Archiv: Juli 2021
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Der Erwerber eines gebrauchten Kraftfahrzeugs ist allenfalls dann gutgläubig, wenn er sich wenigstens die Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) vorlegen lässt, um die Berechtigung des Veräußerers zu prüfen. Denn kann der Veräußerer eines Gebrauchtwagens die Zulassungsbescheinigung Teil II nicht vorlegen, ist jedenfalls ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass er Eigentümer des Fahrzeugs oder sonst berechtigt sei, darüber zu verfügen, nicht gerechtfertigt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 13.04.1994 – II ZR 196/93, NJW 1994, 2022, 2023; Urt. v. 13.05.1996 – II ZR 222/95, NJW 1996, 2226, 2227). Das gilt auch, wenn ein gebrauchtes Fahrzeug von einem Kraftfahrzeughändler im Rahmen seines Geschäftsbetriebs veräußert wird. In einem solchen Fall ist der Erwerber aber wohl nicht schon deshalb bösgläubig (§ 932 II BGB), weil der Händler nicht als Halter des Fahrzeugs in der Zulassungsbescheinigung Teil II eingetragen ist (vgl. BGH, Urt. v. 01.07.1987 – VIII ZR 331/86, NJW-RR 1987, 1456, 1457).
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Dem Erwerber eines Gebrauchtwagens kommt die Vermutung, dass er Eigentümer des Fahrzeugs sei (§ 1006 I 1 BGB), schon dann zugute, wenn er seinen unmittelbaren Besitz an dem Fahrzeug nachweist und die Rechtsbehauptung aufstellt, dessen Eigentümer zu sein. Der Erwerber ist grundsätzlich nicht verpflichtet darzulegen, wie er den Eigenbesitz und das Eigentum an dem Fahrzeug konkret erlangt hat. Ihn kann allenfalls eine sekundäre Darlegungslast treffen, wenn sich der fragliche Eigentumswechsel in seiner Sphäre abgespielt hat.
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Derjenige, der einen gutgläubigen Eigentumserwerb bestreitet, trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Erwerber bösgläubig war. Deshalb muss nicht der Erwerber eines Gebrauchtwagens darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er sich vom Veräußerer die Zulassungsbescheinigung Teil II hat vorlegen lassen, sondern derjenige, der einen gutgläubigen Erwerb in Abrede stellt, muss darlegen und im Bestreitensfall beweisen, dass die Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil II unterblieben ist (im Anschluss an OLG Braunschweig, Beschl. v. 02.01.2019 – 9 U 32/18, BeckRS 2019, 814 Rn. 40 f.; a. A. KG, Beschl. v. 22.05.2014 – 8 U 114/13, juris Rn. 18). Der Erwerber hat insoweit allenfalls eine sekundäre Darlegungslast.
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Obwohl der Veräußerer eines Gebrauchtwagens im Besitz des Fahrzeugs und der Zulassungsbescheinigung Teil II ist, kann der Erwerber bösgläubig (§ 932 II BGB) sein, nämlich dann, wenn besondere Umstände seinen Verdacht erregen mussten und er diese unbeachtet lässt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 23.05.1966 – VIII ZR 60/64, WM 1966, 678 = juris Rn. 10). Für solche Umstände trägt derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der einen gutgläubigen Erwerb des Fahrzeugs in Abrede stellt. Sie liegen jedenfalls beim Erwerb eines Gebrauchtwagens von einem Kraftfahrzeughändler nicht per se deshalb vor, weil dem Erwerber eine (hier: gefälschte) Zulassungsbescheinigung Teil II zwar vorgelegt, aber nicht ausgehändigt wird.
OLG Stuttgart, Urteil vom 21.07.2021 – 9 U 90/21
(nachfolgend: BGH, Urteil vom 23.09.2022 – V ZR 148/21)
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Macht ein in Deutschland ansässiger Kläger geltend, er habe aufgrund vorsätzlich falscher Angaben des in Bulgarien ansässigen Beklagten über den Zustand einer Sache in einer auf einer Internetplattform eingestellten Verkaufsanzeige einen Kaufvertrag abgeschlossen und den vereinbarten Kaufpreis an den Beklagten überwiesen, und stützt der Kläger den Schadensersatzanspruch ausschließlich auf § 823 II BGB i. V. mit § 263 I StGB, ist für diese Klage der unionsrechtliche Gerichtsstand der unerlaubten Handlung eröffnet.
BGH, Urteil vom 20.07.2021 – VI ZR 63/19
(vorangehend: OLG Celle, Urteil vom 06.02.2019 – 7 U 102/18 ⇒ BGH, Beschluss vom 13.10.2020 – VI ZR 63/19 ⇒ BGH, Beschluss vom 16.02.2021 – VI ZR 63/19)
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Verlangt der geschädigte Fahrzeugkäufer in einem sogenannten Dieselfall vom Fahrzeughersteller Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises und hat er im Wege der Vorteilsausgleichung das erworbene Fahrzeug Zug um Zug an den Fahrzeughersteller herauszugeben und zu übereignen, tritt im Fall des Weiterverkaufs im Rahmen der Vorteilsausgleichung der erzielte marktgerechte Verkaufserlös an die Stelle des herauszugebenden und zu übereignenden Fahrzeugs.
