1. Ein Ge­braucht­wa­gen, bei dem ei­ne – hier mit­tels ei­ner Tu­ningbox vor­ge­nom­me­ne – Leis­tungs­stei­ge­rung (Tu­ning) zu ei­ner Ver­schlech­te­rung des Ab­gas- oder Ge­räusch­ver­hal­tens ge­führt hat und des­sen Be­triebs­er­laub­nis des­halb ge­mäß § 19 II 2 Nr. 3 StV­ZO er­lo­schen ist, lei­det an ei­nem Sach­man­gel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB. Denn ein ge­brauch­ter Pkw eig­net sich grund­sätz­lich nur dann für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung im Sin­ne die­ser Vor­schrift, wenn er kei­ne tech­ni­schen Män­gel auf­weist, die sei­ne Zu­las­sung zum Stra­ßen­ver­kehr hin­dern oder an­sons­ten sei­ne Ge­brauchs­fä­hig­keit auf­he­ben oder be­ein­träch­ti­gen (im An­schluss an BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 18; Urt. v. 10.03.2009 – VI­II ZR 34/08, NJW 2009, 1588 Rn. 12).
  2. Ei­nes Ge­braucht­wa­gen, des­sen Mo­tor ei­ner Leis­tungs­stei­ge­rung (Tu­ning) un­ter­zo­gen wur­de, kann un­ab­hän­gig da­von auch des­halb i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB man­gel­haft sein, weil der be­grün­de­te Ver­dacht be­steht, dass es stär­ker ver­schlis­sen ist als ein ver­gleich­ba­res Fahr­zeug, das nicht mit ei­ner Leis­tungs­stei­ge­rung be­trie­ben wur­de (im An­schluss an OLG Hamm, Urt. v. 09.02.2012 – I-28 U 186/10, MDR 2012, 761).
  3. Die Nach­bes­se­rung (§ 439 I Fall 1 BGB) ei­nes – man­gel­haf­ten – Fahr­zeugs, des­sen Mo­tor ei­ner Leis­tungs­stei­ge­rung (Tu­ning) un­ter­zo­gen und das in der Ver­gan­gen­heit mit den ent­spre­chen­den Ver­än­de­run­gen be­trie­ben wur­de, ist dann un­mög­lich i. S. von § 275 I BGB, wenn der Ver­käu­fer den Ver­dacht, dass das Fahr­zeug in­fol­ge des Tu­nings über­mä­ßig ver­schlis­sen ist, nicht aus­räu­men kann. In ei­nem sol­chen Fall reicht es nicht aus, die Leis­tungs­stei­ge­rung (hier: durch Aus­bau der Tu­ningbox) rück­gän­gig zu ma­chen und ge­ge­be­nen­falls die Er­tei­lung ei­ner neu­en Be­triebs­er­laub­nis her­bei­zu­füh­ren.

LG Tü­bin­gen, Ur­teil vom 27.09.2019 – 3 O 195/17

Sach­ver­halt: Am 21.12.2016 er­warb der Klä­ger bei dem Be­klag­ten, ei­nem ge­werb­li­chen Kraft­fahr­zeug­händ­ler, für 15.000 € ei­nen ge­brauch­ten VW T5 Mul­tivan. Der Ki­lo­me­ter­stand die­ses am 27.09.2006 erst­zu­ge­las­se­nen Fahr­zeugs be­trug 188.400.

Der Er­werb des Fahr­zeugs wur­de schrift­lich do­ku­men­tiert. In die­ser Do­ku­men­ta­ti­on (An­la­ge K 1) heißt es un­ter „Be­son­de­re Ver­ein­ba­run­gen“:

„Pro­be ge­fah­ren. Nachla­ckie­run­gen vor­han­den! Auf frü­he­re Un­fäl­le so­wie Blech­schä­den über­nimmt der Ver­käu­fer kei­ne Haf­tung. Käu­fer hat Fahr­zeug auf al­le tech­ni­schen Funk­tio­nen über­prüft. Fahr­zeug mit Ge­brauchs­spu­ren, AGB wur­den vor­ge­legt. Na­vi der­zeit oh­ne Funk­ti­on, kei­ne Na­vi-DVD, Fahr­zeug hat Ro­st­an­satz.“

Au­ßer­dem heißt es in der Do­ku­men­ta­ti­on: „Ga­ran­tie: 12 Mo­na­te Ge­braucht­wa­gen­ga­ran­tie.“

Un­mit­tel­bar nach Weih­nach­ten – näm­lich am 27.12.2016 – und er­neut am 10.01.2017 kam es zwi­schen den Par­tei­en zu Te­le­fo­na­ten. Vor dem am 10.01.2017 ge­führ­ten Ge­spräch hat­te der Klä­ger mit dem VW T5 Mul­tivan die Kfz-Werk­statt des W auf­ge­sucht, der fol­gen­de „Män­gel an Ih­rem kürz­lich er­wor­be­nen Fahr­zeug“ fest­ge­stellt hat­te:

„1. Star­ter­bat­te­rie nach Test de­fekt und zu er­set­zen
2. Er­höh­te Lauf­ge­räu­sche lo­ka­li­siert an Hy­drau­lik­pum­pe der Ser­vo­len­kung
3. Stein­schlag in Front­schei­be mit be­gin­nen­der Riss­bil­dung
4. Re­ser­ve­rad nicht vor­han­den
5. Lauf­werk in Ra­dio/​Na­vi­ga­ti­on-Kom­bi­ge­rät de­fekt (Ge­rät wur­de wohl schon un­fach­ge­recht ge­öff­net)
6. Nach Prü­fung der Stand­hei­zung wur­de ei­ne de­fek­te Zu­sat­zum­wälz­pum­pe dia­gnos­ti­ziert
7. Mi­kro­schal­ter in Heck­klap­pen­be­tä­ti­gung de­fekt, des­halb Pro­blem mit Be­leuch­tung im Ge­päck­ab­teil“

