- Der Käufer eines Porsche-Oldtimers, der vom Verkäufer als „unrestauriert“ und „in außergewöhnlich gut erhaltenem Originalzustand“ angepriesen wurde, darf die Angabe des Verkäufers, das Fahrzeug sei in einer „Farbe nach Wahl“ (color to sample) bestellt worden, so verstehen, dass das Fahrzeug nach wie vor die Originallackierung aufweist und dass es sich dabei um eine Sonderlackierung nach Kundenwunsch (paint to sample) handelt. Er muss trotz der Angabe, der Oldtimer sei in einer Sonderfarbe „bestellt“ worden, nicht damit rechnen, dass die Sonderlackierung, die das Fahrzeug bei der Erstauslieferung aufwies, später ersetzt wurde.
- Ein Oldtimer, der als „unrestauriertes“ Fahrzeug in einer „Farbe nach Wahl“ (color to sample), das sich in einem „außergewöhnlich gut erhaltenen Originalzustand“ befinde, angepriesen wurde, ist wegen des Fehlens einer vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 I 1 BGB) mangelhaft, wenn er bei Gefahrübergang nicht mehr die originale Sonderlackierung aufweist. Das gilt auch dann, wenn es sich bei der bei Gefahrübergang vorhandenen Lackierung ebenfalls um eine Sonderlackierung handelt.
- Bei einem Agenturgeschäft kann der den Kfz-Kaufvertrag vermeintlich nur vermittelnde Kraftfahrzeughändler auch dann als Verkäufer des Fahrzeugs anzusehen sein, wenn er im Kaufvertrag als „Verkäufer in Agentur“ bezeichnet und dort der derzeitige Eigentumer des Fahrzeugs benannt wird. Denn rechtlich spricht nichts gegen den Verkauf eines im Eigentum eines Dritten stehenden Fahrzeugs, und zwar erst recht nicht, wenn die Eigentümerstellung des Dritten im Kaufvertrag offengelegt wird und der Dritte den Verkäufer zum Verkauf des Fahrzeugs ermächtigt hat.
- Angaben zur Beschaffenheit der Kaufsache, die der Verkäufer in einer invitatio ad offerendum (hier: in einem Newsletter) macht, sind nicht rechtlich unverbindlich. Sie führen vielmehr zu einer Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB), falls der Verkäufer die Angaben nicht bis zum Abschluss des Kaufvertrags korrigiert.
- Ein pauschaler Gewährleistungsausschluss gilt nicht für einen Mangel i. S. von § 434 I 1 BGB, der darin besteht, dass die Kaufsache bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 28 ff.).
LG Köln, Urteil vom 07.01.2021 – 36 O 95/19
Sachverhalt: Der Kläger nimmt die Beklagten auf Rückabwicklung eines am 31.08.2017 geschlossenen Kaufvertrags in Anspruch, mit dem er für 119.500 € einen Pkw Porsche 911 T Coupé (Baujahr 1973) erwarb.
Auf dieses Fahrzeug war der Kläger dadurch aufmerksam geworden, dass es in einem von ihm abonnierten Newsletter der Beklagten zu 1 zum Kauf angeboten worden war. Dabei hatte die Beklagte zu 1 den Pkw unter anderem als „unrestaurierte[s] Exemplar“ beschrieben, das „von 1973 bis 2016 im Erstbesitz“ gewesen sei, sich „in außergewöhnlich gut erhaltenem Originalzustand“ befinde und „sofort startklar“ sei. Außerdem war angegeben, der Pkw sei „in ‚Farbe nach Wahl‘ Tiefdunkelbraun bestellt“ worden, und es fand sich der Hinweis auf „matching numbers“.
Nachdem der Kläger den Porsche 911 T Coupé gemeinsam mit seiner Ehefrau besichtigt und sich zum Kauf entschlossen hatte, wurde unter dem 31.08.2017 ein Kaufvertrag über das Fahrzeug geschlossen. Als Vertragsparteien weist dieser Vertrag die Beklagte zu 1 als „Verkäuferin in Agentur“ und den Kläger als „Käufer“ aus. Außerdem heißt es in dem Kaufvertrag, der „Verkäufer in Agentur“ verkaufe „das nachfolgend bezeichnete gebrauchte Fahrzeug“, dessen Farbe eine „Sonderfarbe (color to sample)“ sei, und weiter:
„2. … Zahlung erbeten auf das Konto der C-GmbH ….