BGH, Urteil vom 20.07.2021 – VI ZR 575/20
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Das Verhalten eines Bieters auf der Internetplattform eBay ist rechtsmissbräuchlich, wenn es dem Bieter als „Abbruchjäger“ von vornherein nicht um den Erwerb der Waren, sondern allein darum geht, nach einer unberechtigt abgebrochenen Auktion Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 I, III, 281 I BGB) verlangen zu können. Abstrakte, verallgemeinerungsfähige Kriterien, die den zwingenden Schluss darauf zulassen, dass ein Bieter im Sinne eines rechtlich zu missbilligenden Verhaltens als „Abbruchjäger“ vorgeht, lassen sich indes nicht aufstellen. Es hängt vielmehr von einer dem Tatrichter obliegenden Gesamtwürdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls ab, ob die jeweils vorliegenden Indizien den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen als „Abbruchjäger“ tragen.
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Ein Indiz dafür, dass ein Bieter rechtsmissbräuchlich als „Abbruchjäger“ vorgeht, kann vorliegen, wenn der Bieter nach einem unberechtigten Auktionsabbruch mit der Geltendmachung seiner Ansprüche zunächst in der Annahme zuwartet, der Verkäufer werde die Ware zwischenzeitlich anderweitig veräußern, um anschließend anstelle der – nun nicht mehr verfügbaren – Ware Schadensersatz verlangen zu können. Ein solches Verhalten kann insbesondere dann für einen Rechtsmissbrauch sprechen, wenn dem Bieter bekannt war, dass der Verkäufer die Ware unmittelbar nach dem Auktionsabbruch ein weiteres Mal bei eBay zum Kauf angeboten hat.
BGH, Beschluss vom 20.07.2021 – VIII ZR 91/19
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Verlangt der geschädigte Fahrzeugkäufer in einem sogenannten Dieselfall vom Fahrzeughersteller Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises und hat er im Wege der Vorteilsausgleichung das erworbene Fahrzeug Zug um Zug an den Fahrzeughersteller herauszugeben und zu übereignen, tritt im Fall des Weiterverkaufs im Rahmen der Vorteilsausgleichung der erzielte marktgerechte Verkaufserlös an die Stelle des herauszugebenden und zu übereignenden Fahrzeugs.
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Erhält der geschädigte Fahrzeugkäufer für den Kauf eines neuen Fahrzeugs eine „Wechselprämie“ und handelt es sich dabei um eine Prämie für die individuelle Entscheidung, Auto und gegebenenfalls Automarke zu wechseln, die nichts mit dem Substanz- und Nutzungswert eines in Zahlung gegebenen Fahrzeugs zu tun hat, steht der mit der „Wechselprämie“ verbundene wirtschaftliche Vorteil bei wertender Betrachtung dem Geschädigten zu.
BGH, Urteil vom 20.07.2021 – VI ZR 533/20
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- Der Ausnahmefall des § 434 I 3 Halbsatz 2 BGB, wonach der Verkäufer für seine unzutreffende öffentliche Äußerung über Eigenschaften der Kaufsache dann nicht haftet, wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte, liegt nur vor, wenn ein Einfluss der öffentlichen Äußerung auf die Kaufentscheidung nachweislich ausgeschlossen ist.
- Mit der „Kaufentscheidung“ i. S. des § 434 I 3 Halbsatz 2 BGB ist der Abschluss des Kaufvertrags gemeint. Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine öffentliche Äußerung des Verkäufers über die Eigenschaft eines Grundstücks die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte, ist deshalb nicht der Zeitpunkt, zu dem der Käufer sich entschlossen hat, das Grundstück zu erwerben, sondern der Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrags.
BGH, Urteil vom 16.07.2021 – V ZR 119/20
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Das Verhalten der für einen Kraftfahrzeughersteller handelnden Personen ist nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren, weil sie einen Fahrzeugtyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben. Hierfür bedürfte es vielmehr weiterer Umstände. Der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen (vgl. Senat, Beschl. v. 19.01.2021 – VI ZR 433/19, ZIP 2021, 297 Rn. 19; Beschl. v. 09.03.2021 – VI ZR 889/20, VersR 2021, 661 Rn. 28).
BGH, Urteil vom 13.07.2021 – VI ZR 128/20
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- Ein Geschädigter, der durch das deliktische Handeln eines Dritten (hier: Fahrzeughersteller) zum Abschluss eines Kaufvertrags (hier: über ein Dieselfahrzeug mit Prüfstanderkennungssoftware) bestimmt worden ist, kann, wenn er die Kaufsache behalten möchte, als Schaden von dem Dritten den Betrag ersetzt verlangen, um den er den Kaufgegenstand – gemessen an dem objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung – zu teuer erworben hat (sog. kleiner Schadensersatz).
- Für die Bemessung dieses kleinen Schadensersatzes ist grundsätzlich zunächst der Vergleich der Werte von Leistung (Fahrzeug) und Gegenleistung (Kaufpreis) im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich. Eine etwaige Aufwertung des Fahrzeugs durch eine nachträgliche Maßnahme (hier: Softwareupdate) des Schädigers, die gerade der Beseitigung der Prüfstanderkennungssoftware dienen sollte, ist im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen; dabei sind etwaige mit dem Softwareupdate verbundene Nachteile in die Bewertung des Vorteils einzubeziehen.
- In den so zu bemessenden Schaden (Minderwert) sind Nachteile, die mit der Prüfstanderkennungssoftware oder dem Softwareupdate (Vorteilsausgleichung) verbunden sind, bereits „eingepreist“. Für eine Feststellung der Ersatzpflicht für diesbezügliche weitere Schäden ist daher kein Raum.
BGH, Urteil vom 06.07.2021 – VI ZR 40/20
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Auf Darlehenszinsen, die der Verkäufer dem Käufer bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrags nach § 280 I BGB zu ersetzen hat, sind gezahlte Prozesszinsen anzurechnen, wenn sie den gleichen Zeitraum betreffen.
BGH, Urteil vom 02.07.2021 – V ZR 95/20
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