Nach­dem sich die Par­tei­en dies­be­züg­lich nicht ei­ni­gen konn­ten, for­der­te der – jetzt an­walt­lich ver­tre­te­ne – Klä­ger den Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 26.01.2017 ge­stützt auf die in Re­de ste­hen­den Män­gel zur Nach­bes­se­rung auf. Au­ßer­dem ver­lang­te er den Er­satz von Auf­wen­dun­gen. Der Be­klag­te wünsch­te, dass ihm der VW T5 Mul­tivan an sei­nem Be­triebs­sitz in T. zur Ver­fü­gung ge­stellt wer­de. Zu ei­ner Nach­bes­se­rung kam es al­ler­dings letzt­lich nicht, wes­halb der Klä­ger schließ­lich fol­gen­de Er­satz­tei­le für das Fahr­zeug selbst an­schaff­te:

Spä­ter will der Klä­ger ei­nen Kühl­was­ser­ver­lust be­merkt ha­ben. Dies­be­züg­lich hol­te er am 24.05.2017 ei­nen Kos­ten­vor­an­schlag ei­ner VW-Ver­trags­werk­statt ein; da­nach be­lau­fen sich die für ei­ne In­stand­set­zung des Fahr­zeugs er­for­der­li­chen Kos­ten auf 9.066,99 €. Hin­sicht­lich die­ser Kos­ten woll­te der Klä­ger ei­ne Ge­braucht­wa­gen­ga­ran­tie in An­spruch neh­men. Nach ei­ner wei­te­ren Un­ter­su­chung des VW T5 Mu­lit­van am 30.05.2017 lehn­te der Ga­ran­tie­ge­ber Leis­tung in­des mit der Be­grün­dung ab, am Fahr­zeug des Klä­gers sei ei­ne „Leis­tungs­stei­ge­rung fest­ge­stellt“ wor­den. Dar­auf­hin er­klär­te der Klä­ger mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 13.06.2017 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und focht sei­ne auf den Ab­schluss die­ses Ver­trags ge­rich­te­te Wil­lens­er­klä­rung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung an. Der Be­klag­te wur­de auf­ge­for­dert, dem Klä­ger bis zum 30.06.2017 den Kauf­preis zu er­stat­ten und ihm Auf­wen­dun­gen zu er­set­zen; „nach Zah­lungs­ein­gang“ wer­de der Klä­ger das Fahr­zeug „na­tür­lich“ an den Be­klag­ten her­aus­ge­ben.

Da die er­wünsch­te Re­ak­ti­on des Be­klag­ten aus­blieb, er­hob der Klä­ger die vor­lie­gen­de Kla­ge. Da­mit woll­te er er­rei­chen, dass der Be­klag­te zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses (15.000 € nebst Zin­sen), Zug um Zug ge­gen Her­aus­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs, ver­ur­teilt und der An­nah­me­ver­zug des Be­klag­ten fest­ge­stellt wird. Dar­über hin­aus hat der Klä­ger mit der Kla­ge die vor­ste­hend ge­nann­ten Auf­wen­dun­gen so­wie an die Au­to­haus H-GmbH ent­rich­te­te 805,78 € – ins­ge­samt 3.171,28 € – nebst Zin­sen er­setzt ver­langt, und er hat den Er­satz vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten (1.100,51 € nebst Zin­sen) be­gehrt.

Der Klä­ger hat be­haup­tet, der ihm ge­lie­fer­te VW T5 Mul­tivan ha­be von An­fang an er­heb­li­che Män­gel auf­ge­wie­sen, die dem Be­klag­ten – ei­nem ge­werb­li­chen Kraft­fahr­zeug­händ­ler – nicht ver­bor­gen ge­blie­ben sein könn­ten. Ins­be­son­de­re sei die Leis­tung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tors mit­hil­fe ei­ner Tu­ningbox ge­stei­gert wor­den; das Fahr­zeug sei aber auch hin­sicht­lich der Star­ter­bat­te­rie, der Hy­drau­lik­pum­pe der Ser­vo­len­kung, der Front­schei­be, des Re­ser­ve­r­ads, des Ra­dio-Na­vi­ga­ti­ons-Ge­räts mit CD-Lauf­werk, der Stand­hei­zung und der Heck­klap­pen­be­tä­ti­gung man­gel­haft (ge­we­sen). Er, der Klä­ger, ha­be den Be­klag­ten des­halb te­le­fo­nisch zur Nach­bes­se­rung auf­ge­for­dert, was sei­ne – des Klä­gers – Mut­ter M, die das Te­le­fo­nat mit­ge­hört ha­be, be­stä­ti­gen kön­ne. Nach der Recht­spre­chung des EuGH – so hat der Klä­ger gel­tend ge­macht, ha­be er ver­lan­gen kön­nen, dass das Fahr­zeug an sei­nem Wohn­ort nach­ge­bes­sert wer­de; er sei nicht ver­pflich­tet ge­we­sen, den VW T5 Mul­tivan zu dem Be­klag­ten zu ver­brin­gen. Oh­ne­hin tra­ge die fest­ge­stell­te Leis­tungs­stei­ge­rung in je­dem Fall den „so­for­ti­gen“ Rück­tritt vom Kauf­ver­trag, weil hier­durch die Be­triebs­er­laub­nis des Fahr­zeugs er­lo­schen sei. Ab­ge­se­hen da­von ha­be die Leis­tungs­stei­ge­rung zu ei­nem deut­lich er­höh­ten Ver­schleiß des Fahr­zeugs ge­führt, so­dass es gar nicht (mehr) mög­lich sei, das Fahr­zeug im We­ge der Nach­bes­se­rung in den Zu­stand zu ver­set­zen, den es oh­ne die Leis­tungs­stei­ge­rung hät­te.

Der Be­klag­te hat die ge­rüg­ten Män­gel in Ab­re­de ge­stellt und gel­tend ge­macht, dass der Klä­ger mit dem VW T5 Mul­tivan ei­ne er­heb­li­che Stre­cke ge­fah­ren sei. Wäh­rend das Fahr­zeug bei der Über­ga­be am 21.12.2016 ei­ne Lauf­leis­tung von 188.400 km ge­habt ha­be, ha­be es am 04.05.2017 ei­ne Lauf­leis­tung von 195.989 km auf­ge­wie­sen. Es sei schon nicht plau­si­bel, dass der Klä­ger mit ei­nem man­gel­haf­ten Fahr­zeug so vie­le Ki­lo­me­ter ge­fah­ren sei. Je­den­falls aber hät­te der Klä­ger ihm, dem Be­klag­ten, ei­ne Nach­bes­se­rung an sei­nem Be­triebs­sitz in T. er­mög­li­chen müs­sen, so­dass es schon an ei­nem taug­li­chen Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen feh­le. Der er­klär­te Rück­tritt sei des­halb un­wirk­sam.

