihm am 23.06.2020 le­dig­lich das Vor­han­den­sein ei­nes Man­gels mit­ge­teilt. Er, der Be­klag­te, ha­be den Klä­ger ge­be­ten, ihm den VW T5 vor­zu­füh­ren, da­mit er das Fahr­zeug un­ter­su­chen kön­ne. Die­ser Auf­for­de­rung sei der Klä­ger nicht nach­ge­kom­men.

Dass auch nach dem Aus­tausch des AGR-Ven­tils ei­ne Feh­ler­mel­dung auf­ge­tre­ten sei, spricht nach Auf­fas­sung des Be­klag­ten da­für, dass die von dem Klä­ger selbst ver­an­lass­te Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs durch ei­nen Drit­ten feh­ler­haft war. Die Ver­mu­tung des § 477 BGB a.F. sei wi­der­legt, weil der VW T5 An­fang April 2020 er­folg­reich ei­ne Haupt­un­ter­su­chung ab­sol­viert ha­be. Im Üb­ri­gen sei­en et­wai­ge Scha­dens­er­satz­an­sprü­che des Klä­gers ver­jährt.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Die Kla­ge ist un­be­grün­det. Dem Klä­ger steht ge­gen den Be­klag­ten ein An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung nach § 437 Nr. 3 Fall 1, 280 I, III, 281 BGB nicht zu. Der An­spruch schei­tert be­reits an der er­for­der­li­chen Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung.

1. Der An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung setzt ge­mäß § 281 I 1 BGB vor­aus, dass der Käu­fer dem Ver­käu­fer er­folg­los ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung be­stimmt hat.

Der Sinn und Zweck des Rechts­in­sti­tuts der Nach­er­fül­lung be­steht dar­in, ei­ner­seits dem Ver­käu­fer im Rah­men ei­ner „zwei­ten An­die­nung“ ei­ne letz­te Chan­ce ein­zu­räu­men, die zu sei­nen Leis­tungs­pflich­ten zäh­len­de Ver­schaf­fung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che (§ 433 I 2 BGB) vor­zu­neh­men und so ei­ne Rück­ab­wick­lung des Ver­trags zu ver­mei­den, und an­de­rer­seits zu ge­währ­leis­ten, dass der Käu­fer das er­hält, was er nach dem Ver­trag zu be­an­spru­chen hat (BGH, Urt. v. 26.08.2020 – VI­II ZR 351/19, BGHZ 227, 15 Rn. 27).

Wer ei­ne er­for­der­li­che Frist zur Nach­er­fül­lung nicht setzt und durch ei­ne vor­ei­li­ge Selbst­vor­nah­me dem Schuld­ner die Nach­er­fül­lungs­mög­lich­keit nimmt, ver­liert nach der Grund­kon­zep­ti­on des Bür­ger­li­chen Ge­setz­buchs (BGB) sei­ne Man­gel­rech­te.

Die Frist­set­zung muss im Hin­blick auf die Rechts­fol­ge ei­ne be­stimm­te und ein­deu­ti­ge Auf­for­de­rung zur Leis­tung ent­hal­ten; ein höf­li­ches Drän­gen auf Ver­trags­er­fül­lung oder die Auf­for­de­rung an den Schuld­ner, sich über sei­ne Leis­tungs­be­reit­schaft zu er­klä­ren, ge­nügt da­her nicht. Es reicht aus, wenn der Gläu­bi­ger durch das ernst­haf­te Ver­lan­gen nach „so­for­ti­ger“, „un­ver­züg­li­cher“ Leis­tung oder ähn­li­che For­mu­lie­run­gen zu er­ken­nen gibt, dass dem Schuld­ner nur ein be­grenz­ter (be­stimm­ba­rer) Zeit­raum für die Leis­tung zur Ver­fü­gung steht.

Die Vor­aus­set­zun­gen lie­gen nicht vor. Es ist nicht er­sicht­lich, dass der Klä­ger dem Be­klag­ten ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat, so­dass die­sem die Mög­lich­keit ein­ge­räumt wur­de, sei­nen Nach­bes­se­rungs­pflich­ten nach­zu­kom­men. So heißt es im Schrift­satz vom 18.02.2022, der Be­klag­te sei te­le­fo­nisch und per SMS am 23.06.2020 über den Man­gel in­for­miert wor­den. Auch ist laut Schrift­satz vom 08.11.2022 am 22.06.2020 ei­ne „Dar­le­gung des Sach­ver­halts“ ge­gen­über dem Be­klag­ten per Ein­schrei­ben er­folgt. Im Te­le­fon­ge­spräch zwi­schen der Ehe­frau des Klä­gers und dem Be­klag­ten wur­de eben­falls kei­ne Frist ge­setzt.