3. Das Fahrzeug wird im Kundenauftrag des Herrn Dr. N … unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung verkauft.
4. Das Fahrzeug ist uneingeschränktes Eigentum des Herrn Dr. N …. Bei Zahlungsverzug kann der Eigentümer/Verkäufer in Agentur vom Kaufvertrag zurücktreten. …“
Unterzeichnet wurde der Kaufvertrag vom Kläger mit dem Zusatz „Käufer“ und vom Geschäftsführer der Beklagten zu 1 mit dem Zusatz „Verkäufer in Agentur“. Halter des Pkw war sowohl bei Abschluss des Kaufvertrags als auch bei der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger der Beklagte zu 2.
Bei der Erstauslieferung war der Porsche 911 T Coupé mit einer von der Fahrzeugherstellerin Lackierung in Sonderfarbe versehen; insoweit heißt es im ersten Kaufvertrag über das Fahrzeug vom 21.04.1972 „paint to sample“. Diese Originallackierung wurde allerdings im Jahr 1982 abgetragen. Das Fahrzeug wurde vollständig neu lackiert, und zwar in einer Farbe, die der Original-Porsche-Farbe „mocha brown“ ähnelt. Für die Neulackierung wurde jedoch kein Original-Porsche-Lack verwendet, sondern ein Lack, der in einer Autolackiererei am Wohnort des ersten Eigentümers angemischter worden war und einen möglichst ähnlichen Farbton haben sollte: “The paint now on the car was mixed by a local auto-body paint supplier, and was supposed to match the Porsche color.”
Nachdem der Kläger den Porsche 911 T Coupé erhalten und den Kaufpreis gezahlt hatte, rügte er Sachmängel des Fahrzeugs, und zwar unter anderem das Fehlen einer Sonderlackierung (color to sample), und setze eine Frist zur Nachbesserung. Nach dem erfolglosen Ablauf dieser Frist erklärte der – anwaltlich vertretene – Kläger mit Schreiben vom 16.10.2018 gegenüber beiden Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag und die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und verlangte, dass der Kaufvertrag bis zum 31.10.2018 rückabgewickelt werde.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von 119.500 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Pkw, in Anspruch genommen. Außerdem hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagten mit der Rückabwicklung des Kaufvertrags und mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug seien. Darüber hinaus hat der Kläger von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung von 578 € nebst Zinsen und den Ersatz vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten (2.480,44 € nebst Zinsen) verlangt.
Der Kläger behauptet, der streitgegenständliche Pkw weise mehrere Sachmängel auf. Vor allem habe er nicht die vereinbarte Beschaffenheit, eine Sonderlackierung (color to sample) zu tragen. Das Fahrzeug sei auch nicht von 1973 bis 2016 im Erstbesitz gewesen; vielmehr habe der Ersterwerber den Porsche 911 T Coupé bereits im Jahr 2013 veräußert. Darüber hinaus sei der Pkw nicht „sofort startklar“ gewesen. Schon auf der Rückfahrt zu seinem – des Klägers – Wohnort in Österreich seien Motorprobleme und unerklärliche Leistungseinbußen aufgetreten; zudem seien die Seitenschweller durchgerostet/deformiert. Es könne auch keine Rede von einem „außergewöhnlich gut erhaltene[n] Originalzustand“ sei, denn der Zustand des Oldtimers sei bestenfalls mit der Note 4 zu bewerten. Schließlich fehlten auch die – den Wert eines Oldtimers erhöhenden – „matching numbers“.
Die Beklagte zu 1 hat sich damit verteidigt, dass sie nicht die Verkäuferin des streitgegenständlichen Fahrzeugs und nach dem Wortlaut des Kaufvertrags auch nicht als solche in Erscheinung getreten sei. Sie habe den Kaufvertrag lediglich für den Beklagten zu 2, den Verkäufer des Pkw, vermittelt.
