- Eine Klage, mit der der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs die Feststellung begehrt, dass die – am Kaufvertrag nicht beteiligte – Volkswagen AG für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs resultierten, einstehen müsse, ist unzulässig, wenn der Käufer der Sache nach die Rückabwicklung des Kaufvertrages begehrt. Dann nämlich ist es dem Käufer möglich und zumutbar, mit einer gegen die Volkswagen AG gerichteten Leistungsklage die Rückzahlung des um eine Nutzungsentschädigung verminderten Kaufpreises zu verlangen.
- Die Volkswagen AG ist dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Pkw, den nicht sie selbst, sondern (hier) die Škoda Auto, a.s. hergestellt hat, nicht gemäß § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB zum Schadensersatz verpflichtet.
- Indem die Volkswagen AG bestimmte von ihr hergestellte Motoren mit einer Software ausgestattet hat, die (nur) während eines Emissionstests eine Verringerung des Schadstoffausstoßes bewirkt, hat den Käufern vom VW-Abgasskandal betroffener Fahrzeuge nicht in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügt. Insbesondere hat die Volkswagen AG die Käufer dieser Fahrzeuge nicht arglistig über deren (tatsächlichen) Schadstoffausstoß getäuscht. Denn Aussagen eines Fahrzeugherstellers zum Schadstoffausstoß beziehen sich stets nur auf die unter Laborbedingungen gemessenen Emissionen und nicht auf die Emissionen beim regulären Betrieb im Straßenverkehr.
- Die Typgenehmigung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs ist nicht gemäß § 19 II 2 Nr. 3, VII StVZO (analog) automatisch erloschen. Das ergibt sich (auch) aus § 25 III EG-FGV, wonach die Typgenehmigung „insbesondere“ unter den dort genannten Voraussetzungen ganz oder teilweise widerrufen oder zurückgenommen werden „kann“.
LG Braunschweig, Urteil vom 01.06.2017 – 11 O 3683/16
Sachverhalt: Der Kläger erwarb im Mai 2014 einen Pkw Škoda Superb Combi 2.0 TDI Green tec Ambition zum Preis von 28.449 €. Als Herstellerin des Fahrzeugs ist in der EG-Übereinstimmungsbescheinigung (COC) die Škoda Auto, a.s. ausgewiesen.
Der Pkw ist mit einem EA189-Dieselmotor ausgestattet und verfügt über eine Euro-5-Typgenehmigung. Ob die Stickoxidemissionen eines Fahrzeugs den danach einschlägigen Grenzwert einhalten, hängt davon ab, in welchem Ausmaß Abgase aus dem Auslassbereich des Motors über ein Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet werden. Im streitgegenständlichen Fahrzeug lässt die Software des Motorsteuergeräts, die das Abgasrückführungsventil steuert, eine Abgasrückführung im zur Einhaltung des Grenzwertes nötigen Umfang nur zu, wenn das Fahrzeug – wie zur Erlangung der Typgenehmigung erforderlich – auf einem Prüfstand einen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt. Dass dieser Zyklus im normalen Straßenverkehr exakt nachgefahren wird, ist nahezu ausgeschlossen.
Der Kläger ist der Ansicht, er habe gegen die beklagte, am Kaufvertrag nicht beteiligte Volkswagen AG als Herstellerin des EA189-Motors einen Anspruch auf Schadensersatz, der sich unter anderem aus §§ 280 I, 311 II, III, 241 II BGB und aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB ergebe. Insbesondere sei die Beklagte verpflichtet, das streitgegenständliche Fahrzeug gegen Zahlung des Kaufpreises zurückzunehmen.
Mit der Klage hat der Kläger die Feststellung verlangt, dass die Beklagte ihm aus der Manipulation seines Fahrzeugs resultierende Schäden ersetzen müsse. Darüber hinaus hat er erreichen wollen, dass ihn die Beklagte von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 866,32 € freistellen muss. Die Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: Die Klage ist bezüglich des Klageantrags zu 1 unzulässig (A) und bezüglich des Klageantrags zu 2 zulässig, aber unbegründet (B).
