1. Anormale, auffällige Getriebegeräusche, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer nicht kraftschlüssigen Verbindung der Zahnräder herrühren, sind schon dann und allein deshalb ein erheblicher, zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigender Mangel, wenn und weil sie bei den Insassen des betroffenen Fahrzeugs ein berechtigtes Gefühl der Unsicherheit hervorrufen (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 28.02.2013 – 3 U 18/12, juris Rn. 13).
  2. Für die Rechtzeitigkeit eines mangelbedingten Rücktritts vom Kaufvertrag ist gemäß § 438 IV 1 BGB i. V. mit § 218 I BGB entscheidend, dass der Rücktritt erklärt wird, bevor der – bestehende oder hypothetische – Nacherfüllungsanspruch verjährt ist. Maßgebend ist mithin der Zeitpunkt der Ausübung des Gestaltungsrechts, nicht dagegen der Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen aus dem durch den Rücktritt entstehenden Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 346 ff. BGB (im Anschluss an BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 = NJW 2006, 2839 Rn. 26). Diese Ansprüche unterliegen der dreijährigen Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB (im Anschluss an BGH, Urt. v. 29.04.2015 – VIII ZR 180/14, BGHZ 205, 151 = NJW 2015, 2106 Rn. 16 m. w. Nachw.).
  3. Der mit einem mangelhaften Fahrzeug belieferte Käufer hat auch dann gemäß § 284 BGB Anspruch auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen – hier: Kosten für die Finanzierung des Kaufpreises und eine Verlängerung der Herstellergarantie –, wenn er wegen des Mangels vom Kaufvertrag zurücktritt (im Anschluss u. a. an BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 275/04, BGHZ 163, 381, 385 = juris Rn. 13). Wird der Kfz-Kaufvertrag wegen der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs rückabgewickelt, nachdem der Käufer den Wagen zeitweise genutzt hat, so mindert sich der Anspruch auf Aufwendungsersatz entsprechend.
  4. Hinsichtlich des Kaufpreises steht einem – insoweit darlegungs- und beweisbelasteten – Kfz-Käufer nach einem wirksamen mangelbedingten Rücktritt vom Kaufvertrag nur insoweit ein Anspruch auf Kapitalnutzungsersatz (§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB) gegen den Verkäufer zu, wie er keinen Verzugsschaden geltend macht. Andernfalls käme es zu einer Überkompensation durch „Doppelverzinsung“. Der Berechnung der Nutzungsentschädigung ist der volle, nicht der um den Einkaufspreis reduzierte Nettokaufpreis zugrunde zu legen, wenn der Händler den Einkaufspreis für das Fahrzeug bereits aus eigenen Mitteln aufgebracht hatte, als ihm der Verkaufspreis zufloss.

OLG Brandenburg, Urteil vom 18.03.2020 – 4 U 53/19

Sachverhalt: Die Klägerin kaufte von der Beklagten am 28.09.2013 einen am 15.08.2013 erstzugelassenen Pkw mit einer Laufleistung von 50 km. Den Kaufpreis in Höhe von 25.200 € finanzierte die Klägerin teilweise – in Höhe von 17.200 € – über ein Darlehen.

Nachdem der Klägerin das Fahrzeug am 05.10.2013 übergeben worden war, rügte die Klägerin mehrfach Mängel. Die Beklagte nahm daraufhin Reparaturen an dem Pkw vor, und zwar im Juni 2014, in der Zeit vom 23.07. bis zum 30.07.2014, vom 23.09. bis zum 29.09.2014, vom 02.10. bis zum 16.10.2014, vom 11.11. bis zum 14.11.2014, am 19.11.2014, in der Zeit vom 01.04. bis zum 22.04.2015 und schließlich in der Zeit vom 02.07. bis zum 06.07.2015. Auf eine anschließende weitere Mängelrüge der Klägerin hin lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 08.07.2015 jede weitere Gewährleistung ab. Die Klägerin erklärte deshalb unter dem 02.09.2015 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte zur Zahlung von 26.432,93 € Zug um Zug gegen Rückgewähr des Fahrzeugs auf.

Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 22.03.2019 unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 20.471,57 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu zahlen und der Klägerin vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.613,16 € nebst Zinsen zu erstatten. Außerdem hat es den Annahmeverzug der Beklagten festgestellt.

Gegen dieses Urteil haben sowohl die Klägerin als auch die Streithelferin der Beklagten Berufung eingelegt.

Die Klägerin meint, sie habe auch Anspruch auf Erstattung von Finanzierungskosten (653,64 €) und der Kosten für eine Garantieverlängerung (976 €), weil es sich bei diesen Kosten um vergebliche Aufwendungen i. S. von § 284 BGB handele. Hinsichtlich der Finanzierungskosten folge ein Erstattungsanspruch zudem aus § 347 II 2 BGB. Die Kosten für ein Privatgutachten in Höhe von 1.961,89 € habe ihr die Beklagte gemäß § 439 II BGB zu erstatten. Bezüglich dieser Kosten sei sie, die Klägerin, aktivlegitimiert, obwohl sich darauf eine in erster Instanz vorgelegten Abtretungserklärung ihres Rechtsschutzversicherers irrtümlich nicht erstreckt habe. Abgesehen davon, dass die Beklagte habe die Aktivlegitimation nicht bestritten habe, hätte sie, die Klägerin, bereits in erster Instanz eine berichtigte Abtretungserklärung vorlegt, wenn ihr das Landgericht den gebotenen Hinweis erteilt hätte. Bei der Berechnung der der Beklagten zustehenden Nutzungsentschädigung müsse eine zu erwartende Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs von 250.000 km angesetzt werden, sodass die Entschädigung lediglich 4.807 € betrage.

Die Beklagte und ihre Streithelferin machen insbesondere geltend, dass Gewährleistungsansprüche der Klägerin bereits verjährt gewesen seien, als diese den Rücktritt erklärt habe. Jedenfalls aber habe das Fahrzeug der Klägerin im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung keine relevanten Mängel aufgewiesen. Das von der Klägerin eingeholte Privatgutachten habe gerade nicht bestätigt, dass – wie die Klägerin behaupte – das Doppelkupplungsgetriebe ungewöhnliche Geräusche verursache. Zwar habe der gerichtlich bestellte Sachverständige W ausweislich seines Erstgutachtens vom 25.08.2016 Geräusche wahrgenommen. Dies werde jedoch durch die den Gutachten beigefügte CD nicht bestätigt. Vielmehr seien auf dieser CD nur übliche Betriebsgeräusche aufgezeichnet. Dies hätte das Landgericht in einer Gesamtwürdigung berücksichtigen müssen, obwohl es das Erstgutachten – zu Recht – nicht verwertet habe. Ausweislich seines Gutachtens vom 15.12.2016 habe der Sachverständige die von der Klägerin reklamierten Geräusche nicht verifizieren können. Das Landgericht hätte deshalb die Klage abweisen müssen, statt verfahrensfehlerhaft ein weiteres Gutachten einzuholen. Die von dem Sachverständigen für dieses am 01.09.2018 erstattete Gutachten herangezogenen Vergleichsfahrzeuge seien tatsächlich nicht mit dem streitgegenständlichen Pkw vergleichbar, da sie nicht das gleiche Baujahr und die gleiche Laufleistung aufgewiesen hätten. Zudem habe der Sachverständige keine Ursache des von ihm angeblich vernommenen Klapperns angeben können; schon deshalb fehle es insoweit an fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuchen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, welche Geräusche der Sachverständige für normal und welche er für ungewöhnlich halte, da er seine Feststellungen bloß „nach Gehör“ getroffen, aber keine Messungen vorgenommen habe. Auch habe der Sachverständige nicht berücksichtigt, dass unterschiedliche Fahrzeuge unterschiedliche Grundgeräusche von sich gäben. Fragwürdig sei zudem, dass der Sachverständige die Geräuschentwicklung auf einer Rüttelstrecke und nicht auf einer normalen Fahrbahn untersucht habe. Ungewöhnliche Geräusche – so meinen die Beklagte und ihre Streithelferin – seien im Übrigen nur ein Komfortmangel.

