1. Ein taug­li­ches Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen des Käu­fers muss des­sen Be­reit­schaft um­fas­sen, dem Ver­käu­fer die Kauf­sa­che am Er­fül­lungs­ort der Nach­er­fül­lung zur Ver­fü­gung zu stel­len, da­mit der Ver­käu­fer ins­be­son­de­re prü­fen kann, ob der vom Käu­fer be­haup­te­te Man­gel vor­liegt und ob und wie die­ser Man­gel ge­ge­be­nen­falls be­sei­tigt wer­den kann. Der Ver­käu­fer ist grund­sätz­lich nicht ver­pflich­tet, sich auf ein Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen des Käu­fers ein­zu­las­sen, be­vor die­ser ihm die Ge­le­gen­heit zu ei­ner ent­spre­chen­den Un­ter­su­chung der Kauf­sa­che ge­ge­ben hat.
  2. Er­for­dert ei­ne Nach­er­fül­lung den Trans­port ei­nes an­geb­lich man­gel­haf­ten Fahr­zeugs an ei­nen ent­fernt lie­gen­den Ort – den Er­fül­lungs­ort der Nach­er­fül­lung –, so kann der Käu­fer vom Ver­käu­fer zwar grund­sätz­lich ge­stützt auf § 439 II BGB vor­ab ei­nen (ab­re­chen­ba­ren) Vor­schuss zur Ab­de­ckung der Trans­port­kos­ten ver­lan­gen. Ei­nen An­spruch auf ei­nen Trans­port­kos­ten­vor­schuss hat der Käu­fer aber nur, wenn bei ihm Kos­ten für ei­nen Trans­port des Fahr­zeugs auch tat­säch­lich an­fal­len wer­den. Ei­ne Vor­schuss­pflicht des Ver­käu­fers be­steht des­halb nicht, wenn die­ser be­reit ist, das Fahr­zeug auf ei­ge­ne Kos­ten beim Käu­fer ab­zu­ho­len.

LG Aa­chen, Ur­teil vom 14.06.2018 – 12 O 29/18
(nach­fol­gend: OLG Köln, Be­schluss vom 23.10.2018 – 16 U 113/18)

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von dem Be­klag­ten, ei­nem ge­werb­li­chen Kfz-Händ­ler, ei­nen ge­brauch­ten Opel Vec­tra C GTS zum Preis von 3.990 €. Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 28.07.2017 ver­lang­te er von dem Be­klag­ten die Zah­lung von 4.090,54 € mit der Be­grün­dung, dass er die­sen Be­trag aus­weis­lich ei­nes Gut­ach­tens auf­wen­den müs­se, um Män­gel des Fahr­zeugs zu be­sei­ti­gen. Der Be­klag­te ver­wies mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 04.08.2017 auf sein Nach­bes­se­rungs­recht. Dar­auf­hin for­der­te der Klä­ger den Be­klag­ten mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 04.09.2017 zur Nach­bes­se­rung (§ 439 I Fall 1 BGB) auf und for­der­te ei­nen Trans­port­kos­ten­vor­schuss in Hö­he von 500 €. Der Be­klag­te kün­dig­te dar­auf­hin un­ter dem 07.09.2017 an, dass er das Fahr­zeug in der 37. Ka­len­der­wo­che 2017 bei dem Klä­ger ab­ho­len wer­de.

Der Klä­ger be­haup­tet un­ter Be­ru­fung auf ein von ihm ein­ge­hol­tes Gut­ach­ten vom 24.07.2017, dass sein Fahr­zeug man­gel­haft sei. Über die in dem Gut­ach­ten the­ma­ti­sier­ten Män­gel hin­aus sei es im No­vem­ber 2017 zu ei­nem Fe­der­bruch ge­kom­men, wor­auf­hin er – der Klä­ger – das Fahr­zeug mit ei­nem Kos­ten­auf­wand von rund 785 € ha­be in­stand set­zen las­sen. Der Klä­ger macht gel­tend, dass ihm der Be­klag­te die Män­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen ha­be. Mit ei­ner Ab­ho­lung des Fahr­zeugs durch den Be­klag­ten sei er – der Klä­ger – nicht ein­ver­stan­den ge­we­sen, weil er das Fahr­zeug be­ruf­lich be­nö­ti­ge und sich die Lauf­leis­tung des Pkw er­höht hät­te, wenn der Be­klag­te das Fahr­zeug ab­ge­holt hät­te.