Bei Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags – so hat die Beklagte zu 1 geltend gemacht – sei zwar über die in ihrem Newsletter aufgeführten Merkmale des Fahrzeugs gesprochen worden; Zusicherungen habe ihr Geschäftsführer dem Kläger allerdings nicht gemacht. Die Angaben in ihrem Newsletter seien nur öffentliche Äußerungen (§ 434 I 3 BGB), sie hätten nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) geführt. Dessen ungeachtet sei der Porsche 911 T Coupé wegen seiner Lackierung nicht mangelhaft. In ihrem Newsletter habe sie, die Beklagte zu 1, nur angegeben, dass das Fahrzeug – was zutreffe – in einer „Farbe nach Wahl“ bestellt worden sei. Der Pkw sei bei der Erstauslieferung tatsächlich auch in einer Sonderfarbe lackiert gewesen; dass er auch bei der Übergabe an den Kläger noch die ursprüngliche Originallackierung aufweise, sei hingegen nie behauptet oder dem Kläger zugesichert worden. Dieser habe im Übrigen daran, dass die Unterseite des Kofferraumdeckels und der Motorraum eine andere Farbe aufwiesen, erkennen können, dass das Fahrzeug neu lackiert worden sei. Schließlich sei auch die gegenwärtige Farbe des Fahrzeugs eine „Farbe nach Wahl“ des Käufers, also ebenfalls eine „color to sample“. Wie diese Farbe korrekt heiße, sei unerheblich, weil der Kläger das Fahrzeug in eben dieser Farbe habe erwerben wollen.
Der Beklagte zu 2 meint, dass er dem Kläger das streitgegenständlichen Fahrzeug verkauft habe; die Beklagte zu 1 sei lediglich „Verkäuferin in Agentur“ gewesen, also nicht Vertragspartnerin des Klägers geworden. Es habe sich um ein zulässiges Agenturgeschäft und nicht etwa um ein Umgehungsgeschäft i. S. von § 475 I 2 BGB a.F. (= § 476 I 2 BGB n.F.) gehandelt. Deshalb sei der im Kaufvertrag enthaltene Gewährleistungsausschluss wirksam. Ungeachtet dessen liege kein Sachmangel vor. Insbesondere weise der Pkw eine Sonderlackierung („color to sample“) auf, denn er sei ja in einer Sonderfarbe lackiert. Dass es sich bei dieser Lackierung um die Originallackierung handele, sei nie behauptet worden.
Die Klage hatte nur insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Beklagte zu 1 richtete.
Aus den Gründen: Die Klage ist zulässig und gegen die Beklagte zu 1 auch begründet aus § 346 I BGB i. V. mit § 437 Nr. 2 Fall 1, § 434 I 1, § 323 I BGB; gegen die Beklagte zu 2 ist sie unbegründet.
1. Auf den streitgegenständlichen Kaufvertrag vom 31.08.2017 ist deutsches Recht anwendbar. Insoweit erscheint es schon fraglich, ob überhaupt der Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I)1Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.06.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl. 2008 L 177, 6; berichtigt ABl. 2009 L 309, 87. gemäß Art. 1 I Rom-I-Verordnung eröffnet ist. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Vertrag eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweist. Angesichts des vorliegend in Deutschland abgeschlossenen Kaufvertrags über ein von einem deutschen Verkäufer angebotenes Fahrzeug, welches im Eigentum eines deutschen Halters stand, erscheint es bereits zweifelhaft, ob die österreichische Nationalität des Klägers ausreicht, um eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten im vorgenannten Sinne zu begründen. Selbst wenn man dies jedoch annehmen wollte, ist auf den Vertrag gemäß Art. 4 I lit. a Rom-I-Verordnung das deutsche Recht als das Recht des Staates, in dem der Verkäufer seinen Sitz hat, anzuwenden. Für eine anderweitige Rechtswahl der Parteien ist nichts ersichtlich, und solches wird auch von keiner Partei vorgetragen.
2. Vertragsparteien des streitgegenständlichen Kaufvertrags sind der Kläger als Käufer und die Beklagte zu 1 als Verkäuferin.