Das Rechtsmittel der Klägerin hatte überwiegend, das der Streithelferin der Beklagten nur teilweise Erfolg.

Aus den Gründen: II. … 1. Die Berufung der Streithelferin ist zulässig, da sie für die von ihr unterstützte Hauptpartei – die Beklagte – gemäß §§ 66 II, 67 ZPO Rechtsmittel einlegen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 23.08.2016 – VIII ZB 96/15, juris Rn. 14 ff.), und zwar auch, wenn die unterstützte Partei – wie hier – selbst keinen Gebrauch davon macht (BGH, Beschl. v. 20.08.2013 – IX ZB 2/12, NJW-RR 2013, 1400 Rn. 4; BeckOK-ZPO/Dressler, 35. Edition, § 67 Rn. 11).

Obwohl die Streithelferin ihr Rechtsmittel als Anschlussberufung bezeichnet hat, ist dieses als Berufung auszulegen, da im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (vgl. BGH, Beschl. v. 29.03.2011 – VIII ZB 25/10, NJW 2011, 1455 Rn. 9). Hier ist die „Anschlussberufung“ am 26.04.2019 per Fax noch innerhalb der Berufungsfrist eingelegt worden. Da der gewählten Übersendungsart allein vor dem Hintergrund einer selbstständigen Berufung Bedeutung zukommt (s. BGH, Beschl. v. 29.03.2011 – VIII ZB 25/10, NJW 2011, 1455 Rn. 11), ist die „Anschlussberufung“ in eine Berufung umzudeuten.

2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 23.806,38 € Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß §§ 346 I, 437 Nr. 2 Fall 1, § 323 I BGB.

a) Das streitgegenständliche Fahrzeug ist mangelhaft. Davon ist der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 01.09.2018 festgestellt, dass beim Befahren einer mit Kopfstein befestigten Fahrbahn mit einer konstanten Geschwindigkeit von 20 bis 30 km/h auch ohne Schaltvorgänge allein durch die Erschütterungen sowohl von innen als auch von außen laute und ungewöhnliche metallische Klappergeräusche zu hören sind. Dabei waren diese Geräusche bei gleichmäßiger Fahrt für einen außen stehenden Betrachter zum Teil noch vor dem Motorgeräusch zu vernehmen. Diese lauten und klappernden Geräusche waren außerdem bei Gangwechseln (auch auf ebener Fahrbahn) wahrnehmbar, weshalb der Sachverständige diese bedingt durch die Schaltvorgänge eindeutig dem Getriebe zuordnet. Die Geräuschentwicklung führt der Sachverständige mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf zurück, dass durch die Getriebeelektronik bereits der nächste Gang eingelegt, aber nicht kraftschlüssig verbunden wird. Dadurch könnten die Zahnräder zu Schwingungen angeregt werden und entsprechende Geräusche verursachen.

Hierzu hat er auch Vergleichsfahrzeuge herangezogen, die ähnlich dem im Klägerfahrzeug verbaute Doppelkupplungsgetriebe (trocken) aufweisen, aber keine bzw. keine ungewöhnlichen, dem Getriebe zuzuordnenden Geräusche beim Schalten entwickelten. Dass die herangezogenen Fahrzeuge eine deutliche geringere Laufleistung haben, steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen. Denn die Klägerin hat die durch den Sachverständigen festgestellten Geräusche bereits im Juni 2014 moniert. Am 23.09. und am 02.10.2014 gab die Klägerin das Fahrzeug der Beklagten erneut zur Überprüfung wegen des von ihr reklamierten Motorrasselns bzw. der Klappergeräusche bei Schaltvorgängen nach längerer Fahrt. Zu letzterem Zeitpunkt wies das Fahrzeug eine ähnliche Laufleistung – nämlich 19.651 km – wie die Vergleichsfahrzeuge auf (19.860 km, 6.879 km bzw. 10.867 km) auf.

