1. Ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ner Neu­wa­gen, des­sen Stick­oxid­aus­stoß soft­ware­ge­steu­ert nur re­du­ziert wird, so­bald das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert, ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB man­gel­haft. Denn der Durch­schnitts­käu­fer ei­nes Neu­wa­gens darf er­war­ten, dass die Pro­zes­se, die für ei­ne Ver­rin­ge­rung von Schad­stoff­emis­sio­nen sor­gen, nicht nur in ei­ner Test­si­tua­ti­on, son­dern auch beim re­gu­lä­ren Be­trieb des Fahr­zeugs im Stra­ßen­ver­kehr ak­tiv sind.
  2. Ei­ne Nach­bes­se­rung (§ 439 I Fall 1 BGB) ist dem Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Neu­wa­gens i. S. des § 440 Satz 1 Fall 3 BGB un­zu­mut­bar, wenn un­ge­wiss ist, ob und ge­ge­be­nen­falls wann der sei­nem Fahr­zeug an­haf­ten­de Man­gel be­sei­tigt wer­den kann, oh­ne dass sich et­wa der Kraft­stoff­ver­brauch des Fahr­zeugs er­höht und oh­ne dass ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert ver­bleibt.
  3. Die Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs (§ 439 I Fall 2 BGB) ist dem Ver­käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen – man­gel­haf­ten – VW Pas­sat der sechs­ten Ge­ne­ra­ti­on („B6“) nicht un­mög­lich i. S. des § 275 I BGB, wenn er den Nach­er­fül­lungs­an­spruch des Käu­fers durch die Lie­fe­rung ei­nes – man­gel­frei­en – VW Pas­sat der sieb­ten Ge­ne­ra­ti­on („B7“) er­fül­len kann und er­fül­len darf. Ob das der Fall ist, ist nach dem durch Aus­le­gung zu er­mit­teln­den Wil­len der Ver­trags­par­tei­en bei Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges zu be­ur­tei­len (§§ 133, 157 BGB). Da­bei ist zu be­rück­sich­ti­gen, ob der Kauf­ver­trag ei­nen Än­de­rungs­vor­be­halt i. S. des § 308 Nr. 4 BGB ent­hält und dass ein VW Pas­sat B7 le­dig­lich ein „ak­tua­li­sier­ter“ VW Pas­sat B6 und kein gänz­lich an­de­res Fahr­zeug ist.
  4. Der Ver­käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs kann ge­mäß § 439 III BGB be­rech­tigt sein, die Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs (§ 439 I Fall 2 BGB) als die vom Käu­fer ge­wähl­te Art der Nach­er­fül­lung zu ver­wei­gern, wenn der Käu­fer das nach §§ 439 IV, 346 ff. BGB zu­rück­zu­ge­ben­de – man­gel­haf­te – Fahr­zeug in­ten­siv ge­nutzt hat und er dem Ver­käu­fer als Ver­brau­cher kei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung schul­det (§ 474 I, II, V 1 BGB). Von ei­ner in die­sem Sin­ne in­ten­si­ven Nut­zung ist aus­zu­ge­hen, wenn der Käu­fer mit dem man­gel­haf­ten – rund sechs Jah­re al­ten – Fahr­zeug be­reits cir­ca 140.000 km zu­rück­ge­legt hat und folg­lich et­wa die Hälf­te der zu er­war­ten­den Ge­samt­lauf­leis­tung des Fahr­zeugs von 250.000 km er­reicht ist. In ei­nem sol­chen Fall kann sich der Käu­fer sei­nen An­spruch auf Er­satz­lie­fe­rung aber da­durch er­hal­ten, dass er sich zur Zah­lung ei­ner – an sich nicht ge­schul­de­ten – Nut­zungs­ent­schä­di­gung be­reit er­klärt.

LG Arns­berg, Ur­teil vom 24.03.2017 – 2 O 375/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­stell­te bei der Be­klag­ten, ei­ner frei­en Kfz-Händ­le­rin, am 08.06.2010 ei­nen VW Pas­sat Va­ri­ant 2.0 TDI BMT zum Preis von 33.500 €. Der Be­stel­lung la­gen die Neu­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen der Be­klag­ten zu­grun­de, die in Ab­schnitt IV fol­gen­de Re­ge­lung ent­hal­ten:

„6. Kon­struk­ti­ons- oder Form­än­de­run­gen, Ab­wei­chun­gen im Farb­ton so­wie Än­de­run­gen des Lie­fer­um­fangs sei­tens des Her­stel­lers blei­ben wäh­rend der Lie­fer­zeit vor­be­hal­ten, so­fern die Än­de­run­gen oder Ab­wei­chun­gen un­ter Be­rück­sich­ti­gung der In­ter­es­sen des Ver­käu­fers für den Käu­fer zu­mut­bar sind. So­fern der Ver­käu­fer oder der Her­stel­ler zur Be­zeich­nung der Be­stel­lung oder des be­stell­ten Kauf­ge­gen­stan­des Zei­chen oder Num­mern ge­braucht, kön­nen al­lein dar­aus kei­ne Rech­te ab­ge­lei­tet wer­den.“

Das be­stell­te Fahr­zeug wur­de am 23.07.2010 erst­zu­ge­las­sen und dem Klä­ger über­ge­ben; es wird seit­dem von dem Klä­ger ge­nutzt.

