1. Die in be­stimm­ten Au­di-Fahr­zeu­gen – hier: ei­nem Au­di SQ5 – zum Ein­satz kom­men­de „schnel­le Auf­wärm­funk­ti­on“, die auf ei­nen Be­trieb des je­wei­li­gen Fahr­zeugs auf ei­nem tech­ni­schen Prüf­stand zu­ge­schnit­ten und beim Be­trieb im rea­len Stra­ßen­ver­kehr nur in sel­te­nen Aus­nah­me­fäl­len ak­tiv ist, ist ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung i. S. von Art. 3 Nr. 10, Art. 5 II 1 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007. Denn es kann nicht an­ge­nom­men wer­den, dass die „schnel­le Auf­wärm­funk­ti­on“ im rea­len Stra­ßen­ver­kehr ei­ne schad­stoff­min­dern­de Wir­kung ha­ben soll. Viel­mehr ist da­von aus­zu­ge­hen, dass sich ihr ei­gent­li­cher Sinn dar­in er­schöpft, wäh­rend ei­nes Emis­si­ons­tests auf ei­nem Prüf­stand für ei­nen nied­ri­gen Stick­oxid(NOX)-Aus­stoß zu sor­gen und vor­zu­täu­schen, die ent­spre­chen­den (nied­ri­gen) Wer­te wür­den auch im rea­len Stra­ßen­ver­kehr er­zielt.
  2. Die „schnel­le Auf­wärm­funk­ti­on“ kann als un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung, über de­ren Vor­han­den­sein das Kraft­fahrt-Bun­des­amt als zu­stän­di­gen Typ­ge­neh­mi­gungs- und Markt­über­wa­chungs­be­hör­de (§ 2 I EG-FGV)ge­täuscht wur­de, ei­nen An­spruch des Fahr­zeug­käu­fers auf Scha­dens­er­satz un­ter dem Ge­sichts­punkt ei­ner sit­ten­wid­ri­gen vor­sätz­li­chen Schä­di­gung (§ 826 BGB) be­grün­den.
  3. Pro­zess­zin­sen (§ 291 BGB) sind dem Käu­fer in ei­nem sol­chen Fall nicht per se aus dem letzt­lich zu­er­kann­ten Be­trag zu­zu­spre­chen. Viel­mehr kann zu be­rück­sich­ti­gen sein, dass der An­spruch des Käu­fers auf Scha­dens­er­satz in Hö­he des Kauf­prei­ses bei Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit hö­her war als der ihm letzt­lich zu­er­kann­te Be­trag und sich durch die wei­te­re Nut­zung des Fahr­zeugs, die sich der Käu­fer als Vor­teil an­rech­nen las­sen muss, suk­zes­si­ve ver­min­dert hat (vgl. BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 397/19, ju­ris Rn. 38). Dem Zins­an­spruch ist dann der Mit­tel­wert aus dem zu­er­kann­ten Be­trag und dem Be­trag, den der Klä­ger am Tag nach Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit be­an­spru­chen konn­te, zu­grun­de zu le­gen.

OLG Frank­furt a. M., Ur­teil vom 24.02.2021 – 4 U 257/19

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ver­langt von der Be­klag­ten Scha­dens­er­satz, nach­dem er von ei­nem Kraft­fahr­zeug­händ­ler für 63.816,44 € ei­nen von der Be­klag­ten her­ge­stell­ten Neu­wa­gen – ei­nen Au­di SQ5 – er­wor­ben hat. Die­ses Fahr­zeug ist mit ei­nem von der Be­klag­ten ent­wi­ckel­ten Die­sel­mo­tor aus­ge­stat­tet. Für den Fahr­zeug­typ wur­de ei­ne Typ­ge­neh­mi­gung nach der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/20071#### mit der Schad­stoff­klas­se Eu­ro 6-plus er­teilt.

Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt teil­te am 23.01.2018 öf­fent­lich mit, dass „[b]ei der Über­prü­fung der Au­di 3.0 l Eu­ro 6, Mo­del­le A4, A5, A6, A7, A8, Q5, SQ5, Q7, durch das Kraft­fahrt-Bun­des­amt (KBA) […] un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tun­gen nach­ge­wie­sen“ wor­den sei­en.

„Die schad­stoff­min­dern­de, so­ge­nann­te schnel­le Auf­wärm­funk­ti­on springt bei die­sen Fahr­zeu­gen na­he­zu nur im Prüf­zy­klus NEFZ an. Im rea­len Ver­kehr un­ter­bleibt die­se NOX-Schad­stoff­min­de­rung. Die Stra­te­gi­en un­ter­schei­den sich leicht von Fahr­zeug­typ zu Fahr­zeug­typ.

Das KBA hat des­halb in den ver­gan­ge­nen Wo­chen ver­pflich­ten­de Rück­ru­fe die­ser Fahr­zeu­ge an­ge­ord­net, um die Vor­schrifts­mä­ßig­keit der pro­du­zier­ten Fahr­zeu­ge wie­der­her­zu­stel­len. Da­von sind in Deutsch­land rund 77.600 und welt­weit ins­ge­samt rund 127.000 zu­ge­las­se­ne Fahr­zeu­ge be­trof­fen.“

Vor Er­he­bung der vor­lie­gen­den Kla­ge – im Fe­bru­ar 2019 – ließ der Klä­ger ein auf An­ord­nung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes ent­wi­ckel­tes und von die­sem frei­ge­ge­be­nes Soft­ware­up­date bei sei­nem Fahr­zeug in­stal­lie­ren.

Mit Schrei­ben vom 21.02.2019 for­der­te der an­walt­lich ver­tre­te­ne Klä­ger die Be­klag­te – er­folg­los – auf, ihm bis zum 07.03.2019 Scha­dens­er­satz in Hö­he des um ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung ver­min­der­ten Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des Au­di SQ5, zu leis­ten und ihm au­ßer­ge­richt­lich an­ge­fal­le­ne Rechts­an­walt­kos­ten zu er­stat­ten.

Der Klä­ger be­haup­tet, dass in sei­nem Fahr­zeug ei­ne Soft­ware zum Ein­satz kom­me, die den Stick­oxid(NOX)-Aus­stoß op­ti­mie­re, so­bald der Pkw – was die Soft­ware er­ken­ne – auf ei­nem Prüf­stand be­trie­ben wer­de. Beim Be­trieb des Fahr­zeugs im rea­len Stra­ßen­ver­kehr wür­den die NOX-Emis­sio­nen hin­ge­gen nicht op­ti­miert, so­dass der ein­schlä­gi­ge Emis­si­ons­grenz­wert um ein Viel­fa­ches über­schrit­ten wer­de. Ins­be­son­de­re der Schad­stoff­aus­stoß bei ei­nem Kalt­start wer­de nur auf dem Prüf­stand ge­min­dert. Der Klä­ger wirft der Be­klag­ten vor, die Typ­ge­neh­mi­gung arg­lis­tig er­schli­chen zu ha­ben. In die­se Ent­schei­dung sei der Vor­stand der Be­klag­ten an­ge­sichts ih­rer Trag­wei­te und we­gen vor­he­ri­ger War­nun­gen ein­ge­bun­den ge­we­sen. Ent­spre­chen­des gel­te für den Lei­ter des Teams, das den streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tor ent­wi­ckelt ha­be. Die­ser Lei­ter sei ein ver­fas­sungs­mä­ßig be­ru­fe­ner Ver­tre­ter der Be­klag­ten i. S. von § 31 BGB.