Die auf Zah­lung von 5.396,78 € nebst Zin­sen und den Er­satz vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten (492,54 € nebst Zin­sen) ge­rich­te­te Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Dem Klä­ger ste­hen An­sprü­che aus § 437 Nr. 3, §§ 280 I, III, 281 BGB nicht zu. Der Klä­ger hat dem Be­klag­ten die Un­ter­su­chung und Nach­bes­se­rung von et­wai­gen Män­geln zu Un­recht ver­wei­gert.

1. Die Gel­tend­ma­chung der Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che des Käu­fers ge­mäß des § 437 Nr. 2, Nr. 3 BGB setzt – wenn nicht ei­ner der ge­setz­lich ge­re­gel­ten Aus­nah­me­tat­be­stän­de ein­greift – vor­aus, dass der Käu­fer dem Ver­käu­fer er­folg­los ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat (BGH, Urt. v. 13.07.2011 – VI­II ZR 215/10, ju­ris Rn. 23; Urt. v. 23.02.2005 – VI­II ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 221). Das Vor­lie­gen ei­nes Man­gels be­rech­tigt den Käu­fer nicht oh­ne Wei­te­res, Män­gel sel­ber auf Kos­ten des Ver­käu­fers zu be­sei­ti­gen. Auch wenn sich dies nicht un­mit­tel­bar aus dem Wort­laut der §§ 437, 439 BGB er­gibt, ist zum Schutz des Ver­käu­fers und sei­nem „Recht zur zwei­ten An­die­nung“ der Nach­er­fül­lungs­an­spruch ge­gen­über den üb­ri­gen Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­chen vor­ran­gig und zu­nächst der pri­mä­re An­spruch des Käu­fers gel­tend zu ma­chen (LG Aa­chen, Urt. v. 23.10.2003 – 6 S 99/03, ju­ris Rn. 4; Stau­din­ger/Beck­mann, Eck­pfei­ler des Zi­vil­rechts, Neu­be­arb. 2014, N. Kauf Rn. 76). Die­ser Schutz sei­ner In­ter­es­sen kann dem Ver­käu­fer nicht ein­sei­tig durch den Käu­fer ge­nom­men wer­den. Nur so wird Ers­te­rem zum Bei­spiel die Mög­lich­keit zur Be­weis­si­che­rung ge­währt. Ein­zig auf die­sem We­ge lässt sich aus Ver­käu­fer­sicht nach­voll­zie­hen, ob Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che ge­recht­fer­tigt sind und in­wie­fern er sei­ner­seits An­sprü­che ge­gen sei­ne Lie­fe­ran­ten gel­tend ma­chen kann.

Im vor­lie­gen­den Fall liegt es zum Bei­spiel im schüt­zens­wer­ten In­ter­es­se des Be­klag­ten, nach­voll­zie­hen zu kön­nen, in­wie­fern die Pro­ble­me des Fahr­zeugs auf ei­nem Um­stand be­ru­hen, der be­reits bei Über­ga­be vor­lag (vgl. OLG Köln, Urt. v. 26.11.2014 – I-11 U 46/14, ju­ris Rn. 28). Nach stän­di­ger Recht­spre­chung un­ter an­de­rem des BGH be­steht ei­ne Ob­lie­gen­heit des Käu­fers, dem Ver­käu­fer – ne­ben der münd­li­chen oder schrift­li­chen Auf­for­de­rung zur Nach­er­fül­lung – die Kauf­sa­che zur Über­prü­fung der er­ho­be­nen Män­gel­rü­gen durch ent­spre­chen­de Un­ter­su­chun­gen und zu ei­ner et­wai­gen Män­gel­be­he­bung zur Ver­fü­gung zu stel­len, und zwar re­gel­mä­ßig am Sitz des Ver­käu­fers (BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VI­II ZR 310/08, ju­ris Rn. 12; OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2017 – 19 U 123/16, ju­ris Rn. 8). Der Ver­käu­fer kann von der ihm zu­ste­hen­den Un­ter­su­chungs­mög­lich­keit nur Ge­brauch ma­chen, wenn ihm der Käu­fer die Kauf­sa­che zu die­sem Zweck zur Ver­fü­gung stellt (BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VI­II ZR 310/08, ju­ris Rn. 12; Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2013, § 439 Rn. 20; Er­man/Wes­ter­mann, BGB, 15. Aufl. [2017], § 323 Rn. 13). Oh­ne die Ge­le­gen­heit zu ei­ner sol­chen Un­ter­su­chung der Kauf­sa­che ist der Ver­käu­fer nicht in der La­ge zu be­ur­tei­len, ob der vom Käu­fer be­haup­te­te Man­gel in Art und Um­fang tat­säch­lich vor­liegt und in­wie­fern der Man­gel be­heb­bar ist. Er ist des­halb nicht ver­pflich­tet, sich auf ein Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen des Käu­fers ein­zu­las­sen (BGH, Urt. v. 01.07.2015 – VI­II ZR 226/14, ju­ris Rn. 30).

