Der Käufer eines – wohl nicht von einem behördlich angeordneten Rückruf betroffenen – Mercedes-Benz-Fahrzeugs (hier: Mercedes-Benz A 200 d mit OM 651-Motor), der die Daimler AG wegen eines angeblichen Sachmangels in Gestalt einer unzulässigen Abschalteinrichtung („Thermofenster“) in Anspruch nimmt, muss schlüssig dartun, wie er zu der Einschätzung gelangt ist, dass sein Fahrzeug über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfüge, und die Plausibilität seiner Behauptungen darlegen. Unterbleibt dies, liegen lediglich „ins Blaue hinein“ aufgestellte Behauptungen vor, die die – als Ausforschungsbeweis zu bewertende – Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht rechtfertigen.

OLG Celle, Beschluss vom 07.02.2019 – 7 U 263/18
(nachfolgend: BGH, Beschluss vom 28.01.2020 – VIII ZR 57/19)

Sachverhalt: Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Gebrauchtwagen in Anspruch.

Er erwarb von der Beklagten gemäß Kaufvertrag vom 29.10.2016 einen gebrauchten Pkw Mercedes-Benz A 200 d in der Ausstattungslinie „Urban“ zum Preis von 23.700 €. Dieses Fahrzeug ist unter anderem mit einer „Abgasreinigung EURO 6 Technik“ ausgestattet.

Mit Anwaltsschreiben vom 21.09.2017 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag, wobei er als Rücktrittsgrund angab, dass das Fahrzeug vom sogenannten Mercedes-Abgasskandal betroffen sei. Da die Beklagte zu einer Rückabwicklung des Kaufvertrags nicht bereit war, hat der Kläger im Oktober 2017 Klage erhoben.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 05.07.2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe nicht ausreichend dargetan, dass sein Fahrzeug mit einem Mangel behaftet sei. Denn zum Vortrag eines Mangels genüge es nicht, aus der Rechtsprechung zum VW-Abgasskandal zu zitieren. Die Behauptung des Klägers, in seinem Pkw komme eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz, sei eine unbeachtliche Behauptung „ins Blaue hinein“, zumal der Kläger nicht mitgeteilt habe, woher seine Kenntnis und sein Wissen über die technische Funktionsweise der Abgasrückführung bei seinem Fahrzeug stammten. Der Kläger behaupte auch nicht, dass sein Pkw von einer Rückrufaktion der beklagten Daimler AG betroffen sei.

Gegen dieses Urteil wandte sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgte. Er macht geltend, sein Fahrzeug habe – wie auch Fahrzeuge der Volkswagen AG, die vom VW-Abgasskandal betroffen seien, bezüglich der Abgasrückführung unterschiedliche Modi Operandi. Der tatsächliche Stickoxid(NOX)-Ausstoß des Pkw weiche wegen des Einsatzes eines „thermischen Fensters“ erheblich von den gesetzlichen Vorgaben und auch von den Angaben, die die Daimler AG als Fahrzeugherstellerin im technischen Datenblatt gemacht habe, ab.

Die Beklagte hat geltend gemacht, das Vorbringen des Klägers sei nach wie vor unsubstanziiert. In dem Fahrzeug des Klägers befinde sich keine unzulässige Abschalteinrichtung.

Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Das Landgericht hat dem Klagebegehren des Klägers zu Recht nicht entsprochen. Der Senat hat hierzu in seinem Beschluss vom 17.12.2018 Folgendes ausgeführt:

„Mit dem Landgericht kann der Kläger die Beklagte nicht gemäß §§ 346 ff., 323 BGB i. V. mit § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 433 I, 434 I BGB auf Rückabwicklung des Kaufvertrags über das streitgegenständliche Fahrzeug in Anspruch nehmen. Denn dem Vorbringen des Klägers lässt sich nicht schlüssig entnehmen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug hinsichtlich seiner Abgasreinigung mit einem Sachmangel behaftet ist.

