- Die Beurteilung, ob die in der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache liegende Pflichtverletzung des Verkäufers unerheblich und deshalb ein Rücktritt vom Kaufvertrag ausgeschlossen ist (§ 323 V 2 BGB), erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf Grundlage der Umstände des Einzelfalls, bei der auf den Zeitpunkt der Rücktritterklärung abzustellen ist (im Anschluss u. a. an BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 27 ff.; Urt. v. 18.10.2017 – VIII ZR 242/16, DAR 2018, 78 Rn. 12; beide m. w. Nachw.). Dabei indiziert ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) zwar regelmäßig die Erheblichkeit der Pflichtverletzung (im Anschluss an BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VIII ZR 374/11, NJW 2013, 1365 Rn. 16). Diese Indizwirkung kann allerdings durch besondere Umstände ausgeräumt werden, etwa wenn das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit nur mit sehr geringfügigen Beeinträchtigungen verbunden und sie auch unter Berücksichtigung der mit dem Abschluss einer Beschaffenheitsvereinbarung verfolgten Interessen des Käufers als eine unwesentliche Pflichtverletzung einzustufen wäre (im Anschluss an BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 54).
- Haben die Parteien eines Kfz-Kaufvertrags vereinbart, dass für die mitverkauften Felgen der – bei der Übergabe des Fahrzeugs montierten – Winterräder eine Allgemeine Betriebserlaubnis existiert, so begründet deren Fehlen einen Sachmangel (§ 434 I 1 BGB). Dieser Mangel ist jedoch geringfügig, die in der Lieferung des mangelhaften Fahrzeugs liegende Pflichtverletzung des Verkäufers also unerheblich i. S. von § 323 V 2 BGB, wenn er sowohl dadurch folgenlos beseitigt werden kann, dass der Verkäufer eine – ohne Weiteres zu erlangende – Einzelbetriebserlaubnis nach §§ 21, 22 II 4 StVZO beschafft oder die Felgen durch – für das Fahrzeug zugelassene – gleichartige und gleichwertige Felgen ersetzt, und wenn der mit einer solchen Nacherfüllung verbundene Kostenaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises nicht übersteigt.
OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2021 – 10 U 46/18
(vorangehend: BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18)
Sachverhalt: Der Kläger kaufte von dem Beklagten mit Vertrag vom 16.11.2016 für 31.750 € einen gebrauchten Pkw der Marke BMW. In dem schriftlichen Kaufvertrag heißt es unter anderem:
„1 × Satz gebrauchte Winterräder auf Alufelgen (ABE [= Allgemeine Betriebserlaubnis] für Winterräder wird nachgereicht)“.
Der Kläger zahlte den Kaufpreis, und das gekaufte Fahrzeug wurde ihm mit montierten Winterrädern übergeben und übereignet. Deren Felgen stammten nicht vom Hersteller des Fahrzeugs; vielmehr waren sie lediglich mit einem BMW-Emblem versehen und für das verkaufte Pkw-Modell nicht zugelassen.
Die Parteien streiten (noch noch) darüber, ob der Kläger deshalb wirksam von dem streitgegenständlichen Kaufvertrag zurückgetreten ist.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Voraussetzungen für einen mangelbedingten Rücktritt vom Kaufvertrag im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nicht erfüllt gewesen seien. Seinerzeit habe der behauptete Defekt an der Luftfederung schon nicht mehr vorgelegen, da die diese auf Veranlassung des Klägers bereits austauscht gewesen sei. Der im Frühjahr aufgetretene Defekt am Turbolader rechtfertige einen Rücktritt vom Kaufvertrag deshalb nicht, weil der Beklagte den Turbolader ersetzt habe. Die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe einen leistungsstärkeren, aber älteren Turbolader eines anderen Herstellers eingebaut und daher nicht ordnungsgemäß nachgebessert, sei „ins Blaue hinein“ aufgestellt worden. Jedenfalls aber fehle es an einer Aufforderung des Klägers, den Pkw hinsichtlich des Turboladers erneut nachzubessern, und eine solche Aufforderung sei auch nicht entbehrlich gewesen. Bezüglich der fehlenden Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Felgen der Winterräder scheitere ein Rücktritt daran, dass der Kläger dem Beklagten insoweit keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe, die bei Erklärung des Rücktritts erfolglos abgelaufen gewesen sei.
Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat der erkennende Senat durch Urteil vom 13.11.2018 zurückgewiesen. Zwar liege ein Mangel vor, weil die Felgen der Winterräder nicht über eine Allgemeine Betriebserlaubnis verfügten. Dieser Mangel lasse sich auch nicht beseitigen, weil eine solche Allgemeine Betriebserlaubnis nicht erlangt werden könne. Der Kläger habe dem Beklagten daher insoweit keine Frist zur Nacherfüllung setzen müssen. Der Rücktritt des Klägers sei jedoch unwirksam, weil die Pflichtverletzung des Beklagten unerheblich, der in Rede stehende Mangel also geringfügig sei. Denn die Felgen könnten gegen optisch vergleichbare ausgetauscht werden, die über eine Allgemeine Betriebserlaubnis verfügten, und dies verursache Kosten von weniger als fünf Prozent des Kaufpreises. Im Übrigen habe der Kläger zwar schlüssig vorgetragen, dass der Beklagte einen mangelhaften Turbolader in sein Fahrzeug eingebaut und daher nicht ordnungsgemäß nachgebessert habe. Insoweit scheitere ein Rücktritt jedoch daran, dass der Kläger dem Beklagten keine Frist zur (erneuten) Nacherfüllung gesetzt habe und eine Fristsetzung auch nicht entbehrlich gewesen sei.
Auf die – erfolgreiche – Revision des Klägers hat der BGH das Berufungsurteil „im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich der auf das Fehlen einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Felgen der Winterräder gestützten Ansprüche des Klägers zu seinem Nachteil entschieden worden ist“ (BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195).
Die fehlende Allgemeine Betriebserlaubnis für die Felgen begründe zwar nicht per se einen Mangel des Fahrzeugs (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB), da die Verwendung von für das Fahrzeug nicht zugelassenen Teilen nicht ohne Weiteres die Allgemeine Betriebserlaubnis für das Fahrzeug selbst entfallen lasse und dessen Nutzung im Straßenverkehr ausschließe (§ 19 V 1 StVZO). Dies gelte nur dann, wenn durch die nachträgliche Veränderung mit einem gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit eine Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer geschaffen werde (BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 31, 34). Ein Mangel liege aber vor, weil die Parteien bei Abschluss des Kaufvertrags vereinbart hätten, dass der Beklagte die Allgemeine Betriebserlaubnis für die Felgen nachreiche und der Beklagte so die Gewähr für das Vorhandensein einer Allgemeinen Betriebserlaubnis übernommen habe.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sei indes eine Fristsetzung zur Nacherfüllung gemäß § 326 V BGB nur dann entbehrlich, wenn beide Varianten der Nacherfüllung – Mangelbeseitigung und Ersatzlieferung – unmöglich seien. Eine Nacherfüllung durch Ersatzlieferung sei hier nicht von vornherein ausgeschlossen. Vielmehr komme es darauf an, ob nach dem durch interessengerechte Auslegung zu ermittelnden Willen der Parteien bei Abschluss des Kaufvertrags eine Ersatzlieferung von – für den Pkw zugelassenen – gleichartigen und gleichwertigen Felgen oder Winterrädern in Betracht kommen sollte, ob also die Felgen nach den Vorstellungen der Parteien im Falle ihrer Mangelhaftigkeit ersetzt werden könnten. Dies habe das Berufungsgericht nicht geprüft.
Ob ein Rücktritt vom Kaufvertrag bezüglich der Felgen an § 323 V 2 BGB scheitere, hänge nicht nur davon ab, welche Kosten für den Austausch der Felgen anfielen, sondern auch davon, ob durch die Verwendung nicht zugelassener Felgen die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs erloschen sei. Denn in diesem Fall führe die Entfernung der nicht zugelassenen Teile nicht automatisch dazu, dass die Betriebserlaubnis wiederauflebe; diese müsste dann vielmehr neu beantragt werden. Die Parteien hätten zudem eine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts getroffen, dass eine Allgemeine Betriebserlaubnis für die Felgen vorhanden sei, und ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung indiziere in der Regel die Erheblichkeit der Pflichtverletzung des Verkäufers. Dieses Indizwirkung könne allerdings durch besondere Umstände ausgeräumt werden, etwa dann, wenn das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit nur mit sehr geringfügigen Beeinträchtigungen verbunden sei. Insofern komme es hier auch darauf an, ob durch die Verwendung der Winterräder eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten stand. Ob der Beklagte im Hinblick auf das Fehlen einer Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Felgen grob fahrlässig gehandelt habe, sei dagegen schon deshalb nicht von Bedeutung, weil dem Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine grobe Fahrlässigkeit angelastet werden könne.