2. Nach Auf­fas­sung des Ge­richts war der Klä­ger nicht be­rech­tigt, die Un­ter­su­chung durch den Be­klag­ten ab­zu­leh­nen, weil der Be­klag­te den ge­for­der­ten Trans­port­kos­ten­vor­schuss nicht zahl­te. Dem Käu­fer steht ein sol­cher Vor­schuss nur zu, wenn für den Käu­fer Kos­ten für ei­ne Über­füh­rung des Fahr­zeugs zum Sitz des Ver­käu­fers auch an­fal­len (vgl. BGH, Urt. v. 19.07.2017 – VI­II ZR 278/16, ins­be­son­de­re Rn. 29). Trägt die­se Kos­ten von vor­her­ein der Ver­käu­fer, in­dem er ei­ne Ab­ho­lung an­bie­tet, so dro­hen dem Käu­fer kei­ne in § 439 II BGB al­lein ge­nann­te Trans­port-, We­ge-, Ar­beits- und Ma­te­ri­al­kos­ten. Folg­lich hat der Käu­fer dem Ver­käu­fer das Fahr­zeug zu ei­ner die Be­ur­tei­lung der Ge­währ­leis­tung er­for­der­li­chen Un­ter­su­chung zur Ver­fü­gung zu stel­len. Da­bei hat das Ge­richt nicht ver­kannt, dass der Käu­fer wäh­rend die­ser Un­ter­su­chung das Fahr­zeug nicht nut­zen kann. Sol­che Ein­bu­ßen sind aber mit dem Nach­bes­se­rungs­recht des Ver­käu­fers so eng ver­bun­den und im All­ge­mei­nen nicht so maß­geb­lich, da­mit dem Ver­käu­fer das Un­ter­su­chungs­recht nicht oder nur mit Trans­port­kos­ten­vor­schuss zu ge­wäh­ren.

3. Auch der Fall ei­nes ge­setz­lich ge­re­gel­ten Aus­nah­me­tat­be­stands, der den Klä­ger zur so­for­ti­gen Fremd­re­pa­ra­tur auf Kos­ten des Ver­käu­fers be­rech­tig­te, liegt nach An­sicht der Kam­mer nicht vor. Die Klä­ge­rin kann hier kei­ne Rech­te aus § 440 BGB her­lei­ten, da der Be­klag­te die Nach­er­fül­lung nicht ver­wei­gert hat und die­se auch nicht fehl­ge­schla­gen oder un­zu­mut­bar ist. Da­bei kommt es nicht dar­auf an, ob der Be­klag­te ei­ne Meis­ter­werk­statt un­ter­hält oder Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che durch an­de­re Kräf­te prü­fen und er­fül­len lässt. Auch ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung durch den Be­klag­ten ist zum pro­zes­sua­len Nach­teil des Klä­gers we­der kon­kret vor­ge­tra­gen noch un­ter taug­li­chen Be­weis ge­stellt. Es ist dem Ge­richt nicht er­kenn­bar, wel­chen Man­gel der Be­klag­te auf­grund wel­chen Um­stands be­reits vor der Über­ga­be kann­te. …

Hin­weis: Die Be­ru­fung des Klä­gers wur­de mit Be­schluss des OLG Köln vom 23.10.2018 – 16 U 113/18 – zu­rück­ge­wie­sen. In dem Be­schluss heißt es:

„I. Die zu­läs­si­ge Be­ru­fung hat nach dem ge­ge­be­nen Sach­stand kei­ne Aus­sicht auf Er­folg. Zur nä­he­ren Be­grün­dung nimmt der Se­nat Be­zug auf sei­nen Hin­weis­be­schluss vom 04.10.2018, in dem er wie folgt aus­ge­führt hat:

‚Das Land­ge­richt hat zu Recht ent­schie­den, dass dem Klä­ger ein Scha­dens­er­satz­an­spruch aus § 437 Nr. 3, §§ 440, 280 I, III, 281 BGB im Hin­blick auf den Ge­braucht­wa­gen­kauf vom 17.06.2017 nicht zu­steht. Da­bei kann of­fen­blei­ben, ob die vom Klä­ger vor­ge­tra­ge­nen Män­gel tat­säch­lich vor­lie­gen und auch be­reits bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs vor­ge­le­gen ha­ben. Je­den­falls kann der Klä­ger ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz we­gen Nicht­er­fül­lung nicht gel­tend ma­chen, weil er dem Be­klag­ten kei­ne Ge­le­gen­heit zur Nach­er­fül­lung i. S. von § 437 Nr. 1, § 439 BGB ge­ge­ben hat und die Vor­aus­set­zun­gen des § 440 Satz 1 BGB, un­ter de­nen es ei­ner Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung nicht be­darf, nicht ge­ge­ben sind. Der Be­klag­te hat die Nach­er­fül­lung durch Re­pa­ra­tur der be­haup­te­ten Män­gel vor­lie­gend we­der ver­wei­gert, noch ist sie fehl­ge­schla­gen oder un­zu­mut­bar. Ins­be­son­de­re hat der Be­klag­te die Nach­er­fül­lung nicht da­durch ver­wei­gert, dass er den an­ge­for­der­ten Trans­port­kos­ten­vor­schuss nicht über­wie­sen und statt­des­sen er­klärt hat, er wol­le das Fahr­zeug selbst ab­ho­len bzw. ab­ho­len las­sen.

1. § 439 BGB re­gelt den Nach­er­fül­lungs­an­spruch als den pri­mä­ren Rechts­be­helf des Käu­fers. Die an­de­ren Rechts­be­hel­fe aus § 437 BGB – al­so der Rück­tritt vom Ver­trag, die Kauf­preis­min­de­rung und das Scha­dens­er­satz­be­geh­ren – sind grund­sätz­lich da­von ab­hän­gig, dass der Klä­ger ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat und der Ver­käu­fer sie hat ver­strei­chen las­sen. Wenn der Käu­fer Nach­er­fül­lung ver­langt, muss er die ‚Sym­pto­me‘ des Man­gels an­ge­ben und dem Ver­käu­fer die Kauf­sa­che für ei­ne Un­ter­su­chung zur Ver­fü­gung stel­len (Be­ckOK-BGB/Faust, Stand: 01.08.2018, Vor­bem. § 439). Die Gel­tend­ma­chung des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs ist Vor­aus­set­zung für sei­ne Fäl­lig­keit. Es ge­nügt da­zu nicht, dass der Käu­fer münd­lich oder schrift­lich Nach­er­fül­lung ver­langt. Er­for­der­lich ist zu­dem sei­ne Be­reit­schaft, dem Ver­käu­fer die Kauf­sa­che am ‚Er­fül­lungs­ort‘ der Nach­er­fül­lung zur Über­prü­fung der er­ho­be­nen Män­gel­rü­ge für ei­ne Un­ter­su­chung zur Ver­fü­gung zu stel­len (vgl. Be­ckOK-BGB/Faust, a. a. O., § 439 Rn. 9, 10). Wel­cher Ort der Er­fül­lungs­ort ist, an dem die Nach­er­fül­lung ge­mäß § 439 BGB zu er­fol­gen hat, lässt sich den Vor­schrif­ten des Kauf­rechts nicht ent­neh­men. Der BGH hat in zwei Grund­satz­ent­schei­dun­gen klar­ge­stellt, dass sich der Er­fül­lungs­ort da­her nach der all­ge­mei­nen Re­ge­lung in § 269 BGB rich­tet; es sei je­weils nach sämt­li­chen Um­stän­den des Ein­zel­falls zu be­stim­men, ob sich aus den Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen den Par­tei­en oder aus der Na­tur des Schuld­ver­hält­nis­ses für den Nach­er­fül­lungs­an­spruch ein spe­zi­el­ler Er­fül­lungs­ort er­ge­be; sei dies nicht der Fall, so blei­be es bei der Grund­re­gel, dass die Leis­tung an dem Ort zu er­fol­gen ha­be, an wel­chem der Schuld­ner des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs – al­so der Ver­käu­fer – zur Zeit der Ent­ste­hung des Schuld­ver­hält­nis­ses sei­nen Wohn­sitz hat­te oder, wenn der Schuld­ner sei­ne ge­werb­li­che Nie­der­las­sung an ei­nem an­de­ren Ort hat­te, am Ort der Nie­der­las­sung. Bei Ge­schäf­ten des täg­li­chen Le­bens wie et­wa bei ei­nem Kauf in ei­nem La­den­ge­schäft oder bei Er­for­der­lich­keit auf­wen­di­ger Dia­gno­se- oder Re­pa­ra­tur­ar­bei­ten lie­ge der Er­fül­lungs­ort re­gel­mä­ßig beim Ver­käu­fer (BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VI­II ZR 220/10, BGHZ 189, 196 = NJW 2011, 2278 Rn. 29 ff.; Urt. v. 19.07.2017 – VI­II ZR 278/16, NJW 2017, 2758 Rn. 21 ff.).