Nichts an­de­res er­gibt sich im Üb­ri­gen aus dem Schrift­satz vom 21.10.2020 (An­la­ge K 13). Dort wird zwar ei­ne Frist ge­setzt. Dies er­folg­te al­ler­dings erst nach dem Wech­sel des AGR-Ven­tils und nach Er­stel­lung des ein­ge­hol­ten Gut­ach­tens. Zu­dem wird in dem Schrei­ben ge­ra­de kei­ne Frist zur Man­gel­be­sei­ti­gung ge­setzt, son­dern le­dig­lich ei­ne Frist zur Mit­tei­lung, dass der Be­klag­te die Kos­ten von Maß­nah­men des Klä­gers über­nimmt. Der Zweck der ge­setz­lich er­for­der­li­chen Frist­set­zung, näm­lich dem Be­klag­ten ei­ne letz­te Chan­ce zu ge­ben, den an­geb­li­chen Man­gel selbst zu be­he­ben, wird so nicht er­reicht.

2. Die Frist­set­zung war auch nicht des­halb ent­behr­lich, weil der Be­klag­te die Nach­er­fül­lung ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert hat (§ 281 II Fall 1 BGB).

An die An­nah­me ei­ner Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung sind stren­ge An­for­de­run­gen zu stel­len. Er­for­der­lich ist grund­sätz­lich, dass der Schuld­ner die Er­fül­lung des Ver­trags ge­gen­über dem Gläu­bi­ger un­miss­ver­ständ­lich, end­gül­tig und ernst­haft ab­lehnt, so­dass jen­seits ver­nünf­ti­ger Zwei­fel fest­steht, dass er un­ter kei­nen Um­stän­den mehr zur frei­wil­li­gen Er­fül­lung be­reit ist. Nach der ein­schlä­gi­gen Recht­spre­chung liegt ei­ne Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung in die­sem Sin­ne nur vor, wenn der Schuld­ner un­miss­ver­ständ­lich und ein­deu­tig zum Aus­druck bringt, er wer­de sei­nen Ver­trags­pflich­ten un­ter kei­nen Um­stän­den nach­kom­men. Die Wei­ge­rung muss als das „letz­te Wort“ des Schuld­ners er­schei­nen. Die Zweck­lo­sig­keit ei­ner Nach­frist­set­zung muss, an­ders ge­wen­det, so evi­dent sein, dass es als lee­re For­ma­li­tät er­schie­ne, vom Gläu­bi­ger gleich­wohl zu ver­lan­gen, dem Schuld­ner noch ei­ne Nach­frist zu set­zen. Blei­ben hin­ge­gen in­so­weit Zwei­fel, so muss der Gläu­bi­ger den vom Ge­setz als Re­gel­fall vor­ge­schrie­be­nen Weg be­schrei­ten. Es ge­nügt nicht, dass der Schuld­ner die Leis­tung schlicht ab­lehnt. Es ge­nügt auch nicht, wenn er er­klärt, er wer­de zum Fäl­lig­keits­zeit­punkt nicht leis­ten kön­nen. Wich­tig und ent­schei­dend ist die End­gül­tig­keit: Es muss fest­ste­hen, dass der Schuld­ner sich nicht noch für die Er­fül­lung­des Ver­trags ent­schei­den wird. Nur dann ist es ent­behr­lich, dass er ge­mahnt wird und dass ihm ei­ne Nach­frist für sei­ne Er­fül­lung ge­setzt wird. Wann ei­ne Ver­wei­ge­rung der Er­fül­lung als end­gül­tig, als „letz­tes Wort“ des Schuld­ners, an­zu­se­hen ist, ist ei­ne Aus­le­gungs­fra­ge des Ein­zel­falls (MünchKomm-BGB/​Ernst, 9. Aufl. [2022], § 323 Rn. 105).

Aus­ge­hend von die­sen Maß­stä­ben lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung sei­tens des Be­klag­ten schon nach dem ei­ge­nen Sach­vor­trag der Klä­ger­sei­te nicht vor. Das Ge­richt sieht in der von Klä­ger­sei­te vor­ge­tra­ge­nen Er­klä­rung des Be­klag­ten kei­ne ernst­haf­te und end­gül­ti­ge Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung.

Un­strei­tig hat der Be­klag­te um Vor­stel­lung des Fahr­zeugs zwecks Un­ter­su­chung ge­be­ten. Laut klä­ge­ri­schem Sach­vor­trag hat er so­gar die Re­pa­ra­tur vor Ort bei ihm auf dem Hof an­ge­bo­ten. Dass in der Fol­ge­zeit Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten des Be­klag­ten nicht durch­ge­führt wor­den sind, ist aus­schließ­lich dar­auf zu­rück­zu­füh­ren, dass der Klä­ger die­sen Ter­min, wel­cher erst in ei­ni­gen Wo­chen ge­we­sen wä­re, ab­ge­lehnt hat. Der Be­klag­te hat das Vor­han­den­seins ei­nes Man­gels nicht grund­sätz­lich be­strit­ten und die Be­reit­schaft ge­zeigt, das Fahr­zeug dies­be­züg­lich zu un­ter­su­chen. Dass der Ter­min laut klä­ge­ri­schem Sach­vor­trag erst in ei­ni­gen Wo­chen sein soll­te, ist nicht aus­rei­chend für die An­nah­me, dass der Be­klag­te die Nach­er­fül­lung end­gül­tig ver­wei­gern woll­te. Auch der Um­stand, dass der Klä­ger die Ma­te­ri­al­kos­ten für ein neu­es AGR-Ven­til hät­te tra­gen müs­sen, lässt nicht mit der er­for­der­li­chen Si­cher­heit dar­auf schlie­ßen, dass das An­ge­bot des Be­klag­ten sein „letz­tes Wort“ dar­stel­len soll­te und nicht mehr ver­han­del­bar war. Der Um­stand, dass der Klä­ger mit sei­nem Fahr­zeug beim Be­klag­ten vor­stel­lig wer­den durf­te, zeigt, dass der Be­klag­te grund­sätz­lich be­reit war, sich mit dem Man­gel aus­ein­an­der­zu­set­zen.