Nach der überwiegenden Rechtsprechung auch des Senats (vgl. OLG Nürnberg, Urt. v. 24.04.2018 – 6 U 409/17, juris Rn. 38; OLG Köln, Beschl. v. 28.05.2018 – 27 U 13/17, juris Rn. 46; OLG München, Beschl. v. 23.03.2017 – 3 U 4316/16, juris Rn. 13; OLG Celle, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, juris Rn. 6) weisen Fahrzeuge der Marken Volkswagen, Audi, ŠKODA und Seat, die mit einem Dieselmotor des Typs EA189 (Euro 5) ausgestattet sind, einen Sachmangel nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf, weil sie eine als unzulässig anzusehende Abschalteinrichtung aufweisen, mit deren Hilfe die Stickoxid(NOX)-Werte im Prüfstand manipuliert werden, das heißt bessere Werte vorgetäuscht werden, um so die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOX-Grenzwerte einzuhalten. Die in diesen Fahrzeugen eingesetzte Abgassoftware, die die Prüfsituation erkennt, schaltet im Prüfstand in den NOX-optimierenden Modus 1, während sie sich im normalen Fahrbetrieb im Modus O mit eingeschränkter Abgasrückführung befindet, wodurch die NOX-Emissionen erheblich höher ausfallen.

Unter Abstellung auf die Rechtsprechung zum VW-Abgasskandal strebt der Kläger die Rückabwicklung des mit der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrags an, womit er nicht durchdringen kann. Denn von ihm wird in seiner Berufungsbegründung – wie schon erstinstanzlich – lediglich pauschal die (von der Beklagten bestrittene) Behauptung aufgestellt, dass in seinem Fahrzeug wie in den betroffenen Fahrzeugen der Volkswagen AG eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut worden sei, wobei die Motorsteuerungssoftware so programmiert worden sei, dass sie den Betrieb des Fahrzeugs auf dem Prüfstand erkenne und manipulativ zu einem geringeren Stickoxid-Ausstoß führe als im Straßenbetrieb, weil im realen Fahrbetrieb die Abgasreinigung weitgehend heruntergefahren werde mit der Folge, dass die tatsächlichen NOX-Werte seines Fahrzeugs von den gesetzlichen Vorgaben und auch von den Angaben des Herstellers im technischen Datenblatt deutlich abweichen würden. Hierzu hat bereits das Landgericht in seinem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass sich das pauschale Vorbringen des Klägers, welches er offenkundig unreflektiert aus den bekannt gewordenen Fällen zum VW-Abgasskandal übernommen hat, als unbeachtliche Behauptung ‚ins Blaue hinein‘ darstellt, weil der Kläger in keiner Weise schlüssig vorgetragen hat, wie er zu der von ihm behaupteten Einschätzung bezüglich des von ihm erworbenen Mercedes-Benz A 200 d gelangt ist. Diese Feststellung des Landgerichts gilt für die Berufungsinstanz uneingeschränkt fort, nachdem sich der Kläger unter Ziffer II seiner Berufungsbegründung darauf beschränkt hat, seine erstinstanzlich aufgestellte Behauptung schlicht zu wiederholen, ohne sich mit den Entscheidungsgründen des Landgerichts hierzu auseinanderzusetzen.

Unter Ziffer I seiner Berufungsbegründung ist von dem Kläger zwar weiter vorgebracht worden, dass er in seinem Schriftsatz vom 29.05.2018 eingehend zu den sogenannten ‚thermischen Fenstern‘ vorgetragen habe, worauf das Landgericht in seinen Entscheidungsgründen nicht eingegangen sei. Tatsächlich hat das Landgericht hierzu aber in seinen Entscheidungsgründen ausgeführt, dass auch der Vortrag des Klägers zu den ‚thermischen Fenstern‘ als Behauptung ‚ins Blaue hinein‘ zu würdigen ist. Bei dieser Annahme des Landgerichts hat es ebenfalls für die Berufungsinstanz zu verbleiben.

Dem Senat ist bekannt, dass mit der Bezeichnung ‚Thermofenster‘ umschrieben wird, dass sich die Abgasrückführung in bestimmten Temperaturbereichen abschaltet. Ob es sich hierbei um eine unerlaubte Abschalteinrichtung handelt, was von den Herstellern in Abrede gestellt wird, kann vorliegend dahinstehen. Denn von dem Kläger ist auch insoweit nicht schlüssig dargetan worden, dass sein Fahrzeug, ein Mercedes-Benz A 200 d Urban, von dieser Art der ‚Abgasmanipulation‘ betroffen ist. Von dem Kläger ist zwar in seinem Schriftsatz vom 29.05.2018 vorgebracht worden, dass von der Beklagten, um einer Manipulation der Abgaswerte im Alltagsbetrieb durch das sogenannte thermische Fenster entgegenzuwirken, die betroffenen Fahrzeuge zwecks Vornahme eines Softwareupdates zurückgerufen würden. Dass auch sein Fahrzeug unter eine diesbezügliche Rückrufaktion fällt, wird von dem Kläger selbst nicht behauptet, worauf bereits das Landgericht in seinem Urteil hingewiesen hat.