Die Be­klag­te hat in Ab­re­de ge­stellt, dass – wie der Klä­ger be­haup­tet – die NOX-Emis­sio­nen des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs „nur“ mit­tels ei­ner hö­he­ren Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te auf dem Prüf­stand ge­min­dert wer­den.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, dass sich der Vor­trag des Klä­gers in wei­ten Tei­len auf den – vor­lie­gend nicht streit­ge­gen­ständ­li­chen – VW-Mo­tor EA189 be­zie­he und sich im Üb­ri­gen in Spe­ku­la­tio­nen er­schöp­fe, mit­hin in Er­man­ge­lung kon­kre­ter An­halts­punk­te „ins Blaue hin­ein“ er­fol­ge. Das von dem Klä­ger an­ge­bo­te­ne Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten sei da­her nicht ein­zu­ho­len.

Mit der Be­ru­fung hat der Klä­ger sein erst­in­stanz­li­ches Be­geh­ren wei­ter­ver­folgt. Er hat ge­rügt, das Land­ge­richt ha­be nicht be­rück­sich­tigt, dass die – kon­zern­wert auch in Fahr­zeug­mo­del­len von Volks­wa­gen und Por­sche im­ple­men­tier­te – Soft­ware er­ken­ne, dass das je­wei­li­ge Fahr­zeug ei­nem Emis­si­ons­test un­ter­zo­gen wer­de. Dies er­ge­be sich, was das Land­ge­richt völ­lig über­se­hen ha­be, aus der Mit­tei­lung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes. Erst­mals in der Be­ru­fungs­be­grün­dung hat der Klä­ger vor­ge­tra­gen, sein Fahr­zeug ver­fü­ge über ein „über­gro­ßes Ther­mo­fens­ter“.

Die Be­klag­te hat das erst­in­stanz­li­che Ur­teil ver­tei­digt. Im Be­ru­fungs­rechts­zug hat sie erst­mals – un­ter ei­nem un­zu­tref­fen­dem Ver­weis auf das land­ge­richt­li­che Ur­teil – be­haup­tet, dass der Klä­ger vor­steu­er­ab­zugs­be­rech­tigt und die Um­satz­steu­er da­her für ihn le­dig­lich ein durch­lau­fen­der Pos­ten sei. Au­ßer­dem hat die Be­klag­te be­tont, die „schnel­le Auf­wärm­funk­ti­on“ ha­be – an­ders als die „Um­schalt­lo­gik“ bei EA189-Mo­to­ren – mit dem Re­gel­be­trieb des Fahr­zeugs nichts zu tun. Sie tra­ge viel­mehr da­für Sor­ge, dass die Stick­oxid­emis­sio­nen auch in den ers­ten Mi­nu­ten nach ei­nem Kalt­start ef­fi­zi­ent re­du­ziert wür­den. Das Soft­ware­up­date wei­te die­se Funk­ti­on le­dig­lich auf den rea­len Be­trieb des Fahr­zeugs im Stra­ßen­ver­kehr aus.

Der 4. Zi­vil­se­nat des OLF Frank­furt a. M. hat un­ter dem 01.07.2020 ei­nen Be­weis­be­schluss er­las­sen und dar­in der Be­klag­ten auch auf­ge­ge­ben, den das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug­mo­dell be­tref­fen­den Be­scheid des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes auf­ge­ge­ben. Die Be­klag­te hat ge­gen die­sen Be­weis­be­schluss Be­den­ken er­ho­ben. Dar­auf­hin wur­de die­ser Be­schluss am 05.10.2020 ins­be­son­de­re da­hin ab­ge­än­dert, dass über die klä­ge­ri­sche Be­haup­tung, bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug wür­de – über die vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt an­ge­spro­che­ne schnel­le Auf­wärm­funk­ti­on hin­aus – der NOX-Aus­stoß (nur) auf dem Prüf­stand op­ti­miert, man­gels hin­rei­chen­der An­halts­punk­te doch kein Be­weis zu er­he­ben sei. Zu­dem wur­de die Be­klag­te dar­auf hin­ge­wie­sen, dass sie als be­weis­fäl­lig an­ge­se­hen wer­den kön­ne, wenn sie den ver­lang­ten Be­scheid des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes nicht vor­le­ge.

Der Klä­ger hat an­schlie­ßend ei­nen Be­scheid des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes vor­ge­legt, der sich auf ein Fahr­zeug­mo­dell der Be­klag­ten mit ei­nem 3,0-Li­ter-Die­sel­mo­tor – den Au­di Q7 – be­zieht und der – nach dem un­strei­tig ge­blie­be­nen klä­ge­ri­schen Vor­trag – dem Be­scheid, der das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug­mo­dell be­trifft, weit­ge­hend ent­spricht. In die­sem Be­scheid heißt es es – un­strei­tig – ins­be­son­de­re:

„Stra­te­gi­en A und B

Die von Au­di ver­wen­de­ten Stra­te­gi­en A und B wer­den na­he­zu aus­schließ­lich un­ter den Be­din­gun­gen der Prü­fung Typ 1 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 ge­nutzt. Der Nut­zung ei­ner Auf­heiz­stra­te­gie (Stra­te­gie A) bei der Prü­fung Typ 1 geht die Nut­zung ei­ner Stra­te­gie ‚Al­ter­na­ti­ves Auf­hei­zen‘ (Stra­te­gie B) wäh­rend der Vor­kon­di­tio­nie­rung des Fahr­zeugs zum Zwe­cke der Prü­fung Typ 1 vor­aus. Beim Ein­satz bei­der Stra­te­gi­en wird die Über­schrei­tung des NOX-Grenz­wer­tes von 80 mg/km bei der Prü­fung Typ 1 si­cher ver­mie­den.

