1. Der Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens kann ge­ne­rell und erst recht dann, wenn das Fahr­zeug als „Dienst­wa­gen“ be­zeich­net wird, i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­war­ten, dass das Fahr­zeug in der Ver­gan­gen­heit nicht als Miet­wa­gen im üb­li­chen Sin­ne, al­so von ei­nem „ty­pi­schen“ Au­to­ver­mie­tungs­un­ter­neh­men ge­nutzt wor­den ist.
  2. Ein Selbst­fah­rer­miet­fahr­zeug, das nicht wech­seln­den Nut­zern zur Ver­fü­gung ge­stellt, son­dern vom Ge­schäfts­füh­rer ei­ner GmbH (Mie­te­rin) als Dienst­wa­gen ge­nutzt und im Üb­ri­gen al­len­falls Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­gen des Ge­schäfts­füh­rers über­las­sen wird, ist kein Miet­wa­gen im üb­li­chen Sin­ne. Dies gilt erst recht, wenn mit dem Fahr­zeug nur rund 400 km im Mo­nat zu­rück­ge­legt wer­den.

LG Nürn­berg-Fürth, Ur­teil vom 31.01.2018 – 6 O 2913/17

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en strei­ten dar­über, ob ein zwi­schen ih­nen ge­schlos­se­ner Kauf­ver­trag über ei­nen Ge­braucht­wa­gen we­gen nicht zu­tref­fen­der An­ga­ben zur frü­he­ren Ver­wen­dung des Fahr­zeugs rück­ab­zu­wi­ckeln ist.

Die Be­klag­te bot bei „mobile.​de“ ei­nen im Ok­to­ber 2015 erst­zu­ge­las­se­nen BWM 530d in der Aus­stat­tungs­va­ri­an­te „Lu­xu­ry Li­ne“ zum Kauf an. In dem In­se­rat war der ur­sprüng­li­che Lis­ten­preis des Fahr­zeugs mit 87.630 € an­ge­ge­ben. Au­ßer­dem hieß es, das Fahr­zeug sei ein „Jah­res­wa­gen“, der im Sep­tem­ber 2018 wie­der ei­ner Haupt­un­ter­su­chung un­ter­zo­gen wer­den müs­se („HU 09/2018“). Irr­tü­mer und ei­nen Zwi­schen­ver­kauf des Fahr­zeugs be­hielt die Be­klag­te sich vor.

Die Klä­ge­rin be­ob­ach­te­te das In­se­rat über me­he­re Wo­chen, in de­nen der Kauf­preis von ur­sprüng­lich 51.000 € auf 46.895 € sank. Schließ­lich führ­te die Klä­ge­rin in An­we­sen­heit ih­res Ehe­manns E ein Ver­kaufs­ge­spräch mit dem Zeu­gen D. Im An­schluss dar­an un­ter­zeich­ne­te sie am 14.11.2016 ei­ne „Be­stel­lung“, in der das Fahr­zeug als „Dienst­wa­gen“ be­zeich­net wird. Au­ßer­dem heißt es in der „Be­stel­lung“, dass die nächs­te Haupt­un­ter­su­chung im Ok­to­ber 2018 fäl­lig sei und – in­so­weit in Über­ein­stim­mung mit dem In­ter­net­in­se­rat – die Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs 4.136 km be­tra­ge.

Frü­he­re Hal­te­rin des BMW 530d war die F, ei­ne Toch­ter­fir­ma der Be­klag­ten, die – auch un­ter der Be­zeich­nung B-Rent – Fahr­zeu­ge zur dau­er­haf­ten Nut­zung ver­mie­tet. F hat­te das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug an die X-GmbH ver­mie­tet, die es ei­nem ih­rer Ge­schäfts­füh­rer als Fir­men­wa­gen zur Ver­fü­gung ge­stellt hat.

Am 15.11.2016 über­sand­te der Zeu­ge D der Klä­ge­rin den TÜV-Be­richt über ei­ne am sel­ben Tag vor­ge­nom­me­ne Haupt­un­ter­su­chung. Dar­in heißt es, das Fahr­zeug ha­be auf­grund der feh­len­den Zu­las­sung kei­ne neue Pla­ket­te er­hal­ten; die­se wer­de je­doch bei der Fahr­zeugan­mel­dung durch die Zu­las­sungs­stel­le er­teilt. Die nächs­te Haupt­un­ter­su­chung ist da­nach im No­vem­ber 2018 fäl­lig. Das Fahr­zeug wur­de der Klä­ge­rin so­dann am 23.11.2016 über­ge­ben.