Es lie­gen auch kei­ne sons­ti­gen be­son­de­ren Um­stän­de vor, wel­che die Frist­set­zung ent­behr­lich ge­macht hät­ten. Die Ur­laubs­rei­se des Klä­gers soll­te am 18.07.2020 statt­fin­den. In­so­fern blieb dem Klä­ger ge­nü­gend Zeit, dem Be­klag­ten ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zu set­zen. Dies wä­re dem Klä­ger oh­ne Wei­te­res zu­zu­mu­ten ge­we­sen, da die Ur­laubs­rei­se cir­ca ei­nen Mo­nat nach erst­ma­li­ger Man­gel­er­schei­nung statt­fin­den soll­te.

Auch der Vor­wurf des arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens des ver­meint­li­chen Un­fall­scha­dens hält in die­sem Zu­sam­men­hang nicht stand.

Arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten des Schuld­ners, ins­be­son­de­re hin­sicht­lich des Vor­lie­gens von Sach­män­geln beim Kauf- und Werk­ver­trag, führt zwar im Re­gel­fall da­zu, dass be­son­de­re Um­stän­de i. S. des § 281 II Fall 2 BGB an­zu­neh­men sind (BGH, Urt. v. 09.01.2008 – VI­II ZR 210/06 Rn. 19 ff.). Ein Ver­schwei­gen ei­nes Man­gels liegt vor, wenn er ba­ga­tel­li­siert wird, et­wa in­dem bei ei­nem Fahr­zeug, das ei­nen er­heb­li­chen Un­fall er­lit­ten hat, nur an­ge­ge­ben wird, es sei ein Blech­scha­den be­ho­ben wor­den (BGH, Urt. v. 03.12.1986 – VI­II ZR 345/85, WM 1987, 137). Arg­list er­for­dert zu­min­dest be­ding­ten Vor­satz be­züg­lich der Exis­tenz des Man­gels, Un­kennt­nis des Käu­fers von dem Man­gel so­wie Kau­sa­li­tät für die Kauf­ent­schei­dung.

Un­ge­ach­tet der Fra­ge, ob ein Sach­man­gel bei Ge­fahr­über­gang über­haupt vor­lag, ist der Klä­ger in­so­weit be­weis­fäl­lig ge­blie­ben im Hin­blick auf die er­for­der­li­che Kennt­nis des Be­klag­ten. Der An­kauf­ver­trag zwi­schen dem Be­klag­ten und dem Vor­ei­gen­tü­mer ist in die­ser Hin­sicht un­er­gie­big.

Es kann eben­falls da­hin­ste­hen, ob die Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung nach § 475d I Nr. 4, II BGB ent­behr­lich war. Der Ver­trags­schluss lag vor der Ein­füh­rung der Wa­renkauf­richt­li­nie1Richt­li­nie (EU) 2019/771 des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 20.05.2019 über be­stimm­te ver­trags­recht­li­che As­pek­te des Wa­ren­kaufs, zur Än­de­rung der Ver­ord­nung (EU) 2017/2394 und der Richt­li­nie 2009/22/EG so­wie zur Auf­he­bung der Richt­li­nie 1999/44/EG, Abl. 2019 L 136, 28; be­rich­tigt in ABl. 2019 L 305, 66., so­dass die Norm vor­lie­gend nicht an­wend­bar ist.

Es kann da­mit auch da­hin­ste­hen, ob ein Man­gel am Fahr­zeug bei Ge­fahr­über­gang vor­ge­le­gen hat oder der An­spruch zum Zeit­punkt der Kla­ge­er­he­bung be­reits ver­jährt war.

Der Klä­ger hat da­nach auch kei­nen An­spruch auf Er­satz der ein­ge­klag­ten Gut­ach­ter­kos­ten. Die Be­auf­tra­gung ei­nes Gut­ach­ters vor Set­zung ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist zur Män­gel­be­sei­ti­gung war je­den­falls nicht zur Scha­dens­be­he­bung er­for­der­lich. Ins­be­son­de­re be­durf­te es vor Set­zung und Ab­lauf ei­ner Frist kei­ner ge­naue­ren Kennt­nis der Man­gel­ur­sa­che durch Ein­ho­lung ei­nes Gut­ach­ters, da die Frist­set­zung al­lein auf das Man­gel­sym­ptom, hier al­so das Auf­leuch­ten der Kon­troll­leuch­te, hät­te ge­stützt wer­den kön­nen.

Die Fest­stel­lungs­kla­ge ist dem­nach eben­falls un­be­grün­det. …

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