1. Der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs, der ge­gen die – nicht am Kauf­ver­trag be­tei­lig­te – Volks­wa­gen AG ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz we­gen sit­ten­wid­ri­ger vor­sätz­li­cher Schä­di­gung (§§ 826, 31 BGB) hat, muss sich im We­ge des Vor­teils­aus­gleichs die von ihm ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen an­rech­nen las­sen (im An­schluss an BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 64 ff.).
  2. Die an­zu­rech­nen­den Nut­zungs­vor­tei­le kön­nen be­mes­sen wer­den, in­dem der Brut­to­kauf­preis des Fahr­zeugs durch die im Er­werbs­zeit­punkt vor­aus­sicht­li­che Rest­lauf­leis­tung ge­teilt und die­ser Wert mit den tat­säch­lich ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern mul­ti­pli­ziert wird („li­nea­re Teil­wert­ab­schrei­bung“; vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 80 m. w. Nachw.). Re­gel­mä­ßig vor­zugs­wür­dig ist in­des ei­ne Schät­zung der Nut­zungs­vor­tei­le, bei der der durch die ver­trag­li­che Ge­gen­leis­tung be­stimm­te ob­jek­ti­ve Wert des Fahr­zeugs mit dem – von ei­nem Sach­ver­stän­di­gen er­mit­tel­ten – ak­tu­el­len Fahr­zeug­wert ver­glei­chen wird.

OLG Frank­furt a. M., Ur­teil vom 21.04.2021 – 17 U 477/19

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­stell­te am 28.12.2011 bei der Au­to­haus X-GmbH ei­nen fa­brik­neu­en VW Tou­ran zum Preis von 34.700 €. Die­ses von der Be­klag­ten her­ge­stell­te Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger ei­ni­ge Mo­na­te spä­ter über­ge­ben und am 25.06.2012 erst­mals zum Ver­kehr auf öf­fent­li­chen Stra­ßen zu­ge­las­sen. Es ist mit ei­nem Die­sel­mo­tor des Typs EA189 aus­ge­stat­tet. Des­sen Steue­rungs­soft­ware war bei der Aus­lie­fe­rung des Pkw an den Klä­ger so pro­gram­miert, dass die Stick­oxid(NOX)-Emis­sio­nen op­ti­miert wur­den, so­bald das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand dem „Neu­en Eu­ro­päi­schen Fahr­zy­klus“ (NEFZ) un­ter­zo­gen wur­de, der Be­stand­teil des Typ­ge­neh­mi­gungs­ver­fah­rens ist. Beim re­gu­lä­ren Be­trieb des Fahr­zeugs im Stra­ßen­ver­kehr war die Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te ge­rin­ger und da­her der NOX-Aus­stoß hö­her als auf dem Prüf­stand.

Am 22.09.2015 ver­öf­fent­lich­te die Be­klag­te ei­ne Ad-hoc-Mit­tei­lung und ei­ne Pres­se­mit­tei­lung. Dar­in teil­te sie mit, dass bei EA189-Mo­to­ren „ei­ne auf­fäl­li­ge Ab­wei­chung zwi­schen Prüf­stand­wer­ten und rea­lem Fahr­be­trieb fest­ge­stellt“ wor­den sei. Man ar­bei­te „mit Hoch­druck dar­an, die­se Ab­wei­chun­gen mit tech­ni­schen Maß­nah­men zu be­sei­ti­gen“. In der Fol­ge­zeit ent­wi­ckel­te die Be­klag­te ein Soft­ware­up­date, das vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt zur In­stal­la­ti­on frei­ge­ge­ben wur­de. Das Fahr­zeug des Klä­gers er­hielt die­ses Up­date am 31.10.2016.