Nach die­sen Grund­sät­zen, de­nen der Se­nat sich an­schließt, war der Er­fül­lungs­ort für das Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen des Klä­gers vor­lie­gend der Sitz des Be­klag­ten in S., wo der Klä­ger das Fahr­zeug auch ge­kauft hat­te. Dies er­gibt sich dar­aus, dass der Kauf­ver­trag vom 17.06.2016 ei­ne aus­drück­li­che Re­ge­lung zum Er­fül­lungs­ort für den Nach­er­fül­lungs­an­spruch nicht ent­hält und die sons­ti­gen Um­stän­de ein­schließ­lich der Na­tur des Kauf­ver­trags­ver­hält­nis­ses ei­ne Er­fül­lung des Nach­bes­se­rungs­an­spruchs am Wohn­sitz des Klä­gers nicht na­he­le­gen.

2. Da der Er­fül­lungs­ort für das Nach­er­fül­lungs­be­geh­ren beim Be­klag­ten lag, ob­lag es dem­entspre­chend dem Klä­ger, dem Be­klag­ten das Kraft­fahr­zeug zur Über­prü­fung der er­ho­be­nen Män­gel­rü­gen für ei­ne Un­ter­su­chung in S. zur Ver­fü­gung zu stel­len.

Nach den Grund­sät­zen, die der BGH in den bei­den zi­tier­ten Ent­schei­dun­gen her­aus­ge­ar­bei­tet hat, ist in die­sem Zu­sam­men­hang zu be­rück­sich­ti­gen, dass der Käu­fer ei­ner Sa­che nach der EU-Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie ei­nen An­spruch dar­auf er­hal­ten soll, die Nach­bes­se­rung ‚oh­ne er­heb­li­che Un­an­nehm­lich­kei­ten‚ und ‚un­ent­gelt­lich‘ zu er­lan­gen. Hier­aus hat der BGH mit Blick auf die Kos­ten­tra­gungs­last in § 439 II BGB ge­fol­gert, dass die Trans­port­kos­ten für die Ver­brin­gung der Sa­che zum Ort der Nach­er­fül­lung im Er­geb­nis vom Ver­käu­fer zu tra­gen sind. Dies hat zur Fol­ge, dass dem Käu­fer ein Trans­port­kos­ten­vor­schuss zu­steht, so­fern nicht der Ver­käu­fer die Sa­che selbst ab­holt und auf ei­ge­ne Kos­ten trans­por­tiert. Dass der Ei­gen­trans­port durch den Ver­käu­fer ei­ne gleich­wer­ti­ge und un­ter Um­stän­den kos­ten­güns­ti­ge­re Al­ter­na­ti­ve ist, ist in bei­den BGH-Ent­schei­dun­gen an­ge­spro­chen wor­den.

So heißt es bei­spiels­wei­se in der Ent­schei­dung des BGH vom 13.04.2011 (Rn. 44):

‚Der Käu­fer kann ent­we­der ei­nen Vor­schuss für die Trans­port­kos­ten ver­lan­gen oder den Ver­käu­fer vor­ab dar­über in­for­mie­ren, wel­che Art des Trans­ports er be­ab­sich­tigt und wel­che Kos­ten hier­durch vor­aus­sicht­lich ent­ste­hen. Bie­tet der Ver­käu­fer kei­ne güns­ti­ge­re Al­ter­na­ti­ve an, so kann er ei­nem Er­satz­an­spruch des Käu­fers spä­ter nicht ent­ge­gen­hal­ten, die von die­sem auf­ge­wen­de­ten Kos­ten sei nicht er­for­der­lich ge­we­sen.‘