Im No­vem­ber 2010 stell­te die Volks­wa­gen AG die Pro­duk­ti­on des VW Pas­sat Va­ri­ant der sechs­ten Ge­ne­ra­ti­on (in­tern als „B6“ be­zeich­net) ein und be­gann mit der Pro­duk­ti­on des Nach­fol­ge­mo­dells, das in­tern als „B7“ be­zeich­net wird. Die­ses Nach­fol­ge­mo­dell un­ter­schei­det sich von dem Mo­dell B6 da­hin ge­hend, dass es als ei­nes der ers­ten Fahr­zeug­mo­del­le auf dem neu­en mo­du­la­ren Quer­bau­kas­ten des VW-Kon­zerns ba­siert. Es un­ter­schei­det sich da­her hin­sicht­lich Bau­rei­he, Typ, Ka­ros­se­rie und Mo­tor von dem Vor­gän­ger­mo­dell. Da­zu ist das Nach­fol­ge­mo­dell mit der Eu­ro-6-Typ­ge­neh­mi­gung aus­ge­stat­tet.

Aus den Me­di­en er­fuhr der Klä­ger, dass sei­tens des VW-Kon­zerns be­stimm­te Die­sel-Fahr­zeu­ge – un­ter an­de­rem auch das Fahr­zeug des Klä­gers – mit ei­ner Soft­ware aus­ge­stat­tet wur­den, die er­kennt, ob das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert, und in die­sem Fall ei­nen spe­zi­el­len Be­triebs­mo­dus ak­ti­viert. In die­sem Mo­dus ist der Aus­stoß von Stick­oxid (NOX) ge­rin­ger als in dem Mo­dus, in dem das Fahr­zeug nor­ma­ler­wei­se, ins­be­son­de­re im re­gu­lä­ren Stra­ßen­ver­kehr, be­trie­ben wird. Nur durch den Ein­satz der Soft­ware wur­de er­reicht, dass die be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge – auf dem Prüf­stand – die ein­schlä­gi­gen Emis­si­ons­grenz­wer­te für die Typ­zu­las­sung ein­hal­ten.

Mit Schrei­ben vom 21.01.2016 for­der­te der Klä­ger die Be­klag­te ge­stützt auf §§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB auf, ihm bis zum 03.03.2016 er­satz­wei­se ei­nen man­gel­frei­en Neu­wa­gen zu lie­fern. Die Be­klag­te lehn­te ei­nen „Aus­tausch“ des Fahr­zeugs mit Schrei­ben vom 25.01.2016 ab. Gleich­zei­tig in­for­mier­te sie den Klä­ger über die für sein Fahr­zeug ge­plan­ten Maß­nah­men, kün­dig­te wei­te­re In­for­ma­tio­nen an und ver­zich­te­te bis zum 31.12.2017 auf die Er­he­bung der Ein­re­de der Ver­jäh­rung.

Am 03.06.2016 gab das Kraft­fahrt-Bun­des­amt das hier in­ter­es­sie­ren­de Fahr­zeug­mo­dell zur tech­ni­schen Über­ar­bei­tung frei.

Der Klä­ger hält sein Fahr­zeug für man­gel­haft und be­haup­tet, er ha­be beim Ver­kaufs­ge­spräch ge­sagt, dass es ihm ins­be­son­de­re auf ei­nen nied­ri­gen Stick­oxid­aus­stoß an­kom­me. Er sei auf der Su­che nach ei­nem um­welt­freund­li­chen und wert­sta­bi­len Fahr­zeug ge­we­sen und ha­be sich ge­ra­de des­halb für ein Fahr­zeug mit „Blu­e­Mo­ti­on Tech­no­lo­gy“ ent­schie­den. Die ver­lang­te Er­satz­lie­fe­rung ei­nes ak­tu­el­len VW Pas­sat Va­ri­ant – so meint der Klä­ger – sei trotz der zwi­schen­zeit­lich er­folg­ten „Mo­dell­pfle­ge“ we­der un­mög­lich, noch sei sie für die Be­klag­te mit un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten ver­bun­den.

Die Kla­ge hat­te im We­sent­li­chen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. … 1. Dem Klä­ger steht der gel­tend ge­mach­te Haupt­an­spruch in vol­ler Hö­he zu. Er hat ei­nen An­spruch auf Neu­lie­fe­rung ei­nes fa­brik­neu­en VW Pas­sat Va­ri­ant … mit iden­ti­scher tech­ni­scher Aus­stat­tung wie das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ge­mäß §§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB.

a) Die Par­tei­en ha­ben am 08.06.2010 ei­nen Kauf­ver­trag über das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug, ei­nen VW Pas­sat Va­ri­ant, für ei­nen Kauf­preis von 33.500 € ge­schlos­sen. Der Klä­ger hat den Kauf­preis ge­zahlt.

b) Das er­fül­lungs­hal­ber am 23.07.2010 ge­lie­fer­te streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug war bei Ge­fahr­über­gang sach­man­gel­haft i. S. des § 434 I BGB. Je­den­falls weist es nicht die Be­schaf­fen­heit aus, die bei Sa­chen glei­cher Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che ge­mäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­war­ten kann (vgl. u. a. OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2016 – I-28 W 14/16, ju­ris Rn. 28; OLG Cel­le, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, ju­ris Rn. 6).

Wel­che Be­schaf­fen­heit des Kauf­ge­gen­stan­des ein Käu­fer an­hand der Art der Sa­che i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­war­ten kann, be­stimmt sich nach dem Emp­fän­ger­ho­ri­zont ei­nes Durch­schnitts­käu­fers und da­mit nach der ob­jek­tiv be­rech­tig­ten Käu­fe­rer­war­tung (vgl. BGH, Urt. v. 20.05.2009 – VI­II ZR 191/07, ju­ris Rn. 14).