Inzwischen ist zwar bekannt geworden, dass die Beklagte auf Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) einen verpflichtenden Rückruf für Mercedes-Fahrzeuge mit Dieselmotoren durchzuführen hat. Von dem Rückruf betroffen sind aber ausschließlich Fahrzeugvarianten der Euro-6b-Norm. Infolge dieses Rückrufs wird bei den betroffenen Fahrzeugen zur Ausräumung der Beanstandung des Kraftfahrt-Bundesamtes ein Softwareupdate für die Motorsteuerung aufgespielt. Welche Fahrzeuge unter diese angeordnete Rückrufaktion im Einzelnen fallen, lässt sich der im Internet unter https://www.daimler.com/innovation/diesel/rueckruf-faq.html abrufbaren Liste (Stand: 14.09.2018) entnehmen. Diese Liste enthält indes keine Fahrzeuge der A-Klasse, sodass es weiterhin an jeglichen Anhaltspunkten dahin fehlt, dass das Fahrzeug des Klägers von einer Abgasmanipulation betroffen ist. Darauf, dass die Beklagte Widerspruch gegen den Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes eingelegt hat und was dies für Käufer, die den Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes zum Anlass für ein Rücktrittsbegehren nehmen, bedeutet, kommt es hier deshalb nicht an.

Festzuhalten ist, dass seitens des Klägers weder erst- noch zweitinstanzlich substanziiert vorgetragen worden ist, dass sein Fahrzeug den von ihm behaupteten Sachmangel aufweist. Von ihm werden Behauptungen ‚ins Blaue hinein‘ aufgestellt, ohne dass von ihm die Plausibilität seiner Behauptung dargelegt worden ist. Von ihm wird lediglich gemutmaßt bzw. spekuliert, dass auch sein Fahrzeug von einem Abgasskandal betroffen ist. Mit der von ihm beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens geht es ihm darum, Tatsachen in Erfahrung zu bringen, durch die er in die Lage versetzt werden will, sein Rücktrittsbegehren schlüssig darzutun. Derartige auf einen Ausforschungsbeweis gerichtete Beweisanträge sind jedoch unzulässig, sodass mit dem Landgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den von dem Kläger aufgestellten Behauptungen zu unterbleiben hat.“

Bei diesen Ausführungen hat es zu verbleiben; der Kläger hat sich hierzu auch nicht erklärt. …

Hinweis: Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hatte zwar keinen Erfolg. Der BGH hat in seinem Beschluss vom 28.01.2020 – VIII ZR 57/19 – aber darauf hingewiesen, dass das OLG Celle in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 I GG) verletzt habe. In dem Beschluss heißt es:

„[1]    Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg, weil der erstmals im Nichtzulasungsbeschwerdeverfahren geltend gemachten Gehörsverletzung (Art. 103 I GG) der Grundsatz der Subsidiarität entgegensteht.

[2]    I. Die Nichtzulassungsbeschwerde macht allerdings zu Recht geltend, dass die angefochtene Entscheidung in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 I GG) verletzt. Denn das Berufungsgericht hat das Vorbringen des Klägers zum Vorhandensein einer oder mehrerer unzulässiger Abschalteinrichtungen zu Unrecht als unbeachtliche Behauptungen ‚ins Blaue hinein‘ gewertet und den hierfür angetretenen Sachverständigenbeweis nicht erhoben, obwohl ein solches Vorgehen im Prozessrecht keine Stütze findet.

[3]    1. Es hat gemeint, der Kläger habe nicht schlüssig dargetan, wie er zu der Einschätzung gelangt sei, dass sein Fahrzeug über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfüge. Es fehle an jeglichen Anhaltspunkten dahin, dass das Fahrzeug des Klägers eine Abgasmanipulation aufweise. Die im Internet abrufbare Liste der von einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes betroffenen Fahrzeuge führe keine Fahrzeuge der A-Klasse auf. Letztlich habe sich der Kläger, der die Plausibilität seiner Behauptungen nicht dargelegt habe, auf bloße Mutmaßungen und Spekulationen beschränkt. Ihm gehe es mit der von ihm beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens darum, Tatsachen in Erfahrung zu bringen, durch die er in die Lage versetzt werden wolle, sein Rücktrittsbegehren schlüssig darzutun. Derartige auf einen ‚Ausforschungsbeweis‘ gerichtete Beweisanträge seien jedoch unzulässig, sodass der angebotene Beweis nicht zu erheben sei.