A. Dem Klageantrag zu 1 fehlt es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse i. S. des § 256 I ZPO.
I. Das Feststellungsinteresse fehlt hier, weil die Leistungsklage vorrangig ist. Die Höhe des Kaufpreises, dessen Rückzahlung der Kläger hier – abzüglich etwaiger Nutzungsentschädigungen im Rahmen der Vorteilsausgleichung – begehrt, ist bezifferbar.
Für einen den Anforderungen des § 253 II Nr. 2 ZPO genügenden Antrag ist dafür keine Darlegung der Höhe der Nutzungsentschädigung durch die Beklagte und auch kein Sachverständigengutachten erforderlich. Zwar wird ein etwaiger Vorteil vom Ersatzanspruch abgezogen, ohne dass es einer Gestaltungserklärung oder Einrede des Schädigers bedarf (BGH, Urt. v. 23.06.2015 – XI ZR 536/14, NJW 2015, 3160 Rn. 23). Die diesbezügliche Möglichkeit der gerichtlichen Schätzung nach § 287 ZPO entbindet den Kläger allerdings gerade nicht von der Angabe, in welcher Höhe er sich hier Vorteile für die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen will, sondern führt zu einer Erleichterung seiner Darlegung. Der Kläger hat jedenfalls die Pflicht, eine Schätzgrundlage für den Nutzungsersatz anzugeben. Hierbei wird er seinen Standpunkt zur Höhe einer etwaigen Nutzungsentschädigung, die er als „hochstreitig zwischen den Parteien“ angibt, nennen müssen, etwa unter Einbeziehung des seiner Ansicht nach dabei zu berücksichtigenden Minderwerts des Fahrzeugs. Für die Angabe einer Schätzgrundlage ist vor diesem Hintergrund auch kein aufwendiges Sachverständigengutachten (vgl. zum Feststellungsinteresse für den Fall, dass ein solches zur Schadensbezifferung erforderlich ist, BGH, Urt. v. 12.07.2005 – VI ZR 83/04, juris Rn. 57) erforderlich.
II. Eine Feststellungsklage ist hier auch nicht – wie der Kläger meint – im Hinblick auf das Urteil des BGH vom 19.04.2016 (VI ZR 506/14) deshalb zulässig, weil nur ein Teil des geltend gemachten Schadens schon entstanden und damit bezifferbar ist. Anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall (Hirnschädigung des Klägers bei rechtswidriger Kaiserschnittentbindung) ist im vorliegenden Fall nicht die Entstehung weiteren Schadens zu erwarten. Die Durchführung des Feststellungsverfahrens erschien dem BGH aber im oben genannten Fall gerade deshalb prozesswirtschaftlich vorzugswürdig, weil die Schadensentwicklung dort noch nicht abgeschlossen war (vgl. BGH, Urt. v. 19.04.2016 – VI ZR 506/14, juris Rn. 6). Der Kläger ist hier zwar der Ansicht, es drohten steuerliche Schäden. Dafür, dass etwa die steuerliche Entlastung von Dieselfahrzeugen rückwirkend aufgehoben werden könnte, bestehen allerdings keinerlei Anhaltspunkte. Andere drohende Schäden sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr hält bereits der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur veröffentlichte Bericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“ (Seite 13) fest, dass für Fahrzeuge die bereits in Deutschland oder im EU-Ausland zugelassen gewesen sind, kein Zulassungshindernis besteht, insbesondere im Fall eines Weiterverkaufs. Für solche Fahrzeuge wird in dem Bericht auch keine Rechtsgrundlage für ein Verkaufsverbot gesehen. Der Kläger selbst geht zudem davon aus, dass – derzeit – die Preise für Dieselfahrzeuge mit dem Motor EA189 nicht sinken, da die Beklagte die Marktpreise – noch – manipuliere. Zudem trägt er keine Anknüpfungstatsachen vor, nach denen ein etwaiger Preisverfall – aufgrund des sogenannten Abgasskandals – von einem Sachverständigen bestätigt werden könnte. Ein entsprechender Vortrag wäre dem Kläger indes angesichts der hohen Transparenz des Gebrauchtwagenmarktes ohne Weiteres möglich.
