- Ein Gebrauchtwagen ist zwar nicht schon deshalb mangelhaft, weil sein (tatsächlicher) Schadstoffausstoß höher ist als vom Fahrzeughersteller angegeben. Denn der Hersteller kann nicht jedes denkbare Fahr- und Nutzungsverhalten berücksichtigen, sondern muss auf standardisierte Emissionstests zurückgreifen. Ein Mangel liegt aber vor, wenn in einem – vom VW-Abgasskandal betroffene – Fahrzeug eine Software zum Einsatz kommt, die erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert, und in diesem Fall einen speziellen Betriebsmodus aktiviert, in dem insbesondere der Stickoxidausstoß niedriger ist als beim Normalbetrieb des Fahrzeugs. Das Vorhandensein einer solchen Software ist bei Gebrauchtwagen nämlich nicht üblich, sodass ein Käufer i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten kann, ein Fahrzeug ohne eine die Schadstoffemissionen manipulierende Software zu erhalten.
- Ob die Pflichtverletzung des Verkäufers, die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Gebrauchtwagens liegt, i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich ist und deshalb einem Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag entgegensteht, kann nicht nur mit Blick auf die (angeblichen) Mangelbeseitigungskosten beurteilt werden. Erforderlich ist vielmehr eine umfassende Interessenabwägung, bei der zu fragen ist, ob ein Durchschnittskäufer in Kenntnis des Mangels vom Kauf des Fahrzeug Abstand genommen hätte oder ob er in Erwägung gezogen hätte, den Mangel (z. B. gegen einen Kaufpreisnachlass) hinzunehmen. Dabei darf nicht gänzlich unbeachtet bleiben, dass der – am Kaufvertrag nicht beteiligten – Volkswagen AG eine arglistige Täuschung zur Last fällt.
- Indem Mitarbeiter der Volkswagen AG für bestimmte Fahrzeuge eine Software entwickelt und implementiert haben, die erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert, und die in diesem Fall einen eigens dafür vorgesehenen Betriebsmodus aktiviert, in dem die Schadstoffemissionen niedriger sind als beim regulären Betrieb des Fahrzeugs, haben sie die Käufer der betroffenen Fahrzeuge i. S. des § 826 BGB in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich geschädigt.
- Zwar muss der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs, der die Volkswagen AG wegen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB) auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, darlegen und beweisen, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Volkswagen AG i. S. des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat. Die Volkswagen AG trifft insoweit aber eine sekundäre Darlegungslast. Ihr genügt die Volkswagen AG dadurch, dass sie vorträgt, wer die Entscheidung, die manipulierende Software zu entwickeln und einzusetzen, getroffen hat und warum dies gegebenenfalls ohne Involvierung eines verfassungsmäßig berufenen Vertreters möglich gewesen sein soll, obwohl es sich um eine unternehmerische Entscheidung von erheblicher Bedeutung gehandelt hat.
LG Dortmund, Urteil vom 06.06.2017 – 12 O 228/16
Sachverhalt: Der Kläger kaufte von der Beklagten zu 1, einer unabhängigen Kfz-Händlerin, mit Kaufvertrag vom 10.02.2012 einen gebrauchten VW Golf Plus „Team“ 1.6 TDI zum Preis von 18.390 €. Das Fahrzeug, dessen Kilometerzähler eine Laufleistung von 3.595 km anzeigte, wurde als der Schadstoffklasse „Euro 5“ zugehörig verkauft und dem Kläger am 13.02.2012 übergeben. Herstellerin des Pkw ist die Volkswagen AG (Beklagte zu 2).
Das Fahrzeug ist mit einem Motor des Typs EA189 ausgestattet und deshalb vom VW-Abgasskandal betroffen. Sobald eine Software erkennt, dass der Pkw auf einem Prüfstand einen Emissionstest absolviert, wird ein eigens für diese Situation vorgesehener Betriebsmodus („Modus 1“) aktiviert. In diesem Modus ist die Abgasrückführungsrate höher und daher insbesondere der Stickoxidausstoß geringer als in dem Modus, in dem das Fahrzeug regulär – insbesondere im normalen Straßenverkehr – betrieben wird („Modus 0“). Die Euro-5-Emissionsgrenzwerte werden deshalb zwar beim Betrieb des Fahrzeugs im „Modus 1“, nicht aber beim Betrieb im „Modus 0“ eingehalten.
Ab September 2015 wurde der VW-Abgasskandal in der Öffentlichkeit bekannt. In der Folgezeit ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt gegenüber der Beklagten zu 2 den Rückruf aller betroffenen Fahrzeuge an und gab ihr auf, Maßnahmen zu entwickeln, um die Fahrzeuge in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen.