Bei der Stra­te­gie A wird zum Star­ten der Auf­heiz­stra­te­gie ei­ne Viel­zahl von In­itia­li­sie­rungs­pa­ra­me­tern ver­wen­det, die über ei­ne UND-Ver­knüp­fung mit­ein­an­der ver­knüpft sind. Das heißt, al­le Be­din­gun­gen müs­sen gleich­zei­tig vor­lie­gen, dann wird die Auf­heiz­stra­te­gie ge­nutzt. Die zu den Pa­ra­me­tern ge­hö­ren­den Wer­te (Schalt­be­din­gun­gen) sind so eng be­da­tet, dass die Auf­heiz­stra­te­gie na­he­zu aus­schließ­lich im Neu­en Eu­ro­päi­schen Fahr­zy­klus (NEFZ) und den dort de­fi­nier­ten Prüf­be­din­gun­gen wirkt. Schon klei­ne Ab­wei­chun­gen in Fahr­pro­fil und Um­ge­bungs­be­din­gun­gen füh­ren zur Ab­schal­tung der Auf­heiz­stra­te­gie.“

Die Be­klag­te hat den für das Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten an­ge­for­der­ten Vor­schuss nicht ein­ge­zahlt, son­dern mit­ge­teilt, sie ha­be die von ihr zu be­wei­sen­den Be­haup­tun­gen nicht auf­ge­stellt; je­den­falls aber zie­he sie das Be­weis­an­ge­bot jetzt zu­rück. Dar­auf­hin hat das Be­ru­fungs­ge­richt von der Ein­ho­lung des Gut­ach­tens ab­ge­se­hen und dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Be­ru­fung dem Grun­de nach gu­te Er­folgs­aus­sich­ten ha­be. Denn nach dem nun un­strei­ti­gen Sach­ver­halt sei da­von aus­zu­ge­hen, dass die „schnel­le Auf­wärm­funk­ti­on“ bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw in­fol­ge ei­ner Prüf­stan­der­ken­nung na­he­zu nur auf dem Prüf­stand ak­tiv ge­we­sen sei. Auf die­sen Hin­weis hat die Be­klag­te nichts mehr vor­ge­tra­gen.

Die Be­ru­fung hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 1. Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te aus sit­ten­wid­ri­ger vor­sätz­li­cher Schä­di­gung ge­mäß §§ 826, 31 BGB dem Grun­de nach ei­nen An­spruch auf Er­satz des für das Kraft­fahr­zeug auf­ge­wen­de­ten Kauf­prei­ses nebst Zin­sen seit Rechts­hän­gig­keit, Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des Fahr­zeugs. Im Streit­fall lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen vor, un­ter de­nen die Be­klag­te nach der vom BGH ge­trof­fe­nen Grund­satz­ent­schei­dung (Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316) we­gen der Ent­wick­lung ei­nes Mo­tors mit ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung ge­gen­über dem Fahr­zeug­käu­fer aus sit­ten­wid­ri­ger vor­sätz­li­cher Schä­di­gung haf­tet.

a) Nach der vor­ge­nann­ten Recht­spre­chung des BGH zum Die­selskan­dal, die der Se­nat für zu­tref­fend er­ach­tet und der Be­ur­tei­lung der vor­lie­gen­den Fall­kon­stel­la­ti­on zu­grun­de legt, stellt sich das In­ver­kehr­brin­gen von Fahr­zeu­gen, de­ren Mo­tor­steue­rungs­soft­ware be­wusst und ge­wollt so pro­gram­miert war, dass die ge­setz­li­chen Ab­gas­grenz­wer­te mit­tels ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung nur auf dem Prüf­stand ein­ge­hal­ten wur­den, so­dass das Kraft­fahrt-Bun­des­amt in­fol­ge ei­ner grund­le­gen­den stra­te­gi­schen Ent­schei­dung bei der Mo­to­ren­ent­wick­lung sys­te­ma­tisch ge­täuscht wur­de, als ob­jek­tiv sit­ten­wid­rig dar (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 16).

b) Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen hier nach dem un­strei­ti­gen Sach­ver­halt vor. Nach­dem die Be­klag­te ihr Be­weis­an­ge­bot hin­sicht­lich der Fra­ge des Ein­sat­zes der Auf­wärm­funk­ti­on im rea­len Stra­ßen­ver­kehr zu­rück­ge­zo­gen hat, bleibt als Vor­trag, mit wel­chem sie der de­zi­dier­ten klä­ge­ri­schen Be­haup­tung ei­ner Prüf­stan­der­ken­nung ent­ge­gen­ge­tre­ten ist, al­len­falls noch ein pau­scha­les Be­strei­ten. Da­mit hat die Be­klag­te ih­rer Dar­le­gungs­last nicht ge­nügt, so­dass der klä­ge­ri­sche Vor­trag ge­mäß § 138 III ZPO als zu­ge­stan­den gilt.

Der Klä­ger hat sei­nen Vor­trag ins­be­son­de­re durch die An­la­gen K 1 und BK 8, de­ren In­halt un­strei­tig blieb, mit Be­le­gen un­ter­füt­tert. Nach der Mit­tei­lung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes vom 23.01.2018 steht fest, dass die Be­klag­te die Mo­to­ren von welt­weit rund 127.000 selbst her­ge­stell­ten Fahr­zeu­gen so kon­stru­ier­te, dass die Auf­wärm­funk­ti­on na­he­zu nur im Prüf­zy­klus an­sprang. Des­halb wur­den die­se Fahr­zeu­ge ver­pflich­tend zu­rück­ge­ru­fen.

Aus dem Be­scheid für ei­nen Au­di Q7 er­gibt sich die nä­he­re Funk­ti­ons­wei­se bei die­sem Fahr­zeug­mo­dell. Da­nach wirk­te die Auf­heiz­stra­te­gie we­gen der en­gen Be­da­tung der Schalt­be­din­gun­gen na­he­zu aus­schließ­lich im Neu­en Eu­ro­päi­schen Fahr­zy­klus (NEFZ) und bei den dort de­fi­nier­ten Prüf­be­din­gun­gen, wäh­rend schon klei­ne Ab­wei­chun­gen in Fahr­pro­fil und Um­ge­bungs­be­din­gun­gen zur Ab­schal­tung der Auf­heiz­stra­te­gie führ­ten. Nach dem un­strei­tig ge­blie­be­nen Vor­trag des Klä­gers ent­sprach die­ser Be­scheid dem Be­scheid für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug­mo­dell weit­ge­hend. Die Be­klag­te hat we­der dar­ge­legt noch ist sonst er­sicht­lich, dass sie für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug­mo­dell Au­di SQ5 – eben­falls ein 3,0-Li­ter-Die­sel­mo­tor des­sel­ben Her­stel­lers – ei­ne grund­le­gend an­de­re Stra­te­gie ge­wählt hät­te als für den Au­di Q7. Hier­ge­gen spricht viel­mehr, dass sich nach Mit­tei­lung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes die Stra­te­gi­en von Fahr­zeug­typ zu Fahr­zeug­typ nur „leicht“ un­ter­schie­den. Trotz ge­richt­li­cher Auf­for­de­rung hat die Be­klag­te auch den das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug be­tref­fen­den Rück­ruf­be­scheid nicht vor­ge­legt und da­mit die­se na­he­lie­gen­de Mög­lich­keit un­ge­nutzt ge­las­sen, die vom Klä­ger dar­ge­leg­te Funk­ti­ons­wei­se der Mo­tor­steue­rungs­soft­ware sub­stan­zi­iert zu be­strei­ten (vgl. OLG Naum­burg, Urt. v. 18.09.2020 – 8 U 39/20, ju­ris Rn. 56 m. w. Nachw.).