III. Das Feststellungsinteresse besteht auch nicht etwa ausnahmsweise deshalb, weil die Beklagte mit einer Behörde oder einer Versicherung im Sinne der Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. [2016], § 256 Rn. 8) verglichen werden könnte, die aufgrund eines Feststellungsurteils leisten würde. Diese Ausnahme gilt nur für Fälle, in denen schon das Feststellungsurteil zu endgültiger Streitbeilegung führen würde, was hier nach dem übrigen Vortrag beider Parteien nicht zu erwarten ist. Der Kläger selbst weist schließlich darauf hin, es sei „zwischen den Parteien hoch streitig, wie hoch die Nutzungsentschädigung sei“ (s. oben). Außerdem hegt der Kläger „erhebliche Zweifel an der Redlichkeit des VW-Konzerns“ und wirft diesem Scheinheiligkeit vor.
B. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die mit dem Klageantrag zu 2 begehrte Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
I. Ein solcher Anspruch folgt schon deshalb nicht aus § 280 I BGB, weil die Beklagte hier keine Pflichtverletzung aus einem Kaufvertrag begangen hat, wie der Kläger … meint. Dass die „Gegenseite eine mangelhafte Sache geliefert“ habe, hält das Gericht für ein Versehen des Klägervertreters und nicht für neuen Sachvortrag. Der Kläger trägt … nämlich ausdrücklich vor, dass der Pkw durch die Verkäuferin … geliefert worden sei, was zwischen den Parteien unstreitig ist.
II. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind hier auch keine Schadensposition im Rahmen des § 249 BGB, da bereits dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch des Klägers besteht:
1. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB.
a) Die vom BGH entwickelten Grundsätze zur Prospekthaftung (vgl. etwa Palandt/Grüneberg, BGB 76. Aufl. [2017], § 311 Rn. 67) sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
Die Prospekthaftung geht davon aus, dass der Emissionsprospekt in der Regel die einzige Informationsquelle des Anlegers ist. Nur unter der Voraussetzung, dass die durch den Prospekt vermittelte Information vollständig und richtig ist, kann der Kunde die ihm angebotene Kapitalanlage objektiv beurteilen und sein Anlagerisiko, das ihm ohnehin verbleibt, richtig einschätzen (BGH, Urt. v. 31.05.1990 – VII ZR 340/88, BGHZ 111, 314 = juris Rn. 14).
Anders als bei Kapitalanlagen gibt es für Pkw zahlreiche Möglichkeiten, sich vor der Kaufentscheidung über ein bestimmtes Modell zu informieren, wie Artikel in Zeitschriften oder im Internet oder gegebenenfalls eine Probefahrt.
Dass für den Pkw-Kauf eine ähnliche Schutzbedürftigkeit des Käufers wie für Anleger auf dem grauen Kapitalmarkt bestünde, folgt auch nicht aus dem vom Kläger angeführten Urteil des OLG München (20 U 4749/12, juris). Dort konnte der Kläger aufgrund einer Prospektangabe, die die Soll-Beschaffenheit über die übliche Beschaffenheit hinaus erweiterte, sofort vom Pkw-Kaufvertrag zurücktreten, als sich diese Prospektangabe als falsch erwies (§ 434 I 3 BGB). Der Schutz des Vertrauens in Prospektangaben wird im Kaufrecht also durch das Gewährleistungsrecht sichergestellt. Dass darüber hinaus ein Pkw-Hersteller (Herstellerin ist hier ohnehin nicht die Beklagte, sondern die Škoda Auto, a.s.) oder sogar die Herstellerin des Motors dem Käufer für Prospektangaben hafte, ohne selbst dessen Vertragspartner zu sein, folgt aus dieser Entscheidung gerade nicht.