Am 24.02.2017 er­klär­te die Klä­ge­rin ge­gen­über der Be­klag­ten den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Sie sieht in der frü­he­ren Ver­wen­dung des Fahr­zeugs ei­nen un­be­heb­ba­ren Man­gel und macht gel­tend, dass das Fahr­zeug als Miet­wa­gen ge­nutzt wor­den sei, be­grün­de ei­nen er­heb­li­chen mer­kan­ti­len Min­der­wert. Der Wert des Fahr­zeugs be­tra­ge da­her nur rund 30.000 €. Auf die Vor­nut­zung des Fahr­zeugs als Miet­wa­gen ha­be die Be­klag­te sie – die Klä­ge­rin – nicht hin­ge­wie­sen; der Be­griff „Selbst­fah­rer­miet­fahr­zeug“ sei bei den Ver­kaufs­ge­sprä­chen und auch spä­ter nicht ge­fal­len. Der Zeu­ge D ha­be viel­mehr er­klärt, dass das Fahr­zeug von ei­nem Mit­ar­bei­ter der F als Dienst­wa­gen ge­nutzt wor­den sei. Durch die wie­der­hol­te Be­zeich­nung des Fahr­zeugs als „Dienst­wa­gen“ und die An­ga­be, dass die nächs­te Haupt­un­ter­su­chung (erst) im März 2018 fäl­lig sei, ha­be die Be­klag­te den Ein­druck er­weckt, dass das Fahr­zeug nicht als Miet­wa­gen ge­nutzt wor­den sei. Die Klä­ge­rin be­haup­tet, dass sie den Pkw un­ge­ach­tet sei­ner Lauf­leis­tung nie er­wor­ben hät­te, wenn ihr be­kannt ge­we­sen wä­re, dass es sich um ei­nen ehe­ma­li­gen Miet­wa­gen han­de­le.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Die Klä­ge­rin hat kei­nen An­spruch aus §§ 437 Nr. 2 Fall 2, 434, 323, 346 ff. BGB auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs.

Die Par­tei­en schlos­sen durch die „Be­stel­lung“ vom 14.11.2016 und die spä­te­re tat­säch­li­che Über­ga­be des Fahr­zeugs … ei­nen Kauf­ver­trag über den BMW 530d … mit der Fahr­ge­stell­num­mer …, Erst­zu­las­sung 13.10.2015. Die­ser weist kei­nen Sach­man­gel auf, so­dass der Klä­ge­rin kei­ne An­sprü­che auf Ge­währ­leis­tung – ins­be­son­de­re auf Rück­ab­wick­lung nach aus­ge­üb­tem Rück­tritt – zu­ste­hen.

1. Ein Sach­man­gel liegt nicht in der frü­he­ren Ver­wen­dung des Fahr­zeugs bei der Fir­ma F, die die­ses als Selbst­fah­rer­miet­fahr­zeug ver­mie­tet hat­te. Auch wenn das Ge­richt zu­guns­ten der Klä­ge­rin da­von aus­geht, dass das Fahr­zeug da­mit in zu­las­sungs­recht­li­cher Hin­sicht als Miet­wa­gen ein­zu­ord­nen ist und des­halb die nächs­te TÜV-Un­ter­su­chung be­reits nach ei­nem Jahr vor­zu­neh­men war, be­grün­de­te die­se Vor­nut­zung nach La­ge der Din­ge kei­ne Ei­gen­schaft als Miet­wa­gen im en­ge­ren Sin­ne, über die auf­zu­klä­ren ge­we­sen wä­re.

a) Ei­ne Ver­ein­ba­rung ei­ner Be­schaf­fen­heit i. S. von § 434 I 1 BGB da­hin ge­hend, dass ein an­ge­stell­ter Mit­ar­bei­ter der Fir­ma F das Fahr­zeug als Dienst­wa­gen ge­nutzt hat­te, liegt nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me nicht vor.