Die Berfung des Klägers hatte auch diesmal keinen Erfolg.
Aus den Gründen: II. Die zulässige Berufung erweist sich auch nach ergänzender Beweisaufnahme unter Berücksichtigung des in dieser Sache am 11.12.2019 ergangenen Urteils des BGH – VIII ZR 361/18 – als unbegründet.
A. Die fehlende Allgemeine Betriebserlaubnis für die Felgen des streitgegenständlichen Fahrzeugs begründet zwar einen Sachmangel i. S. des § 434 I 1 BGB (hierzu unten 1). Hieraus ergibt sich jedoch kein Rücktrittsrecht, da dieser Mangel durch Beschaffung einer Einzelbetriebserlaubnis für die mitverkauften Felgen oder Austausch der Felgen der Winterräder beseitigt werden kann und unter Berücksichtigung der dabei anfallenden Kosten eine unerhebliche Pflichtverletzung vorliegt (hierzu unten 2).
1. Ein Sachmangel liegt gemäß § 434 I 1 BGB vor, da das Fahrzeug aufgrund der fehlenden Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Felgen nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufwies. Der Senat nimmt auf die Ausführungen im in dieser Sache ergangenen BGH-Urteil (BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 35) Bezug. Angesichts der Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit liegt ein Sachmangel unabhängig davon vor, ob die Verwendung der Felgen zum Erlöschen der Betriebserlaubnis des Fahrzeugs führte.
Darüber hinaus hat sich im Rahmen der Untersuchung durch den Sachverständigen herausgestellt, dass die auf die Winterräder montierten Reifen (225/50 R17) unzulässig sind, da nach der EG-Typgenehmigung die Reifengröße 225/55 R17 zugelassen ist. Auf diesen Umstand kann das geltend gemachte Rücktrittsrecht nicht gestützt werden, weil der Kläger jedenfalls insofern keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat und auch keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, aus denen sich eine Erheblichkeit der Pflichtverletzung ergäbe.
2. Ob hier zur Begründung eines Rücktrittsrechts gemäß § 437 Nr. 2 Fall 1, § 323 I BGB eine Fristsetzung erforderlich war und ob eine solche gegebenenfalls auch erfolgt ist, kann dahinstehen. Denn der durch den Kläger erklärte Rücktritt war jedenfalls deshalb unwirksam, weil dem gemäß § 323 V 2 BGB die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung entgegensteht.
a) Ein Käufer ist nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines Sachmangels berechtigt, wenn die Pflichtverletzung unerheblich, das heißt wenn der Mangel geringfügig ist (§ 323 V 2 BGB). Dabei ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers abzustellen. Die Beurteilung der Frage, ob die Pflichtverletzung unerheblich ist, erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des BGH eine umfassende Interessenabwägung auf Grundlage der Umstände des Einzelfalls (vgl. nur BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 16 m. w. Nachw.; Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 27; Urt. v. 18.10.2017 – VIII ZR 242/16, DAR 2018, 78 Rn. 12). Ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung indiziert in der Regel die Erheblichkeit der Pflichtverletzung (BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VIII ZR 374/11, NJW 2013, 1365 Rn. 16).
Bei behebbaren Mängeln ist im Rahmen dieser umfassenden Interessenabwägung jedoch grundsätzlich nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung, sondern auf die Kosten der Mängelbeseitigung abzustellen. Von einer Geringfügigkeit eines behebbaren Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung ist in der Regel auszugehen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind (vgl. nur BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 17 m. w. Nachw.). Von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung ist in der Regel dann nicht mehr auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand mehr als fünf Prozent des Kaufpreises beträgt (vgl. nur BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 12; Urt. v. 26.10.2016 – VIII ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 28).
b) Der Mangel kann sowohl durch Lieferung von Winterrädern mit zugelassenen Felgen beseitigten werden als auch durch Beschaffung einer Einzelbetriebserlaubnis für die mitverkauften Felgen, wodurch jeweils Kosten entstehen, die fünf Prozent des vereinbarten Kaufpreises unterschreiten.
aa) Bei der im Rahmen von § 323 V 2 BGB vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung kommt der Frage maßgebliche Bedeutung zu, ob die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs durch die Montage von Winterrädern mit Felgen ohne Allgemeine Betriebserlaubnis gemäß § 19 II 2 Nr. 2 StVZO erloschen ist und welcher Aufwand gegebenenfalls erforderlich ist, um die Betriebserlaubnis wiederzuerlangen.