b) Aus den unter a genannten Gründen hat das Gericht auf einen Hinweis verzichtet, dass der Kläger keine Werbung der Beklagten dargelegt hat, die sich auf das streitgegenständliche Fahrzeug – einen Škoda – beziehen würde.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus einer Garantie gemäß § 443 BGB. Ein solcher vertraglicher Anspruch wäre ohnehin nicht auf Schadensersatz gerichtet, dessen Feststellung mit dem Klageantrag zu 1 begehrt wird. Es liegt aber auch schon keine Garantieerklärung der Beklagten vor. Die Beklagte hat keine Vertragserklärung unmittelbar an den Kläger gerichtet. Denn nicht die Beklagte sondern die Škoda Auto, a.s. hat als Herstellerin die EG-Übereinstimmungsbescheinigung für das hier streitgegenständliche Fahrzeug ausgestellt.
3. Der Kläger hat keinen Anspruch aus c. i. c. gegen die Beklagte als besonderes Vertrauen in Anspruch nehmende Dritte (§§ 280 I, 241 II, 311 II, III BGB). Der Kläger trägt keine Tatsachen vor, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagte – die Volkswagen AG – besonderes persönliches Vertrauen des Klägers in Bezug auf dessen Vertrag … über ein von der Škoda Auto, a.s. hergestelltes Fahrzeug in Anspruch genommen hätte.
4. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB.
a) Eine Täuschung über Tatsachen durch aktives Tun oder konkludente Erklärungen ist nicht dargelegt. Es ist schon nicht ersichtlich, worüber und in welcher Art und Weise die für die Typgenehmigung zuständigen Stellen aktiv getäuscht worden sein sollen. Hier kommt hinzu, dass Herstellerin des Fahrzeugs, für das die Typgenehmigung erlangt wurde, nicht die Beklagte, sondern die Škoda Auto, a.s. ist.
b) Auch ein eventuelles Unterlassen der Aufklärung über die Funktionsweise der Motorsteuerungssoftware stellt hier keine strafrechtlich relevante Täuschung über Tatsachen dar. Hierfür fehlt es an einer Garantenstellung der Beklagten. Dem aktiv Handelnden kann nur gleichgestellt werden, wer rechtlich verpflichtet ist, die Rechtsgutsbeeinträchtigung zu verhindern (BGH, Urt. v. 12.01.2010 – 1 StR 272/09, NJW 2010, 1087 Rn. 57). Die Handlungspflicht muss dabei dem Schutz des jeweiligen Rechtsgutes dienen (BGH, Urt. v. 06.07.1990 – 2 StR 549/89, BGHSt 37, 106 [119]).
Die Beklagte hatte als Herstellerin des im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Motors gegenüber dem Kläger weder eine Garantenstellung aus einem besonderen Vertrauensverhältnis noch aus Ingerenz (vgl. zu den eine solche Garantenstellung begründenden Umständen Fischer, StGB, 64. Aufl. [2017], § 13 Rn. 43 ff.).