Der Be­klag­te hat be­haup­tet, von ei­ner Leis­tungs­stei­ge­rung nichts ge­wusst zu ha­ben. Er ha­be den VW T5 Mul­tivan nur drei oder vier Ta­ge in Be­sitz ge­habt. Nach dem Er­werb des Fahr­zeugs sei er da­mit rund 200 km zu sei­nem Be­triebs­sitz ge­fah­ren und ha­be dort ei­ne Sicht­prü­fung vor­ge­nom­men. Ei­ne Leis­tungs­stei­ge­rung ha­be er nicht be­merkt. Sie stel­le al­ler­dings – so hat der Be­klag­te ge­meint – auch kei­nen Man­gel dar. Denn die Par­tei­en hät­ten we­der aus­drück­lich noch kon­klu­dent ver­ein­bart, dass das Fahr­zeug kei­nem Chip­tu­ning un­ter­zo­gen wor­den sei. Zur Mo­tor­leis­tung ent­hal­te der Kauf­ver­trag ge­ra­de kei­ne An­ga­ben.

Die Par­tei­en ha­ben in der zwei­ten münd­li­chen Ver­hand­lung am 22.06.2018 ei­nen Ver­gleich ge­schlos­sen, den der Klä­ger an­schlie­ßend wi­der­ru­fen hat. Im Herbst 2018 ge­währ­te der Be­klag­te dem Klä­ger ei­nen Trans­port­kos­ten­vor­schluss in Hö­he von 350 €. Gleich­wohl ver­brach­te der Klä­ger sein Fahr­zeug nicht zu dem Be­klag­ten. Das Ge­richt hat dar­auf­hin die Mut­ter des Klä­gers ver­nom­men und ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten be­züg­lich der Leis­tungs­stei­ge­rung ein­ge­holt. An­schlie­ßend hat es der Kla­ge ganz über­wie­gend statt­ge­ge­ben.

Aus den Grün­den: A. … I. Der Klä­ger konn­te von dem Ver­brauchs­gü­ter­kauf über das ge­brauch­te Fahr­zeug we­gen Män­geln nach den § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 434 I, 323, 326 V BGB, § 346 I BGB zu­rück­tre­ten. Durch die Rück­tritts­er­klä­rung hat sich das Ver­trags­ver­hält­nis in ein Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis um­ge­wan­delt.

1. Die Par­tei­en ha­ben am 21.12.2016 ei­nen Kauf­ver­trag (§ 433 BGB) über das streit­be­fan­ge­ne Fahr­zeug ge­schlos­sen. Der Klä­ger hat den Kauf­preis von 15.000 € ge­zahlt. Der Be­klag­te hat ihm das Fahr­zeug über­ge­ben.

Der Klä­ger han­del­te als Ver­brau­cher ge­mäß § 13 BGB, der be­klag­te Fahr­zeug­händ­ler ge­mäß § 14 I BGB als Un­ter­neh­mer. Es liegt ein Ver­brauchs­gü­ter­kauf i. S. des § 474 I 1 BGB vor.

2. Das Fahr­zeug war bei Ge­fahr­über­gang man­gel­haft. Dies ist für das Ge­richt je­den­falls im Hin­blick auf das leis­tungs­stei­gern­de Ele­ment (Tu­ningbox) und den Ver­dacht vor­schnel­ler Ab­nut­zung er­wie­sen.

a) Ein Sach­man­gel liegt nach § 434 I 1 BGB vor, wenn die Sa­che nicht die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit hat. Kon­kret ver­ein­bart sind nach An­la­ge K 1 ne­ben den Haupt­leis­tungs­pflich­ten ins­be­son­de­re der Tag der Erst­zu­las­sung und die Lauf­leis­tung, wei­ter Nachla­ckie­run­gen und Ge­brauchs­spu­ren. Auch ist ver­ein­bart, dass die DVD für das Na­vi­ga­ti­ons­sys­tem fehlt und die­ses der­zeit oh­ne Funk­ti­on ist. Die­se ver­ein­bar­ten Merk­ma­le wies das Fahr­zeug un­strei­tig auf.

Ein Sach­man­gel liegt nach § 434 I 2 BGB aber auch vor, wenn sich das Fahr­zeug nicht für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te oder für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net oder die Be­schaf­fen­heit ne­ga­tiv von dem ab­weicht, was der Käu­fer üb­li­cher­wei­se er­war­ten kann. Das ist hier der Fall.

Nach der Be­weis­auf­nah­me steht fest, dass für das Fahr­zeug die Be­triebs­er­laub­nis er­lo­schen war. Ist an ei­nem Fahr­zeug aber die Be­triebs­er­laub­nis er­lo­schen, eig­net sich das Fahr­zeug je­den­falls nicht mehr für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung. Die Par­tei­en ha­ben auch oh­ne aus­drück­li­che Ver­ein­ba­rung dem Ver­trag zu­grun­de ge­legt, dass der Klä­ger das Fahr­zeug im Stra­ßen­ver­kehr nut­zen kann. Für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net sich ein ge­brauch­ter Per­so­nen­kraft­wa­gen grund­sätz­lich dann, wenn er kei­ne tech­ni­schen Män­gel auf­weist, die die Zu­las­sung zum Stra­ßen­ver­kehr hin­dern oder die Ge­brauchs­fä­hig­keit auf­he­ben oder be­ein­träch­ti­gen (BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53 Rn. 18; Urt. v. 10.03.2009 – VI­II ZR 34/08, NJW 2009, 1588 Rn. 121Sie­he auch BGH, Beschl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, ju­ris Rn. 5 m. w. Nachw.). Da­zu ist die Be­triebs­er­laub­nis er­for­der­lich (vgl. § 19 V 1 StV­ZO).