Dass der von der Klägerin beauftrage Privatgutachter die auffälligen Geräusche des Getriebes nicht festgestellt hat, erschüttert das Beweisergebnis nicht. Denn der Privatgutachter hat das Fahrzeug in der Zeit vom 17.12. bis zum 22.12.2014 Probe gefahren. Der gerichtlich bestellte Sachverständige W hat bei seinen am 06.12.2016 durchgeführten Testfahrten auch keine auffälligen, sondern nur leichte metallische Klappergeräusche und ein Klacken wahrnehmen können, die er als normal einstufte. Dies hat der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 01.09.2018 überzeugend darauf zurückgeführt, dass bei niedrigeren Temperaturen die Viskosität des Getriebeöls wesentlich niedriger ist und auch die weiteren Materialeigenschaften sich verändern, weshalb die Klappergeräusche nur bei höheren Temperaturen ausgelöst werden. Wegen der Besonderheit des sporadischen Auftretens des Mangelsymptoms war auch die Einholung des zweiten Ergänzungsgutachtens nicht verfahrensfehlerhaft. Das Privatgutachten widerspricht dem Ergebnis der Beweisaufnahme somit nicht.

Die Geräusche hat der Sachverständige aufgrund ihrer Art und Intensität überzeugend weder als normal noch als dem Stand der Technik entsprechend gewertet. Dass er dies nur mittels seiner Sinnesorgane und aufgrund seiner Erfahrung als Kfz-Sachverständiger so einschätzt und keine Schallmessungen vorgenommen hat, vermag die Überzeugungskraft seiner Bewertung nicht zu erschüttern. Denn es geht hier nicht um die Einhaltung bestimmter Schallgrenzen, sondern darum, inwiefern die Lärmentwicklung einen Mangel des Fahrzeugs nach dem Stand der Technik darstellt. Jedenfalls nimmt nicht nur die Klägerin etwa aufgrund einer subjektiv erhöhten Empfindlichkeit, sondern auch der erfahrene Sachverständige die Geräusche als anormal wahr. Etwas Gegenteiliges lässt sich der dem Erstgutachten vom 25.08.2016 als Anlage 1 beigefügten CD entgegen der Ansicht der Streithelferin und der Beklagten nicht entnehmen. Das Erstgutachten ist analog § 357 I ZPO bereits nicht verwertbar, weil der Streithelferin und der Beklagten von dem Sachverständigen nicht ermöglicht wurde, den durchgeführten Probefahrten beizuwohnen, was beide auch erstinstanzlich gerügt haben. Unterbleibt die Benachrichtigung der Parteien von der Ortsbesichtigung, führte dies regelmäßig zur Unverwertbarkeit des darauf basierenden Gutachtens und zur Erforderlichkeit einer verfahrensfehlerfreien Wiederholung der Beweiserhebung (BVerwG, Beschl. v. 12.04.2006 – 8 B 91/05, juris Rn. 6; Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 357 Rn. 6). Die mangelnde Verwertbarkeit erfasst hier auch die Tonaufnahmen auf der CD. Maßgeblich sind deshalb hier nur die in Wiederholung der Beweisaufnahme erstatteten Gutachten vom 15.12.2016 und vom 01.09.2018, denen jeweils auf Tonträgern dokumentierte Tonaufnahmen beigefügt sind. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass diese die tatsächliche Wahrnehmung nicht exakt wiedergeben, worauf der Sachverständige in seinem Gutachten vom 01.09.2018 hingewiesen hat. Insofern kommt es nicht entscheidend darauf an, wie ein Hörer, der nicht am Ortstermin zugegen war, die Tondokumentationen wahrnimmt.