Ein Fahr­zeug, wel­ches mit ei­ner Soft­ware aus­ge­stat­tet ist, die letzt­end­lich zur Ver­bes­se­rung der Stick­oxid­wer­te nur im Roll­prüf­stand führt, ent­spricht nicht den Er­war­tun­gen, die be­rech­tig­ter­wei­se an Fahr­zeu­ge glei­chen Stan­dards ge­stellt wer­den dür­fen. Die ein­ge­bau­te Soft­ware er­kennt, wann sich das Fahr­zeug im Test­zy­klus be­fin­det, und ak­ti­viert wäh­rend der Test­pha­se ei­nen Ab­gas­rück­füh­rungs­pro­zess, der zu ei­nem ge­rin­ge­ren Stick­oxid­aus­stoß führt. Ein Durch­schnitts­käu­fer darf er­war­ten, dass die in der Test­pha­se lau­fen­den stick­oxid­ver­rin­gern­den Pro­zes­se auch im rea­len Fahr­be­trieb ak­tiv blei­ben und nicht durch den Ein­satz ei­ner Soft­ware de­ak­ti­viert bzw. nur im Test­zy­klus ak­ti­viert wer­den. An­dern­falls wä­re die Über­prü­fung und An­ga­be von Stick­oxid­wer­ten – wenn auch nur un­ter La­bor­be­din­gun­gen – Ma­ku­la­tur.

c) Ent­spre­chend konn­te der Klä­ger im Rah­men der Nach­er­fül­lung (§ 439 I BGB) zwi­schen Nach­bes­se­rung und Neu­lie­fe­rung wäh­len. Hier­bei ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass der Käu­fer grund­sätz­lich die freie Wahl zwi­schen bei­den Ar­ten der Nach­er­fül­lung hat. Der Klä­ger hat sich hier für die Neu­lie­fe­rung ge­mäß § 439 I Fall 2 BGB ent­schie­den.

Hier­ge­gen kann die Be­klag­te sich nicht auf § 439 III BGB be­ru­fen. Die Nach­bes­se­rung war für den Klä­ger im maß­geb­li­chen Zeit­punkt, dem Zeit­punkt des Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gens, je­den­falls un­zu­mut­bar … (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB).

Zwar ist zu­guns­ten der be­klag­ten Par­tei zu be­rück­sich­ti­gen, dass sie bei Ver­trags­schluss kei­ne Kennt­nis von der Ab­gas­pro­ble­ma­tik hat­te und sich das ent­spre­chen­de Wis­sen der Volks­wa­gen AG auch nicht zu­rech­nen las­sen muss. Die be­klag­te Par­tei und die Volks­wa­gen AG sind recht­lich selbst­stän­dig. Auch wird die Män­gel­be­sei­ti­gung mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt von ei­ner staat­li­chen und da­mit ver­trau­ens­wür­di­gen Stel­le über­wacht. Al­ler­dings hat­te auch die kla­gen­de Par­tei kei­ne Kennt­nis von der Ab­gas­pro­ble­ma­tik. Aus der ge­mäß § 440 Satz 1 BGB al­lein maß­geb­li­chen Käu­fer­per­spek­ti­ve („wenn die dem Käu­fer zu­ste­hen­de Art der Nach­er­fül­lung […] ihm un­zu­mut­bar ist“) war es für die kla­gen­de Par­tei zum Rück­tritts­zeit­punkt un­zu­mut­bar, sich auf ei­ne Nach­bes­se­rung mit un­ge­wis­ser Dau­er ein­zu­las­sen.

Im Ein­zel­nen:

aa) Ei­ne Nach­bes­se­rung hat grund­sätz­lich in­ner­halb ei­ner „an­ge­mes­se­nen Frist“ zu er­fol­gen. Die­se zeit­li­che Gren­ze ist auf die hier maß­geb­li­che Pro­ble­ma­tik aber nicht zu­ge­schnit­ten. Die An­ge­mes­sen­heit ei­ner Frist ist nach ob­jek­ti­ven Kri­te­ri­en zu be­ur­tei­len (BGH, Urt. v. 21.06.1985 – V ZR 134/84). Maß­geb­lich ist, dass dem Ver­käu­fer ei­ne zeit­li­che Gren­ze ge­setzt wird, die auf­grund der je­wei­li­gen Um­stän­de des Ein­zel­falls be­stimm­bar ist und ihm vor Au­gen führt, dass er die Nach­bes­se­rung nicht zu ei­nem be­lie­bi­gen Zeit­punkt be­wir­ken darf (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2016 – VI­II ZR 49/15 Rn. 27). Ab­wei­chend da­von war hier zum Rück­tritts­zeit­punkt auch nicht für das Ge­richt be­stimm­bar, wie viel Zeit die Nach­bes­se­rung in An­spruch neh­men wird. Die Nach­bes­se­rung ist an ein be­hörd­li­ches Ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren ge­bun­den. Die Dau­er und auch der Aus­gang die­ses Ver­fah­rens stan­den nicht fest. So heißt es auch in dem Schrei­ben der Be­klag­ten vom 25.01.2016 an den Klä­ger le­dig­lich un­ver­bind­lich und va­ge:

„Der ak­tu­el­le Zeit­plan sieht vor, dass die ers­ten Fahr­zeu­ge ab Ja­nu­ar 2016 auf den er­for­der­li­chen tech­ni­schen Stand ge­bracht wer­den. […] Bis zur kon­kre­ten Durch­füh­rung der Maß­nah­men möch­ten wir […] um Ge­duld und […] Ver­ständ­nis da­für bit­ten, dass wir al­le not­wen­di­gen Schrit­te mit dem ge­bo­te­nen Tem­po, aber auch mit der Sorg­falt an­ge­hen, die Sie jetzt von uns er­war­ten dür­fen.“

Ein Fris­ten­lauf ist un­ter die­sen Vor­aus­set­zun­gen Ma­ku­la­tur: We­der kann die Nach­bes­se­rung zeit­lich be­schleu­nigt wer­den, noch kann der Käu­fer ab­se­hen, wie lan­ge er sich ge­dul­den muss. Dies kann nicht zu­las­ten des Käu­fers ge­hen.

bb) Ein Nach­bes­se­rungs­recht, das ex an­te zeit­lich nicht be­grenzt wer­den kann, ist sys­tem­fremd und wi­der­spricht eu­ro­pa­recht­li­chen Wer­tungs­vor­ga­ben.

Aus­weis­lich des Er­wä­gungs­grun­des 52 der Ver­brau­cher­rech­te-Richt­li­nie (Richt­li­nie 2011/83/EU) hat der Un­ter­neh­mer vor­be­halt­lich ab­wei­chen­der Ver­ein­ba­run­gen die Wa­re so bald wie mög­lich und in je­dem Fall spä­tes­tens bin­nen 30 Ta­gen nach Ab­schluss des Ver­tra­ges zu lie­fern. Die­se Vor­ga­be setzt § 474 III 2 BGB um. Durch die Höchst­frist soll Rechts­si­cher­heit ge­schaf­fen wer­den

(vgl. die Re­gie­rungs­be­grün­dung, BT-Drs. 17/12637, S. 69: „Wie der Er­wä­gungs­grund 51 der Richt­li­nie zeigt, soll Art. 18 I dem Ver­brau­cher Rechts­si­cher­heit über den Zeit­punkt der Lie­fe­rung der Sa­che nach ei­nem Kauf ver­schaf­fen.“).

Die­se Wer­tungs­vor­ga­be wird un­ter­lau­fen, wenn für den Un­ter­neh­mer im Rah­men der Nach­bes­se­rung kei­ne zeit­li­chen Gren­zen gel­ten. Dies be­rück­sich­tigt letzt­lich auch § 308 Nr. 2 BGB.

Ein zeit­lich nicht be­stimm­ba­rer Fris­ten­lauf wür­de im Üb­ri­gen auch ge­gen an­er­kann­te Aus­le­gungs­vor­ga­ben zur Kon­kre­ti­sie­rung der An­ge­mes­sen­heit ei­ner Frist ver­sto­ßen. Ei­ne

„Nach­frist […] braucht nicht so lang zu sein, dass der Schuld­ner Ge­le­gen­heit hat, in­ner­halb der Frist sei­ne Leis­tung vor­zu­be­rei­ten. Viel­mehr ist vor­aus­zu­set­zen, dass die Leis­tung weit­ge­hend fer­tig­ge­stellt ist und dass der Schuld­ner le­dig­lich Ge­le­gen­heit er­hal­ten soll, sei­ne im We­sent­li­chen ab­ge­schlos­se­ne Leis­tung voll­ends zu er­brin­gen“ (BGH, Urt. v. 10.02.1982 – VI­II ZR 27/81; vgl. auch OLG Karls­ru­he, Urt. v. 24.11.2011 – 9 U 83/11).

Dar­aus folgt aber auch, dass die Nach­bes­se­rungs­frist „re­gel­mä­ßig we­sent­lich kür­zer […] als die ver­ein­bar­te Her­stel­lungs­frist“ sein kann (BGH, Urt. v. 18.01.1973 – VII ZR 183/70; vgl. auch MünchKomm-BGB/Ernst, 7. Aufl. [2016], § 323 Rn. 74).

Im Ge­gen­satz da­zu wür­de ei­ne Nach­bes­se­rung hier ge­nutzt wer­den, um das be­trof­fe­ne Fahr­zeug neu zu ent­wi­ckeln. Dies zeigt sich schon dar­an, dass die Nach­bes­se­rung ei­ner be­hörd­li­chen Ge­neh­mi­gung be­darf. Ei­ne Be­triebs­ge­neh­mi­gung ist vor dem Ver­kauf ei­nes Fahr­zeugs ein­zu­ho­len.

cc) Auch aus sons­ti­gen Wer­tungs­ge­sichts­punk­ten kann der kla­gen­den Par­tei ei­ne Nach­bes­se­rung mit un­ge­wis­ser Dau­er nicht zu­ge­mu­tet wer­den. Die Nach­bes­se­rung muss „oh­ne er­heb­li­che Un­an­nehm­lich­kei­ten für den Ver­brau­cher er­fol­gen“ (Art. 3 III der Richt­li­nie 1999/44/EG – Ver­brauchs­gü­ter­kauf-Richt­li­nie). Das ist hier nicht der Fall. Die mit ei­nem Zu­war­ten ver­bun­de­nen Ri­si­ken sind zu hoch, als dass sie dem Käu­fer auf­ge­bür­det wer­den könn­ten:

(1) Zum Er­klä­rungs­zeit­punkt war letzt­lich of­fen, ob ei­ne – für den wei­te­ren Be­trieb des Fahr­zeugs vor­aus­ge­setz­te – Nach­bes­se­rung über­haupt mög­lich sein wird. Die Ein­zel­ge­neh­mi­gung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes lag nicht vor. Zwei­fel an ei­nem Nach­bes­se­rungs­er­folg sind je­den­falls un­ter Be­rück­sich­ti­gung der öf­fent­li­chen Dis­kus­si­on nach­voll­zieh­bar. So heißt es auch in dem vor­ge­nann­ten Schrei­ben der Be­klag­ten vom 25.01.2016: „Die durch die öf­fent­li­che Dis­kus­si­on her­vor­ge­ru­fe­ne Un­si­cher­heit kön­nen wir sehr gut nach­voll­zie­hen.“

Zwei­fel an ei­nem Nach­bes­se­rungs­er­folg sind ins­be­son­de­re auch vor dem Hin­ter­grund ver­ständ­lich, dass die von der Volks­wa­gen AG dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt vor­ge­schla­ge­nen tech­ni­schen Maß­nah­men in­ner­halb kur­zer Zeit für ei­ne Viel­zahl von be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen ent­wi­ckelt wor­den sind und aus­weis­lich des vor­ge­nann­ten Schrei­bens mit kur­zer Werk­statt­zeit um­setz­bar sein sol­len. Dann aber stellt sich die Zwei­fel be­güns­ti­gen­de Fra­ge, war­um die tech­ni­schen Lö­sun­gen nicht von vorn­her­ein im­ple­men­tiert wor­den sind.

Er­schwe­rend kommt hin­zu, dass nach dem ge­setz­li­chen Grund­satz ei­ne Nach­bes­se­rung erst nach dem er­folg­lo­sen zwei­ten Ver­such als fehl­ge­schla­gen gilt (§ 440 Satz 2 BGB). Der Käu­fer müss­te al­so be­fürch­ten, dass sich wei­te­re be­hörd­li­che Ver­fah­ren mit un­ge­wis­ser Dau­er an­schlie­ßen kön­nen.

(2) Zum Er­klä­rungs­zeit­punkt war auch of­fen, ob die Nach­bes­se­rung Aus­wir­kun­gen auf Ver­brauch und Fahr­leis­tung ha­ben wird. Da­zu heißt es auch in dem vor­ge­nann­ten Schrei­ben der Be­klag­ten le­dig­lich: „Es ist un­ser Ziel, dass die Maß­nah­men kei­nen nach­hal­ti­gen Ein­fluss auf Ver­brauch und Fahr­leis­tung ha­ben wer­den.“

(3) Un­ter Be­rück­sich­ti­gung der öf­fent­li­chen Dis­kus­si­on war auch un­klar, ob sich der Markt­wert der be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge nach­tei­lig ent­wi­ckelt. Ge­ra­de der Wert ei­nes Kraft­wa­gens kann von sub­jek­ti­ven Vor­stel­lun­gen be­ein­flusst sein

(vgl. BGH, Urt. v. 04.03.1976 – VI ZR 14/75: „Mit­tel­bar aber kön­nen auch äs­the­ti­sche Ur­tei­le und selbst ir­ra­tio­na­le Vor­ur­tei­le scha­dens­recht­lich er­heb­lich wer­den, wenn sie sich we­gen ih­rer all­ge­mei­nen Ver­brei­tung zwangs­läu­fig auf den Ver­kehrs­wert der Sa­che, auf die sie sich be­zie­hen, aus­wir­ken. Das ist aber bei der all­ge­mei­nen be­son­de­ren Wert­schät­zung ei­nes fa­brik­neu­en un­fall­frei­en Kraft­wa­gens der Fall; […]“).

Auch im Zu­sam­men­hang mit der „130-%-Recht­spre­chung“, wo­nach in Ab­wei­chung von dem Wirt­schaft­lich­keits­ge­bot des § 249 II 1 BGB Er­satz des Re­pa­ra­tur­auf­wands bis zu 30  % über dem Wie­der­be­schaf­fungs­wert des Fahr­zeugs ver­langt wer­den kann (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 02.06.2015 – VI ZR 387/14), ist an­er­kannt, dass der Ver­traut­heit mit ei­nem Fahr­zeug (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.1991 – VI ZR 314/90) und dem Wis­sen um den Zu­stand des Fahr­zeugs, ins­be­son­de­re auch dem Wis­sen dar­um, „ob und wel­che Män­gel da­bei auf­ge­tre­ten und auf wel­che Wei­se sie be­ho­ben wor­den sind“, „ein wirt­schaft­li­cher Wert zu­kommt“ (BGH, Urt. v. 15.02.2005 – VI ZR 70/04). Dies be­grün­det die na­he­lie­gen­de Mög­lich­keit, dass je­den­falls vor der Frei­ga­beer­klä­rung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes ein Wert­ver­lust zu be­sor­gen ist. Zu­vor ist ge­ra­de nicht be­kannt, ob und wie der Man­gel be­ho­ben wer­den kann. Da­bei han­delt es sich auch nicht um ei­ne Ba­ga­tel­le – die Zu­las­sung ist an die Man­gel­be­sei­ti­gung ge­bun­den. Ist aber je­den­falls wäh­rend der Nach­bes­se­rungs­zeit ein Wert­ver­lust mög­lich, ist die kla­gen­de Par­tei in ih­rer Dis­po­si­ti­ons­mög­lich­keit er­heb­lich ein­ge­schränkt: Will sie kei­nen man­gel­be­ding­ten Ver­lust er­lei­den, muss sie mit ei­nem Ver­kauf des Fahr­zeugs war­ten. Dies gilt erst Recht mit Blick auf den eu­ro­päi­schen Markt. So heißt es be­zeich­nend in dem vor­ge­nann­ten Schrei­ben der Be­klag­ten vom 25.01.2016:

„Volks­wa­gen steht be­reits in Kon­takt mit zahl­rei­chen zu­stän­di­gen aus­län­di­schen Be­hör­den mit dem Ziel, dass auch die­se sich an den vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt be­stä­tig­ten Maß­nah­men ori­en­tie­ren.“

Ein Kraft­wa­gen ist aber ein zen­tra­les Ver­kehrs­gut. Ein­schrän­kun­gen in der Fun­gi­bi­li­tät mit un­be­stimm­ter Dau­er sind nicht hin­nehm­bar.