Zwei­tens ist das Fahr­zeug man­gel­haft, weil der Ver­dacht be­steht, dass das Fahr­zeug stär­ker ab­ge­nutzt wur­de als ein gleich­ar­ti­ges Fahr­zeug, in das kei­ne leis­tungs­stei­gern­den Ele­men­te ein­ge­baut wur­den.

Schon der be­grün­de­te Ver­dacht ei­nes er­höh­ten Ver­schlei­ßes durch ei­ne be­son­de­re Art der Vor­nut­zung reicht aus, um ei­nen Sach­man­gel zu be­grün­den. Dies gilt zu­nächst für Fahr­zeu­ge, die ei­ne län­ge­re Zeit als Ta­xi oder Fahr­schul­wa­gen ver­wen­det wur­den (BGH, Urt. v. 12.05.1976 – VI­II ZR 33/74, MDR 1976, 1012 = ju­ris Rn. 11, 17 f.). Das OLG Hamm hat ent­schie­den, dass dies auch für Fahr­zeu­ge gilt, bei de­nen leis­tungs­stei­gern­de Ele­men­te ein­ge­baut wur­den (OLG Hamm, Urt. v. 09.02.2012 – I-28 U 186/10, MDR 2012, 761; s. auch OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 16.10.2009 – I-22 U 166/08, ju­ris Rn. 34 ff.; LG Ko­blenz, Urt. v. 28.06.2012 – 1 O 447/10, ZfSch 2012, 568). An­ders sieht das ei­ne Ent­schei­dung des OLG Düs­sel­dorf vom 03.12.2004 – I-14 U 33/04, ZfSch 2005, 130 = ju­ris Rn. 19 ff. –, wo­nach nicht zu er­ken­nen sei, dass die Ver­än­de­rung der Mo­tor­leis­tung die Eig­nung des Fahr­zeugs zur be­stim­mungs­ge­mä­ßen Nut­zung be­ein­träch­ti­ge. Der Sach­ver­halt, über den das OLG Düs­sel­dorf zu ent­schei­den hat­te, war al­ler­dings da­durch ge­kenn­zeich­net, dass die Leis­tungs­stei­ge­rung im Fahr­zeug­brief ein­ge­tra­gen war. In die­sem Fall kann der Käu­fer ei­nes ge­brauch­ten Fahr­zeugs den Fahr­zeug­do­ku­men­ten ent­neh­men, dass die Leis­tung des Mo­tors ge­stei­gert ist, und für sich selbst Rück­schlüs­se auf ei­nen mög­li­cher­wei­se vor­schnel­len Ver­schleiß zie­hen. Der Käu­fer weiß, dass das Fahr­zeug von „üb­li­chen“ Fahr­zeu­gen oh­ne Leis­tungs­stei­ge­rung ab­weicht. Vor­lie­gend blieb dem Klä­ger dies je­doch ver­bor­gen. Wäh­rend im Fall des OLG Düs­sel­dorf der Ver­gleichs­maß­stab an­de­re ge­tun­te Fahr­zeu­ge sind, ist das vom Klä­ger er­wor­be­ne Fahr­zeug mit Fahr­zeu­gen oh­ne Leis­tungs­stei­ge­rung zu ver­glei­chen. In die­sem Ver­gleich be­steht für das vom Klä­ger er­wor­be­ne Fahr­zeug der Ver­dacht ei­ner vor­schnel­len Ab­nut­zung.

b) Die die Sub­sum­ti­on tra­gen­den Fest­stel­lun­gen ste­hen für das Ge­richt nach dem Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S fest.

Der Sach­ver­stän­di­ge S ist dem Ge­richt aus meh­re­ren Ver­fah­ren als tech­ni­scher Sach­ver­stän­di­ger für Fahr­zeug­schä­den be­kannt, und das Ge­richt hält ihn für kom­pe­tent. Auch sein vor­lie­gen­des Gut­ach­ten und sei­ne Er­läu­te­run­gen hier­zu wei­sen den Sach­ver­stän­di­gen als un­par­tei­ischen Ken­ner der tech­ni­schen Ge­ge­ben­hei­ten aus. An sei­nen Fest­stel­lun­gen kam we­der vom Klä­ger noch vom Be­klag­ten sub­stan­zi­el­le Kri­tik auf.

Nach­dem das nicht zu­ge­las­se­ne Fahr­zeug auf et­was rät­sel­haf­te Wei­se zum Sach­ver­stän­di­gen ver­bracht wor­den war, stell­te die­ser bei der Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs am 02.04.2019 fest, dass im Be­reich des Bat­te­rie­kas­tens ein Zu­satz­steu­er­ge­rät vom Typ „Speed-Bus­ter“ ver­baut ist, wel­ches das Kenn­feld des Ori­gi­nal-Mo­tor­steu­er­ge­räts und ent­spre­chend die Ein­spritz­zei­ten, Ein­spritz­drü­cke und Zünd­zei­ten ver­än­dert, was zu ei­ner Leis­tungs­stei­ge­rung führt. Der Sach­ver­stän­di­ge hat den Zu­stand mit­tels Bil­dern fest­ge­hal­ten (vgl. Bil­der 8–11 des Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens). In der münd­li­chen Ver­hand­lung führ­te der Sach­ver­stän­di­ge aus, dass aus tech­ni­scher Sicht von ei­ner Ver­schlech­te­rung des Ge­räusch- und Ab­gas­ver­hal­tens aus­zu­ge­hen sei, wenn leis­tungs­stei­gern­de Bau­tei­le nicht am Fahr­zeug ge­tes­tet wor­den sei­en. Der Sach­ver­stän­di­ge ha­be im Vor­feld der münd­li­chen Ver­hand­lung noch­mals mit dem Her­stel­ler Kon­takt auf­ge­nom­men. Dort ha­be er er­fah­ren, dass das Ge­rät zwi­schen 2010 und 2013 her­ge­stellt wor­den sei. Die Stei­ge­rung der Leis­tung be­lau­fe sich auf 10 bis 15 %. Kon­kret sei sie vom je­wei­li­gen Fahr­zeug­typ ab­hän­gig. Ein Tei­le­gut­ach­ten ge­be es nicht. In die­sem Fall müs­se ein Ab­gas­gut­ach­ten für das kon­kre­te Fahr­zeug er­stellt wer­den. Ein sol­ches Gut­ach­ten sei aber sehr auf­wen­dig und kos­te meh­re­re Zehn­tau­send Eu­ro. Es wür­den die Aus­wir­kun­gen auf die Eu­ro-Schad­stoff­norm, den Kraft­stoff­ver­brauch oder den CO2-Aus­stoß ge­prüft. Ein sol­ches Gut­ach­ten sei nicht vor­han­den. Oh­ne die­ses Gut­ach­ten sei von ei­ner Ver­schlech­te­rung des Ab­gas- oder Ge­räusch­ver­hal­tens aus­zu­ge­hen.