Die von dem Sachverständigen festgestellten, zur Überzeugung des Senats nicht dem Stand der Technik entsprechenden auffälligen Geräusche des Getriebes können bei den Fahrzeuginsassen berechtigterweise ein Gefühl der Unsicherheit hervorrufen und stellen allein deswegen einen erheblichen Mangel dar (vgl. hierzu OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 28.02.2013 – 3 U 18/12, juris Rn. 13).

b) Der Mangel lag auch bereits bei Gefahrübergang am 05.10.2014 vor. Davon ist hier aufgrund des zeitlichen Ablaufs und der Art des Mangels auszugehen. Die Klägerin hat die auffälligen Ratter- und Klappergeräusche, die ausweislich des Gutachtens in Abhängigkeit von höheren Außentemperaturen auftreten, bereits in dem ersten Sommer nach der im Oktober 2013 erfolgten Übergabe reklamiert, was auch zu mehreren Nachbesserungsversuchen seitens der Beklagten führte. Dies erfolgte zwar außerhalb der sechsmonatigen Frist des § 476 BGB a.F., die am 05.04.2014 endete, sodass von Gesetzes wegen keine Vermutung zugunsten der Klägerin greift, dass der der Mangelsymptomatik zugrunde liegende Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag. Allerdings rühren die auffälligen Ratter- und Klappergeräusche nach der sachverständigen Einschätzung mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer nicht kraftschlüssigen Verbindung der Zahnräder in dem Getriebe her, jedenfalls sind sie mechanischer Natur. Dass dieser nur wenige Monate nach der Übergabe in Erscheinung getretene Mangel durch Verschleiß oder durch eine unsachgemäße Behandlung seitens der Klägerin entstanden ist, kommt nicht ernsthaft in Betracht (zu einer vergleichbaren tatsächlichen Vermutung siehe BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VIII ZR 266/09, NJW 2011, 1664 Rn. 16).

c) Die weiteren Voraussetzungen für den Rücktritt vom Kaufvertrag gemäß § 323 und § 440 BGB liegen vor. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.

d) Schließlich ist der Anspruch der Klägerin auch nicht verjährt. Gemäß § 438 IV 1 BGB i. V. mit § 218 I 1 BGB ist der Rücktritt wegen nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft. Dementsprechend kommt es nach § 218 I 1 BGB für die Rechtzeitigkeit des Rücktritts darauf an, dass der Rücktritt erklärt wird, bevor der Anspruch auf die Leistung oder der etwaige Nacherfüllungsanspruch verjährt ist. Maßgebend ist mithin der Zeitpunkt der Ausübung des Gestaltungsrechts, nicht dagegen der Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen aus dem durch den Rücktritt entstehenden Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 346 ff. BGB (BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 = NJW 2006, 2839 Rn. 26). Der Anspruch auf die Leistung und den Nacherfüllungsanspruch verjährt gemäß § 438 I Nr. 3, II BGB innerhalb von zwei Jahren ab Ablieferung der Sache, hier also am 05.10.2015. Damit ist der am 02.09.2015 erklärte Rücktritt noch rechtzeitig erfolgt. Der streitgegenständliche Anspruch aus § 346 I BGB unterliegt der dreijährigen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2015 – VIII ZR 180/14, BGHZ 205, 151 = NJW 2015, 2106 Rn. 16), die hier am 31.12.2018 endete und zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage am 21.10.2015 noch nicht abgelaufen war.

e) Aufgrund des wirksamen Rücktritts hat die Klägerin einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises von 25.200 € Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs.