Der Klä­ger hat gel­tend ge­macht, die Be­klag­te müs­se ihm Scha­dens­er­satz leis­ten, weil sie Die­sel­fahr­zeu­ge – un­ter an­de­rem das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug – in den Ver­kehr ge­bracht und da­bei ver­schwie­gen ha­be, dass in die­sen Fahr­zeu­gen ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung im­ple­men­tiert sei. Die Vor­stands­mit­glie­der der Be­klag­ten hät­ten vom Ein­satz der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung ge­wusst, und die­se Kennt­nis sei der Be­klag­ten zu­zu­rech­nen. Die Be­klag­te müs­se ihm, dem Klä­ger, da­her Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des Pkw den vol­len da­für ge­zahl­ten Kauf­preis er­set­zen und De­likt­szin­sen (§ 849 BGB) zah­len. Au­ßer­dem sei fest­zu­stel­len, dass die Be­klag­te mit der An­nah­me des VW Tou­ran in Ver­zug sei.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge mit der Be­grün­dung ab­ge­wie­sen, dass die Be­klag­te dem Klä­ger un­ter kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt Scha­dens­er­satz leis­ten müs­se (LG Gie­ßen, Urt. v. 21.03.2019 – 4 O 305/18). Ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz we­gen ei­ner sit­ten­wid­ri­gen vor­sätz­li­chen Schä­di­gung (§ 826 BGB) ha­be der Klä­ger nicht, weil es an ei­nem vom Schutz­zweck der Norm er­fass­ten Ver­hal­ten der Be­klag­ten feh­le. Die – den Fahr­zeug­käu­fern ver­schwie­ge­ne – Im­ple­men­tie­rung ei­ner mög­li­cher­wei­se un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung sei nach den Maß­stä­ben der all­ge­mei­nen Ge­schäfts­mo­ral nicht ver­werf­lich. In­so­weit sei ein Käu­fer durch das kauf­ver­trag­li­che Ge­währ­leis­tungs­recht hin­rei­chend ge­schützt; ei­ne Aus­wei­tung der de­liktsrecht­li­chen Haf­tung sei nicht ge­bo­ten. Es sei auch nicht er­kenn­bar, dass ein Vor­stands­mit­glied der Be­klag­ten ei­nen auf ei­ne Vor­teil­s­er­lan­gung ge­rich­te­ten Wil­len ge­habt ha­be. Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last tra­ge in­so­weit der Klä­ger; ihr ha­be er nicht ge­nügt.

Mit sei­ner da­ge­gen ge­rich­te­ten Be­ru­fung hat der Klä­ger zu­letzt be­an­tragt, die Be­klag­te zur Zah­lung 34.700 € nebst Rechts­hän­gig­keits­zin­sen, Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des VW Tou­ran, zu ver­ur­tei­len und den An­nah­me­ver­zug der Be­klag­ten fest­zu­stel­len. Er hat gel­tend ge­macht, die Be­klag­te ha­be – ent­ge­gen der An­sicht des Land­ge­richts – vor­sätz­lich und sit­ten­wid­rig ge­han­delt und müs­se ihm des­halb Scha­dens­er­satz leis­ten (§ 826 BGB).

Das Rechts­mit­tel hat­te teil­wei­se Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Zah­lung von Scha­dens­er­satz in Hö­he von 12.450 € Zug um Zug ge­gen Her­aus­ga­be des VW Tou­ran 2.0 TDI „High­li­ne“ mit der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungsum­mer … ge­mäß § 826 BGB.

Die Be­klag­te hat dem Klä­ger in ei­ner ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­sto­ßen­den Wei­se vor­sätz­lich ei­nen Scha­den zu­ge­fügt, wo­bei die sit­ten­wid­ri­ge Hand­lung in der Ent­wick­lung und dem In­ver­kehr­brin­gen des streit­ge­gen­ständ­li­chen, mit dem Mo­tor EA189 aus­ge­stat­te­ten Fahr­zeugs, das zur Er­lan­gung ei­ner EG-Typ­ge­neh­mi­gung mit ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung der Ab­gas­rei­ni­gungs­an­la­ge ver­se­hen war, lag. Dem Klä­ger ist ein Scha­den in Ge­stalt der Bin­dung an den nach­tei­li­gen Fahr­zeug­kauf­ver­trag ent­stan­den.

Un­ab­hän­gig vom tat­säch­li­chen wirt­schaft­li­chen Wert des er­wor­be­nen Fahr­zeu­ges wur­de der Klä­ger durch die Ver­pflich­tung zur Zah­lung des Kauf­prei­ses be­las­tet, wo­bei er als Ge­gen­leis­tung ein Fahr­zeug mit ei­ner ge­mäß Art. 5 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung, die die Zu­las­sungs­fä­hig­keit des Fahr­zeugs von An­fang an in­fra­ge stell­te, er­hielt. Der dem Klä­ger ent­stan­de­ne Scha­den ist auch nicht durch die In­stal­lie­rung des von der Be­klag­ten ent­wi­ckel­ten und vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt frei­ge­ge­be­nen Soft­ware­up­dates ent­fal­len. Maß­geb­lich ist der Zeit­punkt des Er­werbs des Fahr­zeugs. Der Scha­den­s­ein­tritt war zu die­sem Zeit­punkt er­folgt (vgl. BGH, Urt. v. 26.01.2021 – VI ZR 405/19, ju­ris Rn. 22; Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 367/19, ju­ris Rn. 22; Se­nat, Beschl. v. 25.09.2019 – 17 U 45/19, ju­ris Rn. 4 ff., 18 f.).