[4]    2. Hiermit hat das Berufungsgericht – wie die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht rügt – die Anforderungen an die Substanziierungspflicht des Klägers rechtsfehlerhaft überspannt und infolgedessen verfahrensfehlerhaft den vom Kläger für die von ihm behauptete Programmierung der Motorsteuerung seines Fahrzeugs und für die von ihm weiter geltend gemachte temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung angetretenen Sachverständigenbeweis nicht erhoben. Damit hat es – wie die Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend geltend macht – zugleich den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 I GG) verletzt. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots stellt einen Verstoß gegen Art. 103 I GG dar, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (st. Rspr.; vgl. hierzu etwa BVerfG, Beschl. v. 29.11.1983 – 1 BvR 1313/82, BVerfGE 65, 305, 307; Beschl. v. 30.01.1985 – 1 BvR 393/84, BVerfGE 69, 141, 144; BVerfG [2. Kammer des Zweiten Senats], Beschl. v. 19.12.2016 – 2 BvR 1997/15, juris Rn. 15; BVerfG [2. Kammer des Ersten Senats], BVerfG [3. Kammer des Ersten Senats], Beschl. v. 02.07.2018 – 1 BvR 612/12, NVwZ 2018, 1555 Rn. 31; Beschl. v. 20.12.2018 – 1 BvR 1155/18, juris Rn. 11; jeweils m. w. Nachw.; Senat, Beschl. v. 10.04.2018 – VIII ZR 223/17, NJW-RR 2018, 647 Rn. 10 m. w. Nachw.).

[5]    a) Dem Berufungsgericht ist zwar beizupflichten, dass der Vortrag des Klägers zu dem Einbau einer gemäß Art. 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzungsfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. 2007 L 171, 1; nachfolgend: VO 715/2007/EG) unzulässigen Abschalteinrichtung, die zu einem Sachmangel nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB führen würde (vgl. hierzu Senat, Hinweisbeschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 4 ff.), recht allgemein gehalten ist.

[6]    b) Das Berufungsgericht hat jedoch die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an ein substanziiertes Vorbringen missachtet, indem es den Sachvortrag des Klägers als unzureichende Behauptungen ‚ins Blaue hinein‘ und die hierzu angebotenen Beweise als unzulässige ‚Ausforschungsbeweise‘ bewertet hat.

[7]    aa) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2014 – VIII ZR 88/13, NJW 2015, 934 Rn. 43; Beschl. v. 28.02.2012 – VIII ZR 124/11, WuM 2012, 311 Rn. 6 m. w. Nachw.; Beschl. v. 26.03.2019 – VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 11 m. w. Nachw.). Das gilt insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat (BGH, Beschl. v. 26.10.2016 – IV ZR 52/14, NJW-RR 2017, 22 Rn. 27). Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen (vgl. etwa Beschl. v. 28.02.2012 – VIII ZR 124/11, WuM 2012, 311 Rn. 6 m. w. Nachw.; Beschl. v. 26.03.2019 – VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 11). Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (st. Rspr; vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2014 – VIII ZR 88/13, NJW 2015, 934 Rn. 43; Beschl. v. 28.02.2012 – VIII ZR 124/11, WuM 2012, 311 Rn. 6 m. w. Nachw.; Beschl. v. 26.03.2019 – VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 11 ; jeweils m. w. Nachw.).