Das Ge­richt folgt die­ser Ein­schät­zung des Sach­ver­stän­di­gen. Für das Ge­richt klingt es plau­si­bel, dass ei­ne Stei­ge­rung der Mo­tor­leis­tung auch zu ei­ner Än­de­rung des Ge­räusch- und ins­be­son­de­re des Ab­gas­ver­hal­tens führt. Grund­sätz­lich geht das Ge­richt da­von aus, dass der Schad­stoff- und Ab­gas­aus­stoß um­so grö­ßer ist, je hö­her die Leis­tung des Fahr­zeugs ist. Des­halb folgt das Ge­richt der Ein­schät­zung des Sach­ver­stän­di­gen. Auch in der Recht­spre­chung wird da­von aus­ge­gan­gen, dass sich durch die Leis­tungs­stei­ge­rung ei­nes Fahr­zeugs das Ge­räusch- und Ab­gas­ver­hal­ten ne­ga­tiv ver­än­dert (OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 03.12.2004 – I-14 U 33/04, ZfSch 2005, 130 = ju­ris Rn. 21: „in der Re­gel“; OLG Karls­ru­he, Urt. v. 24.03.2006 – 1 U 181/05, NJW 2007, 443).

Folg­lich ist die ur­sprüng­lich nach § 19 I 1 StV­ZO für die­sen Fahr­zeug­typ er­teil­te Be­triebs­er­laub­nis für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug nach § 19 II 2 Nr. 3 StV­ZO er­lo­schen, weil am Fahr­zeug Än­de­run­gen vor­ge­nom­men wur­den, durch die das Ab­gas- oder Ge­räusch­ver­hal­ten ver­schlech­tert wird. Die er­lo­sche­ne Be­triebs­er­laub­nis lebt nicht da­durch wie­der auf, dass das leis­tungs­stei­gern­de Ele­ment aus dem Mo­tor ent­fernt wird (vgl. OLG Karls­ru­he, Urt. v. 24.03.2006 – 1 U 181/05, NJW 2007, 443). In die­sem Fall muss für das Fahr­zeug viel­mehr ei­ne neue Be­triebs­er­laub­nis be­an­tragt wer­den.

Nach der Be­gut­ach­tung be­steht ein hin­rei­chen­der Ver­dacht, dass das Fahr­zeug hö­he­re Ab­nut­zungs­er­schei­nun­gen auf­weist als ein ver­gleich­ba­res Fahr­zeug oh­ne Leis­tungs­stei­ge­rung. Der Sach­ver­stän­di­ge konn­te al­ler­dings nicht po­si­tiv fest­stel­len, dass an dem Fahr­zeug Ab­nut­zungs­er­schei­nun­gen vor­han­den sind, die auf den Ein­bau leis­tungs­stei­gern­der Ele­men­te zu­rück­zu­füh­ren sind. Er konn­te dies aber ge­nau­so we­nig aus­schlie­ßen. Der Sach­ver­stän­di­ge hat bei­spiels­wei­se Ver­schleiß­er­schei­nun­gen an der oben lie­gen­den No­cken­wel­le, den Tas­sen­stö­ßeln und den Rol­len­kipp­he­beln fest­ge­stellt (vgl. Gut­ach­ten, S. 7). Er gab aber an, dass ge­ra­de bei dem vor­lie­gen­den Mo­tor­typ die­se durch­aus be­kannt sei­en und un­ab­hän­gig da­von auf­trä­ten, ob ei­ne Leis­tungs­stei­ge­rung am Fahr­zeug er­folgt sei oder nicht (Gut­ach­ten, S. 8). Nach­dem der Sach­ver­stän­di­ge kei­nes­wegs aus­schlie­ßen kann, dass der Ein­bau des leis­tungs­stei­gern­den Ele­ments zu ei­ner er­höh­ten Ab­nut­zung und da­mit ins­ge­samt zu ei­ner ver­kürz­ten Le­bens­dau­er des Fahr­zeugs führt, schließt das Ge­richt dar­aus, dass das Fahr­zeug mit ei­nem ent­spre­chen­den Ri­si­ko be­haf­tet ist.

c) Die Leis­tungs­stei­ge­rung zeig­te sich für den Klä­ger das ers­te Mal am 30.05.2017 und da­mit in­ner­halb von sechs Mo­na­ten seit Ge­fahr­über­gang. Des­halb wird nach § 476 BGB a.F. (= § 477 BGB n.F.) ver­mu­tet, dass die­ser Sach­man­gel (Leis­tungs­stei­ge­rung) schon bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den war. Der Be­klag­te hat die­se Ver­mu­tung nicht ent­kräf­ten kön­nen. Der Klä­ger hat die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II vor­ge­legt, aus der sich die Vor­hal­te­rin er­gibt. Der Klä­ger hat dem Be­klag­ten da­her die Mög­lich­keit ge­ge­ben, sich bei der Vor­ei­gen­tü­me­rin, die das Fahr­zeug am Tag der Erst­zu­las­sung er­wor­ben hat­te, zu in­for­mie­ren. Da­mit wä­re dem Be­klag­ten der Nach­weis mög­lich ge­we­sen, durch Zeu­gen­be­weis zu be­haup­ten, dass kei­ne leis­tungs­stei­gern­den Ele­men­te in das Fahr­zeug ein­ge­baut wur­den. Die­sen Be­weis hat der Be­klag­te in­des­sen nicht an­ge­bo­ten.