Dass die Be­klag­te dem Klä­ger dem Grun­de nach zur Zah­lung von Scha­dens­er­satz ge­mäß § 826 BGB we­gen des In­ver­kehr­brin­gens ei­nes mit ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung, de­ren Exis­tenz im Typ­ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren ver­schwie­gen wur­de, ver­se­he­nen Fahr­zeugs ver­pflich­tet ist, steht nach der Grund­satz­ent­schei­dung des BGH (Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 12 ff.) au­ßer Fra­ge. Ei­ne ver­tief­te Aus­ein­an­der­set­zung mit den von den Par­tei­en vor Ver­öf­fent­li­chung die­ser Ent­schei­dung im Be­ru­fungs­ver­fah­ren zum Haf­tungs­grund vor­ge­brach­ten Ar­gu­men­ten ist ent­behr­lich, da der BGH mitt­ler­wei­le zu sämt­li­chen von den Par­tei­en er­ör­ter­ten Rechts­fra­gen Stel­lung ge­nom­men hat.

Nach § 249 I BGB hat der zum Scha­dens­er­satz Ver­pflich­te­te den Zu­stand her­zu­stel­len, der be­ste­hen wür­de, wenn der zum Er­satz ver­pflich­ten­de Um­stand nicht ein­ge­tre­ten wä­re. Der Ge­schä­dig­te ist wirt­schaft­lich so zu stel­len, wie er oh­ne das scha­dens­stif­ten­de Er­eig­nis stün­de (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.2014 – VI ZR 15/14, ju­ris Rn. 25), er mit­hin die un­ge­woll­te Ver­bind­lich­keit nicht ein­ge­gan­gen wä­re. Da­bei kann der An­spruchs­in­ha­ber in dem hier vor­lie­gen­den Drei-Per­so­nen-Ver­hält­nis (auch) im We­ge des Scha­dens­er­sat­zes vom Schä­di­ger die „Rück­gän­gig­ma­chung“ der Fol­gen des mit ei­nem Drit­ten ge­schlos­se­nen Ver­trags ver­lan­gen und hier­zu das Er­lang­te dem Schä­di­ger zur Ver­fü­gung stel­len und sei­ne Auf­wen­dun­gen er­setzt be­kom­men (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.2014 – VI ZR 15/14, ju­ris Rn. 28). Der Klä­ger kann so­mit von der Be­klag­ten ver­lan­gen, so ge­stellt zu wer­den, als ob er den Kauf­ver­trag über das Fahr­zeug nie ge­schlos­sen hät­te.

Die Be­klag­te hat dem Klä­ger da­her den an die Ver­käu­fe­rin ge­zahl­ten Kauf­preis zu er­set­zen.

Al­ler­dings muss sich der vor­sätz­lich-sit­ten­wid­rig ge­schä­dig­te Fahr­zeug­käu­fer in Fäl­len wie dem vor­lie­gen­den nach dem Grund­satz der Vor­teils­aus­glei­chung auf den Kauf­prei­ser­stat­tungs­an­spruch die von ihm ge­zo­ge­nen Fahr­zeug­nut­zun­gen an­rech­nen las­sen, und zwar oh­ne dass es et­wa ei­ner Ge­stal­tungs­er­klä­rung oder Ein­wen­dung der Be­klag­ten be­darf, wie der BGH ent­schie­den hat (vgl. BGH, Beschl. v. 23.02.2021 – VI ZR 1191/20, ju­ris Rn. 6 m. w. Nachw.; Urt. v. 02.03.2021 – VI ZR 147/20, ju­ris Rn. 7; Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 64).

Der Nut­zungs­vor­teil be­misst sich nach dem Wert­ver­lust, den das Fahr­zeug wäh­rend der Nut­zungs­zeit er­lit­ten hat.