[8]    bb) Weiter ist es einer Partei grundsätzlich nicht verwehrt, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Umstände zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich hält (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 27.05.2003 – IX ZR 283/99, NJW-RR 2004, 337 unter II 1 m. w. Nachw.; Beschl. v. 09.11.2010 – VIII ZR 209/08, juris Rn. 15). Dies gilt insbesondere dann, wenn sie sich – wie hier der Kläger – nur auf vermutete Tatsachen stützen kann, weil sie mangels Sachkunde und Einblick in die Produktion des von der Gegenseite hergestellten und verwendeten Fahrzeugmotors einschließlich des Systems der Abgasrückführung oder -verminderung keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben kann (vgl. BGH, Beschl. v. 26.03.2019 – VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 13). Eine Behauptung ist erst dann unbeachtlich, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich ‚aufs Geratewohl‘ oder ‚ins Blaue hinein‘ aufgestellt worden ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urt. v. 27.05.2003 – IX ZR 283/99, NJW-RR 2004, 337 unter II 1; Urt. v. 26.01.2016 – II ZR 394/13, WM 2016, 974 Rn. 20; Beschl. v. 09.11.2010 – VIII ZR 209/08, juris Rn. 15; Beschl. v. 26.03.2019 – VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 13; jeweils m. w. Nachw.). Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur beim Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte gerechtfertigt werden können (BGH, Urt. v. 27.05.2003 – IX ZR 283/99, NJW-RR 2004, 337 unter II 1 m. w. Nachw.).

[9]    cc) Diese strengen Voraussetzungen für eine Behauptung ‚ins Blaue hinein‘ liegen im Streitfall nicht vor. Das Berufungsgericht hat unter Überspannung der Substanziierungsanforderungen die Darlegung von Einzelheiten verlangt, die für die rechtliche Schlüssigkeit des Klägervorbringens nicht erforderlich sind, sondern von ihm allein unter dem Gesichtspunkt der Nachvollziehbarkeit der klägerischen Behauptungen verlangt worden sind. Dabei hat es verkannt, dass der Kläger, der mangels eigener Sachkunde und hinreichenden Einblicks in die Konzeption und Funktionsweise des in seinem Fahrzeug eingebauten Motors einschließlich des Systems zur Verringerung des Stickoxidausstoßes keine genauen Kenntnisse von dem Vorhandensein und der konkreten Wirkung einer Abschalteinrichtung haben kann, ausreichend greifbare Anhaltspunkte vorgebracht hat, auf die er letztlich seinen Vorwurf stützt, sein Fahrzeug sei in zweifacher Hinsicht mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. des Art. 5 II 1 VO 715/2007/EG ausgestattet.

[10]   Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist das Vorbringen des Klägers nicht deswegen unbeachtlich, weil er die Plausibilität seiner Behauptungen nicht dargelegt habe. Es verkennt hierbei, dass der Kläger mangels eigener Sachkunde und weiterer Erkenntnismöglichkeiten – die andere mit dem Motor OM 651 ausgestattete Fahrzeugtypen betreffende Bescheide des Kraftfahrt-Bundesamtes, gegen die die Beklagte Widerspruch eingelegt hat, sind (soweit ersichtlich) nicht veröffentlicht – letztlich auf Vermutungen angewiesen ist und diese naturgemäß nur auf einige greifbare Gesichtspunkte stützen kann. Von ihm kann – anders als das Berufungsgericht annimmt – nicht verlangt werden, dass er im Einzelnen darlegt, weshalb er von dem Vorhandensein einer oder mehrerer Abschalteinrichtungen ausgeht und wie diese konkret funktionieren. Vielmehr ist von ihm nur zu fordern, dass er greifbare Umstände anführt, auf die er den Verdacht gründet, sein Fahrzeug weise eine oder mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen auf. Dies hat er – wie nachfolgend darzustellen ist – getan. Dabei hat er – wenn auch nur in groben Zügen – die von ihm befürchteten Auswirkungen einer solchen Abschalteinrichtung auf den Stickoxidausstoß im realen Fahrbetrieb und auf dem Prüfstand beschrieben.

[11]   (1) Der Kläger hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass der in das erworbene Fahrzeug eingebaute Motor zu dem Motorentyp OM 651 gehört. Weiter hat er zwar – anders als die Nichtzulassungsbeschwerde geltend macht – in den Tatsacheninstanzen nicht vorgebracht, dass ‚eine große Zahl an Fahrzeugen mit Motoren dieses Typs bundesweit von der Beklagten [habe] zurückgerufen werden‘ müssen, sondern hat diesen Vortrag – nach § 559 I ZPO unbeachtlich – erst im Rahmen der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gehalten. Er hat aber auf der von der Nichtzulassungsbeschwerde insoweit ausdrücklich in Bezug genommenen Seite 5 seines Schriftsatzes vom 12.03.2018 dargelegt, Mitte Juli 2017 sei aufgrund von Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart im Rahmen eines eingeleiteten Ermittlungsverfahrens bekannt geworden, dass in Motoren der Typen OM 651 und OM 642 eine unzulässige Thermosoftware verbaut worden sei.