Für die Frage, wer rechtlich als Verkäufer des Fahrzeugs anzusehen ist, kommt es auf Wortlaut und Inhalt des abgeschlossenen Kaufvertrags an, der – soweit erforderlich – nach §§ 133, 157 BGB auszulegen ist. Danach ist hier die Beklagte zu 1 als Verkäuferin des Fahrzeugs anzusehen. Sie ist im Rubrum und in den Unterschriften des Vertrags als die Verkäuferin des Fahrzeugs bezeichnet und hat auch – durch ihren Geschäftsführer – den Vertrag auf Verkäuferseite unterschrieben. Ihr steht auch gemäß Ziffer 4 ein Rücktrittsrecht im Nichterfüllungsfall zu. Angesichts dieser klaren und eindeutigen Bezeichnung der Vertragsparteien im schriftlichen Kaufvertrag kommt den weiteren Einzelheiten keine entscheidende Bedeutung mehr zu (vgl. etwa auch BGH, Urt. v. 26.01.2005 – VIII ZR 175/04, juris Rn. 16).
Dass in Ziffer 3 des Vertrags der Beklagte zu 2 als derzeitiger Eigentümer des Fahrzeugs aufgeführt ist, macht diesen entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht zum Vertragspartner des Klägers und lässt auch nicht den Schluss zu, dass der Kläger nur mit dem Beklagten zu 2 als dem Eigentümer des Fahrzeugs einen Kaufvertrag schließen wollte. In rechtlicher Hinsicht spricht nichts gegen den Verkauf eines Fahrzeugs, das im Eigentum eines Dritten steht, erst recht nicht, wenn dessen Eigentümerstellung im Kaufvertrag offengelegt wird und er den Verkäufer ausdrücklich zum Verkauf des Fahrzeugs ermächtigt hat. Und aus Sicht des Käufers ist vor allen anderen Auslegungsgesichtspunkten derjenige als sein Vertragspartner anzusehen, der aus der schriftlichen Vertragsurkunde als Verkäufer hervorgeht und den Vertrag als Verkäufer unterzeichnet hat. Der von der Beklagten zu 1 hierbei verwendete Zusatz „in Agentur“ hat keinen eindeutigen und unmissverständlichen Inhalt dahin gehend, dass die Beklagte zu 1, obwohl sie sich im Vertrag selbst als Verkäuferin des Fahrzeugs bezeichnet, rechtlich nicht als Verkäuferin verpflichtet sein wollte. Zwar mag dies von der Beklagten zu 1 subjektiv so angestrebt gewesen sein; dieser subjektive Wille der Beklagten zu 1 ist jedoch rechtlich gemäß §§ 133, 157 BGB nur insoweit maßgeblich, als er für den Kläger nach dessen Empfängerhorizont erkennbar war. Das ist aus den erörterten Gründen zu verneinen.
Aus den weiteren Umständen im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss ergibt sich nichts anderes, sondern auch hier war es die Beklagte zu 1, die aktiv – durch Versenden eines Newsletters – auf den Kläger zugekommen ist und das streitgegenständliche Fahrzeug zum Kauf angeboten und näher beschrieben hat. Im Newsletter findet sich keinerlei Hinweis darauf, dass jemand anders als die Beklagte zu 1 das Fahrzeug zum Kauf anbiete.
Dass die Beklagten übereinstimmend von einem Vertragsschluss des Klägers mit dem Beklagten zu 2 ausgehen, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Auch hier ist der Wille der Beklagten nur insoweit maßgeblich, wie er gemäß §§ 133, 157 BGB gegenüber dem Kläger zum Ausdruck gekommen ist. Wenn die Beklagte zu 1 nicht als Verkäuferin verpflichtet sein wollte, hätte nichts näher gelegen, als den Beklagten zu 2 im schriftlichen Vertrag auch als den Verkäufer zu bezeichnen – was für den Kläger unmissverständlich offengelegt hätte, dass er das Fahrzeug nicht von der Beklagten zu 1 sondern von dem Beklagten zu 2) erwarb.
3. Der Kläger ist von dem streitgegenständlichen Kaufvertrag wegen Fehlens einer vereinbarten Beschaffenheit des verkauften Oldtimers – nämlich des wertbildenden Merkmals „color to sample“ – wirksam gemäß § 346 I BGB i. V. mit § 437 Nr. 2 Fall 1, § 434 I 1, § 323 I BGB zurückgetreten.