Da­nach steht fest, dass Pa­ra­me­ter für die Mo­tor­auf­wärm­funk­ti­on vor­ge­ge­ben wa­ren, die auf den Prüf­stand zu­ge­schnit­ten wa­ren und ge­währ­leis­te­ten, dass die Funk­ti­on dort wirk­te. Dem­ge­gen­über wirk­te die Funk­ti­on im rea­len Stra­ßen­be­trieb nur dann, wenn zu­fäl­lig der sel­te­ne Aus­nah­me­fall ein­trat, dass die en­gen Pa­ra­me­ter dort eben­falls er­füllt wa­ren. Vor die­sem Hin­ter­grund kann nicht an­ge­nom­men wer­den, dass die Funk­ti­on im rea­len Stra­ßen­ver­kehr über­haupt ei­ne ech­te schad­stoff­min­dern­de Wir­kung ha­ben soll­te. Viel­mehr ist da­von aus­zu­ge­hen, dass sich der ei­gent­li­che Sinn der Funk­ti­on dar­in er­schöpf­te, auf dem Prüf­stand nied­ri­ge NOX-Wer­te zu er­zie­len und da­bei vor­zu­täu­schen, die­se Wer­te wür­den auch im rea­len Stra­ßen­ver­kehr er­reicht. Die ge­sam­te Kon­struk­ti­on war da­her dar­auf aus­ge­legt, über die Ma­ni­pu­la­ti­on zu täu­schen.

Dies be­wer­tet der Se­nat in Über­ein­stim­mung mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt und meh­re­ren Ober­lan­des­ge­rich­ten, die ver­gleich­ba­re Fäl­le zu ent­schei­den hat­ten (OLG Naum­burg, Urt. v. 18.09.2020 – 8 U 39/20, ju­ris Rn. 54; OLG Ko­blenz, Urt. v. 05.06.2020 – 8 U 1803/19, ju­ris Rn. 34; OLG Ol­den­burg, Urt. v. 16.10.2020 – 11 U 2/20, ju­ris Rn. 58 m. w. Nachw.), als un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung nach Art. 5 II 1 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007, wel­che ne­ben ei­ner er­höh­ten Be­las­tung der Um­welt mit Stick­oxi­den auch – wie die ver­pflich­ten­den Rück­ru­fe und die An­for­de­rung ei­nes Up­dates durch das Kraft­fahrt-Bun­des­amt zei­gen – mit der Ge­fahr ein­her­ging, dass bei ei­ner Auf­de­ckung die­ses Sach­ver­halts ei­ne Be­triebs­be­schrän­kung oder -un­ter­sa­gung hin­sicht­lich der be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge hät­te er­fol­gen kön­nen (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 16, 19 ff.; OLG Ko­blenz, Urt. v. 05.06.2020 – 8 U 1803/19, ju­ris Rn. 34; OLG Ol­den­burg, Urt. v. 16.10.2020 – 11 U 2/20, ju­ris Rn. 89; OLG Naum­burg, Urt. v. 18.09.2020 – 8 U 39/20, ju­ris Rn. 63).

So­weit die Be­klag­te ar­gu­men­tiert, die Auf­wärm­funk­ti­on ha­be an­ders als die „Um­schalt­lo­gik“ bei EA189-Mo­to­ren mit dem Re­gel­be­trieb des Fahr­zeugs nichts zu tun (son­dern re­du­zie­re die Stick­oxid­emis­sio­nen in den ers­ten Mi­nu­ten nach dem Kalt­start), und das Soft­ware­up­date schaf­fe nun kei­ne neue Funk­ti­on, son­dern wei­te die­se Funk­ti­on auf den Stra­ßen­be­trieb aus, ist die­se Dif­fe­ren­zie­rung zwi­schen Aus­wei­tung ei­ner be­ste­hen­den und Schaf­fung ei­ner neu­en Funk­ti­on ir­re­le­vant. Ent­schei­dend ist, dass durch die en­ge, auf den Be­trieb im Neu­en Eu­ro­päi­schen Fahr­zy­klus (NEFZ) und die dort de­fi­nier­ten Prüf­be­din­gun­gen zu­ge­schnit­te­ne Be­da­tung der Auf­wärm­funk­ti­on im rea­len Stra­ßen­ver­kehr im Re­gel­fall zu­sätz­li­che Emis­sio­nen aus­ge­sto­ßen wer­den (vgl. OLG Ko­blenz, Urt. v. 05.06.2020 – 8 U 1803/19, ju­ris Rn. 37). Es mag sein, dass die er­höh­ten Emis­sio­nen „nur“ beim Kalt­start aus­ge­sto­ßen wer­den an­statt stän­dig beim Be­trieb des Fahr­zeugs. Das macht die Ab­schalt­ein­rich­tung in Er­man­ge­lung er­sicht­li­cher le­gi­ti­mer Zwe­cke aber nicht zu­läs­sig (vgl. OLG Ol­den­burg, Urt. v. 16.10.2020 – 11 U 2/20, ju­ris Rn. 98; OLG Naum­burg, Urt. v. 18.09.2020 – 8 U 39/20, ju­ris Rn. 58).

Das von der Be­klag­ten ver­folg­te, an sich er­laub­te Ziel der Er­hö­hung des Ge­winns wird im Ver­hält­nis zu dem Käu­fer ei­nes der be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge dann ver­werf­lich, wenn es – wie hier – auf der Grund­la­ge ei­ner stra­te­gi­schen Un­ter­neh­mens­ent­schei­dung durch arg­lis­ti­ge Täu­schung der zu­stän­di­gen Typ­ge­neh­mi­gungs- und Markt­über­wa­chungs­be­hör­de – des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes (§ 2 I EG-FGV) – er­reicht wer­den soll und dies mit ei­ner Ge­sin­nung ver­bun­den ist, die sich so­wohl im Hin­blick auf die für den ein­zel­nen Käu­fer mög­li­cher­wei­se ein­tre­ten­den Fol­gen und Schä­den als auch im Hin­blick auf die in­so­weit gel­ten­den Rechts­vor­schrif­ten, ins­be­son­de­re zum Schutz der Ge­sund­heit der Be­völ­ke­rung und der Um­welt, gleich­gül­tig zeigt (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 22). Hin­zu kommt das ge­schaf­fe­ne Sys­tem der plan­mä­ßi­gen Ver­schleie­rung des Vor­ge­hens ge­gen­über den Auf­sichts­be­hör­den so­wie – nach dem In­ver­kehr­brin­gen der Fahr­zeu­ge – ge­gen­über den Ver­brau­chern (OLG Ko­blenz, Urt. v. 05.06.2020 – 8 U 1803/19, ju­ris Rn. 49; OLG Ol­den­burg, Urt. v. 16.10.2020 – 11 U 2/20, ju­ris Rn. 97). Dem­entspre­chend war das Han­deln der Be­klag­ten hier nach ei­ner zu­sam­men­fas­sen­den Wür­di­gung der vor­lie­gen­den Um­stän­de ob­jek­tiv sit­ten­wid­rig (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 22 ff.).