aa) Die Beklagte könnte allenfalls ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Kläger als Käufer eines Pkw Škoda gehabt haben, falls sie – was der Kläger aber nicht vereinzelt vorträgt – für den von ihr entwickelten Motor geworben haben sollte. Werbung dient allerdings allein den Absatzinteressen des Werbenden und ist daher grundsätzlich ungeeignet, ein besonderes Vertrauensverhältnis mit Aufklärungspflichten zu begründen. Etwas anderes könnte allenfalls für wertbildende Faktoren von ganz besonderem Gewicht gelten. In dem – engeren – Verhältnis zwischen Parteien eines Kaufvertrags wurde eine Offenbarungspflicht des Gebrauchtwagenhändlers hinsichtlich schwerwiegender Schäden bei einem wucherhaften Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung angenommen (BayOblG, Beschl. v. 09.12.1993 – 3St RR 127/93, juris Rn. 24 f.). Die vom Kläger bemängelten Einstellungen der Motorsteuerungssoftware stellen aber keinen wertbildenden Faktor von ganz besonderem Gewicht dar. So geht der Kläger selbst davon aus, dass – derzeit – die Preise für Dieselfahrzeuge mit dem Motor EA189 nicht sinken, da die Beklagte die Marktpreise – noch – manipuliere. Erst in ein bis zwei Jahren sei dann mit massiven Verlusten zu rechnen. Dass es dem gesunden Menschenverstand entspreche, dass ein derart manipuliertes Fahrzeug geringer bewertet werde als ein nicht manipuliertes Fahrzeug, so dass die Wertminderung weiter spürbar sei (so die Behauptung des Klägers), stellt keine dem angebotenen Sachverständigenbeweis zugängliche Tatsachenbehauptung dar. Hier würde eine Beweiserhebung zum Thema Wertminderung eine unzulässige Ausforschung darstellen. Der Gebrauchtwagenmarkt ist derart transparent, dass der Kläger konkrete Anknüpfungstatsachen zu einer etwaigen Wertminderung aufgrund der Motorsteuerungssoftware vortragen müsste – etwa unter Bezugnahme auf Schwacke-Listen oder mobile.de –; die auf Seite 62 der Replik vom 05.04.2017 zitierte Studie oder deren Fundstelle wird indes nicht vorgelegt.
Eine Täuschung über die Nutzbarkeit des Fahrzeugs – welche einen wertbildenden Faktor von besonderem Gewicht darstellen dürfte – hat der Kläger nicht dargelegt. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht gemäß § 19 II 2 Nr. 3, VII StVZO erloschen, da diese Vorschrift nicht für Abweichungen vom genehmigten Typ vor Inverkehrbringen gilt. § 19 II 2 Nr. 3, VII StVZO sieht ein – automatisches – Erlöschen der Typgenehmigung nur für den Fall vor, dass an einem Fahrzeug Veränderungen vorgenommen werden. Als §sect; 19 II StVZO neu gefasst wurde, stellte der Gesetzgeber klar, dass diese Vorschrift nur für bereits im Verkehr befindliche Fahrzeuge gilt (vgl. BR-Drs. 629/93, S. 15 ff.). Anderenfalls würde auch die später in Kraft getretene Vorschrift des § 25 III Nr. 2 EG-FGV leerlaufen, die den Widerruf (nicht etwa das automatische Erlöschen) der Typgenehmigung erst dann ermöglicht, wenn von dem Fahrzeug ein erhebliches Risiko für die Verkehrssicherheit ausgeht, wobei diese Entscheidung noch in das Ermessen der Behörde gestellt ist.
Die Typgenehmigung ist auch nicht analog § 19 II 2 Nr. 3, VII StVZO erloschen. Es besteht keine planwidrige Regelungslücke, sondern § 25 III Nr. 1 EG-FGV stellt die Ermessensvorschrift dar, nach der eine Typgenehmigung ganz oder teilweise widerrufen werden kann, wenn es an der Übereinstimmung eines Fahrzeugs mit dem genehmigten Typ fehlt.
Es droht auch kein Widerruf der Typgenehmigung mit Wirkung für alle Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs. Das Kraftfahrt-Bundesamt als zuständige Behörde hat das ihm zustehende Ermessen gerade nicht dahin gehend ausgeübt, eine Entziehung der Typgenehmigung in die Wege zu leiten. Es ist vielmehr nach § 25 II EG-FGV vorgegangen.
bb) Auch aus pflichtwidrigem Vorverhalten (Ingerenz) folgt hier keine Garantenstellung der Beklagten. Eine Pflichtwidrigkeit löst nur dann eine Garantenpflicht aus, wenn die verletzte Norm gerade dem Schutz des betroffenen Rechtgutes dient (Stree/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 13 Rn. 35a m. w. Nachw.).