Im Newsletter der Beklagten zu 1 war hierzu beschrieben, das Fahrzeug sei in „‚Farbe nach Wahl‘ Tiefdunkelbraun“ bestellt worden und es handele sich um ein „unrestaurierte[s] Exemplar“ in „außergewöhnlich gut erhaltenem Originalzustand“. Zudem handelt es sich bei dem Merkmal „Sonderfarbe (color to sample)“ um den einzigen wertbildenden Faktor aus der Fahrzeugbeschreibung im Newsletter der Beklagten zu 1, der auch ausdrücklich in den schriftlichen Kaufvertrag übernommen, mithin nach dem auch insoweit klaren Vertragswortlaut als Beschaffenheitsmerkmal des Fahrzeugs zugesichert und vereinbart worden ist (vgl. dazu im einzelnen unten 4).
Diese vereinbarte Beschaffenheit „Sonderfarbe (color to sample)“ weist das Fahrzeug indes nicht auf.
Die Bezeichnung „paint to sample“ oder „color to sample“ (Lackierung/Farbe nach Muster) beschreibt eine Lackierung des Fahrzeugs in Sonderfarbe durch die Herstellerin anhand eines dieser zuvor vom Kunden zur Verfügung gestellten Farbmusters (sample). Die Herstellerin Porsche eröffnete ihren Kunden seinerzeit die Möglichkeit, ein Farbmuster in Form eines lackierten Metallstücks zu übersenden, anhand dessen die Herstellerin sodann den Lack für das Fahrzeug individiuell in derselben Farbe anmischte und das Fahrzeug damit versah.
Unstreitig war das streitgegenständliche Fahrzeug ursprünglich mit einer solchen Sonderlackierung versehen, was auch aus dem ersten über das Fahrzeug geschlossenen Kaufvertrag hervorgeht. Diese Lackierung ist jedoch – ebenfalls unstreitig – bereits seit dem Jahr 1982 auf dem Fahrzeug nicht mehr vorhanden, sondern wurde seinerzeit vollständig abgetragen; sodann wurde das Fahrzeug neu lackiert in einer Farbe, die es zwar so ähnlich auch bei Porsche unter der Bezeichnung „mocha brown“ gab, die aber vorliegend nicht verwendet wurde, sondern ein von einem örtlichen Autolackierbetrieb am Wohnsitz des Erstkäufers in Charleston, West Virginia, selbst angemischter Lack.
Für die Auslegung des streitgegenständlichen Vertrags dahin gehend, wie der Kläger das vereinbarte und zugesicherte Beschaffenheitsmerkmal des streitgegenständlichen Fahrzeugs „color to sample“ verstehen durfte, kommt es erneut auf seinen Empfängerhorizont an (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = juris Rn. 15). Danach konnte und durfte der Kläger die Angabe „color to sample“ sowohl im Newsletter der Beklagten zu 1 als auch insbesondere im schriftlichen Kaufertrag, in den nur wenige zentrale kennzeichnende und wertbildende Merkmale des streitgegenständlichen Fahrzeugs aufgenommen wurden, so verstehen, dass das Fahrzeug diese vereinbarte Beschaffenheit auch im Zeitpunkt des Kaufs noch aufwies und sie nicht nur in den Jahren 1973 bis 1982 aufgewiesen hatte. Für einen Kaufinteressenten ist nämlich in aller Regel nicht von Interesse, welche wertsteigernden Merkmale eine Kaufsache vor annähernd 30 Jahren aufgewiesen hat, sondern welche Merkmale sie im Zeitpunkt des Kaufs aufweist. Da das Merkmal sowohl im Newsletter der Beklagten zu 1 als auch insbesondere im schriftlichen Kaufvertrag ohne jede klarstellende Einschränkung erscheint, konnte und durfte der Kläger die Angabe „color to sample“ deshalb dahin gehend verstehen, dass dieses Merkmal auch tatsächlich bei Vertragsschluss noch vorhanden war. Soweit sich die Beklagte zu 1 darauf beruft, dass im Newsletter nur stand, dass das Fahrzeug in Farbe nach Wahl „bestellt“ worden sei, musste diese Formulierung einem Kaufinteressenten keine Veranlassung geben anzunehmen, dass dieser Zustand tatsächlich seit fast 30 Jahren nicht mehr bestand; vielmehr durften die Adressaten des Newsletters diese Angabe dahin gehend verstehen, dass diese Farbe auch jetzt noch vorhanden war, weil das Fahrzeug mit diesem Zustand im Newsletter beschrieben war und ein Käufer nicht damit rechnen muss, dass in einer Kaufanpreisung ein wertbildender Faktor eines Fahrzeugs benannt wird, der tatsächlich nicht mehr vorhanden ist; erst recht gilt dies vor dem Hintergrund, dass in der Beschreibung des Fahrzeugs zudem aufgeführt wurde, dass es sich um ein unrestauriertes Exemplar in außergewöhnlich gut erhaltenem Originalzustand handele.