Die Sit­ten­wid­rig­keit war – an­ders als in Fäl­len be­tref­fend den Mo­tor EA189 (BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 5/20, ju­ris Rn. 38 m. w. Nachw.) – zum Zeit­punkt des nach Sep­tem­ber 2015 er­folg­ten Ver­trags­schlus­ses auch noch nicht wie­der ent­fal­len, denn die Be­klag­te hat­te ih­re stra­te­gi­sche un­ter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung, im ei­ge­nen Kos­ten- und Ge­winn­in­ter­es­se das Kraft­fahrt-Bun­des­amt und letzt­lich die Fahr­zeug­käu­fer zu täu­schen, zu die­sem Zeit­punkt be­tref­fend den streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tor nicht durch die Stra­te­gie er­setzt, an die Öf­fent­lich­keit zu tre­ten (OLG Naum­burg, Urt. v. 18.09.2020 – 8 U 39/20, ju­ris Rn. 62; OLG Ko­blenz, Urt. v. 05.06.2020 – 8 U 1803/19, ju­ris Rn. 53).

c) Die grund­le­gen­de stra­te­gi­sche Ent­schei­dung der Be­klag­ten zur Ent­wick­lung und Ver­wen­dung der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung ist nach dem als un­strei­tig zu­grun­de zu le­gen­den Vor­trag des Klä­gers mit Wis­sen des vor­ma­li­gen Vor­stands der Be­klag­ten oder zu­min­dest ein­zel­ner Vor­stands­mit­glie­der oder je­den­falls Re­prä­sen­tan­ten i. S. von § 31 BGB ge­trof­fen wor­den und der Be­klag­ten da­mit ge­mäß § 31 BGB zu­zu­rech­nen.

Der Klä­ger durf­te auf­grund ge­ge­be­ner tat­säch­li­cher An­halts­punk­te in pro­zes­su­al zu­läs­si­ger Wei­se vor­tra­gen, dass der Vor­stand der Be­klag­ten so­wie der als ver­fas­sungs­mä­ßig be­ru­fe­ner Ver­tre­ter des Vor­stands ge­mäß § 31 BGB an­zu­se­hen­de Lei­ter des Ent­wick­lungs­teams des streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tors über den Ein­bau der ge­setz­wid­ri­gen Mo­tor­steue­rungs­soft­ware Be­scheid ge­wusst hät­ten (S. 22 ff. der Kla­ge­schrift; S. 24 der Re­plik). Hier­für spricht nicht nur der Um­stand, dass es sich bei der Ver­wen­dung der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung um ei­ne grund­le­gen­de, welt­weit al­le Fahr­zeu­ge mit den Mo­to­ren der Se­rie – 127.000 selbst her­ge­stell­te Fahr­zeu­ge so­wie ei­ne un­be­kann­te Zahl an mit ih­ren Mo­to­ren aus­ge­stat­te­ten Fahr­zeu­gen an­de­rer Her­stel­ler wie Volks­wa­gen und Por­sche – be­tref­fen­de Stra­te­gie­ent­schei­dung han­del­te, die mit er­heb­li­chen Ri­si­ken für den ge­sam­ten Kon­zern und mit per­sön­li­chen Haf­tungs­ri­si­ken für die ent­schei­den­den Per­so­nen ver­bun­den war, son­dern auch die Be­deu­tung ge­setz­li­cher Grenz­wer­te und der tech­ni­schen und wirt­schaft­li­chen Mög­lich­kei­ten ih­rer Ein­hal­tung für die Ge­schäfts­tä­tig­keit der Be­klag­ten (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 39; vgl. auch OLG Ko­blenz, Urt. v. 05.06.2020 – 8 U 1803/19, ju­ris Rn. 63; OLG Naum­burg, Urt. v. 18.09.2020 – 8 U 39/20, ju­ris Rn. 64; OLG Ol­den­burg, Urt. v. 16.10.2020 – 11 U 2/20, ju­ris Rn. 76).

Die Be­klag­te trifft da­nach un­ter Be­rück­sich­ti­gung der vom BGH in der zi­tier­ten Ent­schei­dung nä­her dar­ge­stell­ten Maß­stä­be (s. da­zu im Ein­zel­nen BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 35–39) ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last da­für, dass ihr vor­ma­li­ger Vor­stand von der Ent­wick­lung und Ver­wen­dung ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung kei­ne Kennt­nis hat­te. Es ob­lag der Be­klag­ten da­her zu­min­dest, zu ih­rer da­ma­li­gen Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur und Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on, den da­ma­li­gen in­ter­nen Zu­stän­dig­kei­ten und Ver­ant­wort­lich­kei­ten, den Be­richts­pflich­ten und den von ihr ver­an­lass­ten Er­mitt­lun­gen vor­zu­tra­gen (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 40). Sie hat aber erst­in­stanz­lich über­haupt kei­nen der­ar­ti­gen Vor­trag ge­hal­ten und zweit­in­stanz­lich auch nur pau­schal be­haup­tet, der Vor­stand ha­be „nach dem der­zei­ti­gen Er­mitt­lungs­stand“ – wel­cher nicht an­satz­wei­se dar­ge­stellt wor­den ist – von der Ent­wick­lung und Ver­wen­dung der Soft­ware kei­ne Kennt­nis ge­habt (S. 11 f. des Schrift­sat­zes vom 17.07.2020). Un­ab­hän­gig von der Fra­ge der Zu­las­sungs­fä­hig­keit die­ses Vor­brin­gens im Hin­blick auf § 531 II 1 ZPO ist die Be­klag­te so­mit ih­rer se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last nicht hin­rei­chend nach­ge­kom­men. Mit­hin gilt der Vor­trag der Klä­ger­sei­te zur Kennt­nis des Vor­stands der Be­klag­ten nach § 138 III ZPO als zu­ge­stan­den (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 37).

d) Dem Klä­ger ist durch das sit­ten­wid­ri­ge Ver­hal­ten der Be­klag­ten ein Scha­den i. S. des § 249 I BGB ent­stan­den, der in dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags über das mit ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung ver­se­he­ne Fahr­zeug liegt. Nach den vom BGH in sei­nem Ur­teil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 – im Ein­zel­nen über­zeu­gend dar­ge­stell­ten recht­li­chen Maß­stä­ben kann sich ein Ver­mö­gens­scha­den in Fäl­len, in de­nen je­mand durch ein haf­tungs­be­grün­den­des Ver­hal­ten zum Ab­schluss ei­nes Ver­trags ge­bracht wird, den er sonst nicht ge­schlos­sen hät­te, auch bei ob­jek­ti­ver Wert­hal­tig­keit von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung dar­aus er­ge­ben, dass die Leis­tung für sei­ne Zwe­cke nicht voll brauch­bar ist. Vor­aus­set­zung ist da­für al­ler­dings, dass die Ver­kehrs­an­schau­ung den Ver­trags­schluss den Um­stän­den nach als un­ver­nünf­tig und nach­tei­lig an­sieht (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 46). In die­sem Sin­ne hat die Be­klag­te den Klä­ger in Über­ein­stim­mung mit dem Sach­ver­halt, der der Ent­schei­dung des BGH zu­grun­de lag, durch ihr ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung gleich­ste­hen­des sit­ten­wid­ri­ges Ver­hal­ten zum Ab­schluss des Kauf­ver­trags über das mit der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung ver­se­he­ne Fahr­zeug ver­an­lasst und den Klä­ger da­mit ge­schä­digt, weil er ei­ne für sei­ne Zwe­cke nicht voll brauch­ba­re Ge­gen­leis­tung er­hal­ten hat, die den Ver­trags­schluss nach der Ver­kehrs­an­schau­ung als un­ver­nünf­tig und nach­tei­lig er­schei­nen lässt.