In der Ent­schei­dung des BGH vom 19.07.2017 (Rn. 19) heißt es:

‚Es war viel­mehr aus­rei­chend, dass die Klä­ge­rin – wenn auch oh­ne Er­folg – zeit­nah ei­nen nicht er­sicht­lich un­an­ge­mes­se­nen Trans­port­kos­ten­vor­schuss von der Be­klag­ten an­ge­for­dert hat so­wie al­ter­na­tiv be­reit war, ihr selbst die Durch­füh­rung des Trans­ports zu über­las­sen bzw. – was dies selbst­re­dend ein­ge­schlos­sen hat – ei­ne vor­gän­gi­ge Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs an des­sen Be­le­gen­heits­ort zu er­mög­li­chen.‘

Die Ent­schei­dun­gen des BGH sind da­her im Er­geb­nis so zu ver­ste­hen, dass ein Trans­port­kos­ten­vor­schuss ver­langt wer­den kann, wenn der Ver­käu­fer nicht selbst an­bie­tet und be­reit ist, die ver­kauf­te Sa­che ab­zu­ho­len und auf ei­ge­ne Kos­ten zu trans­por­tie­ren. Dies er­gibt sich dar­aus, dass die Prä­sen­ta­ti­on der Kauf­sa­che am Er­fül­lungs­ort des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs Auf­ga­be des Käu­fers ist und ihm durch die Ab­nah­me des Trans­por­tes sei­tens des Ver­käu­fers in der Re­gel ei­ne un­ent­gelt­li­che Durch­füh­rung der Nach­er­fül­lungs­maß­nah­me oh­ne er­heb­li­che Un­an­nehm­lich­kei­ten zu­teil wird.

3. Im vor­lie­gen­den Fall sind auch kei­ne Ge­sichts­punk­te zu er­ken­nen, die im Ein­zel­fall ei­ne an­de­re Be­wer­tung ge­bie­ten könn­ten.

Im Rah­men sei­ner An­hö­rung in der münd­li­chen Ver­hand­lung am 19.04.2018 hat der Klä­ger an­ge­ge­ben, er sei mit der Ab­ho­lung des Fahr­zeugs durch den Be­klag­ten nicht ein­ver­stan­den ge­we­sen, weil er Be­reit­schafts­dienst ge­habt und ein Au­to be­nö­tigt ha­be; au­ßer­dem ha­be er es als ‚un­fair‘ emp­fun­den, dass der Be­klag­te mit dem Fahr­zeug auf sei­ne – des Klä­gers – Ver­si­che­rung fah­re; auch hät­te sich dann der Ki­lo­me­ter­stand ja ge­än­dert. Die­se Er­wä­gun­gen sind in­des nicht ge­eig­net, ei­nen Trans­port des Fahr­zeugs durch den Be­klag­ten un­zu­mut­bar zu ma­chen. Der Ver­zicht des Klä­gers auf das Au­to wäh­rend der Dau­er der Nach­er­fül­lung ist ei­ne un­mit­tel­ba­re Fol­ge des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs, dem zu­gleich auch ein Nach­er­fül­lungs­recht des Ver­käu­fers kor­re­spon­diert. Die­se Un­an­nehm­lich­keit kann da­her nicht ins Feld ge­führt wer­den, um dem Ver­käu­fer die an­ge­bo­te­ne Nach­bes­se­rung ab­zu­schla­gen. Auf wel­che Wei­se der Be­klag­te vor­lie­gend das Fahr­zeug zu sich auf das Be­triebs­ge­län­de nach S. hät­te trans­por­tie­ren wol­len, geht aus den Ak­ten nicht her­vor. Selbst wenn er das Fahr­zeug per­sön­lich oder durch ei­nen Mit­ar­bei­ter hät­te zu­rück­fah­ren wol­len, so wä­re dies mit Blick auf die Dis­tanz von et­wa 190 km für ei­ne Fahrt­stre­cke kei­nes­falls ei­ne Be­las­tung ge­we­sen, die die­se Vor­ge­hens­wei­se für den Klä­ger un­zu­mut­bar ge­macht hät­te.