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs durch die Montage der Felgen nicht erloschen ist:
aaa) Das Fehlen einer Allgemeinen Betriebserlaubnis (§ 20 StVZO) bezüglich der Felgen (vgl. § 22 StVZO), für die auch eine Einzelbetriebserlaubnis nach §§ 21, 22 II 4 StVZO oder ein Nachtrag zur Betriebserlaubnis des Fahrzeugs (§ 22 III, sect; 19 III Nr. 1 lit. b StVZO) nicht vorlag, führt nicht ohne Weiteres dazu, dass gemäß § 19 II 2 Nr. 2 StVZO die Betriebserlaubnis für das Fahrzeug erlischt. Vielmehr setzt dies voraus, dass die – mit der Nutzung nicht zugelassener Felgen für die Winterräder verbundene – nachträgliche Veränderung mit einem gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit eine Gefährdung für Verkehrsteilnehmer verursacht (BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 30 f.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 31.05.2011 – 10 S 1857/09, juris Rn. 27, 29; KG, Urt. v. 27.03.1998 – 2 Ss 341/97 – 3 Ws (B) 76/98, juris Rn. 7, 9). Es ist weder die Veränderung von Fahrzeugteilen, deren Beschaffenheit vorgeschrieben ist, noch die bloße Möglichkeit einer Gefährdung ausreichend, um die Betriebserlaubnis gemäß § 19 II 2 Nr. 2 StVZO erlöschen zu lassen. Dem steht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegen. Erforderlich ist daher, dass durch die nachträgliche Veränderung mit einem gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit eine Gefährdung für Verkehrsteilnehmer geschaffen wird. Dabei lässt sich das Maß der für ein Erlöschen der Betriebserlaubnis erforderlichen Gefahr nicht abstrakt und absolut bestimmen. Denn der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad hängt von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter und dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Behörden und Gerichte haben daher für jeden konkreten Einzelfall zu ermitteln, ob die betreffende Veränderung – sei es durch unsachgemäßen Anbau eines an sich ungefährlichen Fahrzeugteils, sei es durch den Betrieb eines sachgerecht angebauten, aber gefährlichen Teils – eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern nicht nur möglich erscheinen, sondern erwarten lässt (BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 30 f.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 31.05.2011 – 10 S 1857/09, juris Rn. 27, 29).
bbb) Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ist aufgrund der Montage der Felgen eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern nicht zu erwarten. Der Sachverständige führte aus, dass er zunächst festgestellt habe, dass die Felgen hinsichtlich Lochzahl und Lochbild auf das streitgegenständliche Fahrzeug montiert werden können. Anschließend habe er das Fahrzeug „diagonal verschränkt“. Dabei wird die maximale Auslastung des Federwegs simuliert, in dem zwei diagonal gegenüberliegende Räder höhenmäßig fixiert und die anderen beiden bis zur Auslastung des Federwegs abgesenkt werden, was der stärksten Belastung des Fahrzeugs im Hinblick auf den Federweg entspricht. Unter diesen Bedingungen wie auch im Normalzustand habe er eine ausreichende Freigängigkeit der Räder gegenüber angrenzenden Karosserieteilen festgestellt. Aufgrund des festgestellten Ausmaßes der Freigängigkeit könne eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern auch ohne eine Probefahrt unter Extrembedingungen ausgeschlossen werden. Zwar seien umfangreiche Fahrversuche mit Schwellen und bei Höchstgeschwindigkeit erforderlich und vorgeschrieben, wenn es um die generelle Zulassung von Felgen gehe. Da die hier vorliegenden Felgen grundsätzlich für vergleichbare Fahrzeuge desselben Herstellers zugelassen seien und es daher nur um eine Gefährdung bei Verwendung mit dem vorliegenden Fahrzeug gehe, könne eine Gefährdung allenfalls aus einem Kontakt mit Karosserieteilen resultieren, die jedoch aufgrund der Ergebnisse der von ihm durchgeführten Untersuchungen ausgeschlossen seien. Der Sachverständige hat damit überzeugend dargelegt, dass aufgrund der von ihm durchgeführten Messungen auch ohne Fahrversuche eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern ausgeschlossen werden kann.