(1) Der Zeu­ge E hat zwar, eben­so wie die Klä­ge­rin, be­rich­tet, dass der Zeu­ge D an­ge­ge­ben ha­be, die Fir­ma F ha­be das Fahr­zeug als Dienst­wa­gen für ei­nen Mit­ar­bei­ter be­nutzt. Der Zeu­ge D hat ei­ne sol­che An­ga­be aber ve­he­ment ab­ge­strit­ten. Sei­ne Er­klä­rung, er ha­be da­mals über­haupt nicht ge­wusst, wel­che Ver­wen­dung kon­kret bei der Fir­ma A er­folgt war, und dies aus da­ten­schutz­recht­li­chen Grün­den auch nicht in Er­fah­rung brin­gen kön­nen, ist je­doch durch­aus plau­si­bel.

Der Zeu­ge D hat­te auch kei­nen An­lass, die Klä­ge­rin und ih­ren Ehe­mann in die­sem Punkt mit der Un­wahr­heit zu be­die­nen:

Zum ei­nen lag, nach­dem er oh­ne­hin auf die Vor­be­sit­ze­rin und de­ren Ge­schäfts­mo­dell hin­ge­wie­sen hat­te (im­mer­hin war der Zeu­ge E in der La­ge, so­gleich im In­ter­net ei­ne ent­spre­chen­de Re­cher­che an­zu­stel­len), der Schluss äu­ßerst na­he, dass es sich nicht um ein Dienst­fahr­zeug des Ma­nage­ments, son­dern um ein Wirt­schafts­gut ge­han­delt ha­ben dürf­te. Mit ent­spre­chen­den Nach­fra­gen und Bit­ten, dies zu be­le­gen, wä­re da­her zu rech­nen ge­we­sen; dann wä­re ei­ne fal­sche An­ga­be auf­ge­fal­len. Hät­te der Zeu­ge, wie die Kla­ge­par­tei be­haup­tet, hier et­was ver­tu­schen wol­len, hät­te nä­her ge­le­gen, über­haupt nichts zur Vor­be­nut­zung bzw. zur Per­son der Vor­nut­ze­rin und de­ren Ge­schäfts­ge­gen­stand zu sa­gen. Da ein ent­spre­chen­des Wis­sen des ge­werb­li­chen Ver­käu­fers vom Käu­fer nicht er­war­tet wird, wä­re ein sol­cher Ver­heim­li­chungs­ver­such nicht auf­ge­fal­len. Der Um­stand, dass der Zeu­ge die Vor­nut­ze­rin nann­te, spricht da­her da­für, dass er of­fen al­le Um­stän­de wahr­heits­ge­mäß mit­ge­teilt hat.

Zum an­de­ren liegt – was noch wei­ter aus­zu­füh­ren sein wird – ei­ne ex­trem ge­rin­ge Nut­zung vor. Ei­ne Fahr­leis­tung von knapp über 4.000 km ist bei ei­nem der­ar­ti­gen hoch­prei­si­gen Fahr­zeug mit um­fang­reichs­ter Aus­stat­tung ein Merk­mal, das auch bei ei­ner Nut­zung als Selbst­fah­rer­miet­fahr­zeug ein Ver­kaufs­ar­gu­ment dar­stellt.

Schließ­lich spricht für die Wahr­heit der vom Zeu­gen D ge­tä­tig­ten Aus­sa­ge, dass die­ser aus­weis­lich des Do­ku­men­ta­ti­ons­sys­tems be­reits im No­vem­ber 2016 ver­merkt hat­te, auf die Nut­zung als Fleet-Ser­vices-Fahr­zeug hin­ge­wie­sen zu ha­ben. Auch wenn die­se ei­ge­ne Auf­zeich­nung des Zeu­gen na­tur­ge­mäß nicht si­cher­stellt, dass dies tat­säch­lich so er­folgt war, be­grün­det dies ein er­heb­li­ches In­diz.

(2) Da­für, dass von An­fang an die – ob­jek­tiv un­zu­tref­fen­de – In­for­ma­ti­on im Raum stand, ein Un­ter­neh­mens­an­ge­hö­ri­ger der Fir­ma F ha­be das Fahr­zeug ge­nutzt, spricht zwar die vor­ge­richt­li­che Kor­re­spon­denz zwi­schen den Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Par­tei­en. Es wur­de aber nach­voll­zieh­bar dar­ge­legt, dass es sich hier­bei um ein In­for­ma­ti­ons­ver­se­hen han­del­te.