3. We­gen der Leis­tungs­stei­ge­rung und des Ver­dachts der Ab­nut­zungs­er­schei­nun­gen kommt auch ei­ne Nach­bes­se­rung des Fahr­zeugs nicht in Be­tracht.

a) Grund­sätz­lich hat der Käu­fer dem Ver­käu­fer ei­ner mit ei­nem Sach­man­gel be­haf­te­ten Wa­re die Mög­lich­keit zu ge­wäh­ren nach­zu­bes­sern, be­vor er vom Ver­trag zu­rück­tre­ten kann (§ 437 Nr. 2 Fall 1, § 323 I BGB).

b) Der Klä­ger kann sich nicht dar­auf be­ru­fen, dass der Be­klag­te das Fahr­zeug am Wohn­ort des Klä­gers ab­ho­len muss. Dies lässt sich dem Ur­teil des EuGH vom 16.06.2011 (C-65/09 und C-87/09, ECLI:EU:C:2011:396 = Slg. 2011, I‑5257 – Gebr. We­ber und Putz) nicht ent­neh­men. Der BGH hat sich mit die­sem Ur­teil aus­führ­lich aus­ein­an­der­ge­setzt und ent­schie­den, dass das Ur­teil kei­ne Aus­wir­kung auf den Leis­tungs­ort für die Nach­er­fül­lung ge­mäß § 269 I, II BGB hat (BGH, Urt. v. 19.07.2017 – VI­II ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 23 f.). Die­ser liegt beim Ver­käu­fer. Mög­li­chen Durch­set­zungs­schwie­rig­kei­ten ist durch ei­nen An­spruch des Käu­fers auf ei­nen Trans­port­kos­ten­vor­schuss ge­gen den Ver­käu­fer ge­mäß § 475 VI BGB2Die­se – erst am 01.01.2018 in Kraft ge­tre­te­ne – Vor­schrift ist hier nicht an­wend­bar, weil der streit­ge­gen­ständ­li­che Kauf­ver­trag be­reits im De­zem­ber 2016 ge­schlos­sen wur­de (Art. 229 § 39 EGBGB). Das Land­ge­richt hät­te des­halb auf § 439 II BGB und des­sen Aus­le­gung durch den BGH (Urt. v. 19.07.2017 – VI­II ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 29) ab­stel­len mü­sen. hin­rei­chend Rech­nung ge­tra­gen.

Der Be­klag­te hat in der Fol­ge­zeit auch ei­nen Trans­port­kos­ten­vor­schuss ge­leis­tet. Da­mit kann der Klä­ger nicht be­haup­ten, er sei sei­nen Pflich­ten bei der Nach­er­fül­lung3Dem Ver­käu­fer ord­nungs­ge­mäß Ge­le­gen­heit zur Nach­er­fül­lung zu ge­ben, ist ei­ne Ob­lie­gen­heit, kei­ne Pflicht des Käu­fers, s. nur BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VI­II ZR 310/08, ju­ris Rn. 12. nach­ge­kom­men. Zur Nach­bes­se­rung hät­te er das Fahr­zeug nach T. ver­brin­gen müs­sen.

c) Die Nach­er­fül­lung ist je­doch nach § 326 V BGB ent­behr­lich,4Nach § 326 V BGB ist nicht „die Nach­er­fül­lung“ ent­behr­lich. Viel­mehr be­stimmt die Vor­schrift, dass der Gläu­bi­ger dem Schuld­ner – ab­wei­chend von dem in § 323 I BGB sta­tu­ier­ten Grund­satz – kei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung set­zen muss, wenn der Schuld­ner nach § 275 I–III BGB nicht zu leis­ten braucht. Das ist et­wa dann der Fall, wenn – wie hier – ei­ne Nach­er­fül­lung ins­ge­samt un­mög­lich (§ 275 I BGB) ist (s. da­zu BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Leit­satz 2 und Rn. 39 m. w. Nachw.) weil der Man­gel nicht be­ho­ben wer­den kann.

Der Be­klag­te kann zwar das leis­tungs­stei­gern­de Ele­ment aus­bau­en und ei­ne neue Be­triebs­er­laub­nis für das Fahr­zeug ein­ho­len (so OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 03.12.2004 – I-14 U 33/04, ZfSch 2005, 130 = ju­ris Rn. 25). Da­durch wä­re al­ler­dings der Ver­dacht, dass das Fahr­zeug ei­nen über­mä­ßi­gen Ver­schleiß auf­weist, nicht aus­ge­räumt. In­so­weit kommt es dar­auf an, ob der Ver­käu­fer in der La­ge ist, die Ver­dachts­mo­men­te aus­zu­räu­men (Rein­king/ Eg­gert, Der Au­to­kauf, 11. Aufl. [2011], Rn 3468).

Der Sach­ver­stän­di­ge hat plau­si­bel dar­ge­stellt, dass es nicht mög­lich ist, das Fahr­zeug in ei­nen Zu­stand zu ver­set­zen, der ei­nen Fahr­zeug ent­spre­chen wür­de, in das kei­ne leis­tungs­stei­gern­den Ele­men­te ein­ge­baut wor­den sei­en. Der Ver­käu­fer hat auch nicht an­ge­ge­ben, ob und wie er den Ver­dacht vor­ei­li­gen Ver­schlei­ßes aus­räu­men kann. Im­mer­hin hat der Sach­ver­stän­di­ge Ab­nut­zungs­er­schei­nun­gen an meh­re­ren Bau­tei­len fest­ge­stellt. Der Be­klag­te weiß da­ge­gen nicht, wann die Mo­tor­leis­tung ge­stei­gert wur­de und wie vie­le Ki­lo­me­ter mit dem Fahr­zeug mit ge­stei­ger­ter Leis­tung zu­rück­ge­legt wur­den.