Der vor­lie­gend als Scha­den zu be­wer­ten­de Ver­trags­schluss und die da­mit ver­bun­de­ne Kauf­preis­zah­lung des Klä­gers wa­ren of­fen­kun­dig von der Ziel­set­zung ge­tra­gen, in den Ge­nuss der Nut­zung des Fahr­zeugs und so­mit des da­mit not­wen­di­ger­wei­se ver­bun­de­nen Nut­zungs­vor­teils zu ge­lan­gen (vgl. BGH, Urt. v. 08.03.2021 – VI ZR 505/19, ju­ris Rn. 40; Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 82). Dem liegt die Er­wä­gung zu­grun­de, dass der­je­ni­ge, der die er­wor­be­ne Sa­che nutzt, hier­durch Aus­ga­ben er­spart, weil der durch den Ge­brauch ein­tre­ten­de Wert­ver­lust nicht zu­las­ten des ei­ge­nen, son­dern des frem­den Ver­mö­gens geht (vgl. BGH, Urt. v. 31.03.2006 – V ZR 51/05, BGHZ 167, 108 Rn. 13; Urt. v. 25.10.1995 – VI­II ZR 42/94, ju­ris Rn. 16).

Der Wert­ver­lust kann ge­mäß § 287 ZPO ge­schätzt wer­den, in­dem im We­ge ei­ner li­nea­ren Teil­wert­ab­schrei­bung der Brut­to­kauf­preis des Fahr­zeugs durch die vor­aus­sicht­li­che Rest­lauf­leis­tung im Er­werbs­zeit­punkt ge­teilt und die­ser Wert mit den ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern mul­ti­pli­ziert wird (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 80). Re­gel­mä­ßig vor­zugs­wür­dig ist in­des ei­ne Schät­zung des Nut­zungs­vor­teils, die auf der Er­mitt­lung des Wert­ver­lusts des kon­kre­ten Fahr­zeugs durch ei­nen Sach­ver­stän­di­gen fußt.

Die vom BGH ge­bil­lig­te Me­tho­de der Scha­dens­schät­zung auf der Grund­la­ge der An­nah­me ei­nes li­nea­ren Wert­ver­zehrs ist re­gel­mä­ßig nicht in glei­cher Wei­se ge­eig­net, den Nut­zungs­vor­teil mit der­sel­ben Ge­nau­ig­keit ab­zu­bil­den. Ins­be­son­de­re bei Fahr­zeu­gen mit ei­ner sehr ge­rin­gen Lauf­leis­tung kann es bei An­wen­dung der aus­schließ­lich lauf­leis­tungs­be­zo­ge­nen For­mel da­zu kom­men, dass der Ge­schä­dig­te an dem Scha­dens­fall „ver­dient“. Es ist ge­richt­be­kannt, dass als Ge­brauchs­ge­gen­stän­de ge­nutz­te Pkw in den ers­ten Jah­ren nach der Erst­zu­las­sung ei­nen ver­hält­nis­mä­ßig ho­hen Wert­ver­lust er­lei­den (vgl. auch BeckOGK/​Schall, Stand: 01.11.2020, § 346 BGB Rn. 540). Wird zur Be­mes­sung des Nut­zungs­vor­teils al­lein auf die zu­rück­ge­leg­te Fahr­stre­cke ab­ge­stellt, muss sich der Ge­schä­dig­te nur ei­nen auf der An­nah­me ei­nes li­nea­ren Wert­ver­lusts be­ru­hen­den Nut­zungs­vor­teil an­rech­nen las­sen. Da der so er­mit­tel­te Nut­zungs­vor­teil ge­rin­ger ist als die Dif­fe­renz zwi­schen Brut­to­kauf­preis und Fahr­zeug­wert, ver­bleibt dem Ge­schä­dig­ten ein auf dem schä­di­gen­den Er­eig­nis be­ru­hen­der un­ge­recht­fer­tig­ter Vor­teil (Se­nat, Urt. v. 17.02.2021 – 17 U 210/19, ju­ris Rn. 35).

Mit Blick hier­auf ist bei der Be­rech­nung des scha­dens­recht­lich be­deut­sa­men Nut­zungs­vor­teils der durch die ver­trag­li­che Ge­gen­leis­tung be­stimm­te ob­jek­ti­ve Wert des Fahr­zeugs mit dem ak­tu­el­len Fahr­zeug­wert zu ver­glei­chen (vgl. für den Fall der Be­rech­nung des Wert­ver­lusts bei der Rück­ab­wick­lung ei­nes ver­bun­de­nen Ver­trags: BGH, Urt. v. 27.10.2020 – XI ZR 498/19, ju­ris Rn. 43 f.).