(4) Die na­he­lie­gen­de Mög­lich­keit ei­nes man­gel­be­ding­ten Wert­ver­lusts je­den­falls wäh­rend der Nach­bes­se­rungs­zeit führt im Üb­ri­gen auch da­zu, dass die kla­gen­de Par­tei das Ri­si­ko sei­ner un­fall­be­ding­ten Ver­wirk­li­chung trägt: Er­lei­det das Fahr­zeug et­wa ei­nen tech­ni­schen To­tal­scha­den und kann der Ge­schä­dig­te nur Er­satz des Wie­der­be­schaf­fungs­werts ver­lan­gen, ist der (man­gel­be­dingt ge­ge­be­nen­falls ge­min­der­te) Wert zum Zeit­punkt des schä­di­gen­den Er­eig­nis­ses maß­geb­lich.

(5) Das vor­ge­nann­te Schrei­ben der Be­klag­ten vom 25.01.2016 be­grün­det im Üb­ri­gen auch den Ver­dacht, dass ein Be­trieb des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs im Aus­land mit recht­li­chen Schwie­rig­kei­ten ver­bun­den ist.

(6) Es be­steht aber auch der Ver­dacht, dass das Fahr­zeug in­ner­halb von Deutsch­land nicht recht­lich ge­si­chert be­trie­ben wer­den kann bzw. kein Haft­pflicht­ver­si­che­rungs­schutz be­steht. Ent­spre­chen­de recht­li­che Er­wä­gun­gen sind je­den­falls nicht un­ver­tret­bar. So heißt es et­wa in dem Ur­teil des LG Mün­chen II vom 15.11.2016 – 12 O 1482/16:

„Zu be­rück­sich­ti­gen ist auch, dass die Be­triebs­er­laub­nis für den Pkw kraft Ge­set­zes ge­mäß § 19 II 2 Nr. 3 StV­ZO er­lo­schen ist. Dass die Be­hör­den an die­sen Um­stand mo­men­tan für Hun­dert­tau­sen­de Kraft­fahr­zeug­füh­rer kei­ne Fol­gen knüp­fen, ist für sich ge­nom­men für § 19 II 2 Nr. 3 StV­ZO un­er­heb­lich, da die Rechts­fol­ge kraft Ge­set­zes ein­tritt – un­ab­hän­gig von be­hörd­li­chen Maß­nah­men.“

Die­ses recht­li­che Ri­si­ko kann nicht dem Käu­fer auf­ge­bür­det wer­den, zu­mal aus­län­di­sche Be­hör­den von der hie­si­gen Ver­wal­tungs­pra­xis ab­wei­chen kön­nen.

d) Der Neu­lie­fe­rung steht auch nicht § 275 I BGB ent­ge­gen; sie ist mög­lich. So­weit die Be­klag­te ein­wen­det, die Fahr­zeu­ge der­sel­ben Se­rie sei­en al­le mit der mo­nier­ten Soft­ware aus­ge­stat­tet und wür­den nicht mehr her­ge­stellt und Fahr­zeu­ge der ak­tu­el­len Se­rie sei­en ein ali­ud, dringt sie nicht durch.

Es ist un­er­heb­lich, dass die Fahr­zeu­ge der­sel­ben Se­rie al­le mit der mo­nier­ten Soft­ware aus­ge­stat­tet sind, da die Be­klag­te das Nach­lie­fe­rungs­ver­lan­gen mit der Lie­fe­rung ei­nes Fahr­zeugs aus der ak­tu­el­len Se­rie er­fül­len kann. Es han­delt sich hier­bei nicht um ein ali­ud, auch wenn die Fahr­zeu­ge der ak­tu­el­len Se­rie auf dem neu­en mo­du­la­ren Quer­bau­kas­ten ba­sie­ren und sich von der Vor­gän­ger­ge­ne­ra­ti­on hin­sicht­lich Bau­rei­he, Typ, Ka­ros­se­rie und Mo­tor un­ter­schie­den und mit der Eu­ro-6-Typ­ge­neh­mi­gung aus­ge­stat­tet sind.

We­gen Ab­schnitt IV Nr. 6 der Neu­wa­gen­ver­kaufs­be­din­gun­gen sind auch Fahr­zeu­ge mit sol­chen Än­de­run­gen noch von der ver­trag­lich ge­schul­de­ten Gat­tungs­schuld um­fasst.

So­weit Be­den­ken ge­gen die Klau­sel be­ste­hen könn­ten, da die­se den An­lass für die vor­be­hal­te­nen Än­de­run­gen nicht nennt (vgl. KG, Urt. v. 27.10.2011 – 23 U 15/11 m. w. Nachw.), kann dies hier da­hin­ste­hen. Die Be­klag­te könn­te sich als Ver­wen­de­rin der All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen ge­mäß § 242 BGB oh­ne­hin nicht auf ei­ne Un­wirk­sam­keit be­ru­fen (BGH, Urt. v. 25.02.2016 – VII ZR 49/15 Rn. 51 ff.).