(3) Bei­de Zeu­gen ha­ben auf dem Ge­richt ei­nen glei­cher­ma­ßen glaub­wür­di­gen Ein­druck ge­macht.

(4) Um­ge­kehrt kann das Ge­richt die Mög­lich­keit, dass die Klä­ge­rin und ihr Ehe­mann den Vor­gang nach­träg­lich zum An­lass neh­men, sich von dem Kauf­ver­trag lö­sen zu kön­nen, weil sie mit der Funk­ti­on der Tot­win­kel­an­zei­ge nicht voll­stän­dig zu­frie­den sind, und da­her ein­zel­ne As­pek­te an­ders dar­stel­len, nicht aus­schlie­ßen.

(5) Das Ge­richt kann da­her bei Ab­wä­gung al­ler In­di­zi­en nicht zur Über­zeu­gung ge­lan­gen, dass ei­ne Äu­ße­rung des In­halts, wie sie die Klä­ge­rin be­haup­tet, ge­fal­len ist. Dann schei­det ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung dar­über, dass ge­ra­de ein Be­triebs­an­ge­hö­ri­ger das Fahr­zeug als Dienst­wa­gen ge­nutzt hat­te, aus.

(6) Un­ab­hän­gig da­von könn­te das Ge­richt ei­ner sol­chen Äu­ße­rung, wie sie von der Klä­ge­rin be­haup­tet und vom Zeu­gen E be­stä­tigt wur­de, nicht die Qua­li­tät ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. von § 434 I 1 BGB bei­mes­sen. An das Vor­lie­gen ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung sind stren­ge An­for­de­run­gen zu stel­len. Ei­ne be­son­de­re Be­to­nung des Um­stands, dass es sich um ei­nen Dienst­wa­gen ge­ra­de ei­nes Mit­ar­bei­ters der Fir­ma F han­de­le, durch die Zeu­gen D oder gar Nach­fra­gen und Er­klä­run­gen durch die Klä­ge­rin, die er­ken­nen lie­ßen, dass es ihr ent­schei­dend dar­auf an­kam, hat die Be­weis­auf­nah­me nicht er­ge­ben. Nur in sol­chen Fäl­len kann aber re­gel­mä­ßig von ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung aus­ge­gan­gen wer­den. Hier­für ist auch In­diz, das im Kauf­ver­trag Ent­spre­chen­des nicht po­si­tiv fest­ge­hal­ten wird, son­dern es bei der er all­ge­mei­nen Be­zeich­nung als Dienst­wa­gen ver­blie­ben ist. Um­ge­kehrt ist man­gels ge­stei­ger­ter Wich­tig­keit nicht zu er­ken­nen, dass die Klä­ge­rin be­son­de­ren Wert dar­auf ge­legt hat, dass ein Mit­ar­bei­ter der Fir­ma F Vor­nut­zer war.

b) Eben­so we­nig liegt ein Sach­man­gel un­ter dem Ge­sichts­punkt des Feh­lens ei­ner Ei­gen­schaft, wie sie der Käu­fer den Um­stän­den nach er­war­ten durf­te (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB), vor.

(1) Das Ge­richt folgt der Klä­ge­rin im Aus­gangs­punkt dar­in, dass der Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens ge­ne­rell und erst recht, wenn die­ser als Dienst­wa­gen be­zeich­net wird, nicht er­war­ten muss, dass das Fahr­zeug zu­vor als Miet­fahr­zeug im üb­li­chen Sin­ne (d. h. durch ein ty­pi­sches Au­to­ver­mie­tungs­un­ter­neh­men) ver­wen­det wor­den ist.