Dass das Merkmal „color to sample“ tatsächlich nicht vorhanden war, ergibt sich aus dem als solchen unstreitigen Umstand der vollständigen Ersetzung des Originallacks des Fahrzeugs im Jahr 1982. Die von den Beklagten hiergegen angeführten Argumente – der Kläger habe das Fahrzeug in der Farbe bekommen, die er haben wollte; es sei ja tatsächlich eine Sonderlackierung vorhanden, nämlich die im Jahr 1982 von einem örtlichen Autolackierer in den USA selbst hergestellte Lackierung; das wertbildende Merkmal „paint to sample“ hafte dem Fahrzeug auf ewig an, auch wenn die Lackierung tatsächlich nicht mehr vorhanden sei – gehen an der wesentlichen Bedeutung dieses Merkmals, wie sie der Kläger verstehen durfte, nämlich der bei einem Oldtimer erheblich wertsteigernden Wirkung des Vorhandenseins eines historischen Originallacks in Sonderanfertigung, vorbei.
Dass das Vorhandensein einer ursprünglichen Originallackierung, erst recht, wenn es eine „Custom-Lackierung“ war, bei einem Oldtimer einen erheblich wertbildenden Faktor darstellt, ist offenkundig i. S. des § 291 ZPO, jedenfalls aber aus einem anderen, bei der Kammer anhängigen Verfahren gerichtsbekannt, in welchem bezüglich eines Oldtimers (Baujahr 1988) zu der Frage, wie viel von der Originallackierung an dem Fahrzeug noch vorhanden war, ein Sachverständigengutachten eingeholt wurde, weil schon dies einen erheblichen Wertunterschied ausmachte.
Soweit die Beklagte zu 1 schließlich einwendet, dass anhand einer abweichenden Farbe unter dem Kofferraumdeckel und im Motorraum für den Kläger erkennbar gewesen sei, dass eine Neulackierung des Fahrzeugs vorgenommen worden war, steht eine potenzielle Erkennbarkeit eines Sachmangels der Sachmängelhaftung des Verkäufers nicht entgegen. Dass der Mangel dem Kläger i. S. des § 442 I 1 BGB bekannt gewesen sei, behauptet auch die Beklagte zu 1 nicht. Von grob fahrlässiger Unkenntnis des Mangels kann angesichts der von der Beklagten zu 1 beschriebenen Farbabweichungen, die zum einen schwer zu entdecken waren, zum anderen aber auch keinen sicheren Rückschluss auf das Vorhandensein oder Fehlen der Originallackierung des Fahrzeugs zuließen, ebenfalls keine Rede sein. Jedenfalls läge insoweit ein arglistiges Verschweigen des Mangels durch die Beklagte zu 1 näher als die Annahme einer grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers (§ 442 I 2 BGB).
4. Für das Fehlen der Eigenschaft "color to sample" muss die Beklagte zu 1 auch als einen Sachmangel gemäß § 434 I 1 BGB einstehen.
Bereits die ausdrückliche Benennung dieses Merkmals im Newsletter der Beklagten zu 1 würde für die Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung ausreichen. Zum einen handelte es sich bei dem Newsletter nicht um eine öffentliche Anpreisung im Internet oder Ähnliches, sondern bereits um ein gezieltes Zugehen der Beklagten zu 1 auf ihre Kunden durch Anschreiben per Newsletter. Zum anderen sind auch Beschreibungen in einer invitatio ad offerendum entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1 nicht etwa rechtlich unverbindlich, sondern werden, falls sie nicht bis zur Abgabe der beiderseitigen Vertragserklärungen noch korrigiert werden, Vertragshinhalt des auf der Basis der invitatio abgeschlossenen Kaufvertrags.
Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht entscheidend an, weil sich die vertragliche Beschaffenheitsvereinbarung des Merkmals „color to sample“ gerade nicht nur aus der Angabe im Newsletter der Beklagten zu 1 ergibt, sondern vor allem daraus, dass dass dieses Merkmal zu den wenigen Beschaffenheitsangaben aus dem Newsletter gehört, die ausdrücklich auch in den schriftlichen Kaufvertrag aufgenommen wurden.
Der daneben vereinbarte Gewährleistungssausschluss ist gegenüber der Beklagten zu 1 als gewerblicher Verkäuferin ohnehin gemäß § 475 I 1 BGB a.F. (= § 476 I 1 BGB n.F.) unwirksam. Aber auch wenn man – anders als die Kammer – vorliegend davon ausginge, dass der Kaufvertrag zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2 als Privatperson zustande gekommen sei, könnte dieser sich in Bezug auf die zugleich ausdrücklich vereinbarte Beschaffenheit „color to sample“ nicht auf den – insoweit widersprüchlich – vereinbarten umfänglichen Gewährleistungsausschluss berufen, weil dieser sich nicht auf eine daneben ausdrücklich vereinbarte Beschaffenheit erstreckt (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = juris Rn. 28 ff.).
5. Nach ordnungsgemäß erklärtem Rücktritt des Klägers hat die Beklagte zu 1 ihm gemäß § 346 I BGB den für den Oldtimer gezahlten Kaufpreis in Höhe von 119.500 € Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs zu erstatten. Eine Nutzungsentschädigung für die von dem Kläger seit dem Kauf mit dem Fahrzeug zurückgelegten Kilometer ist hierbei nicht in Abzug zu bringen, weil beim vorliegenden Oldtimerkauf – anders als beim Kauf eines zur Alltagsnutzung vorgesehenen zeitgenössischen Fahrzeugs – sich der Unterschied in der Laufleistung zwischen 60.340 Meilen (97.108 km) bei Kauf und weiteren rund 800 km, die der Kläger mit dem Fahrzeug zurückgelegt hat, nicht wertverändernd auswirkt.
6. Die Nebenansprüche des Klägers auf Ersatz der ihm im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Vertragsschluss entstandenen Begleitschäden (frustrierte Aufwendungen: 578 €, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten: 2.480,44 €) beruhen auf § 437 Nr. 3, §§ 280 ff. BGB.
Der zuerkannte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 I 2 BGB.
7. Das Vorbringen der Beklagten zu 1 im – hinsichtlich neuen Tatsachenvortrags – nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.12.2020 bietet keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage oder zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
Soweit die Beklagte zu 1 in diesem Schriftsatz nach Schluss der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragen hat, dass ihr Geschäftsführer dem Kläger in einem Telefonat vor Abschluss des Kaufvertrags mitgeteilt habe, dass er lediglich als Vermittler für den Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs auftreten wolle, führt dies nicht zu einer abweichenden Bewertung der Frage, wer der Vertragspartner des Klägers ist. Selbst wenn man unterstellt, dass der Geschäftsführer der Beklagten zu 1 solches gegenüber dem Kläger beim ersten telefonischen Kontakt erwähnt habe, reicht dies nicht aus, damit der Kläger den Beklagten zu 2 als seinen Vertragspartner ansehen musste – jedenfalls dann nicht, wenn anschließend ein schriftlicher Kaufvertrag abgeschlossen wird, der ausdrücklich die Beklagte zu 1 als Verkäuferin ausweist.
Darüber hinaus ist dieser neue Tatsachenvortrag der Beklagten zu 1 gemäß § 296a ZPO unbeachtlich und auch nicht mit einem der in der Zivilprozessordnung vorgesehenen Beweismittel unter Beweis gestellt. In der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2020 hat das Gericht keine Hinweise i. S. des § 139 V ZPO erteilt, sondern erörtert, wie es die zwischen den Parteien streitigen Fragen auf der Basis des – hinreichend klaren und nicht ergänzungsbedürftigen – Parteivorbringens würdige und voraussichtlich entscheiden werde. Ein Schriftsatznachlass zur Unterbreitung neuen Sachvortrags wurde weder beantragt noch gewährt, mangels vorangegangener Hinweise i. S. des § 139 V ZPO bestand hierzu auch kein Anlass. …