Vor die­sem Hin­ter­grund hält das Ge­richt die Nach­er­fül­lung für un­mög­lich (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 16.10.2009 – I-22 U 166/08, ju­ris Rn. 44).5Die Nach­er­fül­lung ist nur un­mög­lich, wenn nicht nur ei­ne Nach­bes­se­rung (§ 439 I Fall 1 BGB), son­dern auch ei­ne Er­satz­lie­fe­rung (§ 439 I Fall 2 BGB) aus­schei­det (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2019 – VI­II ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Leit­satz 2 und Rn. 39 m. w. Nachw.). Ei­ne Er­satz­lie­fe­rung the­ma­ti­siert das Land­ge­richt in­des erst nach­fol­gend.

d) Der Be­klag­te hat zu kei­nem Zeit­punkt statt der Be­sei­ti­gung des Man­gels die Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en, gleich­wer­ti­gen Fahr­zeugs an­ge­bo­ten. Im Üb­ri­gen ist ei­ne Nach­er­fül­lung durch Lie­fe­rung ei­ner gleich­wer­ti­gen Er­satz­sa­che in der Re­gel aus­ge­schlos­sen, wenn der Käu­fer das Fahr­zeug nach per­sön­li­cher Be­sich­ti­gung er­wor­ben hat (BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Leit­satz 2 und Rn. 23 f.). So liegt der Fall hier. Der Klä­ger ist so­gar Pro­be ge­fah­ren, wie im Kauf­ver­trag aus­ge­führt ist.

4. Der Man­gel ist auch er­heb­lich (§ 323 V 2 BGB). Dies er­gibt sich dar­aus, dass die Be­triebs­er­laub­nis er­lo­schen ist und der Klä­ger das Fahr­zeug nicht wie üb­li­cher­wei­se nut­zen kann (vgl. LG Ko­blenz, Urt. v. 28.06.2012 – 1 O 447/10, ZfSch 2012, 568 = ju­ris Rn. 69).

Die auf­grund des Kauf­ver­tra­ges er­brach­ten Leis­tun­gen sind folg­lich zu­rück­zu­ge­wäh­ren.

Der Klä­ger kann da­her den Kauf­preis in Hö­he von 15.000 € ge­mäß § 346 I BGB vom Be­klag­ten zu­rück­ver­lan­gen. Mög­li­che Nut­zun­gen muss der Klä­ger her­aus­ge­ben, aber nur, wenn sie gel­tend ge­macht wer­den. Der Be­klag­te hat aber die Nut­zun­gen nicht kon­kret be­zif­fert, ob­wohl ihm dies mög­lich ge­we­sen wä­re. Die Nut­zungs­ent­schä­di­gung be­rech­net sich nach ei­ner For­mel, in die die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung beim Klä­ger, die im Ver­trag zu­grun­de ge­leg­te vor­aus­sicht­li­che Ge­samt­lauf­leis­tung und der Kauf­preis ein­flie­ßen. Dem Be­klag­ten wa­ren als Ver­trags­par­tei die dem Ver­trag zu­grun­de ge­leg­te Ge­samt­lauf­leis­tung und der Kauf­preis be­kannt. Er be­nö­tig­te noch die Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs. Die­se hat er selbst an­hand der von den Werk­stät­ten fest­ge­stell­ten Ta­chostän­de er­mit­telt. Der Be­klag­te hät­te al­so die Nut­zungs­ent­schä­di­gung be­rech­nen und dem Zah­lungs­an­spruch als Ein­re­de nach § 348 BGB ent­ge­gen­hal­ten oder auf­rech­nen kön­nen.

II. 1. Der Klä­ger kann nach § 347 II 1 BGB dar­über hin­aus Ver­wen­dungs­er­satz ver­lan­gen.

Ver­wen­dun­gen sind Ver­mö­gens­auf­wen­dun­gen, die zu­min­dest auch der Sa­che zu­gu­te­kom­men, in­dem sie ih­rer Wie­der­her­stel­lung, Er­hal­tung oder Ver­bes­se­rung die­nen (BGH, Urt. v. 24.11.1995 – V ZR 88/95, BGHZ 131, 220, 222 f.). Der Ein­bau ei­ner neu­en Bat­te­rie, ei­nes neu­en CD-Na­vi­ga­ti­ons­sys­tems, ei­ner neu­en Wind­schutz­schei­be und auch ei­ne Er­neue­rung der Um­wälz­pum­pe stel­len da­her Ver­wen­dun­gen auf das Fahr­zeug dar.

Nach der Ver­neh­mung der Zeu­gin M ist das Ge­richt da­von über­zeugt, dass der Klä­ger die­se Auf­wen­dun­gen auch er­bracht hat. Die Zeu­gin ist zwar die Mut­ter des Klä­gers und hat da­her mög­li­cher­wei­se ein fa­mi­liä­res In­ter­es­se am Aus­gang des Rechts­streits. Dies macht ih­re Aus­sa­ge je­doch nicht un­ver­wert­bar. Im Ge­gen­teil konn­te das Ge­richt nicht er­ken­nen, dass die Zeu­gin ih­re Aus­sa­ge zu­guns­ten des Klä­gers ge­färbt hät­te. So­weit es auf die Re­pa­ra­tu­ren des Klä­gers an­kommt, hat die Zeu­gin auch nicht ei­nem Te­le­fo­nat bei­ge­wohnt. Ob die Aus­sa­ge teil­wei­se we­gen ei­nes Ver­sto­ßes ge­gen Art. 10 I GG un­ver­wert­bar ist, braucht da­her nicht ent­schie­den zu wer­den.6Sie­he zur Fra­ge, ob die Aus­sa­ge ei­nes Zeu­gen über den In­halt ei­nes Te­le­fo­nats, das er oh­ne Ein­wil­li­gung des Ge­sprächs­part­ners mit­ge­hört hat, ver­wer­tet wer­den darf, z. B. BGH, Urt. v. 17.02.2010 – VI­II ZR 70/07, ju­ris Rn. 27 ff.

Die Zeu­gin hat aus­ge­sagt, dass der Klä­ger ei­ne neue Bat­te­rie ver­baut ha­be. Das ist für das Ge­richt glaub­haft. Die Zeu­gin hat wei­ter be­stä­tigt, dass das Na­vi­ga­ti­ons­sys­tem nicht funk­tio­niert ha­be. Des­halb sind auch die Auf­wen­dun­gen für ein neu­es Na­vi­ga­ti­ons­sys­tem nach­voll­zieh­bar. Da­mit hat die Zeu­gin den Vor­trag des Klä­gers be­stä­tigt. Hin­sicht­lich der Ge­gen­stän­de, zu de­nen die Zeu­gin kei­ne An­ga­ben ma­chen konn­te (Wind­schutz­schei­be, Um­wälz­pum­pe), liegt der Sach­ver­halt par­al­lel. Nach­dem das Ge­richt von den Auf­wen­dun­gen für Bat­te­rie und Na­vi­ga­ti­ons­sys­tem über­zeugt ist, gibt es kei­nen Grund, am Vor­trag des Klä­gers zu Wind­schutz­schei­be und Um­wälz­pum­pe zu zwei­feln, zu­mal aus­sa­ge­kräf­ti­ge Ab­rech­nun­gen vor­lie­gen.