Dieser Anspruch ist um den Nutzungsersatzanspruch der Beklagten gemäß § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB zu kürzen, der sich nach der üblichen Formel \({\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{Fahrleistung}}{\text{voraussichtliche Restlaufleistung}}}\) (vgl. Eggert, in: Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Aufl., Rn. 3563). Die voraussichtliche Restlaufleistung ist nach § 287 ZPO zu schätzen (Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3568), wobei auf die typspezifische Gesamtlaufleistung abgestellt werden kann (Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3571). Auch in Anbetracht der Rechtsprechung zu vergleichbaren Fahrzeugen (s. die Rechtsprechungsübersicht bei Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3574) schätzt der Senat die Gesamtlaufleistung des Pkw auf 250.000 km. Auf dieser Grundlage errechnet sich ein Nutzungsersatzanspruch der Beklagten in Höhe von \(\left({\frac{\text{25.200 €}\times\text{(51.000 km − 888 km)}}{\text{(250.000 km − 50 km)}}}\right) = \text{5.006,20 €}\) [richtig wohl: 5.052,30 €].

f) Die Klägerin hat auch Anspruch auf Erstattung der Kosten des Privatgutachtens in Höhe von 1.961,89 € gemäß § 439 II BGB (vgl. BGH, Urt, v. 30.04.2014 – VIII ZR 275/13, BGHZ 201, 83 = NJW 2014, 2351 Rn. 15).

Für die Geltendmachung des Anspruchs ist sie aktivlegitimiert, nachdem sie mit der Berufungsbegründung die Abtretungserklärung ihrer Rechtsschutzversicherung vom 08.05.2019 vorgelegt hat. Die erst in der Berufungsinstanz vorgelegte Abtretungserklärung ist auch als neues Angriffsmittel gemäß § 531 II 1 Nr. 3 ZPO zuzulassen. Es beruht nicht auf Nachlässigkeit, dass die Klägerin die Abtretung erst im zweiten Rechtszug geltend macht. Denn die Abtretung ist erst nach der mündlichen Verhandlung in erster Instanz erfolgt. In der Berufungsinstanz zu berücksichtigen sind alle Tatsachen, die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz entstanden sind (BGH, Urt. v. 17.05.2011 – X ZR 77/10, NJW-RR 2012, 110 Rn. 12, 14; Ball, in: Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl., § 531 Rn. 19).

Die Einholung des Privatgutachtens war auch zum Zweck der Nacherfüllung erforderlich. Der Sachverständige hat in dem Gutachten Mängel festgestellt, woraufhin die Beklagte den Wagen erneut in der Zeit vom 01.04. bis zum 22.04.2015 repariert hat. Soweit der Privatgutachter den streitgegenständlichen Mangel des Getriebes nicht feststellen konnte, beruhte dies darauf, dass dieser jahreszeitbedingt bei der Probefahrt nicht in Erscheinung getreten ist, und nicht darauf, dass der Mangel nicht vorlag, wie bereits ausgeführt.

g) Die Klägerin hat außerdem Anspruch auf Erstattung der Kreditkosten – allerdings nur in Höhe von 522,91 € – und der Kosten für die Garantieverlängerung in Höhe von 976 € gemäß § 284 BGB.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann der Käufer auch im Fall des Rücktritts Ersatz vergeblicher Aufwendungen nach § 284 BGB verlangen, wie sich aus § 325 BGB ergibt (BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 275/04, BGHZ 163, 381, 385 = juris Rn. 13; Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, NJW 2015, 1669 Rn. 24; OLG Brandenburg, Urt. v. 27.11.2018 – 3 U 15/18, juris Rn. 47).

Voraussetzung für einen Anspruch nach § 284 BGB ist das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs nach §§ 280 I, II, 281 BGB. Die Voraussetzungen sind hier erfüllt, da die Beklagte durch die mangelhafte Lieferung ihre Leistungspflicht nicht erfüllt und die Klägerin der Beklagten mehrfach vergeblich Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben hat, welche die Beklagte schließlich ernsthaft und endgültig verweigert hat. Das Verschulden der Beklagten wird in diesem Zusammenhang gesetzlich vermutet (§ 280 I 2 BGB, Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3835).