So liegt die Sa­che auch im vor­lie­gen­den Fall. Der Klä­ger hat an die Fahr­zeug­ver­käu­fe­rin ei­nen Kauf­preis in Hö­he von 34.700 € ge­zahlt. Nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen S be­läuft sich der Wert­ver­lust des Fahr­zeugs in der Nut­zungs­zeit des Klä­gers, der dem an­zu­rech­nen­den Nut­zungs­vor­teil ent­spricht, auf 22.250 €. Wä­re al­lein die Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs wäh­rend der Nut­zungs­zeit des Klä­gers von 45.248 km bei ei­ner vom Klä­ger hilfs­wei­se be­haup­te­ten vor­aus­sicht­li­chen Ge­samt­lauf­leis­tung von 300.000 km maß­geb­lich, be­trü­ge der an­zu­rech­nen­de Nut­zungs­vor­teil nach der oben ge­nann­ten For­mel le­dig­lich 5.233,68 €. Be­rück­sich­tig­te man die­sen Be­trag bei der Scha­dens­be­rech­nung, ver­blie­be dem Klä­ger ein „Ge­winn“ von 17.016,32 €, da er von der Be­klag­ten Scha­dens­er­satz in Hö­he von 29.466,32 € er­hiel­te und über die An­rech­nung des Nut­zungs­vor­teils hin­aus im Zu­ge des Vor­teils­aus­gleichs nur das Fahr­zeug, wel­ches nach der Er­mitt­lung des Sach­ver­stän­di­gen ei­nen Wert von 12.450 € hat, her­aus­ge­ben müss­te.

Ei­ne sol­che Über­kom­pen­sa­ti­on ist nach all­ge­mei­nen scha­dens­recht­li­chen Grund­sät­zen (vgl. BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 354/19, BGHZ 226, 322 = ju­ris Rn. 19; Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 = ju­ris Rn. 34) nicht zu recht­fer­ti­gen.

Der Se­nat folgt den über­zeu­gen­den und hin­rei­chend de­tail­lier­ten Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen S. Das von ihm er­stat­te­te schrift­li­che Gut­ach­ten ist in sich schlüs­sig und nach­voll­zieh­bar. Der Sach­ver­stän­di­ge hat mit Blick auf die zwi­schen den Par­tei­en nicht im Streit ste­hen­den Aus­stat­tungs­merk­ma­le des Fahr­zeugs, die Nut­zungs­zeit und den Nut­zungs­um­fang (Lauf­leis­tung) so­wie die kon­kre­te – eben­falls un­strei­ti­ge – ak­tu­el­le Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs mit­tels der Schwa­cke-Fahr­zeug­be­wer­tung den ob­jek­ti­ven Fahr­zeug­wert per 01.11.2020 mit 12.450 € be­stimmt, wo­bei er für ver­gleich­ba­re Fahr­zeu­ge mit Ben­zin- und Die­sel­mo­to­ren (Chev­ro­let Or­lan­do, VW Tou­ran [Ben­zin], Ci­troën C8, Fi­at Free­mont, Ford S-MAX, Opel Za­fi­ra [Die­sel/​Ben­zin], Peu­geot 5008) Wert­ver­lus­te zwi­schen 65 % und 77,5 % vom Neu­preis er­mit­telt hat. Der Wert­ver­lust des vom Klä­ger er­wor­be­nen VW Tou­ran 2.0 TDI „High­li­ne“ be­wegt sich da­nach mit 68 % vom ob­jek­ti­ven Neu­wert im un­te­ren Be­reich der Wert­ver­lus­te ver­gleich­ba­rer Fahr­zeu­ge, so­dass der Se­nat kei­nen nach­voll­zieh­ba­ren An­halt da­für sieht, den Wert­ver­lust des Fahr­zeugs des Klä­gers wäh­rend des­sen Nut­zungs­zeit et­wa auf die Im­ple­men­tie­rung der hier maß­geb­li­chen Ab­schalt­ein­rich­tung zu­rück­zu­füh­ren.

Mit­hin kann der Klä­ger von der Be­klag­ten 12.450 € Zug um Zug ge­gen Her­aus­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs ver­lan­gen.

Die­ser Be­trag ist ge­mäß §§ 291, 288 I 2 BGB seit dem 01.11.2020 in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz zu ver­zin­sen. Für den Zeit­raum zwi­schen dem Tag nach Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit, das heißt dem 16.01.2019, bis zum 31.10.2020 be­steht ein An­spruch auf Rechts­hän­gig­keits­zin­sen aus­ge­hend von ei­nem Be­trag in Hö­he von 13.900 €, der sich li­ne­ar auf 12.450 € er­mä­ßigt (vgl. BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 397/19, ju­ris Rn. 38; OLG Karls­ru­he, Urt. v. 10.11.2020 – 17 U 635/19, ju­ris Rn. 87).