Die­se Ver­wen­dun­gen sind not­wen­dig i. S. des § 347 II 1 BGB. Not­wen­dig ist ei­ne Ver­wen­dung, wenn sie ob­jek­tiv dem Er­halt der Sa­che dient und nicht sub­jek­tiv die Sa­che nach der Vor­stel­lung des Er­wer­bers ge­stal­tet (BGH, Urt. v. 24.11.1995 – V ZR 88/95, BGHZ 131, 220, 223). Dies ist eben­falls bei den ge­nann­ten Auf­wen­dun­gen zu er­ken­nen.

Kon­kre­te Ein­wen­dun­gen ge­gen die Hö­he ein­zel­ner Po­si­tio­nen hat der Be­klag­te nicht er­ho­ben, die­se le­dig­lich pau­schal be­strit­ten. Das reicht nicht aus, um qua­li­fi­ziert Ein­wen­dun­gen ge­gen die ein­zel­nen Po­si­tio­nen vor­zu­brin­gen.

Die Er­satz­tei­le ha­ben den Wert des Fahr­zeugs er­hal­ten oder so­gar ge­stei­gert. Des­we­gen kann der Klä­ger vom Be­klag­ten auch Er­satz die­ser Auf­wen­dun­gen ver­lan­gen. Der Klä­ger kann da­her Er­satz der not­wen­di­gen Ver­wen­dun­gen von 248,16 € für die Bat­te­rie, 598,74 € für die Wind­schutz­schei­be, 570 € für das Au­to­ra­dio mit Na­vi-DVD und 948,60 € für den Ein­bau der Um­wälz­pum­pe, zu­sam­men 2.365,50 €, ver­lan­gen.

2. Der Klä­ger kann da­ge­gen nicht die Kos­ten aus der Rech­nung vom 30.05.2017 ver­lan­gen. Da­mit soll­te der be­an­stan­de­te Kühl­was­ser­ver­lust be­ho­ben wer­den. Der Sach­ver­stän­di­ge S hat aber das Fahr­zeug auf Kühl­mit­tel­ver­lust un­ter­sucht und da­bei fest­ge­stellt, dass das Fahr­zeug gar kein Kühl­was­ser ver­liert (Gut­ach­ten, S. 6). Das Ge­richt kann sich nicht da­von über­zeu­gen, dass ein Kühl­was­ser­ver­lust auf­trat und bis zum 30.05.2017 vom Klä­ger be­ho­ben wur­de. Denn die von ihm in Auf­trag ge­ge­be­nen Ar­bei­ten wur­den ein­ge­stellt, wie sich aus der Rech­nung vom 30.05.2017 er­gibt. Da­mit wa­ren die­se Aus­ga­ben von An­fang an nicht er­for­der­lich. Sie stel­len kei­ne er­satz­fä­hi­ge Ver­wen­dung dar.

Die­se Ar­bei­ten wa­ren auch nicht er­for­der­lich, um die Leis­tungs­stei­ge­rung fest­zu­stel­len. Der Sach­ver­stän­di­ge hat den Stand­ort des Ge­räts do­ku­men­tiert. Es be­fin­det sich ne­ben der Bat­te­rie und ist so­gar an die­se an­ge­schlos­sen (Licht­bil­der 8–10). Das Ge­rät hät­te ei­ner Fach­werk­statt schon beim Bat­te­rie­wech­sel auf­fal­len müs­sen.

3. Der Klä­ger kann nach § 437 Nr. 3 Fall 1, § 280 I BGB Er­satz sei­ner au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten ver­lan­gen. Die­se sind ad­äquat-kau­sal auf das man­gel­be­haf­te­te Fahr­zeug zu­rück­zu­füh­ren. Es war auch er­for­der­lich und zweck­mä­ßig, dass sich der Klä­ger an ei­ne Rechts­an­wäl­tin ge­wen­det hat.

Die Gel­tend­ma­chung ei­ner 1,3-fa­chen Ge­schäfts­ge­bühr aus ei­nem Streit­wert bis 19.000 € (696 €) zu­züg­lich Aus­la­gen­pau­scha­le und Um­satz­steu­er er­gibt sich aus Nrn. 2300, 7002 und 7008 VV-RVG und ist recht­lich nicht zu be­an­stan­den.

4. So­wohl der Ver­wen­dungs­er­satz- als auch der Scha­dens­er­satz­an­spruch sind seit Ab­lauf der ge­setz­ten Frist ge­mäß §§ 280 I und II, 286 I 1, 288 I BGB mit fünf Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz zu ver­zin­sen. Die Klä­ger­ver­tre­te­rin setz­te ei­ne an­ge­mes­se­ne Leis­tungs­frist bis 30.06.2017, so­dass am 01.07.2017 Ver­zug ein­ge­tre­ten ist.

III. Der Klä­ger kann nicht die Fest­stel­lung be­geh­ren, dass der Be­klag­te in An­nah­me­ver­zug ist. Der An­trag ist zwar als Fest­stel­lungs­an­trag nach § 256 I ZPO zu­läs­sig. Er setzt aber vor­aus, dass der Klä­ger dem Be­klag­ten das Fahr­zeug so an­bie­tet, wie die Leis­tung zu be­wir­ken ist (§ 294 BGB). Die Leis­tung ist Zug um Zug zu be­wir­ken (§ 348 Satz 1 BGB); das be­deu­tet Gleich­zei­tig­keit. Der Klä­ger hat je­doch an­ge­bo­ten, das Fahr­zeug nach Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses her­aus­zu­ge­ben. Da­mit hat er die Leis­tung nicht so an­ge­bo­ten, wie sie zu be­wir­ken ist. An­nah­me­ver­zug ist da­her nicht fest­zu­stel­len. …

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