Auch so­weit der Klä­ger in der Be­ru­fung vor­ge­tra­gen hat, nur er selbst sei in der La­ge ge­we­sen, ei­nen ‚si­che­ren Trans­port‘ des Fahr­zeugs an den Ver­kaufs­ort zu be­werk­stel­li­gen, kann ihm nicht ge­folgt wer­den. Viel­mehr ist es zu­nächst ein­mal Sa­che des Ver­käu­fers zu ent­schei­den, auf wel­chem Weg er das Fahr­zeug trans­por­tiert; im Ge­gen­zug über­nimmt er für das Trans­port­ri­si­ko auch die Haf­tung. Der Be­klag­te hat­te den Trans­port mit Fax­schrei­ben vom 07.09.2017 aus­drück­lich an­ge­bo­ten. An­halts­punk­te da­für, dass er dies nicht auf ei­ge­ne Kos­ten hät­te durch­füh­ren wol­len oder für den an­schlie­ßen­den Rück­trans­port zum Klä­ger be­ab­sich­tigt hät­te, die­sem Kos­ten in Rech­nung zu stel­len, er­ge­ben sich aus dem ge­sam­ten Vor­brin­gen nicht. Bei die­ser Sach­la­ge hät­te der Klä­ger das An­ge­bot nicht zu­rück­wei­sen dür­fen.

4. In­dem der Klä­ger dem Be­klag­ten mit An­walts­schrei­ben vom 04.09.2017 ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung bis zum 18.09.2017 ge­setzt, zu­gleich aber auf ei­nem Trans­port­kos­ten­vor­schuss be­stan­den hat und auf das An­ge­bot des Be­klag­ten, das Fahr­zeug selbst ab­zu­ho­len, nicht ein­ge­gan­gen ist, hat er dem Be­klag­ten kei­ne aus­rei­chen­de Nach­er­fül­lungs­mög­lich­keit ein­ge­räumt und kann sich auf das er­geb­nis­lo­se Ver­strei­chen der Frist folg­lich nicht be­ru­fen.

Die Frist­set­zung war auch nicht nach § 440 Satz 1 Fall 3 BGB we­gen Un­zu­mut­bar­keit der Nach­er­fül­lung aus an­de­ren Grün­den ver­zicht­bar. Zwar ist dem Klä­ger zu­zu­ge­ben, dass arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten des Ver­käu­fers un­ter Um­stän­den ein Grund da­für sein kann, ei­ne Nach­er­fül­lung durch ihn als un­zu­mut­bar zu be­wer­ten. Der Be­klag­te hat in­des stets be­strit­ten, dass er von den Män­geln – die ih­rer­seits auch strei­tig sind – bei Über­ga­be des Fahr­zeugs Kennt­nis ge­habt ha­be, und der Klä­ger hat we­der sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen, aus wel­chen Um­stän­den er auf die Kennt­nis des Be­klag­ten schlie­ßen möch­te, noch hat er für die Kennt­nis des Be­klag­ten Be­weis an­ge­tre­ten. So­weit der Klä­ger sich dar­auf be­ruft, die Män­gel sei­en so zahl­reich und of­fen­sicht­lich ge­we­sen, dass der Be­klag­te sie nicht über­se­hen ha­ben könn­te, leuch­tet die­se Schluss­fol­ge­rung nicht ein. Tat­säch­lich set­zen die vom Klä­ger in sei­nen Schrift­sät­zen auf­ge­zähl­ten Män­gel durch­weg ei­ne Funk­ti­ons­prü­fung oder zu­min­dest ein nä­he­res Hin­se­hen vor­aus. Des­halb hat das Land­ge­richt zu Recht den Arg­list­vor­wurf als nicht aus­rei­chend be­legt be­trach­tet.‘

II. Zu die­sen Hin­wei­sen hat der Klä­ger mit Schrift­satz vom 22.10.2018 noch ein­mal Stel­lung ge­nom­men; sei­ne Stel­lung­nah­me ent­hält in­des kei­ne Ge­sichts­punk­te, die der Se­nat im Rah­men sei­nes Hin­weis­be­schlus­ses nicht be­reits be­dacht hät­te, und ver­an­lasst da­her kei­ne ab­wei­chen­de Ent­schei­dung.