[12]   (2) Zudem hat das Berufungsgericht bereits in seinem Hinweisbeschluss und später dann im angefochtenen Zurückweisungsbeschluss ausgeführt, es sei bekannt geworden, dass die Beklagte auf Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes einen verpflichtenden Rückruf für Mercedes-Motoren durchzuführen habe. Welche Fahrzeuge unter diese angeordnete Rückrufaktion im Einzelnen fielen, lasse sich der im Internet unter https://www.daimler.com/innovation/diesel/rueckruf-faq.html abrufbaren Liste, Stand 14.09.2018, entnehmen. Aus der Liste selbst ergibt sich, dass bereits im Jahr 2018 mehrere Fahrzeugtypen der Beklagten, die mit dem Motor OM 651 ausgestattet sind, von einer Rückrufaktion betroffen waren. Diese Gesichtspunkte bieten zusammen mit dem Vortrag des Klägers, sein Fahrzeug weise ebenfalls einen Motor des Typs OM 651 auf und die Staatsanwaltschaft Stuttgart habe hinsichtlich dieses Motorentyps im März 2017 ein Ermittlungsverfahren wegen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung eingeleitet, sowie im Hinblick auf die – wenn auch allgemein beschriebene – Funktionsweise der in zweifacher Hinsicht vermuteten Abschalteinrichtung hinreichend greifbare Anhaltspunkte für das Vorhandensein eines Sachmangels. Das Vorbringen des Klägers ist damit gemessen an den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Maßstäben nicht ‚ins Blaue hinein‘ erfolgt, sondern schlüssig und erheblich.

[13]   (3) Anders als das Berufungsgericht meint, sind greifbare Anhaltspunkte für die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht erst dann gegeben, wenn das Kraftfahrt-Bundesamt auch bezüglich Fahrzeugen der Daimler AG oder gar des konkreten Fahrzeugtyps des Klägers eine Rückrufaktion angeordnet hat. Das Berufungsgericht überspannt die Anforderungen an eine substanziierte und schlüssige Darlegung eines in dem Einbau einer unzulässi-gen Abschalteinrichtung liegenden Sachmangels, wenn es fordert, dass sich der Kläger auf ein Einschreiten des Kraftfahrt-Bundesamtes stützen kann. Denn ein Sachmangel nach § 434 I BGB wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung liegt – wie der Senat in seinem Hinweisbeschluss vom 08.01.2019 (VIII ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 20) ausgeführt hat – im Hinblick auf eine drohende Betriebsbeschränkung oder -untersagung nach § 5 I FZV nicht erst dann vor, wenn der Hersteller durch einen Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes eine Umrüstungsanordnung getroffen hat, sondern auch schon dann, wenn diese Behörde eine entsprechende Maßnahme gegenüber dem Hersteller noch nicht getroffen hat. Denn auch dann ist im Ansatz bereits ein Sachverhalt (‚Mangelanlage‘/Grundmangel) gegeben, der – gegebenenfalls mit weiteren Umständen – dazu führen kann, dass die Zulassungsbehörde eine Betriebsuntersagung oder -beschränkung vornimmt, weil das Fahrzeug wegen einer gegen Art. 5 II 1 VO 715/2007/EG verstoßenden Abschalteinrichtung nicht dem genehmigten Typ entspricht.

[14]   II. Jedoch ist der Kläger in der Revisionsinstanz wegen des allgemeinen Grundsatzes der Subsidiarität daran gehindert, die dem Berufungsgericht unterlaufene Gehörsverletzung geltend zu machen. Denn er hat auf den Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts, in dem dieses ausführlich dargelegt hat, dass es seinen Vortrag als unbeachtliche Behauptungen ‚ins Blaue hinein‘ einstuft und den angetretenen Sachverständigenbeweis als unzulässigen ‚Ausforschungsbeweis‘ bewertet, nicht Stellung genommen und damit keine Schritte unternommen, um den drohenden Gehörsverstoß zu verhindern.