Der Se­nat ist da­von über­zeugt, dass der Klä­ger den Kauf­ver­trag über das von ihm im Fol­gen­den nicht wei­ter­ver­äu­ßer­te, son­dern selbst ge­nutz­te Fahr­zeug nicht ab­ge­schlos­sen hät­te, wenn er von der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung und der dar­aus re­sul­tie­ren­den Ge­fahr ei­ner Be­triebs­be­schrän­kung oder -un­ter­sa­gung Kennt­nis ge­habt hät­te. Maß­ge­bend ist da­bei der Er­fah­rungs­satz, dass ein Käu­fer, der ein Kraft­fahr­zeug zur ei­ge­nen Nut­zung er­wirbt, bei Kennt­nis der Ge­fahr ei­ner Be­triebs­be­schrän­kung oder -un­ter­sa­gung von dem Er­werb des Fahr­zeugs ab­ge­se­hen hät­te (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 51). An­stel­le ei­ner Dar­stel­lung wei­te­rer Ein­zel­hei­ten wird auf die die Fest­stel­lung ei­nes Ver­mö­gens­scha­dens be­tref­fen­de Wür­di­gung des Bun­des­ge­richts­ho­fes (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 44–59) Be­zug ge­nom­men, aus der sich ins­be­son­de­re auch er­gibt, dass der durch den un­ge­woll­ten Ver­trags­schluss ent­stan­de­ne Scha­dens­er­satz­an­spruch, der sich dar­auf rich­tet, dass der Klä­ger so ge­stellt wird, als ob er den Ver­trag nicht ab­ge­schlos­sen hät­te (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 55), nicht da­durch be­rührt wird, dass der Klä­ger ein durch den Her­stel­ler zur Be­sei­ti­gung des Man­gels des Fahr­zeugs ent­wi­ckel­tes Soft­ware­up­date hat durch­füh­ren las­sen (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 58).

Die von der Be­klag­ten ge­gen­be­weis­lich erst­mals in der Be­ru­fungs­in­stanz (S. 10 des Schrift­sat­zes vom 17.07.2020) an­ge­bo­te­ne Par­tei­ver­neh­mung des Klä­gers ist ge­mäß § 531 II 1 ZPO nicht mehr be­rück­sich­ti­gungs­fä­hig, nach­dem die Be­klag­te des­sen durch die Klä­ger­sei­te an­ge­bo­te­ner Par­tei­ver­neh­mung erst­in­stanz­lich noch aus­drück­lich wi­der­spro­chen hat. Die Be­klag­te trägt un­ab­hän­gig da­von aber auch nicht vor, wes­halb der Klä­ger ent­ge­gen der zu­grun­de zu le­gen­den An­nah­me, dass ver­nünf­ti­ge Kun­den von dem Er­werb ei­nes ma­ni­pu­lier­ten Fahr­zeugs re­gel­mä­ßig Ab­stand neh­men, hier aus­nahms­wei­se un­ver­nünf­tig hät­te han­deln und den­noch er­wer­ben sol­len. Die Be­klag­te hat sich dar­auf be­schränkt, den klä­ge­ri­schen Vor­trag zur Kau­sa­li­tät zu be­strei­ten, oh­ne auch nur an­satz­wei­se zu er­läu­tern, wor­aus sich An­halts­punk­te für die Mo­ti­va­ti­on zum Er­werb ei­nes mit ei­ner Still­le­gung be­droh­ten Fahr­zeugs hät­te er­ge­ben sol­len.

Es ist nach den vom BGH in sei­nem Ur­teil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 60–63 – dar­ge­stell­ten Maß­stä­ben auch ein auf den un­ge­woll­ten und un­ver­nünf­ti­gen Ver­trags­ab­schluss be­zo­ge­ner Schä­di­gungs­vor­satz der auf­sei­ten der Be­klag­ten i. S. des § 31 BGB haf­tungs­be­grün­dend han­deln­den Per­so­nen fest­stell­bar. Der Se­nat hat vor dem Hin­ter­grund, dass der Vor­stand der Be­klag­ten oder zu­min­dest ein­zel­ne sei­ner Mit­glie­der Kennt­nis von der mit der Ent­wick­lung und Ver­wen­dung der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung ver­bun­de­nen stra­te­gi­schen Ent­schei­dung hat­ten und die­se auch jah­re­lang um­ge­setzt wur­de, kei­ne Zwei­fel dar­an, dass die be­tref­fen­den Vor­stands­mit­glie­der die mit dem un­ge­woll­ten Ver­trags­ab­schluss ei­nes Käu­fers ver­bun­de­ne Schä­di­gung vor­aus­ge­se­hen und zur Er­rei­chung der mit der stra­te­gi­schen Ent­schei­dung an­ge­streb­ten Zwe­cke bil­li­gend in Kauf ge­nom­men ha­ben.

e) Nach al­le­dem kommt es auf die Zu­las­sungs­fä­hig­keit und Sub­stan­zi­iert­heit der erst­mals in der Be­ru­fungs­be­grün­dung auf­ge­stell­ten Be­haup­tung des Klä­gers, das Fahr­zeug ver­fü­ge über ein „über­gro­ßes Ther­mo­fens­ter“, nicht an.

2. Be­tref­fend die Scha­dens­hö­he ist Grund­la­ge der Scha­dens­be­rech­nung der ge­zahl­te Brut­to­kauf­preis.

So­weit die Be­klag­te erst­mals in der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung vor­ge­tra­gen hat, der Klä­ger sei vor­steu­er­ab­zugs­be­rech­tigt, so­dass die Um­satz­steu­er le­dig­lich ei­nen von ihm nicht zu tra­gen­den durch­lau­fen­den Pos­ten dar­stel­le, er­folg­te dies oh­ne jeg­li­chen sonst er­sicht­li­chen Be­zug auf den erst­in­stanz­li­chen Vor­trag bei­der Sei­ten ein­schließ­lich der ein­ge­reich­ten An­la­gen. Mög­li­cher­wei­se han­del­te es sich um ei­nen ver­se­hent­lich ver­wen­de­ten Text­bau­stein, wo­für auch der un­zu­tref­fen­de Ver­weis auf die Sei­te 2 des land­ge­richt­li­chen Ur­teils spricht. Ob die­ser der klä­ge­ri­schen Schil­de­rung des Fahr­zeug­kaufs nicht ent­spre­chen­de Vor­trag im Hin­blick auf § 531 II 1 ZPO be­rück­sich­ti­gungs­fä­hig ist, kann da­hin­ste­hen. Denn je­den­falls ist der Vor­trag be­tref­fend ei­nen der­ar­ti­gen von der Be­klag­ten dar­zu­le­gen­den und zu be­wei­sen­den Vor­teils­aus­gleich er­läu­te­rungs­be­dürf­tig und da­her in sei­ner Pau­scha­li­tät nicht hin­rei­chend sub­stan­zi­iert. Die Be­klag­te hat den Vor­trag in kei­ner Wei­se er­läu­tert, son­dern an ihm im Ge­gen­teil in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat am 20.01.2021 nicht mehr fest­ge­hal­ten. Sie hat dort viel­mehr un­ter Zu­grun­de­le­gung ih­rer Rechts­auf­fas­sung ei­ne Zu­viel­for­de­rung von 15.038,23 € er­rech­net und ist da­bei er­sicht­lich vom Brut­to­kauf­preis aus­ge­gan­gen. Auch die­ser Um­stand spricht im Üb­ri­gen für die obi­ge Ver­mu­tung, der Vor­trag in der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung sei nur ver­se­hent­lich ge­hal­ten wor­den.