ccc) Da vorliegend ein Erlöschen der Betriebserlaubnis alleine nach § 19 II 2 Nr. 2 StVZO in Betracht kommt und dessen Voraussetzungen mangels Gefährdung von Verkehrsteilnehmern nicht erfüllt sind, hat die Montage der Felgen nicht zum Erlöschen der Betriebserlaubnis des Fahrzeugs geführt.
bb) Der Mangel kann sowohl durch Beschaffung einer Genehmigung im Einzelfall gemäß §§ 21, 22 II 4 StVZO als auch durch Austausch der Felgen folgenlos beseitigt werden.
aaa) Die Beschaffung einer Einzelbetriebserlaubnis nach §§ 21, 22 II 4 StVZO ist möglich und würde Kosten von unter 200 € verursachen:
(1) Bei Vorliegen einer Einzelbetriebserlaubnis nach §§ 21, 22 II 4 StVZO wäre die Montage der Felgen trotz der fehlenden Allgemeinen Betriebserlaubnis zulässig (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 30).
(2) Die Erlangung einer solchen Erlaubnis ist auch möglich, da die Voraussetzungen hierfür nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen gegeben sind. Denn dieser erläuterte in der mündlichen Verhandlung vom 11.1.2021, dass die mit dem Fahrzeug verkaufte Rad-Reifen-Kombination diese Erlaubnis erhalten würde, da deren Erteilung die Prüfung und Untersuchung voraussetzt, die auch der Sachverständige im Rahmen der Prüfung durchgeführt hat, ob aufgrund der Felgen die Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist (siehe oben aa bbb). Da eine Gefährdung danach auszuschließen ist, sind auch die Voraussetzungen für die Erteilung der Einzelbetriebserlaubnis gegeben.
(3) Erforderlich hierzu ist die Einholung eines entsprechenden Gutachtens, das bei der Zulassungsstelle vorgelegt wird, damit dort die Eintragung veranlasst werden kann. Die Kosten hierfür betragen nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen einschließlich Untersuchung des Fahrzeugs durch den Sachverständigen 100 bis 150 €. Nachdem der Sachverständige nicht ausdrücklich erklärt hat, ob darin die Umsatzsteuer enthalten ist, ist jedenfalls davon auszugehen, dass die Kosten weniger als 200 € betragen.
bbb) Der Mangel kann auch durch Lieferung mangelfreier Felgen beseitigt werden, wodurch Kosten von weniger fünf Prozent des Kaufpreises entstehen:
(1) Nach dem durch interessengerechte Auslegung zu ermittelnden Willen der Parteien (§§ 133, 157 BGB, vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 41 ff.) bei Vertragsschluss kommt auch eine Nachlieferung von gleichartigen und gleichwertigen Felgen oder Winterrädern, die für das Fahrzeug zugelassen sind, als Nacherfüllung in Betracht.
Der Beklagte hat zu dieser Frage darauf verwiesen, dass der Kläger vor Abschluss des Kaufvertrags zunächst angenommen habe, dass es sich bei den Winterrädern um Original-BMW-Felgen gehandelt habe. Nachdem sich bei der Besichtigung herausgestellt habe, dass dies nicht zutreffe, habe ihn dies nicht vom Kauf des Fahrzeugs abgehalten; ihm sei es darauf angekommen, dass das Fahrzeug 8-fach bereift sei.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 01.10.2018 hatte der Kläger angegeben, dass er zunächst davon ausgegangen sei, dass es sich um Original-BMW-Felgen handle, er den Kauf aber nicht daran habe scheitern lassen wollen, als er kurz vor Vertragsabschluss erfahren habe, dass es sich bei den Winterrädern nicht um Original-BMW-Felgen handle. Der Kläger hat auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 11.01.2021 das Vorbringen der Gegenseite, dass es ihm in erster Linie darauf angekommen, sei, dass das Fahrzeug 8-fach bereift sei, nicht bestritten.
Der Kläger bringt schon selbst nicht vor, dass es ihm gerade auf die Felgen mit der KBA-Nummer 48605 angekommen sei. Er legte vielmehr lediglich Wert darauf, dass die Felgen eine Allgemeine Betriebserlaubnis für das Fahrzeugmodell besitzen. Auf dieser Grundlage kam es dem Kläger ersichtlich nicht darauf an, das Fahrzeug gerade mit den vorhandenen Felgen zu erwerben, weshalb eine Ersetzung der Felgen durch gleichwertige mit Allgemeiner Betriebserlaubnis für das Fahrzeug unter Berücksichtigung des Parteiwillens bei Vertragsschluss als Nacherfüllung in Betracht kommt.