Die von der Klägerin am 07.08.2015 erworbene Garantieverlängerung ist auch eine erstattungsfähige vergebliche Aufwendung. Denn die Klägerin hat diese im Vertrauen auf die Leistung gemacht und durfte diese auch billigerweise machen. Sie ging zwar am 07.08.2015 bereits von der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs aus, glaubte aber, diese im Wege der Garantie bei einem anderen [Vertragshändler] abstellen lassen zu können, um dadurch eine Klage zu vermeiden. Diese Aufwendung hat sich erst als wirtschaftlich und tatsächlich nutzlos herausgestellt, nachdem die Streithelferin ihre Vertragswerkstätten angewiesen hatte, keine Nachbesserungen und Reparaturen an dem streitgegenständlichen Fahrzeug vorzunehmen, wie sich aus der von der Klägerin vorgelegten E-Mail des Autohauses A in P. vom 20.08.2015 ergibt.

Auch die Finanzierungskosten sind erstattungsfähige vergebliche Aufwendungen (vgl. OLG München, Urt. v. 06.09.2006 – 20 U 1860/06, juris Rn. 40 f.). Diese sind allerdings um 20 % zu kürzen, weil die Klägerin mit dem Fahrzeug 50.062 km gefahren ist, sodass insoweit die Finanzierung nicht vergeblich war (vgl. hierzu KG, Urt. v. 26.09.2018 – 4 U 77/18, BeckRS 2019, 22712 Rn. 168; Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3848). Die Fahrleistung von 50.062 km betragen 20 % der angenommenen Gesamtlaufleistung von 250.000 km, sodass sich zu erstattende Finanzierungskosten in Höhe von 522,91 € ergeben.

h) Die Klägerin hat hingegen nur einen Anspruch auf 151,78 € Zinsen gemäß § 346 I BGB, das sind 1 % aus 8.000 € für den Zeitraum vom 04.10.2013 bis zum 27.08.2015. Einen Kapitalnutzungsersatz kann die Klägerin nur verlangen, soweit sie keinen Finanzierungsschaden [gemeint wohl: Verzugsschaden] geltend macht (s. BGH, Urt. v. 30.05.2017 – VIII ZR 207/16, juris Rn. 14), andernfalls käme es zu einer Überkompensation durch Doppelverzinsung (Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1155a). Da die Beklagte ausweislich des vorgelegten Darlehensvertrags nur 8.000 € aus eigenen Mitteln auf den Kaufpreis aufgebracht hat, hat sie auch nur insoweit einen Kapitalnutzungsersatzanspruch. Entgegen der Ansicht der Beklagten sind nicht nur 10 % des Nettokaufpreises anzusetzen. Denn die Beklagte hat nach ihrem Vortrag das streitgegenständliche Fahrzeug bereits vor dem Kauf durch die Klägerin aus eigenen Mitteln erworben. In einem solchen Fall der abgeschlossenen Einkaufsfinanzierung aus Eigenmitteln steht dem Verkäufer der volle Nettokaufpreis zur Verfügung, sodass eine Reduktion um den Einkaufspreis nicht vorzunehmen ist (Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1150a). Allerdings hat die Beklagte vorgetragen, dass sie nur Zinsen in Höhe von 1 % mittels einer sicheren Kapitalanlage erzielen kann. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (vgl. Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1151) hat höhere Zinserträge nicht dargelegt. Von solchen kann auch in den Jahren 2013 bis 2015 angesichts der allgemeinen Zinsentwicklung nicht ausgegangen werden.

i) Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs ist begründet. Insoweit wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

j) Schließlich hat die Klägerin auch einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.711,70 €. Zugrunde zu legen ist nach den vorstehenden Ausführungen ein Gegenstandswert von bis zu 25.000 €. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. …

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