Der Aus­gangs­be­trag von 13.900 € be­ruht auf ei­ner Schät­zung ge­mäß § 287 ZPO, wo­bei der Se­nat die vom Sach­ver­stän­di­gen fest­ge­stell­te Wert­ent­wick­lung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs zu­grun­de ge­legt hat.

Nicht be­grün­det ist die Be­ru­fung, so­weit der Klä­ger den An­trag auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs wei­ter­ver­folgt. Die Be­klag­te ist mit der Rück­nah­me des Fahr­zeugs nicht in Ver­zug ge­ra­ten. Der Klä­ger hat die Über­ga­be und die Über­eig­nung des Fahr­zeugs nicht zu den Be­din­gun­gen an­ge­bo­ten, von de­nen er sie im Hin­blick auf den im We­ge der Vor­teils­aus­glei­chung ge­schul­de­ten und vom Kauf­preis in Ab­zug zu brin­gen­den Nut­zungs­er­satz hät­te ab­hän­gig ma­chen dür­fen. Er hat mit 34.700 € die Zah­lung ei­nes deut­lich hö­he­ren Be­trags ver­langt, als er mit 12.450 € hät­te be­an­spru­chen kön­nen. Ein zur Be­grün­dung von An­nah­me­ver­zug auf­sei­ten der Be­klag­ten ge­eig­ne­tes An­ge­bot ist un­ter die­sen Um­stän­den nicht ge­ge­ben (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 85).

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf §§ 92 I, 269 III 2 ZPO.

Bei der Be­mes­sung des Ver­hält­nis­ses von Ob­sie­gen und Un­ter­lie­gen der Par­tei­en war auch die in der Be­ru­fungs­in­stanz zu­rück­ge­nom­me­ne For­de­rung des Klä­gers auf Zah­lung von De­likt­szin­sen in Hö­he von vier Pro­zent aus dem vol­len Kauf­preis seit dem 25.06.2012 zu be­rück­sich­ti­gen. Ge­mäß § 92 I ZPO ist bei ei­nem Teil­un­ter­lie­gen ei­ne Kos­ten­auf­he­bung oder -tei­lung vor­zu­neh­men. Un­ter­liegt der Klä­ger nur mit ei­nem Teil sei­ner Kla­ge, die für den Ge­samt­ge­büh­ren­streit­wert oh­ne Be­lang ist, ist die Quo­te mit­tels Bil­dung ei­nes so­ge­nann­ten fik­ti­ven Ge­samt­ge­büh­ren­streit­werts durch Hin­zu­rech­nung des hier­auf ent­fal­len­den Teil­streit­werts zu er­rech­nen (Be­ckOK-ZPO/​Jas­per­sen, Stand: 01.03.2019, § 92 Rn. 6). Dies gilt ins­be­son­de­re, wenn der Teil­streit­wert ei­nen er­heb­li­chen Teil des fik­ti­ven Ge­samt­streit­werts aus­macht (vgl. BGH, Urt. v. 04.06.1992 – IX ZR 149/91, ju­ris Rn. 108, in­so­weit in BGHZ 118, 312 nicht ab­ge­druckt; Urt. v. 09.11.1960 – VI­II ZR 222/59, BeckRS 1960, 31188666). Für die Kos­ten­ent­schei­dung maß­geb­lich ist da­nach ein fik­ti­ver Ge­büh­ren­streit­wert von (34.700 € [Haupt­for­de­rung] + 9.099,24 € [De­likt­szin­sen] =) 43.799,24 €.

Die Ent­schei­dung über die vor­läu­fi­ge Voll­streck­bar­keit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Grün­de für die Zu­las­sung der Re­vi­si­on be­ste­hen nicht. Die Ab­wei­chung der vom BGH ge­bil­lig­ten Me­tho­de der Schät­zung des Nut­zungs­vor­teils er­for­dert nicht die Zu­las­sung der Re­vi­si­on. Der Tatrich­ter ist bei der Be­mes­sung der Hö­he des Scha­dens­er­satz­an­spruchs nach § 287 ZPO be­son­ders frei­ge­stellt (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 79). Er darf ge­mäß § 287 I 2 ZPO zum Zwe­cke der Schät­zung ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten von Amts we­gen ein­ho­len.

PDF er­stel­len