Die Klau­sel be­zieht sich ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten auch auf die Leis­tung im Rah­men der Nach­er­fül­lung. Nach ih­rem Wort­laut sind von der Klau­sel Än­de­run­gen „wäh­rend der Lie­fer­zeit“ um­fasst. „Lie­fer­zeit“ be­schreibt den Zeit­raum zwi­schen der An­for­de­rung ei­ner Sa­che und ih­rem Emp­fang. Da­bei ist auch ei­ne Aus­le­gung da­hin ge­hend mög­lich, dass die Lie­fer­zeit erst en­det, wenn ei­ne ver­trags­ge­mä­ße, al­so man­gel­freie Sa­che emp­fan­gen wird. Denn erst dann ist die ur­sprüng­lich an­ge­for­der­te Sa­che auch emp­fan­gen.

Da­zu er­wei­tert die Klau­sel den Gat­tungs­be­griff. Ob ei­ne Er­satz­lie­fe­rung durch ein Fahr­zeug aus ei­ner an­de­ren Se­ri­en­pro­duk­ti­on in Be­tracht kommt, ist nach dem durch Aus­le­gung zu er­mit­teln­den Wil­len der Ver­trags­par­tei­en zu be­ur­tei­len (§§ 133, 157 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05 Rn. 23). Ei­ne Er­satz­lie­fe­rung durch ein „ak­tua­li­sier­tes“ Fahr­zeug ist mög­lich, wenn ein sol­ches „ak­tua­li­sier­tes“ Fahr­zeug von der Vor­stel­lung des Käu­fers bei sei­ner Kauf­ent­schei­dung um­fasst war. Ob der Käu­fer in dem je­weils kon­kre­ten Fall auf ein Fahr­zeug aus ei­ner be­stimm­ten Se­ri­en­pro­duk­ti­on Wert ge­legt hat oder ob es ihm nur um ei­nen be­stimm­ten Typ mit ei­ner be­stimm­ten Aus­stat­tung und be­stimm­ten Merk­ma­len ging, ist an­hand kon­kre­ter und ob­jek­ti­ver Kri­te­ri­en zu er­mit­teln. In der vor­lie­gen­den Kon­stel­la­ti­on er­gibt sich nach Wür­di­gung der Ge­samt­um­stän­de, dass der Klä­ger nur dar­auf Wert leg­te, das be­stell­te Mo­dell aus der ak­tu­el­len Se­ri­en­pro­duk­ti­on zu er­hal­ten, das von sei­ner Aus­stat­tung und sei­nen Merk­ma­len mit dem kon­kret be­stell­ten Fahr­zeug min­des­tens gleich­wer­tig ist. Ab­schnitt IV Nr. 6 der Neu­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen ge­stat­tet es dem Ver­käu­fer, den be­stell­ten Wa­gen durch ei­nen an­de­ren zu er­set­zen, so­weit dies für den Käu­fer zu­mut­bar ist.

Die hier vor­ge­nom­me­nen Än­de­run­gen sind durch Ab­schnitt IV Nr. 6 der Neu­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen ge­deckt. Die Fahr­zeu­ge der ak­tu­el­len Se­ri­en­pro­duk­ti­on sind ei­ne „ak­tua­li­sier­te“ Ver­si­on des ur­sprüng­lich be­stell­ten Fahr­zeugs, und der Aus­tausch der Fahr­zeu­ge ist für den Klä­ger zu­mut­bar. Bei den in Be­tracht kom­men­den Fahr­zeu­gen han­delt es sich um ei­ne Wei­ter­ent­wick­lung des ur­sprüng­lich be­stell­ten Fahr­zeugs, nicht um gänz­lich an­de­re Fahr­zeu­ge. Die Un­ter­schie­de durch die Kon­struk­ti­ons­än­de­run­gen hal­ten sich im Rah­men der Mo­dell­pfle­ge. Ins­be­son­de­re geht auch die Be­klag­te da­von aus, dass es sich bei den Fahr­zeu­gen der ak­tu­el­len Se­rie um Nach­fol­ge­mo­del­le des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs han­delt. Die Än­de­run­gen sind dem Klä­ger auch zu­mut­bar. Hier­bei ist zu ver­mu­ten, dass der Käu­fer ein mög­lichst ak­tu­el­les Fahr­zeug möch­te und Än­de­run­gen im Rah­men der Mo­dell­pfle­ge vor­be­halt­lich ei­ner ab­wei­chen­den Re­ge­lung im Kauf­ver­trag da­her grund­sätz­lich zu­mut­bar sind, wenn sich die Fahr­zeug­da­ten nicht ver­schlech­tern. Hier ist nicht vor­ge­tra­gen, dass sich die Fahr­zeug­da­ten ver­schlech­tert ha­ben.

e) Ein Ver­wei­ge­rungs­recht nach § 275 II BGB liegt eben­falls nicht vor. Der Auf­wand der Be­klag­ten bei der Neu­lie­fe­rung des Fahr­zeugs steht in kei­nem gro­ben Miss­ver­hält­nis zu dem In­ter­es­se des Klä­gers an der Er­fül­lung des Kauf­ver­trags.