Der Kläger erklärte mit Schreiben seiner späteren Prozessbevollmächtigten vom 30.11.2015 gegenüber der Beklagten zu 1 die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, hilfsweise den Rücktritt vom Kaufvertrag, und setzte ihr eine Frist zur Rückabwicklung dieses Vertrages bis zum 14.12.2015. Hilfsweise verlangte der Kläger die Beseitigung des seinem Fahrzeugs aus seiner Sicht anhaftenden Mangels bis zum 10.12.2015. Die Beklagte zu 1 teilte dem Kläger mit Schreiben vom 16.03.2016 mit, dass für den streitgegenständlichen Motortyp eine Nachbesserungsmaßnahme entwickelt sei, „die ersten Fahrzeuge ab Januar 2016 auf den erforderlichen technischen Stand gebracht“ würden und der Kläger „sobald wie möglich näher über den Zeitplan und die für das Fahrzeug konkret vorgesehenen Maßnahmen“ informiert werde.
Die Beklagte zu 2 entwickelte ein Softwareupdate für die vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge, nach dessen Installation die Fahrzeuge auch dann, wenn sie regulär im Straßenverkehr betrieben werden, die einschlägigen Emissionsgrenzwerte einhalten sollen. Dieses Update gab das Kraftfahrt-Bundesamt mit Bescheid vom 03.11 .2016 für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp frei.
Der Kläger behauptet, er hätte das Fahrzeug nicht gekauft, wenn er gewusst hätte, dass es die Euro-5-Emissionsgrenzwerte nur auf dem Prüfstand und dort nur deshalb einhält, weil eine Software die Testsituation erkennt und dann einen speziellen Betriebsmodus aktiviert. Die angebotene Nachbesserung durch Installation eines Softwareupdates sei ungeeignet, den – aus Sicht des Klägers vorliegenden – Mangel zu beseitigen; es sei zu befürchten, dass sich das Update schädlich auf den Motor auswirken werde.
Die Klage hatte im Wesentlichen Erfolg.
Aus den Gründen: A. … I. Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 10.02.2012 gegenüber der Beklagten zu 1, da er wirksam von diesem Vertrag zurückgetreten ist.
1. Das von ihm erworbene Fahrzeug ist mangelhaft, da es nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).
Zwar ist jedem verständigen Käufer eines Kraftfahrzeugs bewusst, dass vom Hersteller oder Verkäufer angegebene Schadstoffausstoßwerte solche sind, die auf Tests beruhen, nicht aber jede denkbare Fahr- und Nutzungsweise abbilden. Dass im Einzelnen also ein Fahrzeug im vom Käufer durchgeführten Betrieb einen höheren Schadstoffausstoß hat, führt noch nicht dazu, dass ein Mangel zu bejahen ist. Allerdings ist das Vorhandensein einer Software, die dafür sorgt, dass zwar im Prüfmodus die relevanten Grenzwerte eingehalten werden, die im Normalbetrieb aber in einen anderen Modus schaltet, in dem weniger Schadstoffe innerhalb des Motors gehalten werden, ein Mangel. Denn unabhängig von vom Käufer beeinflussbaren Faktoren (persönliches Fahrverhalten) findet dann immer ein höherer Schadstoffausstoß statt als angegeben. Das Vorhandensein einer solchen Software ist weder bei Sachen der gleichen Art üblich, noch musste es vom Käufer nach der Art der Sache erwartet werden.
2. Der Kläger hat der. Beklagten zu 1 jedenfalls hilfsweise zum sofortigen Rücktrittsbegehren aus dem Schreiben vom 30.11.2015 eine Frist zur Nachbesserung gesetzt. Auch wenn diese den Umständen nach zu kurz bemessen gewesen sein dürfte, hindert dies jedenfalls inzwischen einen Rücktritt nicht mehr. Es ist nämlich nunmehr klar, dass für das streitgegenständliche Fahrzeug das von der Beklagten zu 2 entwickelte Softwareupdate erst mit Bescheid vom 03.11.2016, also elf Monate nach der Mangelanzeige des Klägers, durch das Kraftfahrt-Bundesamt freigegeben wurde. Dies ist auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Beklagte zu 1 bei der Nachbesserung in technischer Hinsicht auf die Beklagte zu 2 angewiesen war, ein nicht mehr zumutbarer Zeitraum für den Kläger.
Zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Klägers war noch überhaupt nicht absehbar, wann eine Nachbesserung würde erfolgen können. Die außergerichtliche Mitteilung der Beklagten zu 1 noch vom 16.03.2016 enthält hierzu auch keine weiterführenden Anhaltspunkte. Im Gegenteil ist insbesondere die Angabe, dass der aktuelle Zeitplan vorsehe, dass die ersten Fahrzeuge ab Januar 2016 auf den erforderlichen technischen Stand gebracht würden, geeignet, erhebliche Zweifel daran, dass zu diesem Zeitpunkt überhaupt Fortschritte bei den Nachbesserungsplänen zu verzeichnen waren, hervorzurufen. Denn ersichtlich war ursprünglich vorgesehen, dass ab Januar 2016 mit den Nachbesserungen an konkreten Fahrzeugen begonnen wird. Warum dann am 16.03.2016 sich noch genau diese Formulierung findet und nicht etwa mitgeteilt wird, dass bereits seit Januar Fahrzeuge tatsächlich überarbeitet werden, vermag das Gericht nur dahin gehend zu verstehen, dass auch im März 2016 noch kein Fahrzeug tatsächlich nachgebessert war.
Auf die Frage, ob dem Kläger das Hinnehmen eines Nachbesserungsversuchs eventuell auch deshalb unzumutbar war, weil eine nachhaltige Störung des Vertrauensverhältnisses eingetreten sein könnte, oder ob die von der Beklagten zu 2 entwickelte Softwarelösung eventuell gar nicht geeignet ist, den Mangel folgenlos zu beseitigen, kommt es deshalb nicht an.
3. Die Pflichtverletzung der Beklagten zu 1 ist auch nicht unerheblich (§ 323 V 2 BGB). Es kann dahinstehen, ob die Kosten für das Aufspielen des entwickelten Softwareupdates unter 100 € betragen, da die Erheblichkeit einer Pflichtverletzung nicht nur danach zu beurteilen ist, wie hoch die Kosten für eine Beseitigung sind, sondern auch anhand einer umfassenden Interessenabwägung. Zu fragen ist hierbei danach, ob ein durchschnittlicher Käufer in Kenntnis des Mangels jedenfalls in Erwägung gezogen hätte, diesen hinzunehmen, zum Beispiel gegen einen niedrigeren Kaufpreis, oder vom Kauf Abstand genommen hätte (s. auch OLG Brandenburg, Urt. v. 21.02.2007 – 4 U 121/06, NJW-RR 2007, 928).
Das Gericht ist der Überzeugung, dass die Behauptung des Klägers, er hätte in Kenntnis des „Abgasskandals“ und insbesondere der Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs dieses nicht erworben, in Anbetracht der Unsicherheiten, denen die Käufer dieser Fahrzeuge ausgesetzt sind, zutreffend ist. Bei einer Abwägung aller Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass zwar die Beklagte zu 1 ebenfalls wohl erst ab September 2015 vom „Abgasskandal“ Kenntnis erlangte, also selbst nicht etwa den Kläger arglistig täuschte, dass aber trotzdem das arglistige Verhalten der Beklagten zu 2 nicht gänzlich unbeachtet bleiben darf. Schließlich beruft sich die Beklagte zu 1 stets darauf, sie habe eine Nachbesserung nicht früher anbieten können, weil sie umfassend auf das Zurverfügungstellen der neuen Software durch die Beklagte zu 2 angewiesen gewesen sei. Dann mag sie sich auch bezüglich der nun durch die Verpflichtung zur Rückabwicklung des betroffenen Kaufvertrags eingetretenen Nachteile für sie als Händlerin an die Beklagte zu 2 halten.
4. Die von den Parteien empfangenen Leistungen sind danach wegen des Rücktritts des Klägers zurückzugewähren (§ 346 I BGB). Der Kläger hat danach das streitgegenständliche Fahrzeug herauszugeben und zu übereignen; die Beklagte zu 1 hat Zug um Zug den Kaufpreis zu erstatten. Da zusätzlich § 346 I BGB vorsieht, dass die gezogenen Nutzungen herauszugeben sind, der Kläger aber die erlangte Fahrleistung des Pkw ihrer Natur nach nicht herausgeben kann, hat er hierfür Wertersatz gemäß § 346 II 1 Nr. 1 BGB zu leisten.