3. Der Klä­ger muss sich nach der über­zeu­gen­den Wür­di­gung des BGH im Ur­teil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 64–77, auf die der Se­nat Be­zug nimmt, im We­ge des scha­dens­recht­li­chen Vor­teils­aus­gleichs die bis zum Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung in der Be­ru­fungs­in­stanz ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen des Kraft­fahr­zeugs an­rech­nen las­sen.

Der Se­nat be­misst die Hö­he der Nut­zungs­vor­tei­le des Klä­gers in Aus­übung sei­nes Er­mes­sens ge­mäß § 287 ZPO in Über­ein­stim­mung mit der vom BGH im Ur­teil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 80–83 – ge­bil­lig­ten Be­rech­nungs­wei­se, in­dem er aus­ge­hend von ei­ner ge­schätz­ten Ge­samt­lauf­leis­tung des Fahr­zeugs von 300.000 km den vom Klä­ger ge­zahl­ten Brut­to­kauf­preis von 63.816,44 € durch die bei dem Neu­fahr­zeug zum Er­werbs­zeit­punkt zu er­war­ten­de Lauf­leis­tung von 300.000 km teilt und mit den bis zum Zeit­punkt der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung im Be­ru­fungs­ver­fah­ren ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern mul­ti­pli­ziert.

Hier wur­de der Ki­lo­me­ter­stand zum Zeit­punkt der münd­li­chen Ver­hand­lung in der Be­ru­fungs­in­stanz nicht vor­ge­tra­gen. Al­ler­dings be­trug er un­strei­tig zwei Ta­ge zu­vor 60.682, so­dass man­gels ab­wei­chen­der An­halts­punk­te im We­ge der Schät­zung ge­mäß § 287 ZPO von ei­ner gleich­mä­ßi­gen – der sons­ti­gen durch­schnitt­li­chen Fahr­leis­tung zwi­schen den münd­li­chen Ver­hand­lun­gen in bei­den In­stan­zen am 05.09.2019 so­wie am 20.01.2021 ent­spre­chen­den – Zu­nah­me der Fahr­leis­tung von 42 km zur münd­li­chen Ver­hand­lung und mit­hin von ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 60.724 aus­zu­ge­hen ist.

Es er­rech­net sich dar­aus ein aus­zu­glei­chen­der Vor­teil des Klä­gers in Hö­he von 12.917,30 €. Es ver­bleibt da­her von dem Kauf­preis ein Be­trag in Hö­he von 50.899,14 €.

4. Der zu­er­kann­te Zins­an­spruch er­gibt sich ab dem Tag nach Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit aus den §§ 291, 288 I 2 BGB.

Ver­zugs­zin­sen vor dem Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit kann der Klä­ger hin­ge­gen nicht ver­lan­gen, denn er hat die Be­klag­te vor­ge­richt­lich nicht wirk­sam in Ver­zug ge­setzt. In dem Schrei­ben sei­ner Be­voll­mäch­tig­ten vom 21.02.2019 (An­la­ge K 4) ver­lang­te er Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs den Kauf­preis zwar ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung, be­rech­ne­te die­se je­doch auf der Ba­sis ei­ner Ge­samt­fahr­leis­tung von 500.000 km er­heb­lich zu ge­ring. Dies stell­te ei­ne deut­li­che Zu­viel­for­de­rung (von rund sie­ben Pro­zent der ge­recht­fer­tig­ten For­de­rung) dar, so­dass die Be­klag­te durch das Schrei­ben nicht in Ver­zug ge­riet (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 86).

Die Pro­zess­zin­sen wa­ren bis zur münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Be­ru­fungs­ge­richt nicht aus dem letzt­lich in der Haupt­sa­che zu­er­kann­ten Be­trag, son­dern aus ei­nem er­höh­ten Be­trag zu­zu­spre­chen. Denn es war zu be­rück­sich­ti­gen, dass der Kauf­prei­ser­stat­tungs­an­spruch erst in­fol­ge der seit Rechts­hän­gig­keit ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter auf den zu­er­kann­ten Be­trag her­ab­ge­sun­ken ist (BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 397/19, ju­ris Rn. 38).

Ei­nen Tag nach Rechts­hän­gig­keit, wel­che am 10.04.2019 ein­trat, be­trug der Ki­lo­me­ter­stand nach der ge­mäß § 287 ZPO er­folg­ten Schät­zung des Se­nats, die von ei­ner gleich­mä­ßi­gen, der sons­ti­gen durch­schnitt­li­chen Fahr­leis­tung zwi­schen dem au­ßer­ge­richt­li­chen An­walts­schrei­ben vom 21.02.2019 so­wie der münd­li­chen Ver­hand­lung in der ers­ten In­stanz am 05.09.2019 ent­spre­chen­den Zu­nah­me der Fahr­leis­tung aus­geht, 44.009. Dies zu­grun­de ge­legt, wa­ren für die­sen Tag Zin­sen aus 54.454,78 € zu­zu­spre­chen (Nut­zungs­er­satz da­mals: \frac{\text{63.816,44 €}\times\text{44.009 km}}{\text{300.000 km}} = 9.361,66 €). Für den Tag der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Be­ru­fungs­ge­richt wa­ren hin­ge­gen Zin­sen aus dem zu­er­kann­ten Be­trag zu­zu­spre­chen. Der Mit­tel­wert, aus dem Zin­sen zu­zu­spre­chen sind, be­trägt dem­nach 52.676,96 €. Die­ser Mit­tel­wert ist auch der Mit­tel­wert aus den für den zwei­ten und den vor­letz­ten Tag des Be­rech­nungs­zeit­raums zu­grun­de zu le­gen­den Be­trä­gen. Ent­spre­chen­des gilt für den drit­ten und den vor­vor­letz­ten Tag etc. bis schließ­lich für die zeit­li­che Mit­te zwi­schen Rechts­hän­gig­keit und münd­li­cher Ver­hand­lung vor dem Be­ru­fungs­ge­richt (vgl. die Gauß­sche Sum­men­for­mel). Nach die­sem Prin­zip liegt das dem Klä­ger zu­ste­hen­de rech­ne­ri­sche Mit­tel für die­sen ge­sam­ten Zeit­raum bei ei­ner Ver­zin­sung die­ses Mit­tel­werts.