Grund ist, dass bei der Ver­wen­dung als Miet­fahr­zeug bei ei­nem ge­wöhn­li­chen Au­to­ver­mie­tungs­un­ter­neh­men das Fahr­zeug von ei­ner Viel­zahl von Nut­zern ge­braucht wird, die nur kur­ze Zeit da­mit fah­ren und des­we­gen we­nig Sorg­falt und Rück­sicht auf die­ses neh­men. Wech­seln­den Nut­zern liegt näm­lich, weil sie nur ein­ma­lig und kurz­zei­tig das Fahr­zeug ge­brau­chen, we­ni­ger an ei­ner pfleg­li­chen Be­hand­lung und ei­nem Wert­er­halt als ei­ner Per­son, die über Wo­chen und Mo­na­te da­mit un­ter­wegs ist. Um­ge­kehrt ist der Ge­brauch durch ein Au­to­ver­mie­tungs­un­ter­neh­men re­la­tiv in­ten­siv, weil die­ses durch häu­fi­ge Ver­mie­tung für län­ge­re Fahr­stre­cken ho­he Miet­ein­nah­men ge­ne­rie­ren will. Bei­des führt zu ei­ner ho­hen Ab­nut­zung und zur Be­fürch­tung, dass frü­her als bei ei­nem ge­wöhn­lich ge­nutz­ten Fahr­zeug De­fek­te auf­tre­ten, War­tun­gen oder Re­pa­ra­tu­ren er­for­der­lich wer­den oder sonst ein er­höh­ter Auf­wand an­fällt. Dies spie­gelt sich im Fal­le ei­nes Wei­ter­ver­kaufs in ei­nen ent­spre­chend nied­ri­ge­ren Prei­sen wi­der (vgl. zum Gan­zen OLG Mün­chen, Urt. v. 30.06.2011 – 29 U 1455/11).

(2) Vor­aus­set­zung hier­für ist aber, dass tat­säch­lich ei­ne ent­spre­chen­de Nut­zung als Miet­fahr­zeug in die­sem Sinn vor­lag. Hier­an fehlt es.

Die Be­klag­te hat un­wi­der­spro­chen vor­ge­tra­gen, dass das Fahr­zeug von der Fir­ma F nicht an wech­seln­de Nut­zer ver­mie­tet wor­den war, son­dern le­dig­lich der X-GmbH über­las­sen wor­den ist. Die­se hat­te es ih­rem Ge­schäfts­füh­rer als Dienst­wa­gen über­las­sen, wel­cher es auch aus­schließ­lich per­sön­lich oder al­len­falls durch Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­ge ge­nutzt hat.

Das Fahr­zeug wies fer­ner ei­ne Lauf­leis­tung von le­dig­lich 4.136 km zum Zeit­punkt des Ver­trags­ab­schlus­ses und der Über­ga­be auf. Be­zo­gen auf den Zeit­punkt des Kaufs durch die Klä­ge­rin be­deu­tet dies ei­ne mo­nat­li­che Fahr­leis­tung von knapp 400 km und ei­ne täg­li­che Fahr­leis­tung von rund 12 km. Ei­ne der­ar­tig ge­rin­ge Lauf­leis­tung ist für ein Miet­fahr­zeug in dem Sinn, wie der Be­griff land­läu­fig ver­stan­den wird, äu­ßerst un­ge­wöhn­lich. Ein Miet­fahr­zeug­un­ter­neh­men könn­te er­sicht­lich nicht an­satz­wei­se ren­ta­bel ar­bei­ten, wenn sei­ne Fahr­zeu­ge nicht in­ten­si­ver ge­nutzt wür­den.

Selbst ein Käu­fer, der die zu­las­sungs­recht­li­che Ein­ord­nung kennt, wür­de da­her ein sol­ches Fahr­zeug nicht als Miet­fahr­zeug ein­ord­nen und bei sei­nen Über­le­gun­gen zum an­ge­mes­se­nen Kauf­preis die be­schrie­be­nen Ab­schlä­ge we­gen der Be­fürch­tung hö­he­rer War­tungs- und In­stand­hal­tungs­auf­wen­dun­gen vor­neh­men. Er wür­de es viel­mehr wie ei­nen Dienst­wa­gen be­wer­ten.