Das Gericht ist aufgrund des vom Kläger eingereichten Fotos der Überzeugung, dass der Kläger mit dem Pkw insgesamt 89.853 km gefahren ist (Tachostand von 93.448 km abzüglich Kilometerstand bei Übergabe lt. Kaufvertrag von 3.595 km). Weiter geht das Gericht bei dem als robust bekannten Fahrzeugtyp von einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 300.000 km, also von einer Restlaufleistung bei Kauf von 296.405 km aus. Nach der gängigen Formel
$${\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{voraussichtliche Restlaufleistung}}}$$
ergibt sich ein zu ersetzender Nutzungsersatz von 5.797,84 €. Der Kläger hat deshalb einen Anspruch auf Zahlung von nur 12.592,16 €.
5. Zinsen schuldet die Beklagte zu 1 aus dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß §§ 286 II Nr. 3, 288 I BGB.
II. Auf die Frage, ob der Kläger den Kaufvertrag auch wirksam anfechten konnte, kommt es – da dann nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung dasselbe Ergebnis stünde – nicht an.
III. Die Beklagte zu 2 haftet dem Kläger auf Schadensersatz aus Deliktsrecht.
1. Die Beklagte zu 2 hat gegenüber dem Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise gehandelt. Wer bewusst täuscht, um einen anderen zum Vertragsschluss zu bringen, handelt in der Regel sittenwidrig, so bei unwahren Angaben über vertragswesentliche Umstände (Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl. [2017], § 826 Rn. 20). Vorliegend haben die Mitarbeiter der Beklagten zu 2 eine Software konstruiert, [die] erkennt, wann das Fahrzeug im Testlauf läuft, was zur Folge hat, dass dann in einen Modus geschaltet wird, bei dem mehr Schadstoffe dem Motor zurückgeführt (und damit nicht ausgestoßen) werden als in dem Modus, der im tatsächlichen Betrieb zur Anwendung kommt. Dadurch wurde dem Kläger etwas vorgespiegelt, was für seine Kaufentscheidung wesentlich war, nämlich ein Stickstoffausstoß, der der Euro-5-Norm auch tatsächlich entspricht. Obwohl den Mitarbeitern der Beklagten zu 2) auch bewusst war, dass dieser Umstand von zentraler Bedeutung für jeden verständigen Autokäufer beim Autokauf ist, wurde die entsprechende Software bewusst verwendet. Dieses betrügerische Verhalten gegenüber dem Kunden ist sittenwidrig.
2. Die Beklagte zu 2 hat durch Personen gehandelt, für deren unerlaubte Handlung die Beklagte zu 2 gemäß § 31 BGB einzustehen hat. Zwar trifft hierfür grundsätzlich den Kläger die Darlegungs- und Beweislast. Allerdings ist es hier der Beklagten zu 2 ausnahmsweise zuzumuten, nähere Angaben über die zu ihrem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zu ermöglichen, weil sie im Gegensatz zu dem außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs stehenden Kläger die wesentlichen Tatsachen kennt („sekundäre Darlegungslast“, vgl. Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. [2016], vor § 284 Rn. 34). Der Vorstand der Beklagten zu 2 weiß oder kann sich das Wissen verschaffen, wer die Entscheidung getroffen hat, die Software zu entwickeln und einzusetzen, die einen tatsächlich nicht vorhandenen niedrigen Schadstoffausstoß im normalen Betrieb des Fahrzeugs vorspiegelte.
Der Kläger behauptet, Verantwortliche der Beklagten zu 2 hätten die hiesige Software entwickeln lassen und eingesetzt. Dies ist auch absolut lebensnah. Wer die Zustimmung zur Konzipierung und zum Einsatz einer Software in Millionen von Neufahrzeugen erteilt, die einen geringeren als den tatsächlichen Schadstoffausstoß vorspiegelt, muss üblicherweise auch eine wichtige Funktion in einem Unternehmen innehaben, da eine so wesentliche unternehmerische Entscheidung regelmäßig nicht von untergeordneten Mitarbeitern ohne Einbeziehung von Entscheidungsträgern getroffen wird. Außerdem ist nicht einsichtig, warum der Konzern der Beklagten zu 2 in den Vereinigten Staaten von Amerika umfassende Schuldanerkenntnisse im Rahmen von Vergleichsvereinbarungen, mit denen Milliardensummen an Strafen und zivilrechtlichen Bußgeldern gezahlt werden, abgegeben hat, wenn tatsächlich auf Vorstandsebene niemand von dem Softwareeinsatz gewusst hätte. Jedenfalls hiernach hätte die Beklagte zu 2 konkret darlegen müssen, von wem die Entscheidungen zum Softwareeinsatz gefallen sind und warum dies ohne Involvierung der Vorstandsebene möglich gewesen sein soll.