5. De­likt­szin­sen kann der Klä­ger nach der über­zeu­gen­den Wür­di­gung des BGH (Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 354/19, ju­ris Rn. 19 m. w. Nachw.), der sich der Se­nat an­schließt, nicht ver­lan­gen. Da­nach steht der An­wen­dung des § 849 BGB schon der Um­stand ent­ge­gen, dass der Klä­ger als Ge­gen­leis­tung für die Hin­ga­be des Kauf­prei­ses ein in tat­säch­li­cher Hin­sicht voll nutz­ba­res Fahr­zeug er­hielt. Zwar hat der Klä­ger durch den un­ge­woll­ten Ver­trags­schluss ei­nen Scha­den er­lit­ten, weil dem Fahr­zeug ei­ne Be­triebs­be­schrän­kung oder -un­ter­sa­gung droh­te und im Zeit­punkt des Er­werbs nicht ab­seh­bar war, ob über­haupt, wenn ja zu wel­chem Zeit­punkt und wie – vor al­lem oh­ne Nach­teil für den Käu­fer – der Man­gel be­ho­ben wer­den kann. Gleich­wohl war das Fahr­zeug im Streit­fall aber tat­säch­lich nutz­bar, weil sich die be­ste­hen­de Ge­fahr nicht rea­li­sier­te. Die tat­säch­li­che Mög­lich­keit, das Fahr­zeug zu nut­zen, kom­pen­sier­te da­mit den Ver­lust der Nut­zungs­mög­lich­keit des Gel­des.

6. Der An­trag auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs ist nicht be­grün­det. Wie be­reits oben aus­ge­führt, hat­te der Klä­ger mit Schrei­ben sei­ner Be­voll­mäch­tig­ten vom 21.02.2019 (An­la­ge K 4.) er­heb­lich zu viel ge­for­dert. Hin­zu ka­men im ge­richt­li­chen Ver­fah­ren noch die zu viel ver­lang­ten De­likt­szin­sen, so­dass durch­ge­hend ein deut­lich zu ho­her Scha­dens­er­satz­an­spruch gel­tend ge­macht wur­de (Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ju­ris Rn. 85).

7. Au­ßer­ge­richt­li­che Rechts­an­walts­kos­ten kann der Klä­ger nur in dem Um­fang ver­lan­gen, in wel­chem das au­ßer­ge­richt­li­che Tä­tig­wer­den be­rech­tigt war.

Die Hö­he des An­spruchs be­läuft sich für den Zeit­punkt des vor­ge­richt­li­chen Tä­tig­wer­dens der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten des Klä­gers durch das als An­la­ge zur Kla­ge­schrift vor­ge­leg­te An­walts­schrei­ben vom 21.02.2019 auf ei­ne 1,3-fa­che Ge­schäfts­ge­bühr ge­mäß Nr. 2300 VV RVG – un­ter Be­rück­sich­ti­gung der klä­ge­ri­schen Be­schrän­kung auf die nicht an­zu­rech­nen­de Ge­bühr, mit­hin 0,65 – nebst Post- und Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­pau­scha­le und 19 % Um­satz­steu­er. Ein hö­he­rer er­stat­tungs­fä­hi­ger Ge­büh­ren­satz kommt ge­mäß § 14 I RVG un­ter Be­rück­sich­ti­gung von Um­fang und Schwie­rig­keit der an­walt­li­chen Tä­tig­keit nicht in Be­tracht und ist auch im Hin­blick auf sons­ti­ge für die Ge­büh­ren­be­mes­sung re­le­van­te Um­stän­de durch den Klä­ger nicht schlüs­sig dar­ge­legt wor­den. Die Ge­büh­ren­be­mes­sung ist fer­ner auch un­ter dem As­pekt des dem Rechts­an­walt bei der Be­mes­sung von Rah­men­ge­büh­ren ge­mäß § 14 I RVG zu­ste­hen­den Er­mes­sens­spiel­raums nicht der ge­richt­li­chen Über­prü­fung ent­zo­gen (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.2013 – VI ZR 195/12, ju­ris Rn. 7 f.).

Die Ge­bühr ist un­ter Be­rück­sich­ti­gung des sich aus dem Schrei­ben er­ge­ben­den und nach den vor­ste­hen­den Aus­füh­run­gen ge­recht­fer­tig­ten Ge­gen­stands­werts der an­walt­li­chen Tä­tig­keit aus der Ge­büh­ren­stu­fe bis 65.000 € zu be­rech­nen. Zum Zeit­punkt des au­ßer­ge­richt­li­chen Tä­tig­wer­dens am 21.02.2019 wa­ren erst 42.000 km ge­fah­ren wor­den und war dem­entspre­chend we­ni­ger Nut­zungs­er­satz ab­zu­zie­hen. Der Se­nat er­mit­telt so ei­nen da­ma­li­gen Ge­gen­stands­wert, der zwi­schen 50.000 und 65.000 € liegt.

8. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 92 I ZPO. Bei der Kos­ten­ent­schei­dung war auch das Un­ter­lie­gen des Klä­gers mit den von ihm gel­tend ge­mach­ten Zin­sen, ins­be­son­de­re den De­likt­szin­sen, zu be­rück­sich­ti­gen, auch wenn die­se nicht streit­wert­re­le­vant sind (vgl. Zöl­ler/​Her­get, ZPO, 33. Aufl., § 92 Rn. 3). Die di­ver­gie­ren­den Kos­ten­ent­schei­dun­gen für die bei­den Rechts­zü­ge re­sul­tie­ren dar­aus, dass der klä­ge­ri­sche An­spruch in der ers­ten In­stanz – ins­be­son­de­re zum Zeit­punkt der Kla­ge­ein­rei­chung und vor der bei der Kos­ten­ver­tei­lung zu­guns­ten des Klä­gers zu be­rück­sich­ti­gen­den Er­le­di­gungs­er­klä­rung in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Land­ge­richt – we­gen der we­ni­ger ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter noch et­was hö­her war.

Die Re­vi­si­on war man­gels des Vor­lie­gens der Vor­aus­set­zun­gen von § 543 II 1 ZPO nicht zu­zu­las­sen, nach­dem der BGH die hier maß­geb­li­chen Fra­gen nach Er­ge­hen des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils in sei­nen Ent­schei­dun­gen zum Mo­tor EA189 be­reits ge­klärt hat (ins­be­son­de­re durch Ur­teil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316). Die Wer­tun­gen des BGH sind an­ge­sichts der hier ein­ge­bau­ten Prüf­stand­ma­ni­pu­la­ti­on oh­ne Wei­te­res auf den vor­lie­gen­den Fall über­trag­bar (vgl. OLG Naum­burg, Urt. v. 18.09.2020 – 8 U 39/20, ju­ris Rn. 76). Der Klä­ger hat­te mit der Be­ru­fungs­be­grün­dung die Zu­las­sung der Re­vi­si­on an­ge­regt, dies aber wohl bloß im Hin­blick auf die zwi­schen­zeit­lich eben­falls ge­klär­te Fra­ge der De­likt­szin­sen (vgl. S. 27 der Be­ru­fungs­be­grün­dung). …

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