Al­ler­dings ist hier be­acht­lich, dass der Be­klag­ten im Fal­le der Nach­lie­fe­rung ge­mäß § 474 V BGB ein An­spruch auf Nut­zungs­er­satz nicht zu­steht. Die Tat­sa­che, dass un­ter Um­stän­den die man­gel­haf­te Sa­che in­ten­siv ge­nutzt wur­de und der Ver­brau­cher für die­se Nut­zung im Fal­le der Nach­lie­fe­rung kei­nen Er­satz schul­det, kann im Rah­men des Ver­wei­ge­rungs­rech­tes des Ver­käu­fers nach § 439 III BGB Be­rück­sich­ti­gung fin­den (MünchKomm-BGB/Lo­renz, 6. Aufl., § 474 Rn. 32). Die­ser kann in die­sem Fall be­rech­tigt sein, im Hin­blick auf die Ab­nut­zung des Ge­gen­stan­des, ei­ne Nach­er­fül­lung durch Neu­lie­fe­rung zu ver­wei­gern (MünchKomm-BGB/Lo­renz, a. a. O., § 474 Rn. 32).

Nach Auf­fas­sung der Kam­mer ist die­ser Fall hier nach ei­ner Nut­zung des Pkw von cir­ca sechs Jah­ren und ei­ner Fahr­leis­tung von cir­ca 140.000 km, die mehr als die Hälf­te der in der Re­gel zu er­war­ten­den Fahr­leis­tung von 250.000 km aus­macht, ge­ge­ben. Nach Auf­fas­sung der Kam­mer kann sich der Käu­fer in die­ser be­son­de­ren Si­tua­ti­on das Recht auf Neu­lie­fe­rung aber er­hal­ten, wenn er sich sei­ner­seits zum Nut­zungs­er­satz be­reit er­klärt, den er im Fal­le des Rück­tritts zu ge­wäh­ren hät­te. Hier hat der Klä­ger sich zwar auf den Stand­punkt ge­stellt, dass er auf­grund der Re­ge­lung des § 474 V BGB nicht zum Nut­zungs­er­satz ver­pflich­tet sei. Der Klä­ger hat aber hilfs­wei­se Aus­füh­run­gen zur Hö­he des Nut­zungs­er­sat­zes ge­macht und im Ter­min die Fahr­leis­tung des Pkw an­ge­ge­ben. Die Kam­mer schließt dar­aus, dass sich der Klä­ger nicht grund­sätz­lich der Zah­lung ei­nes Nut­zungs­er­sat­zes ver­schließt und be­reit ist, ei­nen sol­chen zu ge­wäh­ren, den er an­sons­ten im Fal­le des dann er­for­der­li­chen Rück­tritts leis­ten müss­te.

Den Nut­zungs­er­satz hat die Kam­mer un­ter Be­rück­sich­ti­gung ei­ner ge­mäß § 287 ZPO an­ge­nom­me­nen Ge­samt­fahr­leis­tung von 250.000 km und dem im Ter­min an­ge­ge­be­nen Ki­lo­me­ter­stand von 141.926 km be­rech­net. Für ei­ne hö­he­re Fahr­leis­tung wä­re die Be­klag­te vor­trags- und be­weis­pflich­tig.

2. An der Zu­läs­sig­keit des Fest­stel­lungs­an­trags be­ste­hen eben­falls kei­ne Zwei­fel. Ins­be­son­de­re folgt das Fest­stel­lungs­in­ter­es­se des Klä­gers aus §§ 756, 765 Nr. 1 ZPO.

3. Der Kla­ge­an­trag zu 3 ist je­doch un­be­grün­det. Der Klä­ger hat kei­nen An­spruch auf Frei­stel­lung von den durch die Be­auf­tra­gung des Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten ent­stan­de­nen vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten.

Ein An­spruch hier­auf ge­mäß §§ 280 I, II, 286 BGB schei­tert dar­an, dass die Be­klag­te sich mit der Neu­lie­fe­rung nicht in Ver­zug be­fand.

An­sprü­che ge­mäß §§ 280 I, III, 281 BGB bzw. § 280 I BGB – ge­ge­be­nen­falls in Ver­bin­dung mit §§ 311 II, 241 II BGB – we­gen der ur­sprüng­li­chen sach­man­gel­be­haf­te­ten Lie­fe­rung bzw. ei­ner et­wai­gen fal­schen Be­ra­tung grei­fen man­gels Ver­schul­den nicht. Die Ver­mu­tung des § 280 I 2 BGB ist wi­der­legt; es ist nicht er­sicht­lich, dass die Be­klag­te den Man­gel kann­te. Sie muss sich auch et­wai­ge Kennt­nis­se der Volks­wa­gen AG nicht zu­rech­nen las­sen. Die Zu­rech­nung frem­den Wis­sens ist ge­mäß § 278 Satz 1 BGB dann ge­recht­fer­tigt, wenn sich der Schuld­ner bei der Er­fül­lung ei­ner ihm ob­lie­gen­den Ver­bind­lich­keit der Hil­fe ei­nes Drit­ten be­dient. Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind vor­lie­gend nicht er­füllt. Der Ver­käu­fer schul­det im Rah­men ei­nes Kauf­ver­trags nicht die Her­stel­lung, son­dern die Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che (§ 433 I 2 BGB). Die Volks­wa­gen AG wird da­her im Rah­men der Her­stel­lung der Fahr­zeu­ge nicht im Pflich­ten­kreis der Be­klag­ten tä­tig. …

Hin­weis: Die­ses Ur­teil hat mir freund­li­cher­wei­se der Kol­le­ge Dr. Ralf StollDr. Stoll & Sau­er Rechts­an­walts­ge­sell­schaft mbH – zu­kom­men las­sen, der es für den Klä­ge erstrit­ten hat.

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