3. Hätte der Kläger gewusst, dass das Fahrzeug die Euro-5-Norm nur im Prüfmodus einhält, der während des normalen Gebrauchs nie eingeschaltet ist, hätte er das Fahrzeug nicht erworben. Der Kläger hat beruhend auf diesem Irrtum eine Vermögensverfügung vorgenommen, nämlich den Kaufpreis an die Beklagte zu 1 gezahlt. Dem Kläger ist hierdurch auch ein Schaden entstanden. Wird ein Käufer durch irreführende Angaben zum Erwerb einer Sache veranlasst, die sich grundlegend von der angepriesenen unterscheidet, ist ein Schaden auch dann zu bejahen, wenn der Wert der Sache dem gezahlten Kaufpreis entspricht (BGH, Urt. v. 19.12.1997 – V ZR 112/96, NJW 1998, 898). Es kommt daher nicht darauf an, ob der Kläger das Fahrzeug zur allgemeinen Nutzung im Straßenverkehr verwenden kann und verwendet hat. Denn Schadensersatz ist auch dann geschuldet, wenn der Kaufpreis zwar dem Verkehrswert der Sache entspricht, diese aber infolge des Mangels für die Zwecke des Käufers ungeeignet ist (BGH, Urt. v. 19.12.1997– V ZR 112/96, NJW 1998, 898). Vorliegend wollte der Kläger kein Fahrzeug erwerben, das eine Software enthält, die einen den Grenzwerten der Euro-5-Norm entsprechenden Schadstoffausstoß nur im Prüfmodus einhält, während unabhängig von der konkreten Nutzung und dem persönlichen Fahrverhalten im normalen Straßenbetrieb dieser Modus abgeschaltet wird. Damit war das Fahrzeug für die Zwecke des Klägers ungeeignet.
4. Die Beklagte zu 2 hat den Kläger für den Ersatz seiner Schäden so zu stellen, als ob der aufgrund der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung erfolgte Kauf des Fahrzeugs mit Kaufpreiszahlung und Übergabe unterblieben sei (§ 249 I BGB). Das bedeutet wiederum Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs gegen Erstattung des Kaufpreises abzüglich gezogener Nutzungen.
IV. Zudem hat die Beklagte zu 2 gemäß §§ 849, 246 BGB vier Prozent Zinsen an den Kläger zu zahlen, und zwar für die Zeit vom 13.02.2012 (Zahlung des Kaufpreises an die Beklagte zu 1 und damit Eintritt des Schadens) bis zum Eintritt der Verpflichtung zur Verzugsverzinsung. Zu verzinsen ist allerdings nur der letztlich als Schadensersatz zu leistende Betrag, also nicht der volle Kaufpreis, sondern der Kaufpreis unter Abzug der Nutzungsentschädigung. Hieraus folgt die teilweise Unbegründetheit des Klageantrags zu 2.
V. Die Beklagte zu 1 befindet sich auch jedenfalls durch Ablehnung des Rücktrittsbegehrens durch das außergerichtliche Schreiben vom 16.03.2013 in Annahmeverzug, die Beklagte zu 2 jedenfalls seit Anzeige der Verteidigungsbereitschaft und Ankündigung des Klageabweisungsantrages.
VI. Die Beklagte zu 1 schuldet dem Kläger Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren aus § 280 I BGB. Es war nach Bekanntwerden des Abgasskandals dem Kläger … nicht zuzumuten, sich zunächst ohne anwaltliche Hilfe mit der Beklagten zu 1 rechtlich auseinanderzusetzen. Geschuldet ist allerdings nur, was zur angemessenen Rechtsverfolgung erforderlich war. Es ist deshalb auszugehen von einem Gegenstandswert von nur 12.592,16 €. Es ist auch nicht erkennbar, dass die außergerichtliche Tätigkeit überdurchschnittlich war, insbesondere kann dies anhand des Schreibens vom 30.11.2015 nicht erkannt werden.
Freizustellen ist der Kläger danach von außergerichtlichen Kosten in Höhe einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr in Höhe von 683,80 € zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von 20 € und Umsatzsteuer, insgesamt also 837,52 €. Insoweit beantragt der Kläger ausdrücklich keine gesamtschuldnerische Verurteilung, obwohl die außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren auch zu dem von der Beklagten zu 2 dem Grunde nach gesamtschuldnerisch zu ersetzenden Schaden gehören dürften.
Einen eigenen Ersatzanspruch gegen die Beklagte zu 2 hat der Kläger dagegen nicht, da bereits keine außergerichtliche Tätigkeit bezüglich der Beklagten zu 2 dargelegt ist. …