Das tat­säch­li­che Nut­zungs­pro­fil des ver­kauf­ten Fahr­zeugs ent­spricht da­her in je­der Hin­sicht dem, was der durch­schnitt­li­che End­ver­brau­cher – was das Ge­richt aus ei­ge­ner Sach­kun­de be­ur­tei­len kann, da der ent­schei­den­de Rich­ter eben­falls End­ver­brau­cher ist – un­ter ei­nem „Dienst­wa­gen“ ver­steht und er­war­tet. Mit der Be­zeich­nung wird aus­ge­drückt, dass das Fahr­zeug dem An­ge­hö­ri­gen ei­ner Be­hör­de oder ei­nes Un­ter­neh­mens zur Nut­zung im Rah­men sei­ner Tä­tig­keit und auch zur pri­va­ten Nut­zung über­las­sen wur­de. Ein sol­ches Fahr­zeug ist da­mit ei­nem kon­kre­ten Nut­zer zu­ge­ord­net, der die Nut­zungs­mög­lich­keit al­len­falls an ei­ne klei­ne Zahl wei­te­rer Per­so­nen wei­ter­gibt, wel­che ihm per­sön­lich ver­bun­den sind (Fa­mi­li­en­kreis). So­weit mit der Be­zeich­nung als „Dienst­wa­gen“ zu­dem die Er­war­tung ver­bun­den wird, der Nut­zer ha­be in ei­ner Be­hör­de oder ei­nem Un­ter­neh­men ei­ne ge­ho­be­ne be­ruf­li­che Stel­lung, was po­si­ti­ve Rück­schlüs­se auf sei­ne Se­rio­si­tät und sei­ne Sorg­falt auch im Um­gang mit dem Fahr­zeug na­he­legt, ist auch die­ses Kri­te­ri­um vor­lie­gend er­füllt.

(3) Die Ge­richts­ent­schei­dun­gen, die in der Ei­gen­schaft als Miet­wa­gen bei Be­zeich­nung als Dienst­wa­gen ei­nen zur Rück­ab­wick­lung ver­pflich­ten­den Man­gel sa­hen, hat­ten dem­entspre­chend – was aus den je­wei­li­gen Ent­schei­dungs­grün­den deut­lich her­vor­geht – Fall­ge­stal­tun­gen zum Ge­gen­stand, in de­nen das Fahr­zeug durch ty­pi­sche Au­to­ver­mie­ter in Ge­brauch war (OLG Mün­chen, Urt. v. 28.03.2013 – 13 U 2048/11: Sixt; Urt. v. 30.06.2011 – 29 U 1455/11; OLG Stutt­gart, Urt. v. 31.07.2008 – 19 U 54/08, das zu­dem auf ei­ne auf­fäl­lig ho­he Lauf­leis­tung von 4.700 km/Mo­nat hin­weist).

(4) Es be­stand dem­entspre­chend auch kei­ne Auf­klä­rungs­pflicht in Be­zug auf die et­wai­ge Zu­las­sung als Selbst­fah­rer­miet­fahr­zeug, ins­be­son­de­re hin­sicht­lich de Be­zeich­nung des Fahr­zeugs als „Jah­res­wa­gen“ auf „mobile.​de“.

Un­ter „Jah­res­wa­gen“ wird ein Ge­braucht­wa­gen aus ers­ter Hand ver­stan­den (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.2009 – VI­II ZR 34/08 Rn. 10); ein Ver­brau­cher kann da­bei – an­ders als frü­her – nicht mehr da­von aus­ge­hen, dass ein so be­wor­be­nes Fahr­zeug von ei­nem An­ge­hö­ri­gen des Her­stel­ler­un­ter­neh­mens ge­nutzt wur­de und nicht auf ein Miet­wa­gen­un­ter­neh­men oder Ähn­li­ches zu­ge­las­sen ge­we­sen war (vgl. OLG Nürn­berg, Beschl. v. 08.06.2010 – 3 U 882/10). Dem­entspre­chend ver­stand die „Richt­li­nie zur För­de­rung des Ab­sat­zes von Per­so­nen­kraft­wa­gen vom 27.01.2009“ (zur sog. Ab­wrack­prä­mie) als Jah­res­wa­gen ein Fahr­zeug, das zu­rück­ge­rech­net vom Zeit­punkt der Zu­las­sung an längs­tens vier­zehn Mo­na­te ein­ma­lig auf ei­nen Kfz-Her­stel­ler, des­sen Ver­triebs­or­ga­ni­sa­tio­nen oder des­sen Werks­an­ge­hö­ri­ge, ei­nen Kfz-Händ­ler, ei­ne her­stell­er­ei­ge­ne Au­to­bank, ein Au­to­mo­bil­ver­mie­tungs­un­ter­neh­men oder ei­ne Au­to­mo­bil­lea­sing­ge­sell­schaft zu­ge­las­sen war.

Al­le die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen bei dem Fahr­zeug und des­sen vor­he­ri­gen Hal­te­rin, der Fir­ma F, vor.