So­weit der Klä­ger meint, er ha­be auf das An­ge­bot des Be­klag­ten, das Fahr­zeug bei ihm ab­zu­ho­len, nicht ein­ge­hen müs­sen, weil der Be­klag­te nicht zu­gleich (aus­drück­lich) auch des­sen kos­ten­frei­en Rück­trans­port nach der Un­ter­su­chung und ge­ge­be­nen­falls Be­sei­ti­gung der Män­gel zu­ge­sagt ha­be, kann der Se­nat sich sei­ner Auf­fas­sung nicht an­schlie­ßen. Nach der Recht­spre­chung des BGH, die in dem oben zi­tier­ten Hin­weis­be­schluss dar­ge­stellt wur­de, kann der Käu­fer ei­nen Trans­port­kos­ten­vor­schuss ver­lan­gen, wenn der Ver­käu­fer nicht selbst an­bie­tet und be­reit ist, die ver­kauf­te Sa­che ab­zu­ho­len und auf ei­ge­ne Kos­ten zu trans­por­tie­ren. Dies schließt selbst­ver­ständ­lich auch den Rück­trans­port der ver­kauf­ten und man­gel­be­haf­te­ten Sa­che nach der Re­pa­ra­tur mit ein. Zu be­rück­sich­ti­gen ist je­doch, dass der Be­klag­te vor­lie­gend in kei­ner Wei­se zu er­ken­nen ge­ge­ben hat, dass er den Rück­trans­port nicht eben­falls über­neh­men wer­de; in sei­nem Fax­schrei­ben vom 07.09.2017 heißt es le­dig­lich, dass er das Fahr­zeug ger­ne selbst ab­ho­len wol­le und der Klä­ger mö­ge sich zwecks Ter­min­ab­spra­che mit ihm in Ver­bin­dung set­zen. Bei die­ser Sach­la­ge hät­te der Klä­ger die Fra­ge der Fi­nan­zie­rung des Rück­trans­ports – wenn er sich in­so­weit un­si­cher ge­we­sen sein soll­te – aus­drück­lich an­spre­chen und klä­ren müs­sen. Dies hat er in­des nicht ge­tan, son­dern statt­des­sen un­ter dem 08.11.2017 Kla­ge er­ho­ben. Da­durch hat er dem Be­klag­ten die ihm ge­setz­lich ein­ge­räum­te Nach­bes­se­rungs­op­ti­on ver­wehrt.

Wie sich aus dem klä­ge­ri­schen Schrift­satz vom 05.02.2018 er­gibt, wa­ren tat­säch­lich auch an­de­re Grün­de für den Klä­ger aus­schlag­ge­bend da­für, auf das An­ge­bot des Be­klag­ten zur Ab­ho­lung des Fahr­zeugs nicht ein­zu­ge­hen. So heißt es in dem Schrift­satz, der Klä­ger ha­be sich auf das An­ge­bot nicht ein­las­sen müs­sen, weil der Be­klag­te über kei­ne ei­ge­ne Werk­statt ver­fügt ha­be und auch nicht dar­ge­legt ha­be, wie er den Trans­port durch­füh­ren wol­le und wel­che Män­gel er zu be­sei­ti­gen ge­den­ke; auch wä­re ei­ne Män­gel­be­sei­ti­gung durch den Be­klag­ten am Ort sei­ner Nie­der­las­sung ‚für den Klä­ger mit ei­ner län­ge­ren, nicht hin­nehm­ba­ren er­satz­lo­sen Ent­beh­rung des Fahr­zeugs ver­bun­den‘ ge­we­sen. In ähn­li­cher Wei­se hat sich auch der Klä­ger selbst bei sei­ner in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung vor dem Land­ge­richt ge­äu­ßert. Dies legt ins­ge­samt den Schluss na­he, dass nicht die Kos­ten für den Rück­trans­port des Fahr­zeugs nach Durch­füh­rung der Re­pa­ra­tur für die ab­leh­nen­de Hal­tung des Klä­gers aus­schlag­ge­bend wa­ren und dass sie des­halb auch nicht zwi­schen den Par­tei­en im Vor­feld des Rechts­streits the­ma­ti­siert wor­den sind. Aus die­sem Grund kommt dem vor­lie­gen­den Rechts­streit auch nicht die vom Klä­ger re­kla­mier­te grund­sätz­li­che Be­deu­tung zu.

Ei­ne münd­li­che Ver­hand­lung ist dem­zu­fol­ge nicht ge­bo­ten. Auch er­for­dern we­der die Fort­bil­dung des Rechts noch die Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung ei­ne Ent­schei­dung des Se­nats als Be­ru­fungs­ge­richt durch Ur­teil, so­dass über das Rechts­mit­tel durch Be­schluss ge­mäß § 522 II ZPO ent­schie­den wer­den konn­te. …“

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