[15]   1. Der Subsidiaritätsgrundsatz fordert, dass ein Beteiligter über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine solche zu verhindern (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 09.02.2011 – VIII ZR 285/09, WuM 2011, 178 Rn. 10; Urt. v. 14.06.2018 – III ZR 54/17, BGHZ 219, 77 Rn. 37; Beschl. v. 17.03.2016 – IX ZR 211/14, NJW-RR 2016, 699 Rn. 4; Beschl. v. 16.10.2018 – VIII ZR 225/17, juris; Beschl. v. 28.03.2019 – IX ZR 147/18, ZInsO 2019, 1026 Rn. 4; jeweils m. w. Nachw.). Diese Würdigung entspricht dem in § 295 ZPO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, nach dessen Inhalt eine Partei eine Gehörsverletzung nicht mehr rügen kann, wenn sie die ihr nach Erkennen des Verstoßes verbliebene Möglichkeit zu einer Äußerung nicht genutzt hat (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urt. v. 09.02.2011 – VIII ZR 285/09, WuM 2011, 178 Rn. 10; Urt. v. 14.06.2018 – III ZR 54/17, BGHZ 219, 77 Rn. 37; Beschl. v. 17.03.2016 – IX ZR 211/14, NJW-RR 2016, 699 Rn. 4 m. w. Nachw.; Beschl. v. 28.03.2019 – IX ZR 147/18, ZInsO 2019, 1026 Rn. 4 m. w. Nachw.). Entgegen der unter Verweis auf den Aufsatz des drittinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin (Siegmann, JZ 2017, 598, 604 f.) von der Nichtzulassungsbeschwerde vertretenen Ansicht ist der bei Grundrechtsverletzungen eingreifende Subsidiaritätsgrundsatz damit nicht auf das Verhältnis zwischen Verfassungs- und Fachgerichtsbarkeit beschränkt, sondern gilt auch dann, wenn im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde eine Grundrechtsverletzung, insbesondere eine Gehörsverletzung, gerügt wird.

[16]   2. Gemessen daran ist der Kläger mit der erstmaligen Geltendmachung einer Gehörsverletzung in der Revisionsinstanz ausgeschlossen. Die – von ihm nicht genutzte – Möglichkeit, auf den Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts gemäß § 522 II 2 ZPO Stellung zu nehmen, dient nach allgemeiner Auffassung dem Zweck, dem Berufungsführer das rechtliche Gehör zu gewähren (BGH, Beschl. v. 17.03.2016 – IX ZR 211/14, NJW-RR 2016, 699 Rn. 5 m. w. Nachw.). Diesem soll Gelegenheit gegeben werden, sich zu der vom Berufungsgericht beabsichtigten Zurückweisung seines Rechtsmittels zu äußern. Dieser Zweck der Vorschrift würde verfehlt, wenn man dem Berufungskläger die Wahl ließe, ob er eine Gehörsverletzung im Hinweisbeschluss innerhalb der ihm eingeräumten Frist zur Stellungnahme oder erst in einem sich anschließenden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren rügt. Dies würde der mit der Einführung des § 522 ZPO bezweckten Beschleunigung des Verfahrens zuwiderlaufen und die rechtskräftige Entscheidung der Streitigkeit zulasten der in erster Instanz obsiegenden Partei verzögern (BGH, Beschl. v. 17.03.2016 – IX ZR 211/14, NJW-RR 2016, 699 Rn. 5).

[17]   Dem Kläger war durch das Vorgehen des Berufungsgerichts nach § 522 II ZPO die Möglichkeit eröffnet, dem Berufungsgericht auf dessen Hinweisbeschluss hin die oben eingehend dargestellte höchstrichterliche Rechtsprechung zu den strengen Anforderungen an eine unbeachtliche Behauptung ‚ins Blaue hinein‘ und zu einem unzulässigen ‚Ausforschungsbeweis‘ vor Augen zu führen und damit der nunmehr gerügten Gehörsverletzung entgegenzuwirken. Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint, war vom anwaltlich vertretenen Kläger nicht nur zu verlangen, seinen Tatsachenvortrag erneut zu wiederholen. Vielmehr war er gehalten, der rechtsfehlerhaften Einschätzung des Berufungsgerichts mit rechtlichen Ausführungen entgegenzutreten.

[18]   III Die von der Nichtzulassungsbeschwerde weiter geltend gemachten Obersatzabweichungen liegen nicht vor. Das Berufungsgericht, das sich für ein Vorgehen nach § 522 II ZPO entschieden und der Sache nur Einzelfallbedeutung zugemessen hat, hat die von der Nichtzulassungsbeschwerde formulierten abstrakten Obersätze nicht aufgestellt. Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 VI 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen. …“

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