(2) Der Senat hat bereits in dem in dieser Sache am 13.11.2018 ergangenen Urteil gemäß § 287 ZPO unter Rückgriff auf allgemein im Internet zugängliche Preise die Kosten für den Erwerb neuer, vergleichbarer Felgen einschließlich der Kosten für das Aufziehen der Reifen sowie die Montagearbeiten auf weniger als 1.587,50 €, also auf weniger als fünf Prozent des Kaufpreises geschätzt. Hiergegen haben die Parteien keine Einwendungen vorgebracht.
cc) Der Umstand, dass aufgrund der fehlenden Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Felgen ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt, steht der Unerheblichkeit der Pflichtverletzung nicht entscheidend entgegen.
Zwar indiziert ein solcher Verstoß in der Regel die Erheblichkeit der Pflichtverletzung (BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VIII ZR 374/11, NJW 2013, 1365 Rn. 16). Diese Indizwirkung kann allerdings durch besondere Umstände ausgeräumt werden, etwa wenn das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit nur mit sehr geringfügigen Beeinträchtigungen verbunden und sie auch unter Berücksichtigung der mit dem Abschluss einer Beschaffenheitsvereinbarung verfolgten Interessen des Käufers als eine unwesentliche Pflichtverletzung einzustufen wäre (BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 54).
Nachdem die Montage der Felgen nicht zum Erlöschen der Betriebserlaubnis geführt hat und die Felgen problemlos ausgetauscht werden können oder eine Einzelbetriebserlaubnis erlangt werden kann, steht der Verstoß gegen die Beschaffenheitsvereinbarung der Unerheblichkeit nicht entgegen.
dd) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich eine Erheblichkeit der Pflichtverletzung nicht aufgrund eines arglistigen Verhaltens des Beklagten. Es ist zwar richtig, dass nach der Rechtsprechung des BGH eine den Rücktritt ausschließende unerhebliche Pflichtverletzung beim Kaufvertrag in der Regel zu verneinen ist, wenn der Verkäufer über das Vorhandensein eines Mangels arglistig getäuscht hat (Urt. v. 24.03.2006 – V ZR 173/05, BGHZ 167, 19 Leitsatz). Alleine der Umstand, dass der Beklagte sich im Kaufvertrag verpflichtet hat, die Allgemeine Betriebserlaubnis für die Winterräder nachzureichen, vermag indes ein arglistiges Handeln nicht zu begründen. Insbesondere ergibt sich daraus gerade nicht, dass der Beklagte bei Abschluss des Kaufvertrags wusste oder damit rechnete, dass die Felgen der Winterräder nicht über eine Allgemeine Betriebserlaubnis für das verkaufte Fahrzeugmodell verfügen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Beklagte davon überzeugt war, die Felgen seien für das Fahrzeugmodell zugelassen und die Übersendung der Allgemeinen Betriebserlaubnis sei eine reine Formsache. Der Beklagte ist zwar ein gewerblicher Kraftfahrzeughändler. Gleichwohl ist nicht ersichtlich, weshalb er hätte davon ausgehen müssen, dass die Felgen der Winterräder möglicherweise nicht für das streitgegenständliche Fahrzeugmodell zugelassen sind.
Damit liegt auch die vom Kläger im Revisionsverfahren geltend gemachte grobe Fahrlässigkeit des Beklagten nicht vor (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2019 – VIII ZR 361/18–, BGHZ 224, 195-217, juris Rn. 57).
ee) Unter Berücksichtigung der aufgezeigten Umstände des vorliegenden Einzelfalls ist der Rücktritt hier wegen Unerheblichkeit der Pflichtverletzung gemäß § 323 V 2 BGB ausgeschlossen, da der Mangel mit einem Aufwand beseitigt werden kann, der fünf Prozent des zwischen den Parteien vereinbarten Kaufpreises unterschreitet.
Der Ausschluss des Rücktritts ist für den Kläger auch nicht unzumutbar. Insbesondere wird er nicht rechtlos gestellt. So kann er beispielsweise weiterhin Nacherfüllung gemäß § 437 Nr. 1, § 439 I BGB verlangen, die nach Wahl des Verkäufers durch das Bewirken einer Genehmigung im Einzelfall oder die Lieferung zugelassener Felgen erfolgen kann, oder gemäß § 437 Nr. 2 Fall 2, § 441 BGB den Kaufpreis mindern oder gemäß § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 440, 311a II, 281 I 3 BGB den sogenannten kleinen Schadensersatz geltend machen. …