Im Üb­ri­gen stellt der in der An­zei­ge auf­ge­führ­te Zu­satz „Än­de­run­gen und Irr­tü­mer vor­be­hal­ten“ ei­nen Hin­weis dar, dass die An­ga­ben in­so­weit vor­läu­fig und un­ver­bind­lich sind, als sie vor oder bei Ver­trags­schluss noch kor­ri­giert wer­den kön­nen (vgl. Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 75. Aufl. [2016], § 434 Rn. 33).

c) Ob Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che der Klä­ge­rin we­gen § 442 I BGB aus­schei­den wür­den, weil bei Ver­trags­ab­schluss Kennt­nis bzw. grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis über die et­wai­ge Zu­las­sung als Selbst­fah­rer­miet­fahr­zeug vor­lag, kann da­her da­hin­ste­hen. Das Ge­richt wür­de aber da­zu nei­gen, dies zu ver­nei­nen, zu­mal sich we­der auf­grund der Um­stän­de im Zu­sam­men­hang mit der Haupt­un­ter­su­chung noch der Be­zeich­nung der Ga­ran­tie­ge­be­rin die Sach­la­ge er­kenn­bar auf­drän­gen muss­te. Gro­be Fahr­läs­sig­keit wür­de aber Letz­te­res vor­aus­set­zen.

2. Die Klä­ge­rin kann auch dar­aus nichts her­lei­ten, dass das Fahr­zeug zu­nächst nicht über ei­ne Zu­las­sung und ei­ne Haupt­un­ter­su­chung bis Herbst 2018 ver­füg­te. In­so­weit lag zwar zu­nächst ei­ne Si­tua­ti­on i. S. von § 434 I 1 BGB vor, weil die Ein­tra­gung in dem Ver­trags­for­mu­lar „nächs­te Haupt­un­ter­su­chung Okt. 2018“ auf­grund der Wich­tig­keit, die die­ser Um­stand für den Käu­fer ty­pi­scher­wei­se be­sitzt, als Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung zu be­wer­ten ist. Maß­geb­lich da­für, ob ein Kauf­ge­gen­stand den ver­ein­bar­ten An­for­de­run­gen ge­nügt, ist je­doch der Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs, das heißt der Be­sitz­ver­schaf­fung (§ 446 BGB); in die­sem Zeit­punkt ver­füg­te das Fahr­zeug über ei­ne ent­spre­chen­de Haupt­un­ter­su­chung, die ei­ne er­neu­te Vor­stel­lung zur tech­ni­schen Prü­fung erst nach Ok­to­ber 2018 er­for­der­lich mach­te.

Ei­nen An­spruch dar­auf, dass von vorn­her­ein ei­ne „ein­heit­li­che“ Gel­tungs­dau­er von drei Jah­ren be­stand, hat die Klä­ge­rin da­ge­gen nicht. Es ist nicht er­kenn­bar, wel­ches In­ter­es­se sie hier­an ha­ben soll­te, weil ihr kei­ne Nach­tei­le ent­ste­hen. Re­le­vanz hat die Fra­ge, wie lang die Haupt­un­ter­su­chung gilt, le­dig­lich mit­tel­bar im Hin­blick auf die Miet­wa­gen­ei­gen­schaft. Da die­se aber – wie aus­ge­führt – so­wohl für die Ver­gan­gen­heit als auch erst recht für Ge­gen­wart und Zu­kunft zu ver­nei­nen ist, hat der Um­stand jeg­li­che recht­li­che Re­le­vanz ver­lo­ren.

3. Auch un­ter an­de­ren recht­li­chen Ge­sichts­punk­ten dringt die Klä­ge­rin nicht durch. Ei­ne An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung (§ 123 I Fall 1 BGB) schei­det aus, weil es der Klä­ge­rin nicht ge­lun­gen ist, ei­nen ent­spre­chen­den Sach­ver­halt – der po­si­ti­ve Kennt­nis oder je­den­falls ei­ne Er­klä­rung ins Blaue hin­ein vor­aus­set­zen wür­de – zu be­wei­sen. Ei­ne An­fech­tung we­gen Irr­tums (§ 119 II BGB) oder ei­ne scha­dens­er­satz­recht­li­che Rück­ab­wick­lung we­gen Pflicht­ver­let­zun­gen bei Ver­trags­schluss (§§ 280 I, 311 II, 241 II BGB) sind we­gen des Vor­rangs der §§ 434 ff. BGB nicht mög­lich. …

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