Es ist bereits zweifelhaft, dass ein etwaiger Verstoß gegen die europarechtlichen Normen, die bei der Typgenehmigung den Einsatz von Abschalteinrichtungen verbieten – Art. 5 II, Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007; Richtlinie 2007/46/EG – in Bezug auf den hier streitgegenständlichen Pkw Škoda der Beklagten zuzurechnen sein könnte, bei der es sich nicht um die Herstellerin der Fahrzeuge handelt. Jedenfalls aber fallen die hier vom Kläger allein geltend gemachten Vermögensinteressen nicht in den Schutzbereich dieser Normen. Diese dienen der Harmonisierung des Binnenmarktes (Erwägungsgrund 2 der Richtlinie) und zielen auf hohe Verkehrssicherheit, hohen Schutz der Umwelt und der Gesundheit, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung (Erwägungsgrund 3 der Richtlinie) ab. Interessen der einzelnen Fahrzeugkäufer könnten hierdurch allenfalls in Bezug auf die Zulassungsfähigkeit der von ihnen erworbenen Fahrzeuge geschützt sein. Diesbezüglich macht der Kläger aber keinen Schaden geltend.
5. Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 823 II BGB i. V. mit § 16 UWG.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger ausreichend substanziiert dargelegt hat, welche Tatsachenbehauptungen der Beklagten in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug – einen Škoda – aus seiner Sicht unwahr und irreführend sind.
Die Beklagte hat jedenfalls nicht in der Absicht gehandelt, ein besonders günstiges Angebot abzugeben. Nach den Vorstellungen des Täters muss die Entscheidung des Adressaten für das Erwerbsgeschäft von dem angepriesenen – besonderen – Vorteil, der tatsächlich nicht gegeben ist, beeinflusst werden (Dreyer, in: Hart-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 3. Aufl., § 16 Rn. 31 f.; für § 4 UWG a.F. auch BGH, Urt. v. 26.10.1977 – 2 StR 432/77, BGHSt 27, 293 = juris Rn. 6 f.). Falls die Beklagte tatsächlich in Werbeunterlagen bezüglich von ihr hergestellter – in Pkw Škoda verbauter – Motoren falsche Informationen durch Prospekte und Broschüren verbreitet haben sollte, würde darin mit bestimmten Leistungswerten unter Einhaltung der Euro-5-Norm kein – besonderer – Vorteil des streitgegenständlichen Fahrzeugs angepriesen. Die vom Kläger genannten Grenzwerte der Euro-5-Norm mussten schließlich alle vergleichbaren Fahrzeuge am Markt einhalten, um die Typgenehmigung zu erlangen.
6. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 823 II BGB i. V. mit § 4 Nr. 11 UWG i. d. F. vom 03.03.2010 (im Folgenden: § 4 Nr. 11 UWG a.F.).
Es ist bereits fraglich, ob § 4 Nr. 11 UWG a.F. überhaupt ein Schutzgesetz i. S. des § 823 II BGB darstellt. Jedenfalls hat die Beklagte hier nicht gegen Vorschriften verstoßen, deren Einhaltung § 4 Nr. 11 a.F. schützt. §§ 1, 4, 5 Pkw-EnVKV gebieten lediglich, dass die im Typgenehmigungsverfahren erzielten Kraftstoffverbrauchs- und Emissionswerte zu nennen sind (vgl. die Begriffsbestimmungen in § 2 Nr. 5, Nr. 6 Pkw-EnVKV). Der Kläger selbst bezweifelt nicht, dass die genannten Werte im Typgenehmigungsverfahren (Fahrkurven des NEFZ) erzielt wurden.
7. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 II BGB i. V. mit Art. 12, 18 der Richtlinie 2007/46/EG und §§ 4, 6, 25 EG-FGV. Es ist nicht ersichtlich, wie die Beklagte, die nicht die Herstellerin des streitgegenständlichen Pkw Škoda ist, eine falsche oder gar ungültige Übereinstimmungsbescheinigung beigefügt haben könnte.
8. Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 826 BGB.
a) Der Einbau der eingangs genannten Software, die den Prüfstandlauf erkennt, begründet keinen Anspruch wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung der Vermögensinteressen des Klägers.
Bei der Prüfung, ob sich eine Handlung im Verhältnis zu den geltend gemachten Interessen des Anspruchstellers als sittenwidrige vorsätzliche Schädigung darstellt, ist eine zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck der Handlung sowie ihrer Folgen vorzunehmen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl. [2017], § 826 Rn. 4). Auch im Rahmen des § 826 BGB gilt wie bei allen Ansprüchen aus unerlaubten Handlungen, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden beschränkt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen (BGH, Urt. v. 11.11.1985 – II ZR 109/84, BGHZ 96, 231 = juris Rn. 15). Der Verstoß muss in Beziehung zu den (Vermögens-)Interessen der Parteien gesetzt werden, um zu beurteilen, ob sich die Schädigung als sittenwidrig darstellt (BGH, Urt. v. 20.11.1990 – VI ZR 6/90, juris Rn. 17).
Hier kommt ein Verstoß gegen das Verbot unzulässiger Abschalteinrichtungen aus Art. 5 II, 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 in Betracht. Den Vermögensinteressen des einzelnen Pkw-Käufers ist der Hersteller (hier ist die Beklagte noch nicht einmal Herstellerin des streitgegenständlichen Škoda, sondern allenfalls dessen Motors) nach dieser Norm aber nicht verpflichtet. Die Richtlinie 2007/46/EG und die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 dienen der Harmonisierung des Binnenmarktes und zielen auf hohe Verkehrssicherheit, hohen Schutz der Umwelt und der Gesundheit, rationelle Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung ab (s. oben). Interessen der einzelnen Fahrzeugkäufer können durch die Verordnung als Einzelrechtsakt im gemeinschaftlichen Typgenehmigungssystem allenfalls in Bezug auf die Zulassungsfähigkeit geschützt werden. Solche Schäden macht der Kläger hier aber nicht geltend.
b) Die Beklagte hat den Kläger auch nicht durch eine arglistige Täuschung bezüglich der Schadstoffemission sittenwidrig vorsätzlich geschädigt. Aussagen, die zur Typgenehmigung oder zu Werten in der Übereinstimmungsbescheinigung getroffen werden, beziehen sich immer auf die Emissionen im NEFZ. Nur diesbezüglich sind die Wertangaben in etwaigen Prospekten (hier hat der Kläger einen Škoda gekauft und keine Prospekte vorgelegt, aus denen sich die Täuschung ergeben soll) miteinander vergleichbar.
c) Auch das Verschweigen der eingangs genannten Software, die den Prüfstandlauf erkennt, führt nicht zu einem Anspruch des Klägers wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung. Ein Verschweigen kann nur dann sittenwidrig sein, wenn eine entsprechende Offenbarungspflicht besteht. Eine solche kommt bei Kaufverträgen – und im vorliegenden Fall besteht noch nicht einmal eine vertragliche Beziehung zwischen den Parteien – bezüglich erheblicher wertbildender Faktoren in Betracht (Spindler, in: Bamberger/Roth, BGB, 3. Aufl., § 826 Rn. 23 Fn. 148). Dass es sich bei der Software und ihrer oben genannten Wirkung um erhebliche wertbildende Umstände handeln würde, hat der Kläger aber nicht dargelegt (s. oben B II 4 b aa). …